TE OGH 2018/3/21 1Ob34/18h

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Veröffentlicht am 21.03.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. K***** K*****, 2. S***** M*****, und 3. F***** L*****, alle vertreten durch die Dr. Heinz Häupl Rechtsanwalts GmbH, Nussdorf, gegen die beklagten Parteien 1. H***** K*****, und 2. B***** K*****, vertreten durch Dr. Stefan Hoffmann und Dr. Thomas Herzog, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wegen Entfernung und Unterlassung (Streitwert 7.000 EUR), über die Revision der zweit- und drittklagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 22. November 2017, GZ 22 R 316/17b-50, mit dem das Endurteil des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom 27. Juli 2017, GZ 45 C 696/15m-46, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Berufungsgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Die Beklagten erwarben eine mit der Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens zu landwirtschaftlichen Zwecken zugunsten mehrerer Liegenschaften, zu denen auch die der Kläger gehören, belastete Liegenschaft und errichteten darauf Baulichkeiten, die in den Servitutsbereich hineinragen. Die (ursprünglich drei) Kläger begehrten unter Berufung auf die mit ihren Grundstücken verbundenen Wegerechte Beseitigung und Unterlassung.

Das Berufungsgericht bestätigte die klageabweisende Entscheidung des Erstgerichts. Es sprach aus, dass der Wert „des Entscheidungsgegenstands“ 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige, und die ordentliche Revision zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Eine Entscheidung über die Revision der Zweitklägerin und des Drittklägers kommt (derzeit) nicht in Betracht, weil aus dem berufungsgerichtlichen Bewertungsausspruch nicht klar hervorgeht, ob damit eine Gesamtbewertung der Begehren beider Kläger vorgenommen oder ausgedrückt werden sollte, dass jedem einzelnen ein Entscheidungsgegenstand mit einem Wert von mehr als 5.000 EUR zugeschrieben wird.

Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld oder Geldeswert 5.000 EUR nicht übersteigt. Zulässig ist die Revision hingegen, wenn der Entscheidungsgegenstand zwar 5.000 EUR, nicht aber insgesamt 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision für zulässig erklärt hat (§ 502 Abs 3 ZPO). Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands bei einem Einschreiten mehrerer Kläger für jeden eigenständig zu bestimmen ist, sofern die gemeinsam geltend gemachten Ansprüche nicht gemäß § 55 Abs 1 JN zusammenzurechnen sind, was gemäß § 55 Abs 4 JN insbesondere auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln von Bedeutung ist.

Eine Zusammenrechnung hat gemäß § 55 Abs 1 Z 2 JN nur bei Vorliegen einer materiellen Streitgenossenschaft nach § 11 Z 1 ZPO zu erfolgen. Eine solche liegt auf Klägerseite vor, wenn diese in Ansehung des Streitgegenstands in Rechtsgemeinschaft stehen oder aus demselben tatsächlichen Grund oder solidarisch berechtigt sind. Eine Berechtigung aus demselben tatsächlichen Grund im Sinne des § 11 Z 1 ZPO setzt einen einheitlichen rechtserzeugenden Tatbestand voraus, ohne dass für einen Streitgenossen etwa noch weitere rechtserzeugende Tatsachen für die Ableitung des Anspruchs hinzutreten (RIS-Justiz RS0035450).

Im vorliegenden Fall mögen die Wegerechte der Kläger zwar jeweils auf einen bestimmten – mit den Einzelrechtsvorgängern der Beklagten abgeschlossenen – Vertrag zurückzuführen sein. Die jeweilige Berechtigung und Verpflichtung, die von vornherein nicht als bloß obligatorisch gedacht war, sondern zwischen den jeweiligen Eigentümern der Liegenschaften bestehen sollte, wurde durch grundbücherliche Eintragung verdinglicht, womit sie vom ursprünglichen Vertrag zwischen bestimmten Vertragspartnern losgelöst wurde. Ein gemeinsamer rechtserzeugender Tatbestand für die von den einzelnen Klägern erhobenen Ansprüche besteht somit nicht, vielmehr leitet jeder einzelne Kläger seine Berechtigung aus seinem Eigentum an einem bestimmten (herrschenden) Grundstück ab. Damit liegen zwar wohl gleichartige, auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen Grund beruhende Ansprüche im Sinn des § 11 Z 2 ZPO vor, nicht aber solche gemäß § 11 Z 1 ZPO, die die Kläger als materielle Streitgenossen erscheinen ließen, wie dies § 55 Abs 1 Z 2 JN fordert (vgl nur RIS-Justiz RS0110982; jüngst etwa 1 Ob 237/17k). Eine wertmäßige Zusammenrechnung der von der Zweitklägerin und dem Drittkläger geltend gemachten Ansprüche findet daher nicht statt.

Das Berufungsgericht wird seinen Bewertungsausspruch dahin zu korrigieren haben, dass es für jeden der beiden Revisionswerber klar stellt, ob der jeweils ihn betreffende Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichts den Wert von 5.000 EUR übersteigt. Sollte dies der Fall sein, werden die Akten dem Obersten Gerichtshof neuerlich vorzulegen sein. Andernfalls wäre die Revision als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen.

Textnummer

E121304

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00034.18H.0321.000

Im RIS seit

08.05.2018

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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