TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/30 W186 2110683-1

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Veröffentlicht am 30.04.2018
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Entscheidungsdatum

30.04.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art.133 Abs4
Dublin III-VO Art.28
FPG §76 Abs2 Z2
FPG-DV §9a Abs4
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W186 2110683-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Gambia, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.07.2015, Zahl: 1051114308, sowie die Anhaltung in Schubhaft von 11.07.2015 bis 20.07.2015 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß Art. 28 Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm mit § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) ist Staatsangehöriger von Gambia. Er verließ Gambia im Oktober 2012 und reiste am 10.04.2013 auf dem Seeweg nach Lampedusa/Italien. Er betrieb in Italien ein Asylverfahren und reiste nach Abweisung seines Asylantrages nach Österreich, wo er am 01.02.2015 ankam und einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Zu seiner Person lagen zwei EURODAC-Treffermeldungen für Italien bezüglich einer erkennungsdienstlichen Behandlung vom 11.04.2013, sowie bezüglich einer Asylantragstellung vom 02.05.2013 auf.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) richtete unter Hinweis auf die EURODAC-Treffermeldung bezüglich der Asylantragstellung des BF in Italien am 06.02.2015 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Italien. Italien akzeptierte dieses Wiederaufnahmeersuchen durch Fristablauf gem. Art. 25 Abs. 2 Dublin

III-VO.

Das BFA wies sodann den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten mit Bescheid vom 12.03.2015 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Italien gemäß 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers gemäß § 61 Abs. 1 FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Italien zulässig sei.

Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 09.04.2015 gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet ab. Das Erkenntnis wurde dem BF durch Hinterlegung am 14.04.2015 zugestellt.

Der BF bezog von 01.02.2015 bis 20.05.2015 Leistungen aus der Grundversorgung und wurde am 20.05.2015 wegen unbekannten Aufenthaltes aus dieser entlassen.

Ein Laissez-Passer für die Überstellung des BF nach Italien wurde am 16.06.2015 ausgestellt.

Am 10.07.2015 wurde über den BF ein Festnahmeauftrag erlassen. Er wurde am 10.07.2015 festgenommen und am Folgetag dem Bundesamt vorgeführt.

Der BF wurde am 11.07.2015 zur beabsichtigen Schubhaftverhängung niederschriftlich vom Bundesamt einvernommen.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 11.07.2015, dem Beschwerdeführer zugestellt durch persönliche Übernahme am selben Tag um 10:50 Uhr, wurde über den Beschwerdeführer gemäß Art. 28 Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 1 FPG iVm BGBl. II. Nr. 143/2015 die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung verhängt. Unter einem wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.

Die belangte Behörde traf im angefochtenen Bescheid nachstehende Feststellungen:

Der BF sei nicht österreichischer Staatsbürger. Er habe einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und habe sich von 01.02.2015 bis 20.05.2015 in Grundversorgung befunden, bevor er im Bundesgebiet untergetaucht sei. Er sei gesund und benötige keine Medikamente. Der BF besitze keine Dokumente. Aufgrund des derzeitigen Standes der Ermittlungserkenntnisse sei davon auszugehen, dass Österreich für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz nicht zuständig sei. Aufgrund der Zuständigkeitskriterien der Dublin-Verordnung sei von einer Zuständigkeit Italiens auszugehen. Der BF verfüge über kein Aufenthaltsrecht. Es sei für die Behörden erwiesen, dass sein Asylverfahren weder mit einer Schutzgewährung noch mit der Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, sondern mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ende. Der Beschwerdeführer habe sich vor seiner Einreise nach Österreich in Italien aufgehalten. Dort sei er untergetaucht, um in weiterer Folge illegal nach Österreich einzureisen. Der BF sei illegal nach Österreich eingereist, untergetaucht und habe sich dem Verfahren entzogen, bis er am 10.07.2015 festgenommen worden sei. Er missachte die österreichische Rechtsordnung, indem er sich illegal in Österreich aufhalte. Der BF sei in Österreich weder beruflich noch sozial verankert. Er habe keine Verwandten im Bundesgebiet, keinen Unterstand und sei nicht behördlich gemeldet. Auch besitze er keine Barmittel.

