Entscheidungsdatum
28.02.2018Index
86/01 Veterinärrecht allgemein;Norm
TGG §15 Abs7Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Wieser über die Beschwerde des AA, geboren am xx.xx.xxxx, Z, Adresse 1, Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 14.11.2016, Zahl ****,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis in Bezug auf Spruchpunkt 1. behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gem § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt wird.
2. Der Beschwerde in Bezug auf Spruchpunkt 2. wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf 23 Stunden herabgesetzt wird.
Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird insofern korrigiert, als er zu lauten hat wie folgt:
„Sie haben es zu verantworten, dass am 11.12.2015 um 11:35 Uhr in W am V, KOST V, bei km 34,115, das von Ihnen gelenkte, zum Tiertransport verwendete, leere Sattelkraftfahrzeug [Sattelzugfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ***** (**) mit dem Sattelanhänger ***** (**)] nach einer innergemeinschaftlichen durchgeführten Beförderung von 700 Ferkeln von Dänemark nach Italien, nicht gereinigt und desinfiziert war, obwohl jedes zum Tiertransport verwendete Fahrzeug oder jedes Behältnis, in welchem Tiere innergemeinschaftlich befördert worden sind, nach der Entladung zu reinigen und zu desinfizieren ist. Auf der Ladefläche befand sich das für den Transport über 5 Etagen eingestreute Stroh, welches durch Exkremente der Ferkel stark beschmutzt war.“
Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird weiters insofern berichtigt, als eine Verwaltungsübertretung nach § 9 Abs 1 der Veterinärbehördlichen Binnenmarktverordnung 2008 - BVO 2008, BGBl II Nr 473/2008, zur Last gelegt wird und die Strafsanktionsnorm § 15 Z 7 Tiergesundheitsgesetz (TGG), BGBl I Nr 133/1999, idF BGBl I Nr 80/2013, zu lauten hat.
3. Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 60,00 zu leisten.
4. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 BV-G nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 14.11.2016, Zahl ****, wurde dem Beschwerdeführer folgender Sachverhalt zur Last gelegt:
„Sie haben folgende Verwaltungsübertretungen begangen:
Tatzeit: 11.12.2015, 11.35 Uhr
Tatort: W am V, Kost V, km 34,*** Autobahn
Im Zuge einer Kontrolle am 11.12.2015 um 11:35 Uhr am W-Pass am oben angeführten Tatort konnte festgestellt werden, dass das leere Sattelkraftfahrzeug und der Sattelanhänger nach einem durchgeführten Tiertransport mit 700 Ferkeln von Dänemark nach Italien nicht gereinigt und desinfiziert wurde. Auf der Ladefläche befand sich das für die Hinfahrt über 5 Etagen eingestreute Stroh, welches durch Exkremente der Ferkel stark verschmutzt war. Gemäß § 15 Abs. 1 Z 3 Tiertransportgesetz 2007 sind das Transportmittel und allfällige Transportbehältnisse nach jedem Tiertransport gründlich zu reinigen und gegebenenfalls zu desinfizieren. Eine Zuwiderhandlung fällt unter die Verwaltungsstrafbestimmung des § 21 Abs. 2 Z 3 Tiertransportgesetz 2007. Nach § 9 Abs. 1 Veterinärbehördliche Binnenmarktverordnung ist jedes zum Tiertransport verwendete Fahrzeug oder jedes Behältnis, in welchem Tiere innergemeinschaftlich befördert worden sind, nach der Entladung zu reinigen und zu desinfizieren, was nach § 12 Abs. 1 i.V.m. § 38 Abs. 3 Tierschutzgesetz (TSchG) strafbar ist.
Konkret haben Sie die oben beschriebenen Verwaltungsübertretungen begangen, indem Sie das oben beschriebene Sattelzugfahrzeug und den Sattelanhänger nach einem dortigen Entladen nicht gereinigt und desinfiziert haben. Auf dem Rückweg konnte am oben angeführten Tatort festgestellt werden, dass noch das eingestreute Stroh, welches durch die Exkremente der Ferkel stark verunreinigt war, in den Transportmitteln lag.
