Entscheidungsdatum
13.11.2017Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W171 2175679-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Senegal, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.11.2017, Zahl: XXXX zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß Art. 28 Abs. 2 Dublin III-VO i.V.m. § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. mit § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. Art. 28 Abs. 2 Dublin III-VO und § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.
IV. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
V. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz im Umfang der Eingabengebühr wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) stellte 2012 in Griechenland, 2013 in Ungarn und in Italien und 2015 in Deutschland je einen Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. Er reiste am 24.10.2017 nach Österreich ein und befand sich in einem Reisezug auf der Strecke von Deutschland kommend in Richtung Italien. Er wurde festgenommen, kurz einvernommen und sodann mit Mandatsbescheid vom 24.10.2017 über ihn die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung und zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
1.3. Am 26.10.2017 erfolgte die Zustimmung der deutschen Behörden hinsichtlich einer Rücküberstellung nach der Dublin-III-VO.
1.4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) vom 27.10.2017 wurde dem BF kein Aufenthaltstitel erteilt und gegen ihn gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG eine Anordnung zur Außerlandesbringung erlassen, sowie die Abschiebung des BF nach Deutschland gemäß § 61 Abs. 2 FPG für zulässig erklärt.
1.5. In weiterer Folge wurde der BF am 29.10.2017 aufgrund der Äußerung von Selbstmordgedanken aus der laufenden Schubhaft entlassen und in ein Landeskrankenhaus überführt. Dort befand er sich bis zum 03.11.2017.
1.6. Am 03.11.2017, nach der Entlassung aus der Krankenanstalt wurde über den BF neuerlich die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens und der Abschiebung bescheidmäßig verhängt. Dabei wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF sich bereits in Deutschland und in Italien den dortigen behördlichen Verfahren entzogen habe, sich bei Festnahme auf der Durchreise von Deutschland nach Italien befand, und nach Italien weiterreisen habe wollen. Der BF verfüge nicht über ein gültiges Reisedokument und sei in Österreich nicht legal eingereist. Er versuche illegal nach Italien weiterzureisen, verfüge über keine ausreichenden Barmittel und gehe keiner legalen Beschäftigung nach. Er habe in Österreich keinen ordentlichen Wohnsitz und keinerlei soziale Anbindungen im Inland. Der BF sei "höchst mobil", und sei begründet anzunehmen, dass er sich dem österreichischen Verfahren entziehen werde. Er sei darüber hinaus nicht vertrauenswürdig und könne aus seinem bisherigen Verhalten geschlossen werden, dass er einem beträchtlichen Risiko des Untertauchens unterlege. Ausgehend vom festgestellten Sicherungsbedarf ergäbe sich die Notwendigkeit der Schubhaft aus einem Überwiegen der öffentlichen Interessen am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung gegenüber dem privaten Interessen der Schonung der persönlichen Freiheit des BF. Mit Verhängung eines gelinderen Mittels (Meldeverpflichtung und Unterkunftsverpflichtung) werde im gegenständlichen Fall jedoch nicht das Auslangen gefunden, da sich der BF bereits in Deutschland den Behörden erfolgreich entzogen habe.
1.7. Daraufhin erhob der BF mit Schriftsatz vom 07.11.2017 Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 03.11.2017 sowie gegen die Anordnung der Schubhaft und die fortdauernde Anhaltung des BF in Schubhaft seit 03.11.2017. Dabei wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Behörde nicht festgestellt habe, dass der BF ausreisewillig sei, wiewohl er einer Überstellung nach Deutschland zugestimmt habe. Darüber hinaus sei nicht festgestellt worden, dass der BF bis August 2015 einen Aufenthaltstitel in Italien gehabt habe. Weiters seien im bekämpften Bescheid keine Feststellungen bzw. Ausführungen zum Gesundheitszustand des BF vorhanden, obwohl dieser sich aufgrund geäußerter Selbstmordabsichten im Krankenhaus befunden habe. Darüber hinaus sei im vorliegenden Fall keine erhebliche Fluchtgefahr gegeben. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Behörde zur Feststellung gekommen sei, der BF wolle lediglich nach Italien weiterreisen. Der BF habe eindeutig seine Ausreisewilligkeit verdeutlicht, da er einer Überstellung nach Deutschland zugestimmt habe. Darüber hinaus habe sich der BF in Italien nicht dem Verfahren entzogen, da er in weiterer Folge über italienische Dokumente verfügt habe. Er sei prinzipiell bereit nach Deutschland zurückzugehen und habe er die Ausreise lediglich deshalb angetreten, da ihm keine Unterstützungsleistungen in Deutschland mehr zu Teil geworden seien und er somit seine Existenz nicht habe sichern können. Würden ihm diese wieder zuerkannt werden, so würde er auch sein Asylverfahren abwarten und mit den Behörden kooperieren. Im Bescheid sei die Beweiswürdigung nicht offengelegt worden und stelle der BF keinen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Die Verhängung von Schubhaft im Anwendungsbereich der Dublin-VO dürfe keine Standardmaßnahme darstellen und seien das Fehlen beruflicher und sozialer Verankerung bei noch nicht lange im Bundesgebiet aufhältigen Fremden keine besonderen Umstände, die ausreichenden Sicherungsbedarf begründen könnten. Eine allgemeine textbausteinartige Formulierung in Bezug auf die Nichtverhängung eines gelinderen Mittels sei nicht ausreichend und seien die Voraussetzungen dafür im vorliegenden Fall gegeben.
