TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/7 W178 2194212-1

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Veröffentlicht am 07.06.2018
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Entscheidungsdatum

07.06.2018

Norm

BPGG §21d
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W178 2194212-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Drin Maria PARZER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen,

Landesstelle Steiermark, vom 22.03.2018, GZ: FHS: XXXX , betreffend

Einstellung des Pflegekarenzgeldes zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Einlangend am 07.03.2018 stellte Frau XXXX (in weiterer Folge: Beschwerdeführerin) einen Antrag auf Pflegekarenzgeld gemäß § 21d Abs. 3 Bundespflegegeldgesetz (BPGG) in der Zeit von 05.03.2018 bis 04.06.2018.

Diesem Antrag wurde mit Schreiben vom 15.03.2018 stattgegeben und der Beschwerdeführerin wurde für den beantragten Zeitraum ein Pflegekarenzgeld idH von 20,47 Euro zzgl Kinderzugschlag idH von 0,97 Euro täglich zuerkannt.

2. Am 22.03.2018 erließ das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark (in weiterer Folge: belangte Behörde) den nunmehr angefochtenen Bescheid, in dem festgestellt wurde, dass das Pflegekranzgeld gemäß § 21e Abs. 3 BPGG mit 27.03.2018 eingestellt wird.

Begründend wurde ausgeführt, dass das Pflegekarenzgeld und der Kinderzuschlag nach Wegfall des Grundes der Familienhospizkarenz (Todesfall am 13.03.2018) noch maximal 14 Tage gewährt werden. Am 19.03.2018 habe die Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass sie die maximale Dauer des Pflegekarenzgeldes (14 Tage nach Wegfall des Grundes) in Anspruch nehmen möchte. Durch das Ableben der Mutter der Beschwerdeführerin am 13.03.2018 ende der Anspruch am 27.03.2018.

3. Die Beschwerdeführerin erhob am 20.04.2018 fristgerecht Beschwerde. Ihre Familienhospizkarenz dauere von 05.03. bis 04.06.2018, weder sie noch ihr Arbeitgeber hätten von einem vorzeitigen Rückkehrrecht Gebrauch gemacht. Die belangte Behörde beziehe sich offensichtlich auf die vorzeitige Beendigung der Familienhospizkarenz. Auch auf der Homepage des BM für Soziales seien die Möglichkeiten der vorzeitigen Beendigung bei Wegfall des Grundes dargestellt, aber auch die Möglichkeit, die Familienhospizkarenz vereinbarungsgemäß zu beenden. Offensichtlich sei auch das BM für Soziales nicht der Ansicht, dass ab 14 Tagen nach dem Todesfall kein Versicherungsschutz und kein Pflegekarenzgeld zustehen. Sie argumentiere, dass die Wortfolge "Wird....vorzeitig beendet" auf eine Möglichkeit und nicht auf eine Vorgabe hindeute, sonst hätte der Gesetzgeber "Das Pflegekarenzgeld endet spätestens 14 Tage nach...." geschrieben.

4. Die belangte Behörde übermittelte den Beschwerdeakt am 24.04.2018 dem Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin stellte mit 07.03.2018 einen Antrag auf Familienhospizkarenz für die Betreuung ihrer Mutter vom 05.03.2018 bis 04.06.2018.

1.2. Mit Schreiben vom 15.03.2018 hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass für den beantragten Zeitraum ein Pflegekarenzgeld und ein Kinderzuschlag gewährt werden.

1.3. Am 13.03.2018 ist die Mutter der Beschwerdeführerin verstorben.

2. Beweiswürdigung:

Die Ausführungen zum Verfahrensgang und den Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und Verfahren

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und der angefochtene Weisung aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder aufgrund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

3.2. Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.2.1. Rechtliche Grundlagen:

§ 14a Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz lautet:

(1) Der Arbeitnehmer kann schriftlich eine Herabsetzung, eine Änderung der Lage der Normalarbeitszeit oder eine Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgelts zum Zwecke der Sterbebegleitung eines nahen Angehörigen im Sinne des § 16 Abs. 1 letzter Satz UrlG für einen bestimmten, drei Monate nicht übersteigenden Zeitraum unter Bekanntgabe von Beginn und Dauer verlangen, auch wenn kein gemeinsamer Haushalt mit dem nahen Angehörigen gegeben ist. Eine solche Maßnahme kann auch für die Sterbebegleitung von Geschwistern, Schwiegereltern, Schwiegerkindern, Wahl- und Pflegeeltern und von leiblichen Kindern des anderen Ehegatten oder Lebensgefährten verlangt werden. Der Arbeitnehmer kann eine Verlängerung der Maßnahme schriftlich verlangen, wobei die Gesamtdauer der Maßnahme sechs Monate nicht überschreiten darf.

