Entscheidungsdatum
16.05.2018Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
W171 2183576-5/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Algerien alias Libyen, gegen die weitere Anhaltung in Schubhaft auf Grund des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.09.2017, Zl. 1082715601-171104812, zu Recht erkannt:
A)
Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet) reiste illegal in Österreich ein und stellte am 14.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge BFA) vom 23.02.2017 wurde der Asylantrag des BF abgewiesen, diesem kein subsidiärer Schutz als auch kein anderer Aufenthaltstitel gewährt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z.2 FPG erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Der Bescheid erwuchs am 15.03.2017 in Rechtskraft.
3. Daraufhin reiste der BF weiter in die Republik Deutschland und wurde am 01.09.2017 nach Österreich rücküberstellt. Gegenüber den deutschen Behörden gab er sich im Zuge seines dortigen Asylantragsverfahrens als XXXX aus und gab an, aus Libyen zu stammen.
4. Am 30.08.2017 wurde das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates eingeleitet und der BF am 01.09.2017 in Schubhaft genommen. Der BF trat am 03.09.2017 in Hungerstreik und musste in weitere Folge am 18.09.2017 entlassen werden. Am Tage seiner Entlassung wurde über ihn das gelindere Mittel der periodischen Meldeverpflichtung verhängt, welches der BF nicht einhielt.
5. Am 27.09.2017 wurde der BF im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen wegen eines Diebstahlversuchs angehalten und versuchte dieser den Beamten zu entkommen. Er wurde daraufhin festgenommen und am 28.09.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen.
6. Mit Mandatsbescheid vom 28.09.2017 wurde über den BF die gegenständliche Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung und zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot verhängt. Die Haft wurde auf das Bestehen von Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3 und 9 FPG gestützt, die Verhältnismäßigkeit bejaht und ein gelinderes Mittel wurde in diesem Fall nicht mehr als ausreichend angesehen.
7. Mit Bescheid des BFA vom 29.09.2017 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung sowie ein Einreiseverbot erlassen. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 25.10.2017 als unbegründet abgewiesen.
8. Am 10.10.2017 wurde der BF der algerischen Botschaft vorgeführt und als algerischer Staatsangehöriger identifiziert. Da jedoch die vom BF angegebene Identität jedenfalls falsch war, wurden seitens der algerischen Botschaft weitere Prüfungen der Identität in Algerien eingeleitet.
9. Am 18.10.2017 brachte der BF eine Schubhaftbeschwerde ein, die mit Entscheidung des BVwG vom 25.10.2017 abgewiesen wurde.
10. In weitere Folge wurde der Akt Ende Jänner zur gesetzmäßig vorgesehenen Überprüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem BVwG zur Entscheidung vorgelegt. Mit Erkenntnis des BVwG vom 26.01.2018 wurde ausgesprochen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorlagen.
11. Vor Ablauf der gesetzmäßig vorgesehenen weiteren Vierwochenfrist wurde der gegenständliche Akt neuerlich dem BVwG zur Entscheidung nach § 22a Abs. 4 BFA-VG vorgelegt. Mit Erkenntnis des BVwG vom 21.02.2018 wurde die Rechtmäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft durch das BVwG ausgesprochen.
12. Am 08.03.2018 erhielt das BFA die Information, dass seitens Algeriens für den BF kein Heimreisezertifikat ausgestellt werde. Am 09.03.2018 wurde sodann die Ausstellung eines Heimreisezertifikates in den Staaten Libyen, Tunesien und Marokko antragsmäßig eingeleitet.
13. Vor Ablauf der weiteren Vierwochenfrist wurde der Akt neuerlich dem BVwG zur Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft vorgelegt. Das BVwG entschied die Rechtmäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft mit Erkenntnis vom 22.03.2018.
14. Im Zuge des Heimreisezertifikatverfahrens mit Libyen hielt der BF gegenüber den Mitarbeitern der libyschen Botschaft am XXXX schriftlich in seiner Muttersprache fest, dass er kein libyscher, sondern algerischer Staatsangehöriger sei. Daraufhin wurde am 20.04.2018 erneut mit der algerischen Botschaft Kontakt aufgenommen und das Heimreisezertifikatsverfahren nochmals aufgenommen. Die Verfahren zur Erlassung eines Heimreisezertifikates mit Algerien als auch mit Marokko befinden sich im Laufen.