Schließlich beantragte die Rechtsvertretung des BF die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie den gesetzmäßigen Ersatz der Aufwendungen und der Ersatz der Eingabegebühr. Gleichzeitig mit der eingebrachten Beschwerde wurde ein Antrag der einstweiligen Befreiung von der Eingabengebühr gestellt.
1.8. Am 08.11. erfolgte die Aktenübersendung des BFA unter Beigabe einer kurzen Stellungnahme. Die Stellungnahme reduzierte sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges und der Beantragung der gesetzmäßig vorgesehenen Kosten für Schriftsatz und Aktenvorlage. Informativ wurde bekanntgegeben, dass bisher noch kein Termin für die Abschiebung fixiert werden konnte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zum Verfahrensgang:
Der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.
Zur Person:
1.1. Der BF reiste illegal in das Bundesgebiet ein, ist Staatsangehöriger von Senegal und besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Er ist Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.
1.2. Der BF befand sich vom 29.10.2017 bis zum 03.11.2017 aufgrund geäußerter Suizidgedanken in einer Krankenanstalt und wurde am 03.11.2017 von dort entlassen. Seither befindet er sich abermals in Schubhaft. Hinweise auf wesentliche gesundheitliche Beeinträchtigungen liegen nicht vor.
1.3. Der BF verfügt nicht über ein gültiges Reisedokument.
Zu den Voraussetzungen der Schubhaft:
2.1. Mit Bescheid des BFA vom 27.10.2017 wurde über den BF eine Anordnung zur Außerlandesbringung verhängt und die Abschiebung seiner Person nach Deutschland für zulässig erklärt. Der Bescheid wurde dem BF am 27.10.2017 persönlich ausgehändigt. Ein Rechtsmittel wurde bisher nicht eingebracht.
2.2. Ein Einverständnis der Republik Deutschland zur Rückübernahme des BF liegt bereits vor. Es liegen dem Gericht keine Hinweise darüber vor, dass eine Überstellung nach Deutschland nicht innerhalb der Dublin-Fristen möglich sein sollte.
2.3. Der BF ist haftfähig.
2.4. Ein konkreter Termin zur Rückführung liegt zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht vor.
Zum Sicherungsbedarf (erhebliche Fluchtgefahr):
3.1. Der BF hat bereits in Griechenland, Italien, Ungarn und Deutschland in der Vergangenheit einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Zumindest in Deutschland hat er den Ausgang des Verfahrens nicht abgewartet und ist weitergereist. Er hat sich daher dem dort laufenden Asylantragsverfahren entzogen.
3.2. Für die Durchführung eines Asylverfahrens ist Deutschland zuständig.
3.3. Der BF hat versucht, von Deutschland bzw. Österreich aus nach Italien weiterzureisen.
3.4. Aufgrund des bisherigen Verhaltens des BF ist es wahrscheinlich, dass er eine Weiterreise nach Italien beabsichtigt.
3.5. Aufgrund des gegebenen Vorverhaltens des BF ist dieser nicht als vertrauenswürdig anzusehen.
3.6. Der BF ist im Hinblick auf eine Rücküberstellung nach Deutschland nicht ausreisewillig.
3.7. Der BF hat bisher in Österreich keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Zur familiären/sozialen Komponente:
4.1. Der BF hat keine Familienangehörigen in Österreich.
4.2. Er geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach.
4.3. Der BF verfügt über keine sozialen Kontakte im Inland.
4.4. Er verfügt nicht über ausreichende eigene Mittel zur Existenzsicherung.
4.5. Der BF verfügt nicht über einen gesicherten Wohnsitz.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person und zum Verfahrensgang:
Der Verfahrensgang und die dazu getroffenen Feststellungen sowie die Feststellungen zur Person des BF (1.1. – 1.3.), ergeben sich aus den unstrittigen Angaben der vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde sowie aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes. Nach den Informationen im Akt verfügt der BF über keine identitätsbezogenen Dokumente (1.3.).
