TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/28 96/05/0270

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Veröffentlicht am 28.03.2000
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Index

L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Burgenland;
L70701 Theater Veranstaltung Burgenland;
L81701 Baulärm Burgenland;
L82001 Bauordnung Burgenland;
L82201 Aufzug Burgenland;
L82251 Garagen Burgenland;

Norm

BauO Bgld 1969 §93;
BauO Bgld 1969 §94 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Andrea und des Franz Mersich in Wien, vertreten durch Dr. Peter Zawodsky, Rechtsanwalt in Wien VI, Gumpendorfer Straße 71/10, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 18. September 1996, Zl. 02/04-24, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Herbert Glavanich in Kroatisch Geresdorf, Hauptstraße 62, 2. Gemeinde Niktisch, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 17. Februar 1995 wurde dem erstmitbeteiligten Bauwerber die Baubewilligung für verschiedene bauliche Maßnahmen auf seinem Grundstück in Kroatisch Geresdorf, Hauptstraße 62, erteilt. Bewilligt wurde u.a. die Errichtung einer Gartenmauer zum seitlich anrainenden Grundstück der Beschwerdeführer (Hauptstraße 64).

Mit Bescheid vom 25. Jänner 1995 trug der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die Herstellung des ursprünglichen Zustandes, nämlich die Abtragung eines ohne Baubewilligung auf dem Baugrundstück errichteten überdachten Bauwerkes, bis längstens 1. März 1995 auf. Das Bauwerk stand mit der (bewilligten) Einfriedungsmauer an der Anrainerseite zu den Beschwerdeführern in fester Verbindung. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass ein überdachtes Gebäude in fester Verbindung mit der Einfriedungsmauer errichtet wurde, welches nicht Gegenstand einer baubehördlichen Abhandlung gewesen sei. Diesbezüglich sei trotz Aufforderung auch nicht nachträglich um Baubewilligung angesucht worden. In der Folge wurde auf Grund dieses Bescheides bei der belangten Behörde um Vollstreckung ersucht.

Am 15. Februar 1996 suchte der mitbeteiligte Bauwerber um die Erteilung der Baubewilligung u.a. für den Neubau einer überdachten Terrasse an der bestehenden Einfriedungsmauer (konsentiert durch den eingangs genannten Bescheid) an. Nach dem Plan soll eine Fläche von 5,50 m x 2,65 m überdacht werden; das Pultdach sitzt auf einer an der Einfriedungsmauer errichteten Holzkonstruktion auf.

Anlässlich der Bauverhandlung vom 11. Juni 1996 wurde festgestellt, dass die überdachte Terrasse vor der Verhandlung bereits errichtet worden sei. Die bei der Bauverhandlung anwesende Erstbeschwerdeführerin brachte vor:

"Der Besitzstörungsklage vom November '94 wurde mit einem Versäumungsurteil vom 17. Jänner 1995 stattgegeben (in Rechtskraft erwachsen). Exekution wird erst jetzt eingeleitet, weil eine von der Gemeinde Niktisch (Abbruchbescheid) zu keinem Erfolg führte.

Aus diesen Gründen stimme ich diesem Bauteil nicht zu (Bauteil: überdachte Terrasse)".

Der mitbeteiligte Bauwerber erklärte, dass das Dach laut Bescheid der Bezirkshauptmannschaft entfernt und laut neuem Plan errichtet worden sei und dass auf der Mauer kein Dach aufliege.