Beweiswürdigend verwies das Bundesamt auf den Inhalt des BFA-Aktes sowie auf die Einvernahme des BF am 11.07.2015.

Rechtlich führte der angefochtene Bescheid aus, dass im Fall des BF die Ziffer 3 des § 9a Abs. 4 FPG-DV erfüllt sei. Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung sei erforderlich, da sich der BF aufgrund seines oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen habe. Es sei davon auszugehen, dass der BF auch hinkünftig nicht gewillt sein werde, die Rechtsvorschriften einzuhalten. Auch aus der Wohn- und Familiensituation des BF, aus der fehlenden sozialen Verankerung in Österreich, sowie aufgrund seines bisherigen Verhaltens könne geschlossen werden, dass bezüglich der Person des Beschwerdeführers ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliege. Der BF habe keine aufrechte Meldung und halte sich illegal im Bundesgebiet auf. Zudem sei er mittellos und obdachlos. Er besitze kein gültiges Reisedokument, das ihn berechtigen könne, in sein Heimatland zurück zu kehren. Er besitze auch keine Barmittel, um sich ein Leben in Österreich finanzieren zu können. Des Weiteren könne der BF keiner Beschäftigung im Bundesgebiet nachgehen. Er habe keinen Unterstand und könne sich auch keine eigene Wohnung leisten. Er habe keine Verwandten in Österreich und sei weder privat noch beruflich im Bundesgebiet integriert. Die Identität des BF könne nicht festgestellt werden, da er keine Dokumente vorlegen habe können. Von der Verhängung gelinderer Mittel habe ebenfalls Abstand genommen werden müssen. Die finanzielle Sicherheitsleistung sei aufgrund der finanziellen Situation des BF von vornherein nicht in Betracht gekommen. Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten oder die periodische Meldeverpflichtung betreffe, könne im Fall des BF nicht das Auslangen gefunden werden. Im Fall des BF bestehe aufgrund seiner persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund seines bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Es sei auch aufgrund des Gesundheitszustandes des BF davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie die Haftfähigkeit des BF, gegeben seien. Unter einem wurde dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung vom 13.07.2015, dem BF zugestellt durch persönliche Übernahme am selben Tag, die ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

Am 13.7.2015 erließ das Bundesamt einen Abschiebeauftrag, wonach der BF am 20.07.2015 auf dem Luftweg nach Italien überstellt wird.

3. Mit Schriftsatz vom 15.07.2015, hg. eingelangt am 16.07.2015, erhob der Beschwerdeführer durch seinen im Spruch genannten Vertreter, dem er am 11.07.2015 Vollmacht erteilte, fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 11.07.2015 und die fortdauernde Anhaltung. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge die Schubhaftnahme und die Anhaltung für rechtswidrig erklären, den bekämpften Bescheid beheben, in eventu die ordentliche Revision zulassen, sowie der belangten Behörde auftragen, die Verfahrenskosten zu ersetzen. In der Beschwerde wurde zusammengefasst vorgebracht, dass es für die Festnahme, Schubhaftnahme und Anhaltung in Schubhaft zum relevanten Zeitpunkt keine gesetzliche Grundlage gegeben habe. Die Schubhaftnahme und Anhaltung in Schubhaft sei daher rechts- und verfassungswidrig. Die Feststellung der belangten Behörde, der BF sei gesund, sei aktenwidrig. Es fehle eine aktuelle Beurteilung der Zulässigkeit hinsichtlich der Verbringung nach Italien bezüglich der Erkrankung des BF. Zudem habe der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 26.06.2014 eine amstwegige Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 22a Abs. 1-3 BFA-VG eingeleitet. Inzwischen habe der Verwaltungsgerichtshof bestätigt, dass es keine gesetzliche Grundlage für die Schubhaftverhängung gebe. Die Schubhaft sei daher rechtswidrig und es habe allenfalls mit einem gelinderen Mittel das Auslangen gefunden werden können. Der BF sei Flüchtling und habe daher Anspruch auf Grundversorgung. Warum ein Quartierplatz keine ausreichende Sicherung des Verfahrens sei, könne die belangte Behörde nicht erklären.