Weder in der Beschwerdeschrift, noch im Verwaltungsakt finden sich Hinweise auf aktuell bestehende gesundheitliche Beeinträchtigungen des BF. Nach Einblick in die Anhaltedatei, in welcher derartige gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Arztbesuche vermerkt werden, kann festgestellt werden, dass diesbezüglich von Haftfähigkeit des BF im Zeitpunkt der Erlassung der vorliegenden Entscheidung ausgegangen werden konnte (1.2.).
2.2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (2.1.-2.4.):
Die Feststellungen zu 2.1., 2.2. und 2.4. beziehen sich im Wesentlichen auf die bezughabenden Aktenteile im Verwaltungsakt. Daraus geht hervor, dass der Bescheid vom 27.10. hinsichtlich der Außerlandesbringung und der Zulässigkeitserklärung der Abschiebung dem BF am selben Tage persönlich ausgefolgt wurde. Im Akt erliegend befindet sich die schriftliche Zustimmung der Republik Deutschland zur Rückübernahme des BF. Aus der mit dem Verwaltungsakt übersandten Stellungnahme des BFA vom 08.11.2017 lässt sich informativ entnehmen, dass bisher kein konkreter Abschiebetermin feststeht. Hinsichtlich der festgestellten Haftfähigkeit (2.3.) darf auf die Ausführungen zum vorigen Punkt 1.2. verwiesen werden. Das Gericht geht davon aus, dass der BF ohne wesentliche gesundheitliche Beeinträchtigungen am 03.11. aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Hinweise bzw. Vorbringen darüber, dass dem nicht so gewesen sein könnte, liegen nicht vor. Der BF wurde daher im Wesentlichen gesund in die laufende Schubhaft genommen und ergeben sich aus der Anhaltedatei keine gesundheitlichen Beschwerden bzw. durchgeführten Arztbesuche. Darüber hinaus liegen keine Hinweise darüber vor, dass eine Überstellung des BF nach Deutschland nicht in naher Zukunft tatsächlich vorgenommen werden könnte (2.2.).
2.3. Zum Sicherungsbedarf:
Aus dem im Akt erliegenden Auszug aus dem IZR ergibt sich, dass der BF insgesamt bereits vier Asylanträge innerhalb der Europäischen Union gestellt hat. Die Feststellung zu 3.1. hinsichtlich dessen, dass sich der BF dem Verfahren in Deutschland entzogen hat, ergeben sich im Wesentlichen daraus, dass die behördliche diesbezügliche Feststellung durch den BF nicht bekämpft wurde bzw. die Republik Deutschland zur sofortigen Rückübernahme des BF bereit ist. Die Zuständigkeit Deutschlands ergibt sich aus der im Akt liegenden Zustimmung zur Rücküberführung des BF. In der Niederschrift vom 24.10.2017 hält der BF explizit fest, dass er nach Italien reisen wolle, da er in Deutschland nur Probleme habe. Darauf basiert die Feststellung zu 3.3., dass der BF von Deutschland via Österreich versucht hat, nach Italien weiterzureisen. Im Rahmen dieser Befragung gab der BF klar an, in Deutschland Probleme gehabt zu haben und daher nach Italien weiterreisen zu wollen. Daraus ist zu schließen, dass der BF mit hoher Wahrscheinlichkeit danach trachtet, seine Reise auch weiterhin nach Italien fortsetzen zu können, da er nun offensichtlich auch in Österreich "Probleme" hat. Bis ins Jahr 2015 verfügte der BF nach den von ihm vorgelegten Unterlagen über Dokumente aus Italien. Es liegt daher nahe, dass er Italien gegenüber Deutschland bzw. Österreich bevorzugt, da er dort bereits bessere Erfahrungen gemacht hat. Daraus ergibt sich für das erkennende Gericht, dass der BF es auch in Zukunft vorziehen wird, in Italien zu verbleiben.
Der BF ist auch nicht vertrauenswürdig (3.5.), da er bereits eindrucksvoll gezeigt hat, dass er in keiner Weise davor zurückschreckt in mehreren Europäischen Ländern Asylanträge zu stellen und danach weiterzureisen. Es ist aus den Verfahren und auch aus dem Vorbringen im Rahmen der Beschwerdeschrift nicht ersichtlich, aus welchem Grunde der BF nunmehr seine bereits bewährte Praxis, bei Problemen jeweils weiterzureisen, nunmehr in Österreich aufgeben sollte. Vergleichsweise in Deutschland hat er bisher auch keinen Aufenthaltstitel erlangen können und so hat er es vorgezogen, nach Italien, wo er bereits einmal einen "Teilerfolg" durch den Erhalt eines befristeten Aufenthaltstitels erlangen konnte, weiterzureisen. Gleiches würde für Österreich gelten. Der BF ist daher aufgrund seines Vorverhaltens nicht als vertrauenswürdig anzusehen.
