TE Vwgh Beschluss 2018/2/28 Ra 2015/06/0063

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Veröffentlicht am 28.02.2018
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Index

E1E;
L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Vorarlberg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
59/04 EU - EWR;

Norm

12010E267 AEUV Art267 Abs3;
B-VG Art130;
B-VG Art131;
B-VG Art133 Abs4;
RPG Vlbg 1996 §16 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag.a Merl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision 1. des G W, 2. der K W, beide in L und vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 22, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 27. April 2015, LVwG-302- 003/R3-2015, betreffend Anträge gemäß § 16 Vorarlberger Raumplanungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Gemeindevorstand der Gemeinde St. Gallenkirch, vertreten durch CHG Czernich Haidlen Guggenberger und Partner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Bozner Platz 4; weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbenden Parteien haben der Gemeinde St. Gallenkirch zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Gallenkirch vom 6. Dezember 1993 wurde den revisionswerbenden Parteien über deren Antrag vom 27. Oktober 1993 die beantragte baupolizeiliche Bewilligung für die Errichtung eines "Einfamilienwohnhauses mit einer Ferienwohnung" auf einem näher bezeichneten Baugrundstück erteilt.

5 Im vorliegenden Verfahren geht es um Anträge der revisionswerbenden Parteien auf Erteilung einer Ferienwohnungsbewilligung gemäß § 16 Abs. 4 oder Abs. 4a Vlbg RPG in der Fassung LGBl. Nr. 33/2005. Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) - soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung - in Erledigung der Säumnisbeschwerde der revisionswerbenden Parteien deren Berufung gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde St. Gallenkirch, soweit damit die beantragte Ferienwohnungsbewilligung nach § 16 Abs. 4 Vorarlberger Raumplanungsgesetz - RPG für das mit dem vorgenannten Bescheid bewilligte Wohnhaus abgewiesen worden war, ausgenommen die Einliegerwohnung abgewiesen, die beantragte Bewilligung für die Einliegerwohnung erteilt, und ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

6 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung zugrunde, dass die revisionswerbenden Parteien (die erstrevisionswerbende Partei ist österreichischer Staatsbürger, die zweitrevisionswerbende Partei deutsche Staatsbürgerin) ihren Hauptwohnsitz in L., BRD, gehabt hätten und noch haben, wo sie ein Hotel betreiben. Sie hätten das verfahrensgegenständliche Wohnhaus von Anfang an zu Ferienzwecken genutzt. Die "Ferienwohnung" (=Einliegerwohnung) sei von Gästen und Verwandten unentgeltlich benutzt worden. Das Baugrundstück weise nach dem rechtsgültigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde St. Gallenkirch - jedenfalls unverändert seit Erlassung der Baubewilligung - die Widmung "Baufläche-Wohngebiet" ohne Zusatzwidmung für Ferienwohnungen auf.

7 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, die Bewilligung zur Nutzung des gegenständlichen Wohnhauses als Ferienwohnung sei geeignet, die in § 2 RPG normierten raumplanerischen Ziele zu gefährden. Die revisionswerbenden Parteien hätten als besonders berücksichtigungswürdige Umstände im Sinne des § 16 Abs. 4 RPG, welche eine Bewilligung zur Nutzung als Ferienwohnung im Einzelfall ermöglichen könnten, angeführt, dass im Jahre 1993 die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses für Ferienzwecke erteilt worden sei und sie seit 1995 dieses Wohnhaus ständig für Ferienwohnzwecke benützten. Mit Baubescheid vom 6. Dezember 1993 sei jedoch nicht die Errichtung eines "Ferienwohnhauses", sondern eines "Einfamilienhauses mit einer Ferienwohnung" genehmigt worden. Es sei somit davon auszugehen, dass nicht das gesamte Wohnhaus, sondern nur die Einliegerwohnung im Untergeschoß als Ferienwohnung baubehördlich bewilligt worden sei, wofür auch die der Baubewilligung zugrunde liegende Baubeschreibung (samt Bauplänen) spreche, wonach Antragsgegenstand ein "Einfamilien-Wohnhaus mit Einliegerwohnung" gewesen sei. Dass die revisionswerbenden Parteien das gegenständliche Wohnhaus (mit Ausnahme der Einliegerwohnung) entgegen dem Baubescheid von Beginn an zu Ferienwohnzwecken genutzt hätten, könne keinen berücksichtigungswürdigen Umstand im Sinne des § 16 Abs. 4 RPG darstellen, zumal nach den Angaben der revisionswerbenden Parteien die Begründung eines Ferienwohnhauses ihre primäre Intention gewesen sei. Nach dem Ziel des § 16 Abs. 4 RPG solle die Ausnahmeregelung aber jenen Fällen gerecht werden, in denen die Begründung einer Ferienwohnung nicht die primäre Intention des Bewilligungswerbers darstelle.

