TE OGH 2018/1/23 10ObS157/17m

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Veröffentlicht am 23.01.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau (Senat gemäß § 11a Abs 3 Z 2 ASGG) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei B*****, vertreten durch Dr. Stefan Kofler, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Berufsunfähigkeitspension, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. Oktober 2017, GZ 25 Rs 75/17s-33, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Im Verfahren AZ 45 Cgs 182/14z des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht begehrte die Klägerin von der beklagten Pensionsversicherungsanstalt die Weitergewährung einer mit 31. 3. 2014 befristeten Berufsunfähigkeitspension. Das Verfahren endete nach Einholung medizinischer Sachverständigengutachten aus verschiedenen Fachgebieten und eines zusammenfassenden medizinischen Sachverständigengutachtens durch Klagsrückziehung in der Verhandlungstagsatzung am 18. 3. 2015.

Am 23. 10. 2015 stellte die Klägerin einen Antrag auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension, der mit Bescheid der beklagten Partei vom 19. 1. 2016 unter Hinweis auf § 362 Abs 3 ASVG zurückgewiesen wurde.

In ihrer dagegen gerichteten Klage macht die Klägerin geltend, dass eine wesentliche Besserung gegenüber dem Gewährungsbefund nicht eingetreten sei, sodass die Entziehung der Berufsunfähigkeitspension zu Unrecht erfolgt sei. Im erstinstanzlichen Verfahren brachte sie weiters vor, dass sich ihr Gesundheitszustand wesentlich verschlechtert habe, sodass ihr Antrag zu Unrecht zurückgewiesen worden sei.

Die beklagte Partei bestritt dieses Vorbringen und beantragte die Zurückweisung der Klage.

Das Erstgericht wies nach Einholung von Gutachten und Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Klage zurück, weil sich im Vergleich zu dem im Verfahren AZ 45 Cgs 182/14z festgestellten Leistungskalkül im Wesentlichen keine zusätzlichen Einschränkungen ergeben.

Das Rekursgericht gab dem dagegen gerichteten Rekurs der Klägerin nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von der Klägerin erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

1.1. Hat der Versicherungsträger in den Fällen des § 362 ASVG den Antrag zurückgewiesen, so obliegt es nach § 68 Abs 1 ASGG dem Versicherten, dem Gericht eine wesentliche Änderung des zuletzt festgestellten Gesundheitszustands glaubhaft zu machen. Es muss sich das festgestellte Leiden entweder verschlechtert haben oder ein neues Leiden hinzugetreten sein. Wenn auch keine allzu hohen Anforderungen an die Bescheinigung einer Verschlechterung des Leidens oder des Hinzutretens eines neuen Leidens gestellt werden sollen, so müssen die Bescheinigungsmittel doch geeignet sein, dem Richter die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit einer Tatsache zu verschaffen (RIS-Justiz RS0085657). Gelingt dem Kläger die Glaubhaftmachung nicht, ist die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen (10 ObS 14/10x, SSV-NF 24/13). Es fehlt dann an der Voraussetzung eines über den Leistungsantrag des Versicherten materiell absprechenden Bescheids des Versicherungsträgers und an der weiteren Voraussetzung der Glaubhaftmachung einer wesentlichen Änderung der Anspruchsvoraussetzungen (RIS-Justiz RS0085668).

1.2. Im vorliegenden Fall ist das Erstgericht auf Grundlage der Ergebnisse des Bescheinigungsverfahrens davon ausgegangen, eine Verschlechterung des Gesundheitszustands sei nicht glaubhaft gemacht worden. Ob die Glaubhaftmachung gelungen ist oder nicht, stellt immer das Ergebnis der vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Beweiswürdigung dar (10 ObS 88/15m SSV-NF 29/68).

1.3. Die Klägerin sieht die Zulässigkeit ihres Revisionsrekurses darin begründet, dass höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die Klägerin selbst dann eine wesentliche Änderung der zuletzt festgestellten Arbeitsfähigkeit gemäß § 362 Abs 3 ASVG zu bescheinigen habe, wenn sie bei rechtlich richtiger Beurteilung zum Zeitpunkt der (vorhergehenden) Klagsrückziehung in Wahrheit bereits berufsunfähig gewesen sei und noch immer sei.

Dass Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehlt, bedeutet dann nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage, wenn eine Rechtsfrage im Gesetz so eindeutig gelöst ist, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung ernstlich in Betracht zu ziehen ist und Zweifel bei der Auslegung nicht entstehen können (RIS-Justiz RS0042656).

Die von der Klägerin für erheblich gehaltene Frage beantwortet der klare und eindeutige Wortlaut des § 68 Abs 1 ASGG dahin, dass im Anwendungsbereich dieser Norm die Versicherte – um zu einer Entscheidung in der Sache selbst zu kommen – eine wesentliche Änderung des zuletzt festgestellten Gesundheitszustands glaubhaft zu machen hat, selbst wenn die Klagsrückziehung auf einer rechtlichen Fehlbeurteilung des zuletzt festgestellten Gesundheitszustands beruhte, denn auf den Grund der Klagsrückziehung kommt es nicht an.

Schlagworte

;Sozialrecht;

Textnummer

E120960

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:010OBS00157.17M.0123.000

Im RIS seit

22.03.2018

Zuletzt aktualisiert am

22.03.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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