TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/9 W221 2194499-1

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Veröffentlicht am 09.05.2018
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Entscheidungsdatum

09.05.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs3
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W221 2194499-1/3.E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Somalia, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.03.2018, Zl. 1028777907-170813521, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 16.08.2014 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.07.2016 wurde dieser Antrag abgewiesen und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer stellte am 10.07.2017 einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.

Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.03.2018 wurde dieser Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter einem wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 gegen den Beschwerdeführer erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG 2005 nach Somalia zulässig sei (jeweils Spruchpunkt II.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe gemäß § 55 Abs 1a FPG 2005 nicht (Spruchpunkt III.).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Die Beschwerde und die Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 08.05.2018 am Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Somalia, bekennt sich zum muslimischen Glauben und gehört dem Clan der Biyomaal an. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer stammt aus Mogadischu und hat Somalia Ende 2013 verlassen.

Das erste Asylverfahren des Beschwerdeführers wurde negativ entschieden, weil die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe (Zwangsrekrutierung durch die Al Shabaab) nicht glaubhaft war. Zur Rückkehrsituation wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer über ein familiäres Netz in Mogadischu verfügt und es keine Benachteiligung seines Clans gibt. Zur Grundversorgung wurde aufgrund von Länderberichten aus dem Jahr 2015 bzw. Anfang 2016 festgestellt, dass die Versorgungslage anhaltend schlecht ist und sich in bestimmte Regionen (nicht Mogadischu) die Situation verschärft hat.

Der Beschwerdeführer bringt im zweiten Verfahren vor, dass in Somalia Dürre und Hungersnot herrscht. Außerdem habe er einen Autounfall verursacht, bei dem mehrere Personen schwer verletzt wurden. Von deren Familie sei er danach mit dem Tod bedroht worden.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legt in seinem Bescheid folgende Länderberichte seinen Feststellungen zugrunde:

"KI vom 27.6.2017: Update zur Dürre-Situation

Nachdem über zwei Jahre beide Regenzeiten (Deyr und Gu) ausgeblieben sind, hat sich in Somalia eine humanitäre Katastrophe entwickelt. Das System von Subsistenz-Landwirtschaften in den Flussgebieten von Shabelle und Juba ist teilweise zusammengebrochen; die Preise für Grundnahrungsmittel haben sich verdoppelt; und Millionen Stück Vieh sind verendet (ICG 9.5.2017). Die Behörden Somalilands sprechen von 80% Verlusten beim Viehbestand (BBC 11.5.2017; vgl. TG 24.5.2017), andere Schätzungen sprechen von 50%. Der Außenminister Somalilands gibt an: "Es gab hier schon immer Dürreperioden, aber nur alle zehn Jahre. Jetzt haben wir sie schon alle zwei Jahre. Und die Dürre in diesem Jahr ist die schlimmste Dürre, die wir in Ostafrika jemals hatten." (TG 24.5.2017)

In vielen Städten Süd-/Zentralsomalias sind Nahrungsmittel für IDPs und sehr arme Bevölkerungsteile kaum mehr leistbar (ICG 9.5.2017). Die Dürresituation hält vor allem im Südwesten Somalias weiter an, dort bleibt die Angst vor einer Hungersnot bestehen. In den nördlichen und zentralen Teilen des Landes hat der teils durchschnittliche, teils überdurchschnittliche Regen im Jahr 2017 zur verbesserten Weide- und Wasserlage beigetragen (UNFPA 14.6.2017)

Dafür ist eine massive Hilfsoperation angelaufen, an der zahlreiche ausländische und lokale NGOs beteiligt sind (ICG 9.5.2017). Dank der großzügigen Ressourcen, die von Gebern zur Verfügung gestellt worden sind, konnten nationale und internationale NGOs sowie UN-Agenturen ihre humanitäre Unterstützung in ganz Somalia massiv nach oben fahren. Dabei wird mit den Behörden zusammengearbeitet. In Mogadischu, Baidoa und Garoowe wurden Koordinierungszentren eingerichtet (UNSC 9.5.2017). Koordinierung und Management der Operationen sind angesichts der Fehler in der Vergangenheit (2011) stark verbessert worden (ICG 9.5.2017). Die internationale Unterstützung erfolgte relativ rasch, die Anstrengungen sind besser koordiniert. Auch auf nationaler Ebene wurde reagiert und geholfen. Die Regierung hat Anstrengungen unternommen, selbst Studenten wurden ermutigt, jeweils 10 USD zu spenden. Firmen und Wirtschaftstreibende haben signifikant zu den Hilfskampagnen beigetragen (ICG 9.5.2017).

Die Zahl der Menschen, die durch die Operationen zur Verbesserung des Zugangs zu Nahrungsmitteln erreicht werden, hat sich von 1,1 Millionen im Februar 2017 auf 1,7 Millionen erhöht. Alleine im März konnten 332.000 Kinder von Ernährungsleistungen profitieren. Darunter waren 69.000 schwer unterernährte Kinder unter 5 Jahren. Auch die Versorgung mit sicherem Trinkwasser wurde hochgefahren. Dabei wurden zwischen Jänner und März 2017 knapp 1.150.000 Menschen erreicht. Allein im Februar hat sich die Zahl der Erreichten verdoppelt (UNSC 9.5.2017).