Mit Bescheid des Regierungskommissärs für die mitbeteiligte Gemeinde vom 25. Juni 1996 wurde die begehrte Baubewilligung erteilt. Die Erstbeschwerdeführerin wurde mit ihrer oben zitierten Einwendung auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Aus dem Projekt ergebe sich kein Anhaltspunkt dafür, dass die gemeinsame Grenzmauer durch das Vorhaben "überdachte Terrasse" benützt werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine Vorstellung der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid (und nicht, wie im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführt, gegen einen Bescheid des Gemeinderates) als unbegründet ab. Dem Vorbringen der Vorstellungswerber könne nicht entnommen werden, in welchem konkreten subjektiven Recht sie durch den von ihnen angefochtenen Bescheid verletzt würden. Die Vorstellungsbehörde dürfe den Bescheid nicht auf jegliche objektive Rechtswidrigkeit hin überprüfen, sondern nur dahin, ob subjektive Rechte verletzt würden.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Versagung der Baugenehmigung für die Errichtung einer überdachten Terrasse an der im gemeinsamen Eigentum stehenden Grenzmauer verletzt. Sie begehren die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Gemeinde legten die Verwaltungsakten vor; die belangte Behörde erstattete auch eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass nach einer vom Verwaltungsgerichtshof eingeholten Auskunft beim Gemeindeamt der mitbeiligten Gemeinde im Juni 1996 der Gemeinderat aufgelöst und ein Regierungskommissär zur Fortführung der Verwaltung der Gemeinde eingesetzt war.

Bei Baubewilligungsverfahren handelt es sich stets - also auch dann, wenn eine nachträgliche Baubewilligung erteilt werden soll - um Projektgenehmigungsverfahren, in welchen die Baubehörde auf Grund des vom Antragsteller erarbeiteten Projektes die Frage der Bewilligungsfähigkeit zu beurteilen hat; Gegenstand des Verfahrens ist somit das in den Einreichplänen und sonstigen Unterlagen dargestellte Projekt, nicht aber ein von diesem Projekt abweichender tatsächlicher Baubestand (hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1997, Zl. 94/05/0027, ergangen zur Burgenländischen Bauordnung; zuletzt siehe das hg. Erkenntnis vom 7. März 2000, Zl. 96/05/0028, m.w.N.).

Die Beschwerdeführer wollten in ihrer Einwendung offenbar dartun, dass das bewilligte Projekt jener Ausführung entspreche, welche Gegenstand des Bauauftrages vom 25. Jänner 1995 war. Das hier vorliegende Projekt sieht aber keine feste Verbindung mit der Einfriedungsmauer vor, sondern soll als selbstständiger Baukörper an der Einfriedungsmauer errichtet werden; eine Inanspruchnahme der (nach dem Vorbringen der Beschwerdeführer im gemeinsamen Eigentum stehenden) Grenzmauer ist nicht vorgesehen.

Andere Einwendungen haben die Beschwerdeführer in der Bauverhandlung nicht erhoben. Ihren in der Beschwerde geäußerten Befürchtungen, der Bauwerber werde die Terrasse einer gewerblichen Nutzung zuführen, die Terrasse sei so groß, dass mehrere Tische aufgestellt werden könnten und durch die dort geführten Gespräche würde eine Geräuschkulisse entstehen, die die Nutzung der Liegenschaft der Beschwerdeführer erheblich beeinträchtigen werden, ist nicht nur Präklusion (§ 42 Abs. 1 AVG), sondern auch das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aus § 41 Abs. 1 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot entgegen zu halten. Für die Genehmigungsfähigkeit des vorliegenden Projekts ist es auch ohne Belang, ob der seinerzeitige Abbruchbescheid vollstreckt wurde oder nicht.

§ 93 Abs. 3 Bgld. BauO, LGBl. Nr. 13/1970 in der Fassung der Bauordnungsnovelle 1993, regelt die Fälle, in denen das Ansuchen ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzuweisen ist; im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführer ist aber nicht vorgesehen, dass im Falle einer bereits erfolgten Bauführung ein Bauansuchen deswegen abzuweisen sei, weil es nicht ausdrücklich auf "nachträgliche Baugenehmigung" lautet.

Auf die Relevanz eines Besitzstörungsverfahrens zwischen den Beschwerdeführern und den mitbeteiligten Bauwerbern ist schon deshalb nicht einzugehen, weil auch der Versäumungs-Endbeschluss, wie sich aus dem Beschlussbegehren ergibt, nur einen Zubau unter Inanspruchnahme der Grenzmauer erfasste.

Damit erwies sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war. Mit Rücksicht auf die durch die zitierte hg. Rechtsprechung klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäss § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. März 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1996050270.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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