4. Das Bundesamt legte am 16.07.2015 die Beschwerde vor und erstattete eine Stellungnahme, in der es ausführte, dass beabsichtigt sei, den BF am 20.07.2015 nach Italien zu überstellen. Unter einem wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den Bescheid bestätigen und gemäß § 22a BFA-VG feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen.

Der BF wurde am 20.07.2015 nach Italien überstellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zum Verfahrensgang:

Der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

Zur Person:

Die Identität des volljährigen Beschwerdeführers steht nicht fest; er ist gambischer Staatsangehöriger und nicht österreichischer Staatsbürger. Er verfügt über kein Aufenthaltsrecht in Österreich oder einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union.

Der BF stellte im Bundesgebiet am 01.02.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Sein Antrag auf internationalen Schutz wurde rechtskräftig mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.04.2015 wegen der Zuständigkeit Italiens als unzulässig zurückgewiesen.

Zum Sicherungsbedarf:

Der BF stellte zuvor bereits in Italien einen Antrag auf internationalen Schutz und reiste nach dessen Abweisung unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein, wo er am 01.02.2015 ebenfalls einen Asylantrag stellte.

Er bezog bis 20.05.2015 Leistungen aus der Grundversorgung und tauchte nach Abweisung seines Asylantrages sodann im Bundesgebiet unter. Er entzog sich seiner Außerlandesbringung und trat melderechtlich nicht mehr in Erscheinung.

Ein Laissez-Passer für die Überstellung des BF nach Italien wurde am 16.06.2015 ausgestellt.

Am 10.07.2015 wurde über den BF ein Festnahmeauftrag erlassen. Er wurde am 10.07.2015 festgenommen und am Folgetag dem Bundesamt vorgeführt.

Der BF wurde am 11.07.2015 zur beabsichtigen Schubhaftverhängung niederschriftlich vom Bundesamt einvernommen und im Anschluss der Einvernahme wurde die Schubhaft über ihn verhängt.

Das Bundesamt erließ am 13.07.2015 einen Abschiebeauftrag, die Abschiebung wurde ebenfalls am 13.07.2015 organisiert und die Flugbuchung für den 20.07.2015 vorgenommen.

Der BF verfügte im Inland weder über eine berufliche, familiäre noch über eine soziale Integration. Er verfügte nicht über ausreichend Barmitteln um seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zu finanzieren.

Der BF war hafttauglich.

Der Beschwerdeführer befand sich von 11.07.2015 bis 20.07.2015 in Schubhaft, die im Polizeianhaltezentrum BREITENFELDER GASSE vollzogen wurde.

Er wurde am 20.07.2015 nach Italien überstellt.

2. Beweiswürdigung:

Zur Person und zum Verfahrensgang:

Der Verfahrensgang und die dazu getroffenen Feststellungen sowie die Feststellungen zur Person des BF ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und den hg. Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen zu den Voraussetzungen der Schubhaft basieren ebenalls auf den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zum Sicherungsbedarf:

Die Angaben, dass der Beschwerdeführer knapp vier Monate nach seiner Asylantragsstellung und nach rechtskräftigem Abschluss seines Asylverfahrens die Grundversorgung ausschlug und untertauchte, beruhen auf einem Auszug aus dem GVS sowie dem ZMR.

Die Feststellungen zur Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus den medizinischen Unterlagen, insbesondere dem Anhalteprotokoll und dem Auszug aus der Krankenkartei.

Die Feststellungen zum Nichtvorhandensein familiären Bezugspunkte respektive sozialer Kontakte des BF im Bundesgebiet, sowie den Nichtvorhandenen Barmitteln ergeben sich aus den eigenen Angaben des BF gelegentlich der niederschriftlichen Einvernahme im Rahmen 11.07.2015.

Die Feststellungen zum Vollzug der Schubhaft ergeben sich aus der Anhaltedatei; die Angaben zur Organisation der Überstellung fußen auf dem Verwaltungsakt; die Feststellungen zur Abschiebung des BF ergeben sich aus dem diesbezüglich vorliegenden Abschiebebericht des Bundesamtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 76 Abs. 5 FPG aF war die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser war gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus einem anderen Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 57 Abs. 1 AVG ist die Behörde berechtigt, wenn es sich bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen. Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann gemäß § 57 Abs. 2 AVG bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.

