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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BFA-VG 2014 §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und den Hofrat Dr. Pelant sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Samonig, über die Revision des Z B in K, vertreten durch Mag. Ronald Frühwirth, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Grieskai 48, gegen Spruchpunkt A. II. des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Oktober 2017, Zl. I404 1262188-3/6E, betreffend Verfahrenshilfe nach § 8a VwGVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Beschluss (Spruchpunkt A. II.) wies das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 8a VwGVG den Antrag des Revisionswerbers auf Gewährung von Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Eingabegebühr (für eine Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA) ab.
2 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass der Revisionswerber laut Angaben im Vermögensverzeichnis (auf seinem Konto befänden sich EUR 35,--) über die für die Eingabegebühr erforderlichen EUR 30,-- verfüge. Er beziehe ein Nettoeinkommen von EUR 120,-- monatlich. Da er sich derzeit in Haft befinde, könne nicht angenommen werden, dass die Bezahlung der Eingabegebühr zu einer Beeinträchtigung seines notwendigen Unterhalts führen würde.
3 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
5 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen dieser in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
6 Unter diesem Gesichtspunkt bringt der Revisionswerber vor, dass noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bewertung des notwendigen Unterhalts im Zusammenhang mit einem Verfahrenshilfeantrag einer in Strafhaft angehaltenen Person vorliege. Es könne dazu allerdings auf die Rechtsprechung der Zivilgerichte zu § 63 Abs. 1 ZPO zurückgegriffen werden. Das OLG Wien sei in einer Entscheidung aus dem Jahr 1995 zur Auffassung gelangt, dass die einer in Strafhaft angehaltenen Person für Arbeitsleistungen entrichtete Entschädigung von ATS 1.000,-- "gerade für eine einfache Lebensführung hinsichtlich der Befriedigung bescheidener Bedürfnisse während der Haft" ausreiche. Dabei habe das OLG das Vorbringen der damaligen Rechtsmittelwerberin berücksichtigt, wonach sie unbeschadet der ihr als Strafgefangener zukommenden freien Verpflegung und des Quartiers zur Aufrechterhaltung ihrer "Person oder Persönlichkeit" gezwungen sei, Toiletteartikel, geringfügige Zubesserungen zum Essen etc. anzuschaffen, sodass die Möglichkeit von Ansparungen "wohl nicht nur theoretischer Natur, sondern fast unmöglich" sei. Diese Entscheidung sei mit dem vorliegenden Fall weitgehend vergleichbar.
7 Gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG (zum Verhältnis dieser Bestimmung zu § 52 BFA-VG siehe des Näheren VwGH 31.8.2017, Ro 2017/21/0004, 0013, Rn 30 ff) zählt zu den Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenshilfe, dass die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten. Gemäß § 8a Abs. 2 VwGVG sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe, soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften der ZPO zu beurteilen. In diesem Sinn wird auch in den Erläuterungen zur Novelle BGBl. I Nr. 24/2017 (1255 BlgNR 25. GP 3) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für die Frage, ob die Partei außerstande sei, die Kosten der Führung des Verfahrens zu bestreiten, die Bestimmungen der ZPO maßgeblich seien, namentlich § 63 Abs. 1 ZPO zur Definition des notwendigen Unterhalts. Nach dieser Bestimmung ist als notwendiger Unterhalt derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt. Die nähere Umschreibung des notwendigen Unterhalts, die in § 40 VwGVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 24/2017 noch ausdrücklich enthalten war, ist nun also - im Anwendungsbereich sowohl des § 8a als auch des § 40 VwGVG - der ZPO zu entnehmen. Eine inhaltliche Änderung hat sich daraus nicht ergeben.
8 Ob der in diesem Sinn notwendige Unterhalt beeinträchtigt ist, stellt eine Frage des Einzelfalls dar, deren Beurteilung nur dann revisibel ist, wenn sie in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise erfolgt ist.
9 Eine solche unvertretbare Beurteilung ist im vorliegenden Fall nicht zu sehen. Vielmehr durfte das Bundesverwaltungsgericht davon ausgehen, dass die Entrichtung einer Eingabegebühr in der Höhe von EUR 30,-- den notwendigen Unterhalt des Revisionswerbers angesichts der seine Versorgung sicherstellenden Anhaltung in Strafhaft nicht zu beeinträchtigen vermochte, auch wenn er nur über ein Nettoeinkommen von EUR 120,-- monatlich verfügte. Die vom Revisionswerber ins Treffen geführte Entscheidung des OLG Wien vom 19.9.1995, 10 Ra 117/95, betrifft einen Sachverhalt, der mit dem vorliegenden Fall schon deswegen nicht vergleichbar ist, weil dort einem monatlichen Nettoeinkommen von ATS 1.000,-- Gerichtsgebühren in der Höhe von ATS 6.890,-- gegenüberstanden.
10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 25. Jänner 2018
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017210205.L00Im RIS seit
05.03.2018Zuletzt aktualisiert am
05.03.2018