Der BF ist jedoch auch, entgegen des Vorbringens in der Beschwerdeschrift, nicht ausreisewillig in Bezug auf Deutschland. Im Rahmen der Argumentation in der Beschwerdeschrift lässt sich erkennen, dass der BF aus Deutschland nach Italien weiterreisen wollte, da er nach eigenen Angaben in Deutschland nicht ausreichend versorgt worden sei. Abgesehen davon, dass diesbezüglich keine weiteren Ausführungen in der Beschwerdeschrift befindlich sind, weshalb die Bundesrepublik Deutschland dem BF eine Mindestversorgung verweigert haben soll, darf festgehalten werden, dass der BF bisher in Österreich keinen Asylantrag gestellt hat. Dem zu Folge wäre der BF bei einer etwaigen Entlassung aus der Schubhaft nicht grundversorgt. Bereits oben wurde festgehalten und auch festgestellt, dass der BF weder über ein soziales Netz, noch über Geld verfügt. Der BF kann daher gar nicht anders, als seinen Reiseweg nach Italien fortsetzen, da er dort offenbar mit den Gegebenheiten in der Vergangenheit wesentlich besser zu Rande gekommen ist, als in Deutschland bzw. nun auch in Österreich. Für das Gericht stellt sich daher klar dar, dass der BF in Hinblick auf eine Rücküberführung nach Deutschland ganz entgegen dem nicht ausreichend substantiierten Vorbringen in der Beschwerde nicht ausreisewillig ist. Es hat sich daher eine konkrete Weiterreiseabsicht im Verfahren ausreichend manifestiert (3.6.). Wie in der Beschwerde festgehalten, ergibt sich auch aus dem Verwaltungsakt, dass der BF bisher keinen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt hat (3.7.).
2.4. Familiäre/soziale Komponente:
Die Feststellungen beruhen auf den eigenen Angaben des BF in der Einvernahme vom 24.10.2017. Er gab an, in Österreich keine Familienangehörigen und keine Freunde zu haben und auf der Durchreise von Deutschland nach Italien gewesen zu sein. Er sei gesund und verfüge lediglich über eine ganz geringe Geldsumme. Aus dem im Akt liegenden Auszug aus der Anhaltedatei ergibt sich, dass der BF über keine Geldmittel verfügt.
2.5. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. – Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft
3.1.1. Gesetzliche Grundlage:
Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
"Schubhaft
§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."
Die Dublin III-VO trat mit am 19. Juli 2013 in Kraft und ist gemäß Art. 49 leg.cit. auf alle Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem 1. Jänner 2014 gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Im – gegenüber der Dublin II-VO neuen – Art. 28 Dublin III-VO ist die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung im Dublin-Verfahren geregelt. Allfällige entgegenstehende Bestimmungen des nationalen Fremdenrechts sind, sofern keine verordnungskonforme Interpretation möglich ist, demgegenüber unanwendbar. Solange die Dublin III-VO gegenüber einem Drittstaatsangehörigen angewendet wird, darf Administrativhaft zur Sicherung deren Vollzugs nur nach Art. 28 leg.cit. verhängt werden und nicht etwa nach anderen Bestimmungen des nationalen Rechts, da sonst der Schutzzweck der gegenständlichen Regelung vereitelt wäre (Filzwieser/Sprung, Die Dublin III-Verordnung, 223 [in Druck]).
Gemäß Art. 28 Dublin III-VO dürfen die Mitgliedstaaten zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, die Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird. Die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs darf, wenn der Asylwerber in Haft ist, einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Dublin-Verfahren führt, ersucht in diesen Fällen um eine dringende Antwort, die spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs erfolgen muss. Die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt, sobald diese praktisch durchführbar ist, spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung mehr hat. Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten.
"Fluchtgefahr" definiert Art. 2 lit. n Dublin III-VO als das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.
Zwar dürfen die Mitgliedstaaten die zum Vollzug von EU-Verordnungen erforderlichen innerstaatlichen Organisations- und Verfahrensvorschriften bereitstellen. Um der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts willen ist jedoch der Rückgriff auf innerstaatliche Rechtsvorschriften nur in dem zum Vollzug der Verordnung notwendigen Umfang zulässig. Den Mitgliedstaaten ist es in Bezug auf Verordnungen des Unionsrechts verwehrt, Maßnahmen zu ergreifen, die eine Änderung ihrer Tragweite oder eine Ergänzung ihrer Vorschriften zum Inhalt haben. Es besteht ein prinzipielles unionsrechtliches Verbot der Präzisierung von EU-Verordnungen durch verbindliches innerstaatliches Recht. Eine Ausnahme von diesem Verbot besteht nur dort, wo von der Verordnung eine nähere Konkretisierung selbst verlangt wird (Öhlinger/Potatcs, Gemeinschaftsrecht und staatliches Recht³, 2006,138 f.).