Verwaltungsübertretungen nach:
§ 15 Abs. 1 Z 3 i.V.m. § 21 Abs. 2 Z 3 Tiertransportgesetz 2007
§ 9 Abs. 1 Veterinärbehördliche Binnenmarktverordnung 2008 i.V.m. § 12 Abs. 1 und § 38 Abs. 3 TSchG
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe(€) Gemäß Ersatzfreiheitsstrafe:
1) 300,00 1) § 15 Abs. 1 Z 3iVm.§21 Abs.2 72 Stunden
Z 3 Tiertransportgesetz
2) 300,00 2) § 9 Abs.1 Veterinärbehördliche 72 Stunden
Binnenmarktverordnung 2008
iVm.§ 12 Abs.1 und 38
Abs.3TSchG“
Des Weiteren wurde der Beschuldigte gemäß § 64 VStG zur Zahlung der Verfahrenskosten in der Höhe von insgesamt Euro 60,00 verpflichtet.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschuldigte fristgerecht Beschwerde und führte darin im Wesentlichen aus, dass er diese Tat als Mitarbeiter einer bestimmten Firma begangen habe und nur Anordnungen seines Vorgesetzten befolgt habe. Dieser habe ihm zugesichert, dass die Sache erledigt sei und habe er daher auf das erste Schreiben nicht geantwortet. Er habe mittlerweile gekündigt.
Aufgrund dieser Beschwerde wurde der Akt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt.
II. Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer lenkte am 11.12.2015 das Sattelzugfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ***** (**) mit dem Sattelanhänger ***** (**) auf der Brennerautobahn A 13 von Italien kommend und wurde um 11.35 Uhr in W am V, Kost V, bei km 34,115, einer Kontrolle durch Beamte der Autobahnpolizeiinspektion T einer Kontrolle unterzogen. Dabei wurde festgestellt, dass das leere Sattelkraftfahrzeug und der Sattelanhänger nach einem durchgeführten Tiertransport mit 700 Ferkeln von Dänemark nach Italien nicht gereinigt und desinfiziert worden war. Auf der Ladefläche befand sich das für die Hinfahrt über 5 Etagen eingestreute Stroh, welches durch Exkremente der Ferkel stark verschmutzt war.
Der Transport wurde durch die Firma BB in U, Adresse 2, Dänemark, durchgeführt, bei der der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt Arbeitnehmer war.
III. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde, dabei insbesondere aus dem Bericht der API T vom 10.12.2015, Zl ****. Dieser Sachverhalt wird vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.
IV. Rechtslage:
Die im gegenständlichen Verfahren maßgebenden Bestimmung des Tiertransportgesetzes 2007 – TTG 2007, BGBl I Nr 54/2007, lauten wie folgt:
§ 15
(1) Unbeschadet sonstiger tierseuchenrechtlicher Regelungen sind jedenfalls folgende Bestimmungen einzuhalten:
…
3. Die Transportmittel und allfällige Transportbehältnisse sind nach jedem Tiertransport gründlich zu reinigen und gegebenenfalls zu desinfizieren.
(2) Der Bundesminister für Gesundheit, Familie und Jugend kann – in Bezug auf landwirtschaftliche Nutztiere im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft – nähere Bestimmungen insbesondere hinsichtlich Reinigung und Desinfektion von Transportmitteln, das Vorgehen im Falle der Erkrankung oder des Verendens von Tieren während des Transports sowie über das Mitführen von Fahrtenbüchern, soweit nicht Transporte gemäß Art. 1 Abs. 2 oder Art. 6 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 vorliegen, durch Verordnung erlassen.
…
(4) Sonstige tierseuchenrechtliche Bestimmungen werden durch dieses Bundesgesetz nicht berührt.