Rund 50% der gewährleisteten Hilfe wurde in Geld geleistet. Damit werden Märkte stabilisiert, wurde das schnelle Hochfahren der Unterstützung gewährleistet, wurden Menschen auch in entlegenen Gebieten erreicht und wurde das Risiko der Plünderung von humanitären Hilfsgütern minimiert (UNSC 9.5.2017). Außerdem ist diese Form der Hilfeleistung billiger. Gelder werden über Mobilfunksysteme ausbezahlt (ICG 9.5.2017).

Trotz aller Bemühungen wurden die gesetzten Ziele aber nicht erreicht, die humanitäre Lage verschlechtert sich weiter. Das Risiko einer Hungersnot besteht weiterhin. 6,2 Millionen Menschen sind akut von Nahrungsmittelknappheit betroffen, 3 Millionen brauchen lebenserhaltende Unterstützung (UNSC 9.5.2017). Seit November 2016 verließen über 740.000 Menschen aufgrund der Dürre ihre Heimatgebiete, darunter 480.000 unter 18jährige (UNHCR 31.5.2017). Aus manchen Regionen wurden Hungertote gemeldet - etwa aus Bay (BBC 4.3.2017).

Einige Schwierigkeiten, die schon im Jahr 2011 vorherrschten, bestehen auch weiterhin. Unsicherheit und mangelnder Zugang zu Hilfsgütern sind problematisch (ICG 9.5.2017). Vor allem in Süd-/Zentralsomalia hindert die schlechte Sicherheitslage Menschen manchmal am Zugang zu humanitärer Hilfe (UNSC 9.5.2017). Dabei ist Süd-/Zentralsomalia wieder das Epizentrum der humanitären Krise. Diese wird dort durch lokale Clan-Konflikte und al Shabaab noch verschärft (ICG 9.5.2017).

Dahingegen waren zwar auch Teile ("pockets") von Somaliland und Puntland schwer von der Dürre betroffen. Dort ist die Situation aber bei weitem weniger schlecht als im Süden (ICG 9.5.2017).

Überhaupt variiert die Abdeckung mit internationaler humanitärer Unterstützung regional. Die meisten Gebiete in Somaliland und Puntland sind besser abgedeckt, die Möglichkeiten in Süd-/Zentralsomalia mehr eingeschränkt (ICG 9.5.2017).

Quellen:

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BBC (11.5.2017): How do you solve a problem like Somalia? http://www.bbc.com/news/world-africa-39855735, Zugriff 27.6.2017

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BBC (4.3.2017): Somalia drought - More than 100 die from hunger in one region, http://www.bbc.com/news/world-africa-39166746, Zugriff 27.6.2017

-

ICG - International Crisis Group (): Instruments of Pain (III) - Conflict and Famine in Somalia, https://www.crisisgroup.org/africa/horn-africa/somalia/b125-instruments-pain-iii-conflict-and-famine-somalia, Zugriff 27.6.2017

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The Guardian (24.5.2017): Somaliland's hunger crisis: 'The world doesn't respond until children are dying', https://www.theguardian.com/global-development/2017/may/24/somaliland-hunger-crisis-world-doesnt-respond-until-children-are-dying-foreign-minister-saad-ali-shire, Zugriff 27.6.2017

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UNFPA - UN Population Fund (14.6.2017): UNFPA Situation Report 26th May to 16th June 2017,

http://somalia.unfpa.org/sites/default/files/pub-pdf/Somalia%20SitRep%20%23011%2026th%20May%20-%2016th%20June%202017.pdf, Zugriff 27.6.2017

-

UNHCR (31.5.2017): PRMN Drought Displacements, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/57361.pdf, Zugriff 27.6.2017

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UNSC - UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/N1712363.pdf, Zugriff 27.6.2017"

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt, insbesondere dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.07.2016, den darin enthaltenen Länderfeststellungen und den Einvernahmen des Beschwerdeführers.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber der Vorentscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides bzw. -erkenntnisses entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sach-entscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vorn-herein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).

Für das Verfahren vor dem BVwG ist Gegenstand ("Sache") ausschließlich die Frage, ob die belangte Behörde den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht zurückgewiesen hat (vgl. VfGH 11.06.2015, Zl. E 1286/2014).

Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit der Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können in der Berufung (Beschwerde) nicht neu geltend gemacht werden (VwGH 06.10.1961, VwSlg. 5642 A; 28.11.1968, 0571/68; 30.06.1992, 89/07/0200; 20.04.1995, 93/09/0341; 23.05.1995, 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens siehe VwSlg. 12.799 A). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, die in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400;

07.06.2000, 99/01/0321). Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Rechtsprechung Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, 92/12/0127;

23.11.1993, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.01.1995, 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162; 10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A; VwGH 05.05.1960, 1202/58; 03.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen, von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Entscheidungsrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 24.02.2000, 99/20/0173; grundlegend VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der neuerliche Antrag zulässig oder wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist, mit der Glaubhaftigkeit des neuen Vorbringens betreffend die Änderung des Sachverhaltes "beweiswürdigend" (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556) auseinander zu setzen (VwGH 15.03.2006, 2006/17/0020).

Auf Grund des Umfanges des Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ist in der gegenständlichen Rechtssache der Umstand relevant, ob vor der belangten Behörde neue, mit einem glaubhaften Kern versehene Tatsachen vorgebracht wurden, die eine andere Entscheidung sowohl im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten indizieren können.

Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:

Im vorliegenden Fall ist der belangten Behörde in einem ersten Schritt zuzustimmen, dass der Beschwerdeführer kein neues Vorbringen mit einem glaubhaften Kern hinsichtlich der Frage der Asylzuerkennung erstattet hat. Der Beschwerdeführer hat im Verfahren über den gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz im Vergleich zu seinem Verfahren über seinen ersten Antrag ein vollkommen anderes und "neues" Vorbringen erstattet, indem er vorbrachte, dass er einen Autounfall verursacht habe und ihm deswegen Blutrache drohe, während er im ersten Verfahren noch von einer Zwangsrekrutierung durch die Al Shabaab sprach. Das neue Vorbringen weist keinen glaubhaften Kern auf und es ist nicht nachvollziehbar, warum er diesen Grund nicht bereits im ersten Verfahren genannt hat, wo doch der Sachverhalt bereits vor Rechtskraft des ersten Verfahrens bestanden hat.

Ein Antrag auf internationalen Schutz richtet sich aber auch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzes. Zu diesem Punkt verweist der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme auf die Dürresituation in Somalia.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legt seiner Entscheidung die oben zitierten Länderfeststellungen zugrunde, die von einer humanitären Katastrophe in Somalia sprechen und somit das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Dürresituation in Somalia stützen.

Demgegenüber war die Situation zum Zeitpunkt der Erlassung des ersten Bescheides noch nicht derartig, dass von einer humanitären Katastrophe in Bezug auf ganz Südsomalia gesprochen werden konnte. Die Dürresituation bezog sich zum damaligen Zeitpunkt auf einige bestimmte Regionen und es fanden sich in den Länderfeststellungen insbesondere keine Ausführungen zur Situation in Mogadischu.

Daran ändert auch nichts, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer andere (aktuellere) Länderfeststellungen vorgehalten hat, als es in weiterer Folge seiner Entscheidung im Bescheid als Länderfeststellungen zugrunde gelegt hat. Denn auch diese Länderberichte sprechen unter dem Punkt "Dürresituation" von einer humanitären Krise, von Lebensmittelknappheit, von der fehlenden Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und einer Verschlechterung der Lage mit alarmierender Geschwindigkeit zu Beginn des Jahres 2017 samt Ausrufung des nationalen Notstandes.

Damit greift der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Bescheid verwendete einzige Satz zur Lage im Herkunftsstaat ("Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat sich seit Rechtskraft des Vorverfahrens im Wesentlichen nicht geändert.") zu kurz.

Neue Umstände oder Tatsachen, denen über das bisherige Vorbringen hinaus ein für die Begründung einer neuen Sache erforderlicher glaubhafter Kern zukommen würde und die im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid dargelegten Erwägungen allenfalls geeignet gewesen wären, eine andere als die von der belangten Behörde vertretene Beurteilung herbeizuführen, sind vom Beschwerdeführer somit hinsichtlich der Frage der Zuerkennung des subsidiären Schutzes vorgebracht worden.

Es liegen somit Anhaltspunkte für eine Änderung des Sachverhalts im Hinblick auf allgemein bekannte Tatsachen vor, die allenfalls von der belangten Behörde von Amts wegen zu berücksichtigen gewesen wären. Das bedeutet nicht, dass die neue Sachentscheidung zu einem von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen muss, doch kommt diesem geänderten Sachverhalt grundsätzlich Entscheidungsrelevanz zu (vgl. zB VwGH 31.08.2017, Ra 2016/21/0296).

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die belangte Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass der Behandlung des neuerlichen Antrages auf internationalen Schutz das Prozesshinderns der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht, weshalb der angefochtene Bescheid zu beheben war. Die belangte Behörde hat sich inhaltlich mit dem vom Beschwerdeführer vorgebrachten neuen Sachverhalt ausführlich auseinander zu setzen.

Das Verfahren ist damit gemäß § 21 Abs. 3 Satz 1 BFA-VG zugelassen.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die unter A) zitierte Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall übertragbar.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, entschiedene Sache, neu entstandene
Tatsache, Prozesshindernis der entschiedenen Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W221.2194499.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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