(2) Der Arbeitnehmer hat den Grund für die Maßnahme und deren Verlängerung als auch das Verwandtschaftsverhältnis glaubhaft zu machen. Auf Verlangen des Arbeitgebers ist eine schriftliche Bescheinigung über das Verwandtschaftsverhältnis vorzulegen.

(3) Der Arbeitnehmer kann die von ihm nach Abs. 1 verlangte Maßnahme frühestens fünf Arbeitstage, die Verlängerung frühestens zehn Arbeitstage nach Zugang der schriftlichen Bekanntgabe vornehmen. Die Maßnahme wird wirksam, sofern nicht der Arbeitgeber binnen fünf Arbeitstagen - bei einer Verlängerung binnen zehn Arbeitstagen - ab Zugang der schriftlichen Bekanntgabe Klage gegen die Wirksamkeit der Maßnahme sowie deren Verlängerung beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht erhebt. Das Arbeits- und Sozialgericht hat unter Berücksichtigung der betrieblichen Erfordernisse und der Interessen des Arbeitnehmers zu entscheiden. In solchen Rechtsstreitigkeiten steht keiner Partei ein Kostenersatzanspruch an die andere zu, ist gegen ein Urteil des Gerichtes erster Instanz eine Berufung nicht zulässig und sind - unabhängig vom Wert des Streitgegenstandes - Beschlüsse des Gerichtes erster Instanz nur aus den Gründen des § 517 Abs. 1 Z 1, 4 und 6 der Zivilprozessordnung anfechtbar. Bis zur Entscheidung des Arbeits- und Sozialgerichts kann der Arbeitnehmer die von ihm verlangte Maßnahme sowie deren Verlängerung vornehmen, es sei denn, das Arbeits- und Sozialgericht untersagt auf Antrag des Arbeitgebers dem Arbeitnehmer mit einstweiliger Verfügung nach § 381 Z 2 Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896, die Vornahme dieser Änderung. Im Übrigen sind die für einstweilige Verfügungen geltenden gesetzlichen Bestimmungen anzuwenden.

(4) Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber den Wegfall der Sterbebegleitung unverzüglich bekannt zu geben. Er kann die vorzeitige Rückkehr zu der ursprünglichen Normalarbeitszeit nach zwei Wochen nach Wegfall der Sterbebegleitung verlangen. Ebenso kann der Arbeitgeber bei Wegfall der Sterbebegleitung die vorzeitige Rückkehr des Arbeitnehmers verlangen, sofern nicht berechtigte Interessen des Arbeitnehmers dem entgegen stehen.

(5) Fallen in das jeweilige Arbeitsjahr Zeiten einer Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgelts, so gebührt ein Urlaub, soweit dieser noch nicht verbraucht worden ist, in dem Ausmaß, das dem um die Dauer der Freistellung von der Arbeitsleistung verkürzten Arbeitsjahr entspricht. Ergeben sich bei der Berechnung des Urlaubsausmaßes Teile von Werktagen, so sind diese auf ganze Werktage aufzurunden.

(6) Der Arbeitnehmer behält den Anspruch auf sonstige, insbesondere einmalige Bezüge im Sinne des § 67 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1988 in den Kalenderjahren, in die Zeiten einer Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgelts fallen, in dem Ausmaß, das dem Teil des Kalenderjahres entspricht, in den keine derartigen Zeiten fallen. Für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen werden dadurch nicht berührt.