Eine derartige Ausnahme liegt vor, wenn Art. 2 lit. n Dublin III-VO dem Gesetzgeber aufträgt, Kriterien für Vorliegen von Fluchtgefahr zu regeln (Filzwieser/Sprung, Die Dublin III-Verordnung, 94 [in Druck]). § 76 Abs. 2a FPG sieht solche Kriterien vor. Vor dem Hintergrund der unmittelbaren Anwendbarkeit des Art. 28 Dublin III-VO hätte die belangte Behörde die Schubhaft jedoch jedenfalls auch nach dieser Bestimmung verhängen müssen. Die über das Vorliegen der Fluchtgefahr, Verhältnismäßigkeit und Erforderlichkeit (vgl. Erwägungsgrund 20 Dublin III-VO) hinausgehenden Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft nach Art. 28 Abs. 3 Dublin III-VO hat die belangte Behörde aber nicht geprüft.
§ 77 Gelinderes Mittel
Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1
FPG.
Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
Zur Judikatur:
3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig"(VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, "weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese ’Einstellungsänderung’ durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken)." (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).
"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
Eine erhebliche Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes, selbst wenn daraus keine Haftunfähigkeit resultiert, kann im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zum Ergebnis führen, dass unter Berücksichtigung des gesundheitlichen Zustandes des Fremden und der bisherigen Dauer der Schubhaft die Anwendung gelinderer Mittel ausreichend gewesen wäre (im Zusammenhang mit behaupteter Haftunfähigkeit wegen psychischer Beschwerden vgl. VwGH 05.07.2012, Zl. 2012/21/0034; VwGH 19.04.2012, Zl. 2011/21/0123; VwGH 29.02.2012, Zl. 2011/21/0066). Der Krankheit eines gemeinsam geflüchteten Familienmitglieds kann insofern Bedeutung zukommen, als eine sich aus der Erkrankung ergebende Betreuungsbedürftigkeit auch die Mobilität der übrigen Familienmitglieder einschränken und damit die Gefahr eines Untertauchens in die Illegalität vermindern könnte (vgl. VwGH vom 28.02.2008; Zl. 2007/21/0391).
In seiner Judikatur zu § 77 FPG 2005 ging der Verwaltungsgerichtshof bisher davon aus, dass der UVS als Beschwerdeinstanz im Schubhaftbeschwerdeverfahren nach der Bejahung eines Sicherungsbedarfs bei seiner Entscheidung zwar die Möglichkeit der Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG 2005 an Stelle der Schubhaft im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen hat, diesem allerdings keine Zuständigkeit zur Entscheidung darüber, welches der im § 77 Abs. 3 FPG 2005 demonstrativ aufgezählten gelinderen Mittel anzuwenden wäre, zukommt. Deren Auswahl blieb vielmehr der Fremdenpolizeibehörde vorbehalten (vgl. VwGH 20.10.2011, Zl. 2010/21/0140; VwGH 28.05.2008, Zl. 2007/21/0246). Es liegen keine Anhaltspunkte vor, die einer Übertragung dieser Judikatur hinsichtlich des mit Ausnahme der neuen Absätze 8 und 9 weitgehend unveränderten § 77 FPG auf das seit 01.01.2014 anstelle des UVS zuständige Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich entgegenstehen würden.
