TE OGH 2018/3/13 11Os130/17b

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Veröffentlicht am 13.03.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat am 13. März 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Albu als Schriftführer in der Strafsache gegen Isabelle M***** wegen des Vergehens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 29. Mai 2017, GZ 115 Hv 129/16g-23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen (wegen Strafe) werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Isabelle M***** des Vergehens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie „in Wien in wiederholten Angriffen die Herkunft der Vermögensbestandteile im Wert von 36.705,50 Euro, die aus einer mit Strafe bedrohten Handlung eines anderen gegen fremdes Vermögen, die mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, nämlich dem Vergehen des schweren Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB bzw dem Vergehen des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach § 148a Abs 1 und Abs 2 StGB herrühren und von einem bislang unbekannten Täter auf ihr Konto Nummer ***** bei der U***** AG überwiesen wurden, verschleiert und die Vermögensbestandteile durch Zurverfügungstellung ihres Kontos, Abhebung von insgesamt 33.250 Euro in bar und Ausfolgung an unbekannte Personen, vor den Geschädigten und nachforschenden Sicherheitsbehörden verborgen, und zwar indem sie

I./ zu einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt im Zeitraum von 8. August 2016 bis 9. September 2016 gegenüber Angestellten der U***** AG angab, dass die Vermögensbestandteile von einem Freund aus Nigeria stammen würden, sie jedoch nichts genaueres wisse;

II./ am 6. Oktober 2016 im Zuge ihrer Vernehmung als Beschuldigte ausführte, dass die Vermögensbestandteile von einem Freund namens 'J*****' aus dem Kongo stammen, die dieser aus Autoverkäufen lukriert habe.“

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die als „Berufung wegen Nichtigkeit“ bezeichnete Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten, die sich auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO stützt.

Der Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde ist voranzustellen, dass § 165 Abs 1 StGB zwei rechtlich gleichwertige Begehungsweisen enthält und somit ein alternatives Mischdelikt statuiert (RIS-Justiz RS0129615 [T1]; Kirchbacher in WK2 StGB § 165 Rz 14).

Verbergen (Abs 1 erster Fall) ist eine Tätigkeit, die das Auffinden eines deliktstauglichen Vermögenswerts durch den Verletzten, von ihm Beauftragte oder Strafverfolgungsorgane vereiteln oder erschweren soll. Physische Verbringung von Geldbeträgen (etwa über eine Staatsgrenze) ohne eine (devisenrechtlich [§ 5 DevG BGBl 1946/162; aktuell zB nach Art 3 Abs 1 VO [EG] 1889/2005] gebotene) Offenlegung ihrer Herkunft kann ein Verbergen sein (vgl RIS-Justiz RS0094983, RS0094947 [T1]; Kirchbacher in WK² StGB § 165 Rz 16 mN aus der Rechtsprechung). Bloßes Beheben von Bargeld und Übergabe desselben an einen Dritten jedoch ist, wenn nicht besondere Begleitumstände hinzutreten (vgl Klippl, Geldwäscherei 167 ff: „Verheimlichungscharakter“), ein Vorgang des gewöhnlichen Wirtschaftslebens und als solcher – per se – noch kein „Verbergen“ iSd § 165 Abs 1 StGB (vgl Burgstaller ÖBA 1994, 173 [176]; Rosbaud SbgK § 165 Abs 5 Rz 37 f; 13 Os 105/15p [Punkte 1.3.3. und 1.3.4.]; RIS-Justiz RS0129615 [T2], jeweils auch zur Abgrenzung der Tathandlungen des § 165 Abs 1 StGB gegenüber jenen des § 165 Abs 2 StGB). Herkunftsverschleierung (Abs 2 zweiter Fall) wird im Gesetz selbst durch Beispiele erläutert. Sie kann etwa durch falsche Angaben im Rechtsverkehr über den Ursprung oder die wahre Beschaffenheit der betreffenden Vermögensbestandteile, das Eigentum oder sonstige Rechte an ihnen erfolgen (vgl 13 Os 67/15z; Kirchbacher in WK² StGB § 165 Rz 17).

Das Erstgericht stellte fest, dass die Angeklagte von 8. August bis 9. September 2016 in mehreren Tranchen insgesamt 33.250 Euro in bar von ihrem Konto behob und „anschließend an einen unbekannten Täter“ übergeben hatte (US 6; vgl auch US 2 f). Weiters konstatierten die Tatrichter, die Angeklagte habe durch unrichtige (vgl US 6) bzw „falsche Angaben über die Geldmittelherkunft“ „gegenüber der Bank“ „die Herkunft der Vermögensbestandteile im Rechtsverkehr verschleiert“ (US 13; Schuldspruchfaktum I./, US 2 f).

Obwohl nach dem oben Gesagten die Bargeldbehebungen und -weitergaben der Angeklagten (auf Basis der getroffenen Feststellungen) – entgegen der Rechtsauffassung des Schöffengerichts (US 13) – nicht als „Verbergen“ (Abs 1 erster Fall) zu beurteilen sind, trägt der Urteilssachverhalt – angesichts der konstatierten Falschangaben im Rechtsverkehr (Abs 1 zweiter Fall) – damit jedenfalls die Subsumtion ihres Verhaltens nach § 165 Abs 1 StGB.

