TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/5 I403 2017717-1

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Veröffentlicht am 05.01.2018
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Entscheidungsdatum

05.01.2018

Norm

AVG §74
B-VG Art.133 Abs4
FPG §88 Abs1
VwGVG §17

Spruch

I403 2017717-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, StA. SIERRA LEONE, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion Oberösterreich (BAL) vom 07.01.2015, Zl. 770670409-3102720-108920616-140185175, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 17 VwGVG iVm § 74 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.10.2009 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Sierra Leone zuerkannt. Es wurde ein Verfahren zur Aberkennung des Status eingeleitet und der Beschwerdeführer am 14.02.2013 durch das Bundesasylamt einvernommen.

Der Beschwerdeführer stellte mittels Antragsformular am 18.11.2014 einen Antrag auf "Ausstellung eines Fremdenpasses im Interesse der Republik Österreich (§ 88 Abs. 1 FPG)". Er legte in Kopie einen von der Bundespolizeidirektion Linz ausgestellten Fremdenpass, gültig vom 09.05.2011 bis 30.09.2011, ein Schreiben des Generalkonsulats der Republik Sierra Leone in Österreich (wonach in Österreich keine Anträge mehr auf Neuausfertigung von Reisepässen entgegengenommen werden, aber mittels beim Generalkonsulat erhältlichen Antragsformular ein Antrag in Freetown, Sierra Leone gestellt werden könne) eine Geburtsurkunde, einen Aufenthaltstitel ("Rot-Weiß-Rot-Karte plus"), gültig bis zum 11.04.2015, sowie einen Meldezettel vor.

Mit im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.01.2015, zugestellt am 09.01.2015, wurde der Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 FPG abgewiesen. Dies wurde damit begründet, dass der Beschwerdeführer kein öffentliches Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses aufgezeigt habe, dass er mehrfach verurteilt worden sei und die Anzeigen wegen Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz, welche allerdings nie zu einer Verurteilung geführt haben würden, nahelegen würden, dass der Beschwerdeführer den Fremdenpass dazu benützen wolle, um gegen die Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen. Der Beschwerdeführer habe zwar den Status eines subsidiär Schutzberechtigten inne, doch sei ein Aberkennungsverfahren eingeleitet.

Dagegen wurde fristgerecht am 23.01.2015 Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass der Beschwerdeführer nach wie vor den Status eines subsidiär Schutzberechtigten habe. Alle Tatbestandsmerkmale des § 88 Abs 2a FPG seien erfüllt. Der Beschwerdeführer habe die Ausstellung eines Reisepasses bei seiner Vertretungsbehörde beantragt, dies sei ihm aber verweigert worden, wie das vorgelegte Schreiben des Generalkonsulats darlege. Es bestehe daher ein Anspruch auf Ausstellung eines Fremdenpasses, es sei denn, dass dem zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung entgegenstehen würden. Die Behörde habe sich darauf berufen, ohne dies ausreichend zu begründen. Die Vermutung der belangten Behörde, dass der Fremdenpass dazu benutzt werden sollte, um einen Verstoß gegen das Suchtmittelgesetz zu begehen, stelle aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer nie nach dem SMG angeklagt wurde, eine unzulässige Vorverurteilung dar. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde stattgeben und feststellen, dass ein Fremdenpass gemäß § 88 Abs 2a FPG auszustellen ist bzw. in eventu den Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückverweisen.

Das BFA legte die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht am 28.01.2015 vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, in eventu zurückzuweisen sowie den Beschwerdeführer zum Ersatz der Kosten für den Vorlageaufwand der belangten Behörde und den Schriftsatzaufwand der belangten Behörde, in eventu zum Ersatz für den Verhandlungsaufwand zu verpflichten.

Zuletzt wurde dem Beschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsbewilligung vom 08.09.2016 bis zum 08.10.2017 erteilt.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes wurde die gegenständliche Rechtssache per 02.10.2017 der Gerichtsabteilung der erkennenden Richterin zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Sierra Leone und in Österreich subsidiär schutzberechtigt. Er verfügt seit 11.08.2017 über keinen ordentlichen Wohnsitz mehr im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer stellte am 18.11.2014 einen Antrag auf "Ausstellung eines Fremdenpasses im Interesse der Republik Österreich (§ 88 Abs. 1 FPG)".

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid sowie in den Beschwerdeschriftsatz Beweis erhoben. Zudem wurde ein aktueller Auszug aus dem Zentralen Melderegister herangezogen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zum Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses:

§ 88 Fremdenpolizeigesetz (FPG) idgF lautet:

Ausstellung von Fremdenpässen

§ 88. (1) Fremdenpässe können, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für

1. Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;

2. ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;

3. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt – EU" (§ 45 NAG) gegeben sind;

4. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder

5. ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.

(2) Fremdenpässe können auf Antrag weiters ausgestellt werden für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

(2a) Fremdenpässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.

(3) Die Gestaltung der Fremdenpässe wird entsprechend den für solche Reisedokumente international üblichen Anforderungen durch Verordnung des Bundesministers für Inneres bestimmt. Im Übrigen hat die Verordnung den für Reisepässe geltenden Regelungen des Paßgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839, zu entsprechen.