15. Nach Ablauf weitere vier Wochen wurde der gegenständliche Akt erneut dem BVwG zur Entscheidung der Verhältnismäßigkeit der Fortsetzung der Haft vorgelegt. Mit Erkenntnis vom 19.04.2018 wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorgelegen sind und dass die Aufrechterhalten zum Zeitpunkt der Entscheidung auch verhältnismäßig sei.
16. Vor Ablauf der gesetzlich vorgesehen weiteren Vierwochenfrist (§ 22a Abs. 4 BFA-VG) legte das BFA den verfahrensgegenständlichen Akt erneut dem BVwG zur Durchführung der Verhältnismäßigkeitsprüfung zur Verlängerung der aufrechten Schubhaft zur Entscheidung vor (08.05.2018). Im Rahmen der Aktenvorlage führte das BFA aus, dass es betreffend des Schubhaftbescheides während der laufenden Schubhaft zu keinen Änderungen gekommen sei. Der BF habe Alias-Identitäten verwendet und in diversen europäischen Staaten missbräuchlich Asylanträge gestellt. Darüber hinaus musste er aufgrund eines abgehaltenen Hunger- und Durststreiks schon einmal aus der Schubhaft entlassen werden. Er ignoriere polizeiliche Meldepflichten und behördliche Ladungen und sei vor der Exekutive im Rahmen eines Polizeieinsatzes geflüchtet. Der BF sei daher nicht ausreisewillig und gar nicht kooperativ, verfüge über keine gültigen Reisedokumente und sei in keiner Weise in Österreich sozial integriert. Haftfähigkeit sei gegeben und befinde sich der BF derzeit im Polizeianhaltezentrum. Hinsichtlich des BF seien derzeit vor der algerischen und der marokkanischen Botschaft Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF anhängig.
17. Am 09.05.2018 wurde der BF auf Geheiß des Gerichts seitens des BFA zur beabsichtigten Verlängerung der Schubhaft einvernommen und befragt. Dabei führt der BF aus, es gehe ihm gut und es gäbe aus seiner Sicht keine Gründe, die gegen eine weitere Anhaltung sprechen würden. Da er jedoch schon lange in Haft sei, äußerte er den Wunsch, entlassen zu werden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Allgemein:
1.1. Der Beschwerdeführer wurde am 27.09.2017 festgenommen und befindet sich seit 28.09.2017 in Schubhaft. Die gesetzliche Viermonatsfrist (§ 22a Abs. 4 BFA-VG) ist am 28.01.2018 abgelaufen und wurde die weitere Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsgrenze hinaus seitens des Gerichts für rechtmäßig erklärt. Bei den darauffolgenden weiteren Verlängerungen der Schubhaft (jeweils nach 4-Wochen) hat das Gericht nach Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit nun bereits drei Mal die Rechtmäßigkeit der Fortsetzung ausgesprochen.
1.2. Der der laufenden Haft zugrundeliegende Schubhaftbescheid wurde bereits mit Erkenntnis des BVwG vom 25.10.2017 grundlegend für rechtmäßig befunden. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft hat sich im Verfahren nicht ergeben. Es ist nach wie vor von Fluchtgefahr auszugehen.
1.3. Ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer liegt aktuell nicht vor.
1.4. Die formalgesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft liegen zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung weiterhin vor.
Effektuierbarkeit der Außerlandesbringung (Prognose):
2.1. Die Bemühungen der Behörde durch Vorführungen vor die Algerische und Libysche Botschaft, sowie die weiteren Antragstellungen bei der Marokkanischen und Tunesischen Botschaft sind aktenkundig. Aufgrund der aktuellen Aussage des BF, doch algerischer Staatbürger zu sein, wurde nun erneut das Verfahren vor der Algerischen Botschaft aufgenommen. Je nach den Bemühungen dieser Anfragestaaten ist von einer baldigen Klarheit über die Ausstellung eines Heimreisezertifikates im Laufe der kommenden Wochen auszugehen.
2.2. Nach Erlangung eines Heimreisezertifikates ist von einer zeitnahen Außerlandesbringung des BF auszugehen.
2.3. Die gegenständliche Überprüfung der Verhältnismäßigkeit vor Ablauf der 4- Wochenfrist hat keine Änderungen hinsichtlich der Effektuierbarkeit der Außerlandesbringung ergeben. Die Verzögerung bei der Beschaffung eines Heimreisezertifikates liegt zum einen an den bisherigen (oder noch bestehenden) Falschangaben des BF und zum anderen an der langen Verfahrensdauer der angefragten Botschaften, die potentielle Herkunftsstaaten des BF sein könnten.
