TE Vfgh Erkenntnis 2018/3/1 E733/2017

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Veröffentlicht am 01.03.2018
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Index

L3703 Lustbarkeitsabgabe, Vergnügungssteuer

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall

Leitsatz

Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses im Anlassfall

Spruch

I. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung gesetzwidriger Verordnungsbestimmungen in ihren Rechten verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II. Das Land Oberösterreich ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft zuhanden ihrer Rechtsvertreterin die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

1.       Die beschwerdeführende Gesellschaft betreibt an einem näher bezeichneten Standort im Gemeindegebiet von Braunau am Inn zwei Wettterminals. Mit Bescheid vom 29. Februar 2016 schrieb der Bürgermeister der Stadtgemeinde Braunau am Inn der beschwerdeführenden Gesellschaft für den Betrieb dieser beiden Wettterminals beginnend mit März 2016 – unter anderem gestützt auf die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Braunau am Inn vom 11. Februar 2016, Top III/5, mit der eine Lustbarkeitsabgabeordnung erlassen wird – eine Lustbarkeitsabgabe von € 200,– pro Wettterminal für jeden angefangenen Kalendermonat als Dauerabgabe vor.

2.       Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Braunau am Inn wies mit Bescheid vom 11. Juli 2016 die gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 29. Februar 2016 erhobene Berufung als unbegründet ab. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Gesellschaft Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

3.       Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde als unbegründet ab, wobei sich das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich unter anderem auf die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Braunau am Inn vom 11. Februar 2016, Top III/5, mit der eine Lustbarkeitsabgabeordnung erlassen wird, stützte.

4.       Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz gemäß Art7 B-VG und Art2 StGG, auf Unverletzlichkeit des Eigentums gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK sowie auf Erwerbsausübungsfreiheit gemäß Art6 StGG geltend gemacht wird. Ferner behauptet die Beschwerde die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des Oö. Lustbarkeitsabgabegesetzes 2015, und einer gesetzwidrigen Verordnung, nämlich der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Braunau am Inn vom 11. Februar 2016, Top III/5, mit der eine Lustbarkeitsabgabeordnung erlassen wird.

5.       Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 26. September 2017, E733/2017-10, gemäß Art139 Abs1 Z2 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Wortfolge ", und (2) Wettterminals im Sinn des §2 Ziff. 8 des Oö. Wettgesetzes" in §1 erster Satz, des letzten Satzes des §1, des §2 Abs2, der Wortfolge "und von Wettterminals" in §3 erster Satz, der Wortfolge "oder Wettterminals" in §3 letzter Satz, der Wortfolge "bzw. des Wettterminals" in §4 Abs1 und des §5 letzter Satz der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Braunau am Inn vom 11. Februar 2016, Top III/5, mit der eine Lustbarkeitsabgabeordnung erlassen wird, ein.

Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, V108/2017-13, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Wortfolge ", und (2) Wettterminals im Sinn des §2 Ziff. 8 des Oö. Wettgesetzes" in §1 erster Satz, der letzte Satz des §1, §2 Abs2, die Wortfolge "und von Wettterminals" in §3 erster Satz, die Wortfolge "oder Wettterminals" in §3 letzter Satz, die Wortfolge "bzw. des Wettterminals" in §4 Abs1 und §5 letzter Satz der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Braunau am Inn vom 11. Februar 2016, Top III/5, mit der eine Lustbarkeitsabgabeordnung erlassen wird, bis zum Ablauf des 27. September 2016 gesetzwidrig waren.

6.       Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat gesetzwidrige Verordnungsbestimmungen angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Gesellschaft nachteilig war. Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde also durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung gesetzwidriger Verordnungsbestimmungen in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg 10.303/1984, 10.515/1985).

7.       Das Erkenntnis ist daher aufzuheben. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

8.       Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlassfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2018:E733.2017

Zuletzt aktualisiert am

18.05.2018
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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