(7) Wird das Arbeitsverhältnis während der Inanspruchnahme der Maßnahme oder der Verlängerung beendet, ist bei der Berechnung einer gesetzlich zustehenden Abfertigung die frühere Arbeitszeit des Arbeitnehmers vor dem Wirksamwerden der Maßnahme zugrunde zu legen. Bei der Berechnung der Abfertigung nach dem BUAG ist bei der Berechnung der Stundenzahl nach § 13d Abs. 3 BUAG vorzugehen. Erfolgt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses während einer Freistellung von der Arbeitsleistung, ist bei der Berechnung der Ersatzleistung gemäß § 10 UrlG das für den letzten Monat vor Antritt der Freistellung von der Arbeitsleistung gebührende Entgelt zugrunde zu legen.

§ 21d Abs. 3 BPGG lautet:

Erfolgt die Antragstellung innerhalb von zwei Wochen ab Beginn der Pflegekarenz, Pflegeteilzeit oder Familienhospizkarenz, so gebührt das Pflegekarenzgeld ab Beginn dieser Maßnahme. Wird der Antrag nach dieser Frist jedoch vor dem Ende der Pflegekarenz, Pflegeteilzeit oder Familienhospizkarenz gestellt, gebührt das Pflegekarenzgeld ab dem Tag der Antragstellung; verspätete Anträge sind zurückzuweisen.

§ 21e Abs. 3 BPGG lautet:

Wird die Pflegekarenz, die Pflegeteilzeit oder die Familienhospizkarenz vorzeitig beendet (14 Tage nach Wegfall des Grundes für die jeweilige Maßnahme), so ist zu viel ausbezahltes Pflegekarenzgeld zurückzuzahlen.

3.2.2. Auf den Beschwerdefall bezogen:

Aus dem Wortlaut des § 21e Abs. 3 BPGG geht hervor, dass es der Wille des Gesetzgebers war, den Anspruch auf Pflegekarenzgeld auf 14 Tagen ab Wegfall des Grundes für die Maßnahme zu begrenzen. Die im Gesetz verwendete Wortfolge "Wird....vorzeitig beendet" lässt auch noch andere Arten der vorzeitigen Beendigung der Maßnahmen zu (zB. vorzeitige Beendigung aus beliebigem Anlass).

Gemäß § 14a Abs. 4 AVRAG haben Beschäftigte die Möglichkeit, binnen 2 Wochen nach Wegfall des Grundes die vorzeitige Rückkehr zu der ursprünglichen Normalarbeitszeit bei ihrem Arbeitgeber zu verlangen. Die 14-tägige Weitergewährung des Pflegekarenzgeldes gemäß § 21e Abs. 3 BPGG dient hingegen dazu, diesen Zeitraum finanziell abzufedern.

Es steht der Beschwerdeführerin frei, die Familienhospizkarenz bis zum Zeitablauf in Anspruch zu nehmen, da es sich um eine Vereinbarung zwischen ihr und ihrem Arbeitgeber handelt. Dieser Umstand hat jedoch keinen Einfluss darauf, dass das Pflegekarenzgeld nach 14 Tagen ab Wegfall des Grundes für die Maßnahme endet.

In diesem Zusammenhang darf auf eine Broschüre des Sozialministeriums zum Pflegekarenz-geld verwiesen werden:

https://broschuerenservice.sozialministerium.at/Home/Download?publicationId=248

Unter den Punkten 5.4. und 5.4.1. wird hier der Wegfall des Pflegekarenzgeldes erläutert.

Aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen war spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zum Absehen von der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt ist und in der Beschwerde und dem Vorlageantrag nicht bestritten wurde. Die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens lassen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht (vgl. die Entscheidung des EGMR vom 2. September 2004, 68.087/01 [Hofbauer/Österreich ], wo der Gerichtshof unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt hat, dass die Anforderungen von Art 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jegliche Anhörung [im Originaltext "any hearing at all"] erfüllt sind, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft und in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise verwiesen hat, vgl. dazu auch das zuletzt das Erkenntnis des VwGH vom 29.April 2015, Zl. Ro 20015/08/0005. Vielmehr erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt.

3.4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Entscheidungsfindung im gegenständlichen Fall war nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von über den konkreten Einzelfall hinausgehender Bedeutung abhängig (vgl. VwGH 24.04.2014, Ra 2014/01/0010). Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich auf eine klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Einstellung, Pflegekarenzgeld

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W178.2194212.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.06.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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