TE OGH 2017/11/20 5Ob13/17y

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Veröffentlicht am 20.11.2017
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers Gert L*****, vertreten durch Mag. Erwin Dirnberger, Rechtsanwalt in Wien, gegen sämtliche übrigen Wohnungseigentümer der Liegenschaft 1170 Wien, *****, EZ ***** als Antragsgegner, darunter 73. Dkfm. Dr. Ludwig K*****, 74. Mag. Itha K*****, beide ehemals *****, 115. Dr. Michael K*****, 116. Alexander K*****, diese vertreten durch Dr. Peter Bock, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 16 Abs 2 iVm § 52 Abs 1 Z 2 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 23. November 2016, GZ 40 R 47/16g-49, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 29. Mai 2017, GZ 40 R 47/16g-53, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung:

Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist nur mehr die vom Antragsteller begehrte Ersetzung der Zustimmung der Antragsgegner zu der von ihm bereits durchgeführten Installation einer Niedertemperatur-
Fußbodenheizung in der Küche seiner Wohnung W 20 im Haus ***** samt Subwärmezähler in den Wohnungen W 20 und W 16 sowie die Installation eines Gesamtwärmezählers in der Heizanlage der Liegenschaft.

Das Erstgericht gab dem Antrag statt.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der 115. und 116. Antragsgegner Folge und wies den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung insoweit ab. Nach Berichtigung sprach es aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands diesbezüglich 10.000 EUR übersteige. Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ es nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers zeigt keine wesentliche Rechtsfrage auf.

1. Bei der Zulässigkeit von Änderungen am Wohnungseigentumsobjekt iSd § 16 Abs 2 WEG ist auf den Einzelfall abzustellen, wobei alle in Betracht kommenden Umstände bei der Interessenbeeinträchtigung zu berücksichtigen sind (RIS-Justiz RS0083309). Bei einer solchen Entscheidung besteht ein dem Außerstreitrichter vom Gesetzgeber eingeräumter Ermessensspielraum (RIS-Justiz RS0083309 [T13]). Solange dieser Ermessensspielraum nicht überschritten wird, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor (RIS-Justiz RS0083309 [T9]). Nur in Fällen einer groben, die Rechtssicherheit in Frage stellenden Fehlbeurteilung hätte der Oberste Gerichtshof korrigierend einzugreifen, ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

2.1. Ob die Installation von Fußbodenheizungen grundsätzlich dazu dienen kann, dem Wohnungseigentümer eine dem heute üblichen Standard entsprechende Nutzung seines Objekts zu ermöglichen, ist hier nicht zu klären. Bereits das Rekursgericht konzedierte ja durchaus, in einem Neubau möge die Installation von Fußbodenheizungen und die Verbrauchsmessung mit Wärmemengenzählern der Übung des Verkehrs entsprechen, verneinte die Verkehrsüblichkeit im konkreten Fall aber im Hinblick darauf, dass es sich um einen Altbau aus den 70er-Jahren mit einem einheitlich zentralen Heizungssystem handle, in dem der Verbrauch über Verdunstungsmesser abgerechnet werde und wo die Genehmigung der Umrüstung in einer einzigen Wohnung weitreichende Konsequenzen für die Verteilung der Verbrauchskosten habe. Diese Beurteilung ist vertretbar.

2.2. Auch der Antragsteller bezweifelt nicht, dass die Installation der Fußbodenheizung zur Inanspruchnahme allgemeiner Teile (durch die gebotene Anbringung eines Heizestrichs und Verlegung der dazu erforderlichen Leitungen) führt. Diese Änderung des Heizsystems in seinem Objekt erfordert nach den Feststellungen überdies die Errichtung eines Hauptzählers (Wurzelzählers) im Kesselhaus, der die Gesamtwärme für die Raumheizung zählen muss. Die Installation der Fußbodenheizung im Objekt des Antragstellers hat nach den Feststellungen die Folge, dass eine Wärmemengenmessung im Weg der zuvor vorhandenen Verdunstungszähler (HKV V) technisch nicht mehr möglich ist, vielmehr ist nun eine Wärmemengenmessung nach dem Durchflusssystem mittels Wärmemengenzähler für flüssige Wärmeträger (WZ) erforderlich. Diese Art der Verbrauchsmessung widerspricht nach den Feststellungen allerdings dem Punkt XI des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags, wonach 30 % der Kosten des Betriebs der Zentralheizung der zentralen Wärmeaufbereitungsanlage im Verhältnis der Nutzflächen der Wohnungen aufzuteilen sind, während die restlichen 70 % aufgrund der Ableseergebnisse auf den Wärmemengenzählern, die an den Heizkörper montiert sind bzw der Ableseergebnisse der Warmwasserzähler festgestellt und nach Quantitäten berechnet und den einzelnen Wohnungseigentümern bekanntgegeben werden. Es ist zwar technisch möglich, den Wärmeverbrauch für die Raumheizung in den Wohnungen des Antragstellers mittels Wärmemengenzählern zu erfassen, es bedarf allerdings dafür eines Zuschlags für Leitungsverluste (dessen Höhe davon abhängt, ob die verlegten Leitungen saniert wurden oder nicht). Dass in irgendeinem anderen Objekt der Wohnungseigentumsanlage bereits Fußbodenheizungen oder Durchflusswärmemengenzähler montiert worden wären, hat der Antragsteller weder behauptet noch wurde dies festgestellt. Wenn das Rekursgericht unter Berücksichtigung dieser besonderen Umstände des Einzelfalls der Entscheidung 5 Ob 113/15a = wobl 2016/17 folgend, die einen durchaus vergleichbaren Sachverhalt betraf, die Änderung als verkehrsunüblich beurteilte, hat es den ihm zustehenden Ermessensspielraum nicht überschritten.