3.1.3. In folgendem Fall geht das Gericht von erheblicher Fluchtgefahr im Sinne des Art. 28 Dublin-III-VO aus. Der BF reiste illegal nach Österreich ein und hat zuvor bereits vier Anträge auf internationalen Schutz innerhalb der Europäischen Union gestellt. Er hat das Verfahren in Deutschland nicht abgewartet und ist vor Abschluss dieses Verfahrens über Österreich auf dem Weg nach Italien gewesen. Für die Durchführung des Asylverfahrens ist Deutschland zuständig und hat der BF auch versucht, Österreich in Richtung Italien zu verlassen. Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes bleibt es weiter wahrscheinlich, dass der BF auf freiem Fuße Österreich verlassen und nach Italien weiterreisen würde. Er ist auch aufgrund seines Vorverhaltens (vier Asylanträge und die jeweilige Weiterreise) jedenfalls nicht als vertrauenswürdig anzusehen und hat das gerichtliche Verfahren ergeben, dass der BF, folgt man seinen eigenen dargelegten Vorbringen in der Beschwerdeschrift, nicht als ausreisewillig, bezogen auf Deutschland zu bezeichnen ist. Es ist zwar richtig, dass der BF am 27.10.2017 vor dem VMÖ eine Erklärung zur Überstellung in den zuständigen Mitgliedsstaat unterschrieben hat, in welcher er sich mit einer Überstellung nach Deutschland einverstanden erklärt und festhält, an der Überstellung mitzuwirken. Der Erklärungswert dieser Urkunde ist jedoch im Lichte der sich aus dem Akteninhalt in Zusammensicht mit dem Beschwerdevorbringen zu interpretierenden eindeutigen Willen des BF nicht kompatibel. Wie bereits dargelegt, geht das Vorbringen in der Beschwerdeschrift (S. 3) in die Richtung, dass der BF lediglich aus Deutschland ausgereist ist, da er dort keine Unterstützungsleistungen mehr erhalten habe und somit um seine Existenz fürchten habe müssen. Wenn das der wahre Beweggrund für die Weiterreise nach Österreich bzw. Italien gewesen ist, so würde keine Änderung in seiner Versorgungslage eintreten, wenn Österreich ihn nach Deutschland rücküberführt. In der Beschwerdeschrift finden sich keine Ausführungen dazu, aus welchem Grunde der BF nunmehr dennoch eine Rückführung nach Deutschland in einen "versorgungslosen Zustand" nun plötzlich doch akzeptieren würde. Logisch ist dies nicht nachvollziehen. Ganz im Gegenteil dazu ist sein diesbezügliches Vorbringen klar so zu verstehen, dass er aufgrund der offenbar gemachten guten Erfahrung in Italien seinen Verbleib in diesem Land bevorzugt. Es ist daher für das Gericht kein vernünftiger Grund erkennbar, aus welchem der BF sich weiter in Österreich bis zum Abschluss des Verfahrens bereithalten sollte, da ja auch hier "Probleme" (ähnlich wie bereits in Deutschland) für ihn bestehen. Sehenden Auges in Österreich darauf zu warten, wieder nach Deutschland gebracht zu werden, ist auch klar nicht im Sinne der sichtbaren Intention des BF. Das Gericht geht daher nach eingehender Prüfung der Sachlage in weiterer Folge davon aus, dass der BF hinsichtlich der Republik Deutschland aufgrund seiner eigenen klar dargelegten Argumentation in der Beschwerdeschrift nicht ausreisewillig ist. Das Verfahren hat darüber hinaus nicht ergeben, dass der BF im Rahmen einer Freilassung in Österreich nicht wieder dieselbe Verhaltensweise wählen würden, um sich einer konkret in naher Zukunft bevorstehenden Abschiebung in ein nicht bevorzugtes Land zu entziehen. Es stellt sich daher für das erkennende Gericht sehr klar dar, dass der BF im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten zur Einhaltung der in der Europäischen Union bestehenden Rechtsnormen verhalten werden muss.
Darüber hinaus verfügt der BF zusammengefasst über gar keine soziale Verankerung in Österreich im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 9 FPG. Dieser Punkt war auch im gesamten Verfahren nicht strittig. Das Gericht hält daher hinsichtlich des Vorliegens erheblichen Sicherungsbedarfs fest, dass der BF neben der Erfüllung der Tatbestandsmerkmale der Z 9 leg. zit., auch die Tatbestandsmerkmale der Z 6 (a-c) erfüllt hat. Das Gericht geht daher in Übereinstimmung der behördlichen Beurteilung vom Vorliegen erheblichen Sicherheitsbedarfs aus.
In der Beschwerdeschrift wird moniert, dass die Behörde hinsichtlich der Erfüllung der Sicherungsbedarfsmerkmale keine konkrete Zuordnung getroffen hat. Hiezu wird festgestellt, dass die bescheidmäßig festgeschriebenen Feststellungen ebenso die Z 6 und die Z 9 betreffen. Dies kommt klar zum Ausdruck. Eine Verpflichtung für die Behörde, eine konkrete Zuordnung durch konkretes Anführen der Ziffern vorzunehmen besteht nach gefestigter Judikatur des BVwG nicht. Nach der Judikatur des BVwG ist es ausreichend, wenn die durch die Behörde getätigten Feststellungen klar einer Ziffer zugeordnet werden können. Dies ist auch im gegenständlichen Fall möglich. Auf Seite 3 wird festgehalten, dass sich der BF einem bisherigen Asylverfahren entzogen hat und nach Italien weiterreisen wollte (Z 6c). Darüber hinaus wird festgehalten, dass der BF ebenso versucht hat nach Italien weiterzureisen (Z 6b), über keine ausreichenden Barmittel für seinen Unterhalt verfügt und keiner legalen Beschäftigung nachgeht (Z 9) sowie, dass der BF bereits EURODAC-Treffer in Griechenland, Ungarn, Deutschland und Italien hat (Z 6a). Eine klare Zuordnung ist daher problemlos zu treffen.