§ 21
…
(2) Wer
…
3. gegen Bestimmungen einer auf Grund des § 15 Abs. 2 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt oder
…
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist bei Vorsatz mit einer Geldstrafe bis zu 4 360 Euro, im Fall der Fahrlässigkeit mit einer Geldstrafe bis zu 1 450 Euro zu bestrafen.
Die im gegenständlichen Fall maßgebenden Bestimmungen der Veterinärbehördlichen Binnenmarktverordnung 2008 - BVO 2008, BGBl II Nr 473/2008, lauten wie folgt:
§ 9
(1) Jedes zum Tiertransport verwendete Fahrzeug oder jedes Behältnis, in welchem Tiere innergemeinschaftlich befördert worden sind, ist nach der Entladung zu reinigen und zu desinfizieren. Auch alle Geräte, die beim Transport unmittelbar mit den Tieren oder deren Ausscheidungen in Berührung gekommen sind, sind zu reinigen und zu desinfizieren.
…
Die maßgeblichen Bestimmungen des Tiergesundheitsgesetzes (TGG), BGBl I Nr 133/1999, idF BGBl I Nr 80/2013, lauten wie folgt:
§ 15
Wer
…
7. gegen Gebote oder Verbote einer auf Grund des § 2 Abs 1 bis 3 erlassenen Verordnung verstößt,
begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 4 360 Euro zu bestrafen.
V. Rechtliche Erwägungen:
Gemäß § 44 Abs 3 Z 2 und 3 VwGVG idgF konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da im angefochtenen Bescheid eine Euro 500,00 nicht übersteigende Geldstrafe verhängt und keine Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt wurde.
Der verfahrensrelevante Sachverhalt steht nach Ansicht des erkennenden Gerichtes auch fest. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu erwarten gewesen wäre. Eine Beschränkung der Verteidigungsrechte der Beschwerdeführerin durch den Entfall der mündlichen Verhandlung war nicht ersichtlich. Da Artikel 6 EMRK dem Entfall der mündlichen Verhandlung nicht entgegen stand, durfte die Entscheidung ohne Durchführung einer solchen gefällt werden.
Fest steht, dass der Beschuldigte das ob genannte Fahrzeug zur ob genannten Zeit gelenkt hat. Fest steht auch, dass das Fahrzeug für den Transport von Ferkeln verwendet, in Italien entladen und nach der Entladung nicht gereinigt und desinfiziert wurde, wie in mehreren Rechtsvorschriften als Gebot festgelegt ist. Diese Tatsache wird vom Beschuldigten auch zugestanden.
Zu Spruchpunkt 1:
Am 1. August 2007 trat das Tiertransportgesetz 2007 in Kraft, bei dem es um den Schutz von Tieren beim Transport durch Kraftfahrzeug und Anhänger, Luftfahrzeug, Schienenfahrzeug oder Schiff in Verbindung mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit geht. Darin sind vor allem die Durchführungs- und Vollzugsbestimmungen zur EU-Tiertransportverordnung (Verordnung (EG) Nr 1/2005) festgelegt.
In § 15 Abs 1 Z 3 TTG 2007 ist zwar vorgeschrieben, dass die Transportmittel und allfällige Transportbehältnisse nach jedem Tiertransport gründlich zu reinigen und gegebenenfalls zu desinfizieren sind. Für dieses im TTG 2007 normierte Gebot findet sich jedoch keine entsprechende Strafsanktionsnorm.
Eine auf Grund des § 15 Abs 2 TTG 2007 erlassene Verordnung lässt sich nicht finden, sodass § 21 Abs 2 Z 3 TTG 2007 als Strafsanktionsnorm ebenso ausscheidet. Andere Strafsanktionsnormen, die sich auf das Reinigen und Desinfizieren von Transportmittel beziehen, gibt es ebenso wenig, sodass nach diesem Gesetz auch keine Verwaltungsstrafe verhängt werden konnte. Das Verwaltungsstrafverfahren war daher zu Spruchpunkt 1 einzustellen. Damit erübrigt sich auch die weitere Prüfung in Bezug auf eine allenfalls vorliegende Doppelbestrafung durch Spruchpunkt 1 und Spruchpunkt 2.