Gemäß § 22a Abs. 5 BFA-VG ist gegen die Anordnung der Schubhaft eine Vorstellung nicht zulässig.

Gemäß § 9 Abs. 2 FPG entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes das Bundesverwaltungsgericht. Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes (Z 1) und Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (Z 3). Im 8. Hauptstück des FPG werden u.a. Schubhaft und gelinderes Mittel geregelt.

Gemäß dem mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelten § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

§ 22a Abs. 1 und 2 BFA-VG wurden vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 12.03.2015, G 151/2014 ua. aufgehoben. Sie lauteten:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet."

Der Verfassungsgerichtshof sprach zudem aus, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten und die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind. Die Aufhebung trat am der Kundmachung in BGBl. I 41/2015 folgenden Tag, dem 15.04.2015, in Kraft.

In seinem Erkenntnis vom 12.03.2015, E 4/2014, erläuterte der Verfassungsgerichtshof die bereinigte Rechtslage wie folgt:

"Nach der Aufhebung des § 22a Abs. 1 und 2 BFA-VG durch den Verfassungsgerichtshof aus Anlass der vorliegenden Beschwerde sind im Anlassfall, soweit sich die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen die "Verhängung der Schubhaft" mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 8. Jänner 2014 richtet, die allgemein für Beschwerden gegen Bescheide geltenden Bestimmungen anzuwenden. Demnach bildet die Grundlage für die Erhebung einer Beschwerde gegen den vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erlassenen Schubhaftbescheid an das Bundesverwaltungsgericht nunmehr § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG. Soweit sich die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen die "Anhaltung seit 08.01.2014" wendet, liegt hingegen eine Beschwerde gegen die behauptete Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vor (vgl. § 7 Abs. 1 Z 3 BFA-VG). Die Beurteilung, ob die Anhaltung des Beschwerdeführers im Zeitraum zwischen dem 8. Jänner 2014 und der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes einen (etwa vom zugrunde liegenden Bescheid nicht mehr gedeckten) Akt unmittelbarer Zwangsgewalt oder eine bloße Vollstreckungsmaßnahme darstellt (vgl. VfSlg 10.978/1986 mwH, 12.340/1988; VfGH 12. März 2015, G151/2014 ua., Rz 39) obliegt - nach Aufhebung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, soweit die Beschwerde abgewiesen wurde, - dem Bundesverwaltungsgericht im fortgesetzten Verfahren."

Am 19.06.2015 traten in Entsprechung des Erkenntnisses VfGH 12.03.2015, G 151/2014 ua., (s. RV 582 BlgNR 25. GP 7) § 22a Abs. 1, 1a und 2 BFA-VG in Kraft.

Diese lauten wie folgt:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG zur Entscheidung über die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid (vom Beschwerdeführer auch "Inschubhaftnahme" tituliert) zuständig. Es gelten die allgemein für Bescheidbeschwerden vorgesehenen Bestimmungen.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchpunkt A.I.) Schubhaftbescheid und Anhaltung in Schubhaft

Das Bundesamt stützte den angefochtenen Bescheid auf Art. 28 Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 1 FPG iVm BGBl. II Nr. 143/2015:

Gemäß Art. 28 Dublin-III-VO dürfen die Mitgliedstaaten zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, die Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird. Die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs darf, wenn der Asylwerber in Haft ist, einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Dublin-Verfahren führt, ersucht in diesen Fällen um eine dringende Antwort, die spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs erfolgen muss. Die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt, sobald diese praktisch durchführbar ist, spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung mehr hat. Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten.

Der Beschwerdeführer wurde zum Zwecke der Überstellung nach Italien in Haft gehalten. Österreich führt seit 06.02.2015 Dublin-Konsultationen mit Italien. Mit Schreiben vom 25.02.2015 teilte das Bundesamt den italienischen Behörden mit, dass Italien zur Führung des Asylverfahrens durch Fristablauf gemäß § 25 Abs. 2 Dublin III-VO verpflichtet ist.