2.3. Vergleichbares gilt für die Frage eines wichtigen Interesses des Antragstellers. Darunter ist nicht jeder bloße – auch verständliche oder sogar von erachtenswerten Motiven getragene – Wunsch zu verstehen (RIS-Justiz RS0083341), bloße Zweckmäßigkeitserwägungen sind nicht mit einem wichtigen Interesse gleichzusetzen (RIS-Justiz RS0110977). Das wichtige Interesse ist danach zu beurteilen, ob die beabsichtigte Änderung dazu dient, dem Wohnungseigentümer eine dem heute üblichen Standard entsprechende Nutzung seines Objekts zu ermöglichen (5 Ob 157/15x = immolex 2016/15 [Räth]). Dass es dem Antragsteller nicht möglich gewesen wäre, die Wohnküche seines Objekts mit der bisherigen Heizung in einer dem üblichen Standard entsprechenden Weise zu nutzen, behauptet er gar nicht. Auch die bereits zitierte Entscheidung 5 Ob 113/15a ging im Fall der nachträglichen Umrüstung einer Fußbodenheizung von einem Hoch- auf ein Niedrigtemperatursystem davon aus, dass eine bloße positive Beeinflussung des subjektiven Wärmeempfindens der Bewohner nicht zwingend ein wichtiges Interesse begründe. Diese Grundsätze hat das Rekursgericht auf den hier zu beurteilenden Fall in vertretbarer Weise angewendet. Der Behauptung im Revisionsrekurs, die Antragsgegner hätten das wichtige Interesse des Antragstellers zugestanden, ist das ausdrücklich gegenteilige Bestreitungsvorbringen der Tagsatzung vom 10. 2. 2014 (ON 5) entgegenzuhalten.

2.4. Der Umstand, dass sich die Ö-Norm M 5930 mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen ein Wohnungsnutzer, der keine Verdunstungszähler (HKV V) mehr hat, statt dessen Wärmemengenzähler zum Einsatz bringen kann und in welchem Umfang er sich dabei einen Zuschlag für Leitungsverluste anrechnen lassen muss, ändert an der Beurteilung des Rekursgerichts nichts. Die Ö-Norm M 5930 hat die Heizkostenabrechnung nach dem HeizKG zum Inhalt, sie mag insoweit den Stand der Technik darstellen (RIS-Justiz RS0062077 [T8]). Allerdings sind sowohl die Verkehrsüblichkeit als auch das wichtige Interesse nicht nach dem im Ö-Normen ersichtlichen Stand der Technik, sondern nach der Beschaffenheit des betreffenden Hauses und seines Umfelds sowie der Ermöglichung einer dem üblichen Standard entsprechenden Nutzung des Objekts zu beurteilen (5 Ob 157/15x).

2.5. Dass es sich bei der Installation der Fußbodenheizung anstelle der Radiatoren um eine iSd § 16 Abs 2 Z 2 WEG privilegierte Maßnahme gehandelt hätte, bei der – unwiderlegbar – zu vermuten wäre, dass sie der Übung des Verkehrs entspreche bzw einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers diene, behauptete der Antragsteller im Verfahren erster Instanz gar nicht. Im Übrigen wurde in der Judikatur zur Parallelbestimmung des § 9 Abs 2 Z 1 MRG bereits ausgesprochen (5 Ob 232/16b = immolex 2017/71 [Pfiel]), dass der Anschluss eines Kaminofens – zusätzlich zur bestehenden Heizung – nur zur Schaffung eines behaglicheren Raumklimas keine privilegierte Maßnahme iSd § 9 Abs 1 Z 2 MRG darstelle bzw die Errichtung einer eigenen Beheizungsanlage unter Abkoppelung von der funktionierenden Zentralheizung im Haus nicht § 9 Abs 2 Z 1 MRG zu unterstellen sei (A. Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht3 § 9 MRG Rz 45 unter Hinweis auf MietSlg 39.261). Auch in den Entscheidungen 5 Ob 113/15a und 5 Ob 33/16p (wobl 2016/118) wurde im Zusammenhang mit der Umgestaltung von Heizungsanlagen jeweils die Verkehrsüblichkeit bzw das wichtige Interesse des Antragstellers geprüft und somit eine Privilegierung dieser bloßen Umgestaltungsmaßnahmen verneint. Auch insoweit liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor.

3. Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

Textnummer

E120270

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2017:0050OB00013.17Y.1120.000

Im RIS seit

13.01.2018

Zuletzt aktualisiert am

14.01.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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