Das Gericht verkennt nicht, dass die behördliche Entscheidung lediglich auf die Ziffer 6 und die Ziffer 9 der zitierten Bestimmung gestützt wurde. Zum Kriterium der Ziffer 9 wird in der Beschwerdeschrift relativiert, dass eine fehlende soziale Integration bei noch nicht lange in Österreich aufhältigen Asylwerbern (Dublinkonstellation) kein tragfähiges Argument für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs darstellen würde. Im vorliegenden Fall ist jedoch anzumerken, dass die Behörde im gegenständlichen Mandatsbescheid den Sicherungsbedarf nicht alleine auf die Ziffer 9, sondern auch auf die Ziffer 6 stützt. Diese beiden Tatbestandselemente sind nach Ansicht des Gerichts im gegenständlichen Fall ausreichend, um den für die Schubhaft notwendigen erheblichen Sicherungsbedarf zu begründen. Da es sich bei den Erwägungen zum Sicherungsbedarf (hier "erhebliche Fluchtgefahr") immer um eine Gesamtbetrachtung handelt, kann die in der Beschwerdeschrift zur Ziffer 9 angeführte Argumentation hier nicht überzeugen. Es bieten sich keine Hinweise auf eine berücksichtigungswürdige Integration, sodass in diesem Bereich nichts für den BF zu gewinnen ist. Die Behörde hat daher zu Recht das Bestehen einer erheblichen Fluchtgefahr unterstellt, auch wenn sie ihre Entscheidung lediglich auf die Ziffer 6 und die Ziffer 9 stützte.
Das Gericht sieht daher im vorliegenden Fall erheblichen Sicherungsbedarf für gegeben an.
3.1.4. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Inschubhaftnahme nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären und sozialen Verhältnisse so zeigt sich, dass hier bisher keine konkret schützenswerten Anknüpfungspunkte entstanden sind. Durch die kurze Anwesenheit in Österreich ist in einer Gesamtschau nicht davon auszugehen, dass er diesbezüglich nennenswerte Kontakte im Inland knüpfen konnte, die hier wesentlich ins Gewicht fallen. Das Verfahren hat auch, ausgehend von seinen eigenen Angaben, nicht ergeben, dass er in Österreich wesentliche Anknüpfungspunkte hat. Der BF hat die ihn treffenden rechtlichen Bestimmungen im Rahmen des Asylverfahrens missachtet und hat Deutschland verlassen, ohne die dortige Asylentscheidung abzuwarten. Er reiste weiter nach Österreich um weiter nach Italien zu gelangen. Ein Land, in welchem der BF schon Erfahrungen gesammelt hatte, jedoch keinen fixen Aufenthaltstitel erlangen konnte. Er hat dadurch unzweifelhaft gezeigt, dass er es mit den ihn betreffenden gesetzlichen Bestimmungen nicht so genau nimmt und sind keine Anhaltspunkte dafür im Rahmen des Verfahrens hervorgekommen, dass sich das in Hinkunft wesentlich ändern würde. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung geht das erkennende Gericht davon aus, dass, wie oben bereits angeführt, den persönlichen Interessen des BF aufgrund seiner aktuellen Wohn- und Familiensituation und des bisherigen Verhaltens kein vergleichbar hoher Stellenwert wie dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, öffentlicher Ordnung sowie dem wirtschaftlichen Wohl des Staates zukommt.
Wie bereits angeführt geht das Gericht davon aus, dass der BF nach seiner Entlassung aus der Krankenanstalt am 03.11.2017 haftfähig gewesen ist. Es sind keine Beschwerden aktenkundig, auf welche im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung Bedacht zu nehmen gewesen wäre. Die Argumentation in der Beschwerdeschrift geht daher ins Leere.
Die gegenständliche Entscheidung des BFA ist daher nach Ansicht des Gerichtes auch im Hinblick auf die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit nicht zu bemängeln.