"Fluchtgefahr" definiert Art. 2 lit. n Dublin III-VO als das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.

Gemäß § 76 Abs. 1 FPG aF konnten Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig war, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Anordnung zur Außerlandesbringung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten, durfte Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen war, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

Gegen den Beschwerdeführer bestand zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung eine rechtskräftige Anordnung zur Außerlandesbringung nach Italien. Die Schubhaft wurde sohin zutreffend zur Sicherung der Abschiebung nach Italien verhängt.

Am 29.05.2015 trat § 9a Abs. 4 FPG-DVO in Kraft, kundgemacht in BGBl. II 143/2015, der bis 19.07.2015 galt. Dieser lautete:

"Grundsätze bei der Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des FPG

§ 9a. [...]

Sicherungsbedarf und Fluchtgefahr im Sinne des § 76 FPG liegen vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung), ABl. L 180 vom 29.06.2013, S. 31, zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Der Bescheid wurde zutreffender Weise auf die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch anwendbare Bestimmung des § 9a Abs. 4 FPG-DV gestützt. Mit Inkrafttreten des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2015 (FrÄG 2015) am 20.07.2015 wurde der Text des gleichzeitig, mit 19.07.2015 wieder außer kraftgetretenen §9a Abs. 4FPG-DV idF BGBl. II. Nr. 143/2015 in den § 76 Abs. 3 FPG übernommen, weshalb die verfahrensgegenständliche Anhaltung ab dem 20.07.2015 bis zur Abschiebung am selben Tag nach dem § 76 Abs. 3 FPG zu beurteilen ist.

Da sich lediglich die Rechtsquelle (vormals §9a Abs. 4 FPG-DV, ab 20.07.2015 § 76 Abs. 3 FPG), nicht aber der Text der Bestimmung der Fluchtgefahr geändert hat, war die weiterer Anhaltung ab dem 20.07.2014 bis zur Abschiebung jedenfalls durch den erlassenen Bescheid gedeckt.

Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid zutreffend fest, dass der BF die Außerlandesbringung durch sein Untertauchen im Bundesgebiet behinderte, da der BF nach Abschluss seines Asylverfahrens das Quartier der Grundversorgung verließ und untertauchte (§ 9a Abs. 4 Z 1 FPG-DV, bzw. § 76 Abs. 3 Z 1 FPG). Auch bestand zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung, wie die belangte Behörde richtigerweise im Bescheid ausführte, eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme, nämlich die Außerlandesbringung des BF nach Italien, weshalb auch die Z 3 des §9a Abs. 4 FPG-DV bzw. § 76 Abs. 3 FPG als erfüllt anzusehen war.

Ebenso stützte die belangte Behörde das Vorliegen von Fluchtgefahr im angefochtenen Bescheid auf § 9a Abs. 4 Z 9 FPG-DV: Der BF verfügte zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung weder über familiäre oder sonstige soziale respektive berufliche Anknüpfungspunkte. Er verfügte nicht über genügend Barmittel um seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zu finanzieren und war behördlich nicht gemeldet.

Sofern die Beschwerde vorbringt, dass es für die Anhaltung in Schubhaft zum relevanten Zeitpunkt keine gesetzliche Grundlage gegeben habe, ist auf obige Ausführungen zu § 9a Abs. 4 FPG-DV bzw. §22a BFA-VG hinzuweisen.

Zum Beschwerdevorbringen, wonach die Feststellung der belangten Behörde zum Gesundheitszustand des BF aktenwidrig sei, wird auf die vorliegenden medizinischen Unterlagen der belangten Behörde verwiesen, in denen dem BF die Haftfähigkeit attestiert wurde.

Der belangten Behörde ist auch Recht zu geben, wenn diese davon ausging, dass mit der Anwendung gelinderer Mittel nicht das Auslangen gefunden werden konnte:

Aufgrund des Vorverhaltens des BF, wonach er in Italien bereits einen Asylantrag gestellt hatte, nach negativen Ausgang des Asylverfahrens von Italien unrechtmäßig nach Österreich einreiste, im Bundesgebiet abermals einen Asylantrag stellte und nach dessen rechtskräftiger Zurückweisung erneut untertauchte, konnte zutreffender Weise davon ausgegangen werden, dass mit der Verhängung gelinderer Mittel der Sicherungszweck nicht erreicht werden habe können und der BF im Falle einer Freilassung abermals untergetaucht wäre.