(4) Hinsichtlich der weiteren Verfahrensbestimmungen über die Ausstellung eines Fremdenpasses, der Bestimmungen über die Verarbeitung und Löschung von personenbezogenen Daten und der weiteren Bestimmungen über den Dienstleister gelten die Bestimmungen des Paßgesetzes entsprechend.

Der Beschwerdeführer stellte einen Antrag auf "Ausstellung eines Fremdenpasses im Interesse der Republik Österreich (§ 88 Abs. 1 FPG)". Der Beschwerdeführer erfüllt aber keine der Tatbestandsvoraussetzungen des § 88 Abs. 1 FPG, so ist er weder staatenlos, noch ist seine Staatsangehörigkeit ungeklärt, noch verfügt er über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht, etc. Zudem wäre für die Ausstellung eines Fremdenpasses für die in Abs. 1 leg. cit. genannte Personengruppe (zu der der Beschwerdeführer aber ohnehin nicht gehört) ein Interesse der Republik Österreich notwendig; dieses wurde vom Beschwerdeführer aber weder behauptet noch ist dieses aus der Aktenlage ableitbar. Der Antrag auf "Ausstellung eines Fremdenpasses im Interesse der Republik Österreich (§ 88 Abs. 1 FPG)" wurde daher zu Recht abgewiesen.

In der Beschwerde wurde erklärt, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 88 Abs. 2a FPG erfüllen würde. Es steht allerdings aufgrund der Aktenlage fest, dass der Beschwerdeführer keinen Antrag gemäß § 88 Abs. 2a FPG gestellt hat. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zum Kostenbegehren der belangten Behörde:

Das BFA beantragte mit Vorlage der Beschwerde, den Beschwerdeführer zum Ersatz der Kosten für den Vorlageaufwand der belangten Behörde und den Schriftsatzaufwand der belangten Behörde, in eventu zum Ersatz für den Verhandlungsaufwand zu verpflichten.

Die Sonderbestimmungen des § 70 AsylG 2005 bzw. des § 53 BFA-VG finden gegenständlich keine Anwendung, daher ist auf die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen zurückzugreifen.

§§ 74 bis 76 AVG lauten:

Kosten der Beteiligten

§ 74. (1) Jeder Beteiligte hat die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten.

(2) Inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht, bestimmen die Verwaltungsvorschriften. Der Kostenersatzanspruch ist so zeitgerecht zu stellen, daß der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann. Die Höhe der zu ersetzenden Kosten wird von der Behörde bestimmt und kann von dieser auch in einem Pauschalbetrag festgesetzt werden.

Kosten der Behörden

§ 75. (1) Sofern sich aus den §§ 76 bis 78 nicht anderes ergibt, sind die Kosten für die Tätigkeit der Behörden im Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu tragen.

(2) Die Heranziehung der Beteiligten zu anderen als den in den §§ 76 bis 78 vorgesehenen Leistungen, unter welchem Titel immer, ist unzulässig.

(3) Die gesetzlichen Bestimmungen über die Stempel- und Rechtsgebühren des Bundes bleiben unberührt.

§ 76. (1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.

(2) Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind.

(3) Treffen die Voraussetzungen der vorangehenden Absätze auf mehrere Beteiligte zu, so sind die Auslagen auf die einzelnen Beteiligten angemessen zu verteilen.

(4) Ist eine Amtshandlung nicht ohne größere Barauslagen durchführbar, so kann die Partei, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat, zum Erlag eines entsprechenden Vorschusses verhalten werden.

(5) Die Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehenden Gebühren sind - falls hiefür nicht die Beteiligten des Verfahrens aufzukommen haben - von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen die Behörde in der Angelegenheit gehandelt hat.

Aus diesen gesetzlichen Bestimmungen ergibt sich, dass im Verwaltungsverfahren generell jeder seine Kosten selbst zu tragen hat, so auch die Behörde die Kosten für ihre Tätigkeit. Allerdings hat für Barauslagen die Partei aufzukommen, welche den verfahrensleitenden Antrag gestellt hat.

Im konkreten Fall beantragte die belangte Behörde aber nicht den Ersatz von Barauslagen, sondern einen Ersatz für Vorlageaufwand, Schriftsatzaufwand und (ohnehin nicht angefallenen) Verhandlungsaufwand.

Nun stellt § 35 VwGVG zwar fest, dass die obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei hat und dass damit unter anderem auch die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand gemeint sind; dies betrifft aber nur Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Dies ist gegenständlich auch nicht gegeben.

Daher war der Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz zurückzuweisen.

Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Angesichts der Tatsache, dass auch unter Zugrundelegung der Beschwerdebehauptungen für den Beschwerdeführer nichts gewonnen ist, da gegenständlich kein Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2a FPG gestellt worden war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Antragsbegehren, Fremdenpass, Kostenersatz, mangelnder
Anknüpfungspunkt, Reisedokument, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I403.2017717.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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