3.1.5. Die Verhängung eines gelinderen Mittels wurde zu Recht ausgeschlossen. Der BF verfügt nicht über wesentliche Vermögensmittel, weshalb eine Sicherheitsleistung nicht in Frage kommt. Im Rahmen des Schubhaftverfahrens sind keine Tatsachen ans Tageslicht gekommen, die glaubhaft eine Erfüllung des Sicherungszwecks durch die Verhängung eines gelinderen Mittels ergeben hätten. Die Verhängung eines gelinderen Mittels im Sinne einer konkreten Zuweisung einer Unterkunft und/oder einer Meldeverpflichtung würde daher nach Ansicht des Gerichtes nicht zu einer Sicherung der Abschiebung führen, sondern wäre diesfalls evident die Gefahr verbunden, dass der Beschwerdeführer in alte, bestehende Verhaltensmuster zurückfallen und durch neuerliches Untertauchen den Sicherungszweck vereiteln würde, zumal in naher Zukunft eine Abschiebung möglich erscheint. Darüber hinaus hat das Beweisverfahren ergeben, dass der BF aufgrund seines Vorverhaltens in der Vergangenheit nicht als vertrauenswürdig anzusehen ist und daher von einer Weiterreise "um jeden Preis" auszugehen war.
3.1.6. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als "ultima ratio". Auf Grund des vorher Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben ist und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben, da die vorliegende Fallprüfung ergeben hat, dass keine andere Möglichkeit besteht, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.
3.2.1. In der Beschwerdeschrift wird moniert, dass seitens der Behörde die Ausreisewilligkeit und die geäußerten Selbstmordabsichten des BF bescheidmäßig nicht festgestellt worden sind. Wie das gerichtliche Verfahren gezeigt hat, ist nicht von einer Ausreisewilligkeit des BF in Hinsicht auf Deutschland auszugehen. Eine derartige Feststellung wurde daher zu Recht nicht getroffen. Bezüglich der geäußerten Selbstmordabsichten ist zuzugestehen, dass sich darüber im Bescheid im Rahmen der Feststellungen nichts findet. Im Zuge der weiteren Ausführungen im Bescheid (S. 8 oben) wird jedoch vermerkt, dass aufgrund des Gesundheitszustandes des BF von Haftfähigkeit ausgegangen werde. In Zusammensicht mit den behördlichen Ausführungen darf auf die gerichtlichen Ausführungen zur Haftfähigkeit verwiesen werden. Eine diesbezügliche konkrete Feststellung und eine damit verbundene ausführliche Begründung war daher nach Ansicht des Gerichtes im vorliegenden Fall entbehrlich.
Richtig ist, dass die Behörde auf Seite 3 des Bescheides feststellt, dass sich der BF dem deutschen und dem italienischen Verfahren entzogen habe. Wie das gerichtliche Verfahren nun ergeben hat, dürfte sich der BF in Italien nicht dem Verfahren entzogen haben. Eine nähere Prüfung dieses Aspektes konnte jedoch unterbleiben. Die Erfüllung des Tatbestandsmerkmales der Z 6c ist auch erfüllt, wenn sich der BF lediglich den deutschen Behörden entzogen hat. Es fehlt dieser Rüge daher an Relevanz für den Ausgang des Verfahrens.
3.3. Im vorliegenden Fall konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hinreichend geklärt werden konnte. Der Sachverhalt konnte aus den Akten abschließend ermittelt und beurteilt werden und wurde in der Beschwerdeschrift in keiner Weise ausgeführt, weshalb die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung im konkreten Fall für zwingend notwendig erachtet werde. Die allgemein gehaltenen Ausführungen muten textbausteinartig an und blieben bis zuletzt unsubstanziiert. Das Gericht weicht nicht von der (eher dürftigen) Beweiswürdigung der Behörde ab und hat sich bereits aus dem vorliegenden Akteninhalt klar ergeben, dass zur Klärung der Rechtmäßigkeit der vorliegenden Schubhaft die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich gewesen ist.
3.4. Eine Entscheidung über den Antrag auf die Gewährung von Verfahrenshilfe ergeht mit gesondertem Beschluss.
Zu Spruchpunkt II. – Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:
Die getroffenen Feststellung und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Zu Spruchpunkt III. und IV. – Kostenbegehren:
Beide Parteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen.
Zu Spruchpunkt V. (Ersatz der Eingabengebühr):
Der BF hat die gesetzlich vorgesehene Eingabengebühr von € 30,-- nicht bezahlt. Ein Rückersatz kommt daher schon logisch nicht in Frage. Das Gericht regt an, den diesbezüglich offensichtlich konzipierten Textbaustein in Fällen mit einem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe hinsichtlich der Eingabengebühr aus dem Beschwerdemuster zu entfernen. Im Übrigen darf auf die Spruchpraxis des BVwG verwiesen werden, wonach für den Ersatz der Eingabengebühr bisher keine Rechtsgrundlage gegeben ist.
Zu Spruchpunkt B. – Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.
Schlagworte
Eingabengebühr, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, gelinderesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:W171.2175679.1.00Zuletzt aktualisiert am
29.11.2017