8 Die Revision ist nicht zulässig.

9 Soweit in den zur Zulässigkeit der Revision vorgetragenen Gründen geltend gemacht wird, die Voraussetzungen für eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit nach EU-Recht seien durch "den gesamten § 16 Vbg. RPG eindeutig nicht erfüllt", weshalb die Einschränkungen für Ferienwohnungen überhaupt nicht angewendet werden dürften, genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das Erkenntnis VwGH 12.12.2013, 2013/06/0078, und die darin zitierte Rechtsprechung zu verweisen. Auch im vorliegenden Fall wurde nicht dargelegt, dass § 16 RPG im Sinn der Judikatur des EuGH nicht legitimiert und verhältnismäßig sei.

10 Was das Vorbringen zur zwingenden Vorlageverpflichtung des Verwaltungsgerichtes betrifft, wird auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. September 2014, E 304/2014-12, verwiesen, wonach die Verwaltungsgerichte vor dem Hintergrund der dort zitierten Rechtsprechung des EuGH nicht als letztinstanzliche Gerichte im Sinn des Art. 267 Abs. 3 AEUV anzusehen sind. Dem hat sich der Verwaltungsgerichtshof in nunmehr ständiger Rechtsprechung angeschlossen (vgl. aus vielen VwGH 27.7.2016, Ra 2016/06/0003).

11 Soweit die revisionswerbenden Parteien ein Abgehen des Verwaltungsgerichtes von der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, aber auch des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Erteilung von Ferienwohnungsbewilligungen bei Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Umstände behaupten, die darin liegen soll, dass bei gleichen oder ähnlichen Sachverhalten derartige Bewilligungen erteilt worden seien, genügt ihr Vorbringen mangels näherer Konkretisierung den Anforderungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht, zumal schon nicht konkret - unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes - angegeben wird, von welcher Judikatur das Verwaltungsgericht nach Ansicht der revisionswerbenden Parteien abgewichen sein soll (vgl. dazu etwa VwGH 1.6.2017, Ra 2017/06/0074, mwN).

12 Die revisionswerbenden Parteien führen zur Zulässigkeit der Revision weiter aus, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt hinsichtlich des Inhalts der 1993 erteilten Baubewilligung im Wesentlichen als "unstreitig" angenommen und sich mit den Beweisergebnissen nicht näher auseinandergesetzt. Die Begründung sei daher nicht nachvollziehbar und aktenwidrig.

13 Dazu ist auszuführen, dass bei Verfahrensmängeln in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des Verfahrensmangels dargetan werden muss. Das heißt, dass der behauptete Verfahrensmangel geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren -

Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa VwGH 1.6.2017, Ra 2017/06/0094, mwN). Diesen Anforderungen entspricht die vorliegende Revision nicht, weil sie nicht ansatzweise aufzeigt, welche Feststellungen hätten getroffen werden können, sodass insoweit schon deshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird und insbesondere der Vorwurf der Aktenwidrigkeit angesichts der im Akt erliegenden Baubewilligung aus dem Jahre 1993 schlechterdings unverständlich ist.

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

15 Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2018 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014, insbesondere § 53 Abs. 1 letzter Satz VwGG.

Wien, am 28. Februar 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2015060063.L00

Im RIS seit

25.04.2018

Zuletzt aktualisiert am

04.05.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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