Zu Spruchpunkt 2:
Die BVO 2008 wurde auf Grund der §§ 2 und 4 des TSG, des § 2 Abs 1 bis 3 des Tiergesundheitsgesetzes (TGG), BGBl I Nr 133/1999, und des § 50 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (LMSVG), BGBl I Nr 13/2006, verordnet.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Anwendung des TSG, RGBl Nr 177/1909, idF BGBl I Nr 80/2013, oder auch des Tierschutzgesetzes im gegenständlichen Fall ausscheidet. Grundsätzlich unterliegen nur Tiertransporte ohne wirtschaftlichen Zweck dem TSchG und ist in § 11 TSchG geregelt, wo Teile der EU-TiertransportVO für anwendbar erklärt werden. Das TSG bestimmt Maßnahmen im Falle des Auftretens von Tierseuchen.
Gem § 1 Abs 1 sind die Bestimmungen des TGG unter anderem auf den Tierhandel (einschließlich Märkte und Sammelstellen) anzuwenden. Somit fällt der gegenständliche Sachverhalt unter den Anwendungsbereich des TGG. Die BVO 2008 wurde auch auf Grund des § 2 Abs 1 bis 3 des TGG erlassen. Wer gegen Gebote oder Verbote einer auf Grund des § 2 Abs 1 bis 3 erlassenen Verordnung verstößt, macht sich nach dem TGG strafbar. Zum Austausch der Strafsanktionsnorm ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zur alten Rechtslage) die auf die verhängte Strafe angewendete Gesetzesbestimmung (Strafsanktionsnorm) von der Berufungsbehörde richtig gestellt werden konnte und zwar auch nach Ablauf der Verjährungsfrist (vgl zB VwGH vom 25. April 2002, Zl 2002/07/0024, vom 21. Juli 1999, Zl 98/17/0009 und vom 23. Oktober 1995, Zl 93/04/0191). Dies gilt auch für das Landesverwaltungsgericht. Insbesondere wurde dem Beschuldigten dadurch kein anderer Sachverhalt zur Last gelegt. Das Verwaltungsgericht hat daher insoweit, als der Spruch des behördlichen Bescheides fehlerhaft ist, weil zB die angewendeten Gesetzesstellen unrichtig oder unvollständig zitiert wurden, dies in seinem Abspruch zu ergänzen bzw richtigzustellen (vgl dazu VwGH vom 15.10.2013, Zl 2010/02/0161, sowie vom 28.5.2014, Zl 2012/07/0033). Durch die Spruchkorrektur ist dies erfolgt.
Somit ist der objektive Tatbestand als erfüllt anzusehen.
Im Zusammenhang mit Ungehorsamsdelikten iSd § 5 Abs 1 VStG, bei welchem gemäß § 5 Abs 1 zweiter Satz leg cit von vornherein die Vermutung des Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) besteht, ist es Sache des Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden traf und initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl VwGH vom 19.12.2012, Zl 2012/08/0260; vom 9.10.2013, Zl 2013/08/0183; oder vom 28.3.2014, Zl 2014/02/0004). Den Beschuldigten trifft (nur) dann kein Verschulden, wenn nicht erkennbar ist, welche "tauglichen und zumutbaren" Maßnahmen er zur Verhinderung der entsprechenden Verwaltungsübertretung hätte treffen sollen (vgl VwGH vom 16.5.2011, Zl 2009/17/0185). Im gegenständlichen Fall ist nicht erkennbar, warum der Beschuldigte bei Übernahme oder bei der Weiterverwendung des Fahrzeuges nicht darauf geachtet hat, dass dieses gereinigt und desinfiziert wurde. Wenn sich der Beschwerdeführer darauf beruft, dass er auf Anweisung und ausdrücklicher Anordnung seines Vorgesetzten gehandelt habe und er dazu gezwungen worden sei, diese Tat zu begehen, so beruft er sich damit inhaltlich auf das Vorliegen eines "Notstandes" auf Seiten seiner Person.
Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt ist oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.
Unter dem Schuldausschließungsgrund des Notstandes kann jedoch nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, dass er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht. In der Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung, durch die die Lebensmöglichkeiten selbst nicht unmittelbar bedroht sind, kann eine unmittelbar drohende Gefahr und ein Notstand im Sinn des § 6 nicht gesehen werden (vgl hiezu VwGH vom 20. Oktober 1992, Zl 92/04/0151, mwN). Allein die Weisung eines Vorgesetzten (Dienstgebers) stellt für den Täter einer strafbaren Handlung, die er als solche zu erkennen vermag, keinen Schuldausschließungsgrund im Sinne des § 6 VStG dar. Dem Beschuldigten war daher zumindest die fahrlässige Begehungsweise anzulasten.
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Verordnungsermächtigung nach § 2 TGG bezweckt den Schutz der menschlichen Gesundheit und die Verhütung des Auftretens von infektiösen Krankheiten bei Tieren; die BVO 2008 dient sowohl der Bekämpfung als auch der Vorbeugung von Krankheiten und Tierseuchen. Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist daher als hoch einzustufen. Durch die Verschmutzung des Transportmittels war die Gefahr gegeben, dass Krankheiten in das österreichische Bundesgebiet eingeschleppt werden. Um die Verbreitung von Tierseuchenerregern zu verhindern, sind TierhalterInnen oder Personen, die während der Beförderung über die Tiere verfügen, verpflichtet, veterinärpolizeiliche Vorschriften einzuhalten. Bei der Verbringung von Tieren ist daher auch zu prüfen, ob die Transportmittel oder -behältnisse den Tiertransportbestimmungen entsprechen sowie ob die vorgeschriebenen Hygiene- und Reinigungsvorschriften eingehalten werden.
Bezüglich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse hat der Beschwerdeführer, obwohl dazu im Verfahren mehrfach die Gelegenheit bestanden hätte, keine Angaben gemacht. Es war daher insofern eine Schätzung vorzunehmen (vgl VwGH vom 11.11.1998, Zahl 98/04/0034 uva), wobei mangels gegenteiliger Anhaltspunkte zumindest vom durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen ausgegangen werden konnte.
Erschwerungsgründe sind im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgekommen. Die lange Verfahrensdauer war als mildernd zu werten. Die verhängte Geldstrafe in der Höhe von Euro 300,00 erscheint dennoch als tat- und schuldangemessen, zumal der mögliche Strafrahmen bis Euro 4.360,00 nur zu 6,9 % ausgeschöpft wurde und sich im unteren Bereich des Strafrahmens befindet.
Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im selben Ausmaß zu bemessen, wie auch der Rahmen für die Geldstrafe ausgeschöpft wurde, weshalb die Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend herabzusetzen war. Zumal der Beschwerdeführer daher in Bezug auf die Ersatzfreiheitsstrafe mit seinem Rechtsmittel Erfolg hatte, waren Kosten für das Beschwerdeverfahren nicht vorzuschreiben.
Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses sind die Kennzeichen des Sattelzugfahrzeuges und des Sattelanhängers nicht angeführt. Diese konnten jedoch im Rahmen einer Spruchkonkretisierung ergänzt werden, da diese in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11.07.2016 als tauglicher Verfolgungshandlung enthalten sind. Insgesamt war der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zu bereinigen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof, Judenplatz 11, 1010 Wien, erhoben werden. Gegen Entscheidungen gemäß § 25a Abs 4 VwGG ist lediglich die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, zulässig. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die Beschwerde bzw die Revision ist durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Hinweis:
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag.a Linda Wieser
(Richterin)
Schlagworte
Strafsanktionsnorm; Notstand;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2016.46.2685.1Zuletzt aktualisiert am
14.03.2018