Der BF war bei Inschubhaftnahme und während seiner Anhaltung gesund und haftfähig.

Mit der Möglichkeit der Abschiebung war auch tatsächlich zu rechnen:

Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Auf Grund der zügig organisierten Abschiebung des Beschwerdeführers, der vorliegenden Zustimmung Italiens zur Übernahme des BF und dem am 16.06.2015 ausgestellten Laissez-Passer, war mit der Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der Schubhafthöchstdauer jedenfalls zu rechnen gewesen.

Auch die Dauer der Schubhaft ist nicht unverhältnismäßig:

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein. Dem entspricht nicht nur die in § 80 Abs. 1 FrPolG 2005 ausdrücklich festgehaltene behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauere, vielmehr ist daraus auch abzuleiten, dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so wäre die Schubhaft unverhältnismäßig. Demzufolge erweist sich die Verhängung von Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung im Anschluss an eine Strafhaft regelmäßig als unverhältnismäßig, wenn die Fremdenpolizeibehörde auch zum absehbaren Ende einer Strafhaft hin mit der (versuchten) Beschaffung eines Heimreisezertifikats untätig bleibt (VwGH 15.10.2015, Ro 2015/21/0026; 19.05.2015, Ro 2015/21/0008; 25.04.2014, 2013/21/0209).

Die Anhaltung des BF in Schubhaft, die bis zur Überstellung nach Italien knapp zehn Tage dauerte, war auch nicht unverhältnismäßig:

Zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung lag eine durchsetzbare und durchführbare Anordnung zur Außerlandesbringung des BF nach Italien vor, und Italien hatte der Übernahme des BF bereits durch Verfristung am 26.06.2013 zugestimmt. Das Bundesamt erließ am 13.07.2015 einen Abschiebeauftrag, die Abschiebung wurde am 13.07.2015 ebenfalls organisiert und die Flugbuchung für den 20.07.2015 vorgenommen.

Aufgrund des Vorliegens erheblicher Fluchtgefahr, der rasch organisierten Abschiebung, dem ausgestellten Laissez-Passer, der Zustimmung Italiens und der gegebenen Haftfähigkeit des BF war die Verhängung der Schubhaft und die Anhaltung des BF in Schubhaft daher rechtmäßig.

Sohin war die Beschwerde gegen den Bescheid sowie gegen die darauf gestützte Anhaltung in Schubhaft abzuweisen.

Zu A.II. und A.III.) Antrag auf Kostenersatz

1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei daher kein Kostenersatz, die belangte Behörde ist auf Grund der Beschwerdeabweisung obsiegende Partei und hat Anspruch auf Kostenersatz.

3. Nach § 35 Abs. 4 VwGVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat (Z 1), die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren (Z 2), sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand (Z 3). Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht. Aufwandersatz ist laut Abs. 7 auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

§ 1 VwG-AufwErsV bestimmt die Höhe des zu ersetzenden Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei mit €

57,40 und die Höhe des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei € 368,80.

Der BF hat der belangten Behörde daher Kosten iHv € 426,20 zu ersetzen.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Der Verfassungsgerichtshof hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 GRC ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11 ua.).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2012, U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Da im gegenständlichen Fall der maßgebliche und der hg. Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung sohin unterbleiben.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Wie zu Spruchpunkt I. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Rechtslage zu den übrigen Spruchpunkte (Kostenersatz) ist ebenfalls hinreichend geklärt.

Die Revision war daher in Bezug auf alle Spruchpunkte nicht zuzulassen.

Schlagworte

Bescheiderlassung, Fluchtgefahr, Kostenersatz, mangelnder
Anknüpfungspunkt, Mittellosigkeit, Rechtsgrundlage,
Schubhaftbeschwerde, Sicherungsbedarf, Untertauchen,
Verfahrensentziehung, Verhältnismäßigkeit, Zeitpunkt, Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W186.2110683.1.00

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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