Sozialer/familiärer Aspekt:
3.1. Der BF verfügt in Österreich über keine Familienangehörigen und über keinen Wohnsitz. Er hat in Österreich niemanden und ist sozial nicht integriert.
3.2. Er befindet sich seit seiner Festnahme am 27.09.2017 durchgehend in Schubhaft und war daher nicht in der Lage weitere zu beachtende Integrationsschritte zu setzen.
Öffentliche Interessen:
4.1. Der BF hat in Österreich bereits die Auflage einer periodischen Meldeverpflichtung (gelinderes Mittel) missachtet und hat eine Vorstrafe. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das mit dem begangenen Strafdelikt einhergehende Gefährdungspotential noch immer gegeben ist. Er verhielt sich bisher den Behörden gegenüber in jeder Weise unkooperativ und reiste ohne Dokumente nach Deutschland weiter. Er ist nicht gewillt, sich an behördliche Anordnungen zu halten. Das überwiegende öffentliche Interesse an einer geordneten und gesicherten Außerlandesbringung des BF in seinen Herkunftsstaat ist weiterhin gegeben.
2. Beweiswürdigung:
Zu 1.1.:
Die Feststellung zu 1.1. begründet sich auf die Angaben im Verfahrensakt und die gesetzliche Regelung im § 22 Abs. 4 BFA-VG. Danach sind Schubhaften, welche bereits über 4 Monate andauern, innerhalb von weiteren 4 Wochen einer neuerlichen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit seitens des Bundesverwaltungsgerichtes zu unterziehen. Die bisher erfolgten gerichtlichen Überprüfungen der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF haben im Ergebnis deren Zulässigkeit ausgesprochen.
Zu 1.2.: Im Rahmen der Aktenüberprüfung hat sich gezeigt, dass der der laufenden Schubhaft zugrundeliegende Schubhaftbescheid vom 28.09.2017 bereits einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen worden ist. Die seit der Verhängung der Schubhaft durchgeführten Überprüfungen basierten auf einer gesetzlichen Verpflichtung zur Vorlage des Aktes an das Bundesverwaltungsgericht innerhalb der im § 22 Abs. 4 BFA-VG vorgesehenen Fristen. Diesbezüglich geht daher das Gericht davon aus, dass in weiterer Folge vom nachhaltigen Bestehen eines Sicherungsbedarfes auszugehen war und Prüfungsgegenstand des Verfahrens lediglich die Verhältnismäßigkeit und die Notwendigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ist. Das gerichtliche Überprüfungsverfahren hat diesbezüglich keine Änderungen der Umstände ergeben.
Zu 1.3.: Aufgrund der Information des BFA vom 08.05.2018 steht fest, dass bisher kein Heimreisezertifikat für den BF vorliegt.
Zu 1.4.: Aus einer Überprüfung der formalen Grundlagen für die Aufrechterhaltung der gegenständlichen Schubhaft ergibt sich, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung nach wie vor eine durchsetzbare, rechtliche Grundlage für die Abschiebung des BF vorliegt. Mit rechtskräftig negativem Asylbescheid vom März 2017 wurde die Abschiebung für zulässig erklärt. Die danach getroffene Rückkehrentscheidung (mit Einreiseverbot) vom 29.09.2017 wurde vom BVwG im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens mit Erkenntnis vom 25.10.2017 bestätigt.
Zu 2.1.: Aus der dem Gericht vorliegenden Stellungnahmen des BFA vom 08.05.2018, sowie aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass die Behörde stets bemüht war und weiterhin ist, ein Heimreisezertifikat zu erlangen. Die nunmehr seit 28.09.2017 laufende Schubhaft stellt unbestritten eine lange freiheitsentziehende Maßnahme dar. Berücksichtigt man jedoch die Tatsache, dass der BF zumindest bis zu seiner Vorführung vor die Libysche Botschaft am XXXX (!) die Behörde über seine wahre Identität und Staatsangehörigkeit getäuscht hat und daher bisher dadurch auch kein Heimreisezertifikat erlangt werden konnte, lässt sich sehen, dass die lange Haftdauer in weiterer Folge zu einem guten Teil den Falschangaben des BF zuzurechnen ist. Die Behörde erlangte erst am XXXX Kenntnis von der nun durch den BF selbst bestätigten algerischen Identität, wodurch es neuerlich zu Konsultationen mit der Algerischen Botschaft gekommen ist, die jedenfalls abzuwarten sind. Dies war bei der Abwägung der Verhältnismäßigkeit ebenso zu beachten. Aufgrund der bereits bestehenden Erfahrung in der Zusammenarbeit mit nordafrikanischen Botschaften lässt sich aus derzeitigem Blickwinkel jedoch nach wie vor annehmen, dass innerhalb der nunmehr um 4 Wochen verlängerten Frist die Möglichkeit besteht, dass Klarheit über die Ausstellung eines Heimreisezertifikates erlangt werden kann.