Der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider hat das Erstgericht die Feststellungen zur subjektiven Tatseite der Angeklagten, nämlich des bedingten Vorsatzes in Bezug auf das Vorliegen eines aus einer geldwäschereitauglichen Vortat stammenden Tatobjekts und auf ihre der Herkunftsverschleierung dienenden „Äußerungen gegenüber den Mitarbeitern der U***** AG“ (jeweils US 11), nicht offenbar unzureichend begründet, sondern mängelfrei aus dem objektiven Geschehen (vgl RIS-Justiz RS0098671), der Einlassung der Angeklagten und der allgemeinen Lebenserfahrung abgeleitet (US 9 ff).

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) Konstatierungen zu einer Tathandlung nach § 165 Abs 1 StGB sowie zum Vorliegen der subjektiven Tatseite vermisst, orientiert sie sich nicht am tatrichterlichen Sachverhalt (US 6 ff, 11, 13; RIS-Justiz RS0099810).

Die Urteilsannahme, wonach „es die Angeklagte bei ihrer polizeilichen Einvernahme bereits für möglich hielt, dass das überwiesene Geld nicht aus Autoverkäufen stammt, und sie mit ihren Angaben über die Herkunft des Geldes täuschte“ (US 9), betrifft die zu II./ zur Last gelegte – aus nachstehend dargelegten Gründen jedoch straflose – Aussage der Beschwerdeführerin im Zuge ihrer polizeilichen Vernehmung als Beschuldigte gemäß § 164 StPO, ohne die zur Tathandlung des Verschleierns getroffenen – von der Rüge insoweit vernachlässigten (RIS-Justiz RS0117247 [T2, T5, T6]) – Feststellungen zur subjektiven Tatseite zu beeinflussen.

Warum es – über den Urteilssachverhalt hinaus – einer „Feststellung der Täuschung oder Behinderung der Strafverfolgung als Voraussetzung der Subsumierung des Sachverhalts unter § 165 Abs 1 StGB“ bedurft hätte, leitet die Rechtsrüge nicht aus dem Gesetz ab (RIS-Justiz RS0116565).

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO ist anzumerken, dass die verfehlte Aufnahme der zu II./ beschriebenen Tathandlung ins Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) für eine amtswegige Maßnahme keinen Anlass bietet.

Der Vorwurf der Herkunftsverschleierung des kriminell kontaminierten Vermögens erschöpft sich bereits in den zwischen 8. August und 9. September 2016 getätigten falschen Angaben der Angeklagten „gegenüber den Mitarbeitern der U***** AG“ (I./ des Schuldspruchs). Ihre (zu II./ angelastete) Aussage vor der Polizei am 6. Oktober 2016 im Zuge ihrer förmlichen Vernehmung als Beschuldigte gemäß § 164 StPO (wegen eben dieses bereits bestehenden Verdachts nach § 165 StGB), bei der sie sich (weiterhin) leugnend verantwortete (vgl ON 9 S 1, 9 ff), ist demnach – als gegen dasselbe Rechtsgut gerichtete Deckungshandlung (RIS-Justiz RS0091587, RS0091298; Ratz in WK2 StGB Vor §§ 28–31 Rz 66) – straflos. Straflosigkeit dieses – gleichsam zu ihrer eigenen Begünstigung gesetzten (vgl Pilnacek/Swiderski in WK2 StGB § 299 Rz 23) – Verhaltens der Angeklagten ergibt sich überdies schon aus Art 6 Abs 1 MRK und dem daraus (sowie aus Art 90 Abs 2 B-VG) abgeleiteten Grundsatz, nicht aktiv an der eigenen Überführung mitwirken zu müssen („nemo-tenetur-Prinzip“; vgl Grabenwarter/Pabel, EMRK6 § 24 Rz 138; siehe auch § 7 Abs 2 StPO; ebenso RIS-Justiz RS0082326, RS0053673).

Dieser Rechtsfehler, der aufgrund zutreffender Annahme lediglich eines Vergehens nach § 165 Abs 1 StGB (US 3) nur das Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), nicht aber den Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) betrifft, fand bei der Strafbemessung keine Berücksichtigung (vgl US 14) und wirkte sich solcherart auch nicht effektiv nachteilig für die Angeklagte aus (vgl Ratz, WK-StPO § 290 Rz 27/1; zum Unterbleiben eines diesbezüglichen Freispruchs [insbesondere bei mehreren gleichartigen Begehungsarten eines alternativen Mischdelikts] siehe im Übrigen Lendl, WK-StPO § 259 Rz 2).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – ebenso wie die im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß §§ 285d Abs 1; 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die (verbleibenden) Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E121148

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0110OS00130.17B.0313.000

Im RIS seit

18.04.2018

Zuletzt aktualisiert am

20.12.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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