Zu 2.2. u. 2.3.: Im Verfahren sind keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass nach einer Ausstellung eines Heimreisezertifikates eine zeitnahe Außerlandesbringung des BF nicht möglich wäre. In diesem Fall würde der BF u.U. im Rahmen einer Einzelabschiebung keine weiteren längeren Wartezeiten auf eine Abschiebung mittels Charterabschiebung hinnehmen müssen. Im Hinblick auf die klar ersichtliche lange Dauer der Schubhaft wird jedoch seitens der Behörde erhöhtes Augenmerk darauf zu legen sein, dass die faktische Abschiebung jedenfalls ohne Verzug in die Wege geleitet und durchgeführt werden muss.
Zu 3.1.: Die Feststellung hinsichtlich jeglichen Fehlens von relevanten, sozialen Kontakten ergibt sich aus den eigenen Angaben des BF in den im Akt befindlichen Einvernahmeprotokollen.
Zu 4.1.: Aus dem im Akt erliegenden Auszug aus dem Strafregister ist ersichtlich, dass der BF in Österreich bereits strafgerichtlich verurteilt worden ist. Der BF stellt daher nach Ansicht des Verwaltungsgerichts nunmehr auch ein leicht erhöhtes Gefährdungspotenzial für die öffentliche Sicherheit dar.
2. Rechtliche Beurteilung:
2.1. Zu Spruchteil A. - Fortsetzungsausspruch:
2.1.1. Gesetzliche Grundlagen
Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der
Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."
§ 22a Abs. 4 BFA-VG lautet:
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
§ 80 FPG lautet:
Dauer der Schubhaft
§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.
(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrechterhalten werden.
(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,
kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.
(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.
(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.
(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.
2.1.2. Zur Judikatur:
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl.
2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
2.1.3. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.
2.1.4. Im vorliegenden Fall wurde die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Mit einer Abschiebung des BF ist insofern zu rechnen, als die Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates rechtzeitig eingeleitet und mit Nachdruck betrieben wurden. Von der Algerischen Botschaft wurde bislang mitgeteilt, dass einer Erteilung eines Heimreisezertifikats für den BF etwas entgegenstehen würde. Die Bemühungen der Behörde, ein Heimreisezertifikat zu erlangen waren durch die mehrmaligen Urgenzen und die parallel laufenden Anfragen auch bei den Botschaften Marokkos, Tunesiens und Libyiens dokumentiert. Mit der Abschiebung des BF ist zeitnahe nach Vorliegen des Heimreisezertifikates zu rechnen.
2.1.5. Das Gericht geht auch weiterhin von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus. Der BF hält sich unrechtmäßig in Österreich auf, er hat sich in mehreren Mitgliedstaaten aufgehalten und es liegt eine den BF betreffende durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).
Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen, welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten und die Tatsache, dass der BF in Österreich weder sozial noch beruflich verankert ist, als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des BF ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist. Der BF hat bereits verschiedenste Identitäten angegeben und auch in Österreich unter Angabe einer falschen Identität und einer falschen Staatsangehörigkeit um internationalen Schutz angesucht. Der BF hat in Österreich nunmehr auch eine strafbare Handlung begangen und zeigt dieser Umstand, dass der BF die geltenden Gesetze nicht beachtet und offenbar auch weiterhin nicht zu gesetzeskonformem Verhalten bewegt werden kann. In Österreich befinden sich weder Familienangehörige des BF noch ist er sonst sozial verankert. Der BF verfügt in Österreich über keinen Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach.
Das Verfahren hat ergeben, dass der BF nach seiner Freilassung nach wie vor mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit untertauchen würde um sich seiner Abschiebung zu entziehen.
2.1.6. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Der BF hat keinerlei familiäre oder soziale Bindungen in Österreich. Einer legalen Erwerbstätigkeit geht der BF in Österreich nicht nach. Er hat bisher schon unterschiedliche Identitäten angegeben und sich der Behörde unkooperativ verhalten.
Den persönlichen Interessen des BF kommt daher ein sehr geringer Stellenwert zu. Anders verhält es sich mit dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen - insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung - zumal der BF bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er die ihn treffenden Verpflichtungen nicht einhält und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft unter Berücksichtigung der bevorstehenden Abschiebung ändert.
Im Hinblick auf das strafrechtlich relevante Verhalten des BF ist im Sinne des § 76 Abs. 2a FPG festzuhalten, dass das öffentliche Interesse an der baldigen Durchsetzung der Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des BF überwiegt.
Die Dauer der Schubhaft ist durch das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF bedingt und ist darin kein Verschulden der Behörde zu erblicken. Dass sich die Erlangung dieses Dokumentes verzögert, ist dem Verhalten des BF zuzurechnen, da er bisher mehrere unterschiedliche Identitäten bzw. Nationalitäten angegeben hat, sowie bisher keine Dokumente vorgelegte, die seine Identität bescheinigen.
Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, da der Behörde bislang kein Vorwurf gemacht werden kann, die Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht gehörig betrieben zu haben.
2.1.7. Die Prüfung, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt, führt zu dem Ergebnis, dass ein gelinderes Mittel nicht zur Anwendung kommen kann. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des BF nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft und/oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens - insbesondere die Tatsache dass er bereits gegen ein verhängtes gelinderes Mittel verstoßen hat - nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des BF besteht. Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher nach Ansicht des Gerichtes weiterhin nicht in Betracht.
2.1.8. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine "ultima ratio" dar, da sowohl ein Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten. Im Zuge der laufenden Konsultationen ist zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung mit einer zu erwartenden baldigen Ausstellung eines Heimreisezertifikates zu rechnen. Das Gericht geht daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zum Zeitpunkt der Entscheidungserlassung davon aus, dass eine Außerlandesbringung des BF nach heutigem Wissensstand durchaus möglich, und auch im Laufe der kommenden Wochen realistisch ist. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ist jedenfalls gewährleistet, dass eine allfällige weitere wesentliche Verlängerung der Schubhaft, einer neuerlichen Überprüfung zu unterziehen sein wird. Dabei wird abermals eine Prognoseentscheidung hinsichtlich einer zeitnahen Effektuierung der Außerlandesbringung des BF durchzuführen sein. Das Gericht kommt daher zu dem Schluss, dass eine Fortsetzung der Schubhaft durch Überschreitung der Viermonatsfrist des § 80 FPG unter Einhaltung der gesetzlich in der Folge vorgeschriebenen weiteren 4-wöchigen gerichtlichen Überprüfungen weiterhin verhältnismäßig und notwendig ist.
2.1.9. Nach § 22a/4 BFA-VG ist die erste amtswegige gerichtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung am Tag nach Ablauf von 4 Monaten der laufenden Schubhaft und jede weitere gerichtliche Überprüfung sodann alle 4 Wochen durchzuführen.
Der BF wurde am 28.09.2017 in Schubhaft genommen. Die erste gerichtliche Prüfung hatte daher bis zum 29.01.2018 zu erfolgen. Die erste darauffolgende Prüfung (4-Wochenfrist) lief am 26.02.2018, die Zweite am 26.03.2018, und die Dritte am 23.04.2018 ab. Die aktuelle Haftprüfung hat daher bis spätestens 21.05.2018 (weitere 4-Wochen ab 23.04.2018) zu erfolgen.
Die Behörde hat dabei die bezug habenden Akten so vorzulegen, dass dem Gericht zumindest eine Woche bis zum Ablauf der gesetzlichen Frist für die Entscheidung verbleibt. Eine frühere Vorlage (vor der Wochenfrist) ist zulässig und seitens des Gerichts aus organisatorischen Gründen jedenfalls erwünscht.
3.2. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war im vorliegenden Fall nicht angezeigt, da sich keine wesentlichen Änderungen der Sach- u. Rechtslage ergeben haben und der BF zu seiner konkreten Haftsituation zeitnah einvernommen wurde.
3.2. Zu Spruchteil B. - Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Anhaltung, Ermessen, Fluchtgefahr, Fortsetzung, gelinderes Mittel,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W171.2183576.5.00Zuletzt aktualisiert am
29.05.2018