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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO OÖ 1994 §32 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Franz Buchinger in Enns, vertreten durch Dr. Josef Lindlbauer, Rechtsanwalt in Enns, Bräuergasse 3, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 6. April 2000, Zl. BauR-012515/1-2000-Ka/Vi, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Jutta Stauder in Enns, Pfarrgasse 23, 2. Stadtgemeinde Enns, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 1.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit einem am 26. August 1999 bei der mitbeteiligten Stadtgemeinde eingelangten Ansuchen beantragte die Erstmitbeteiligte die Erteilung der Baubewilligung für die Dachaufstockung eines bestehenden Wohnhauses auf den Grundstücken Nr. 252 und .279, EZ 315, KG Enns. Die Grundstücke sind im Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Stadtgemeinde als Wohngebiet ausgewiesen und wird vom Bebauungsplan Nr. 24 "Altstadt" aus 1987 erfasst. Nach diesem Bebauungsplan ist die Höhe der Baukörper mit zwei Geschossen und einem Dachgeschoss mit der Möglichkeit eines Dachgeschossausbaues festgelegt. Die Sonderbauweise wurde in der Legende des Bebauungsplanes als Bebaubarkeit entsprechend der grafischen Darstellung definiert. Es ist eine Geschossflächenzahl von 0,6 festgelegt.
Das Bauvorhaben sieht vor, nach dem Abbruch des Dachstuhles im westlichen Teil des Wohnhauses die Übermauerung der südlichen und nördlichen Außenwand auf eine Höhe von 2,355 m über dem geplanten Fußbodenniveau zu erhöhen. Der Dachfirst soll in einer Höhe von 4,5 m über dem geplanten Fußbodenniveau verlaufen, der Baubestand wird durch den Zubau um 2,1 m erhöht. Für die Belichtung des Dachraumes sollen zwei Dachflächenfenster sowie zwei neue Fenster in der westlichen Giebelwand und ein neues Fenster in der östlichen Außenwand des westlichen Gebäudetraktes eingebaut werden. Als Nutzung ist in den Einreichunterlagen "Lager- bzw. Dachboden" ausgewiesen. Dieser Dachboden ist auf Grund der Geländeverhältnisse über eine Türe in der westlichen Gebäudeaußenwand vom anschließenden Garten aus zugänglich, die darunter liegenden Geschosse liegen auf Grund der Hanglage zum Teil unter dem anschließenden Gelände.
Über dieses Bauvorhaben wurde eine mündliche Verhandlung für den 13. Dezember 1999 anberaumt, in der sich der Beschwerdeführer als Anrainer gegen die Erteilung der Baubewilligung aussprach, dies vor allem mit dem Hinweis darauf, dass die Geschossflächenzahl (GFZ), die im Bebauungsplan mit höchstens 0,6 vorgegeben sei, bereits durch den Ist-Zustand überschritten werde, es liege bereits jetzt eine GFZ von 0,8 vor. Die geplante Aufstockung sei eindeutig als erster Schritt zu einem Vollausbau des Dachraumes erkennbar. Es sei diese Absicht aus der Dachkonstruktion, der geplanten Raumhöhe und der Anordnung von fünf Dachflächen bzw. Giebelwandfenstern ersichtlich. Die Dachkonstruktion sei eindeutig ein Kaltdach, das bei einer Nutzung als Dachboden nicht erforderlich sei. Die Fensteranordnung sei offensichtlich zur späteren Belichtung und Belüftung von Aufenthaltsräumen vorgesehen. Das Parkplatzproblem sei ungelöst, durch den Zubau käme es zu einer Beeinträchtigung des Licht- und Sonneneinfalles auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 14. Dezember 1999 wurde der Erstmitbeteiligten die beantragte Baubewilligung erteilt. Die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden teils zurückgewiesen, teils abgewiesen. Zur Geschossflächenzahl wurde festgehalten, dass die Baubehörde von der beantragten Raumnutzung nach dem Einreichprojekt auszugehen habe. In den Einreichunterlagen sei eine Lager- bzw. Dachbodennutzung vorgesehen. Durch den beantragten Zubau in lotrechter Richtung würde die Nutzfläche des nicht ausgebauten Dachgeschosses, die Gesamtgeschossfläche des Gebäudes und somit auch die Geschossflächenzahl nicht verändert.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers sowie des Ing. O.B. hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 18. Februar 2000 abgewiesen. Den dagegen erhobenen Vorstellungen des Beschwerdeführers sowie des Ing. O.B. hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 6. April 2000 keine Folge gegeben. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift, ebenso wie die erstmitbeteiligte Partei, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Beschwerdeführer erstattete eine Replik zu den Gegenschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 31 Abs. 3 O.ö. BauO 1994 können Nachbarn gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind. Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind gemäß § 31 Abs. 4 leg. cit. im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen.
Gemäß § 32 Abs. 6 O.ö. ROG 1994 ist das Maß der baulichen Nutzung der Grundstücke durch die Gebäudehöhe, die Geschossflächenzahl oder die Baumassenzahl auszudrücken. Darüber hinaus kann das Maß der baulichen Nutzung durch Festlegung der Anzahl der Geschosse näher bestimmt oder durch Angaben des Prozentsatzes der bebaubaren Fläche beschränkt werden. Die Geschossflächenzahl ist das Verhältnis der Gesamtgeschossfläche zur Fläche des Bauplatzes. Die Baumassenzahl ist das Verhältnis der Baumasse zur Fläche des Bauplatzes. Als Baumasse gilt der oberirdisch umbaute Raum bis zu den äußeren Begrenzungen des Baukörpers.
Da das Bauvorhaben am 26. August 1999 eingereicht wurde, ist auf dieses das O.ö. Bautechnikgesetz, LGBl. Nr. 67/1994 in der Fassung LGBl. Nr. 103/1998 (O.ö. BauTG), anzuwenden.
Nach § 2 Z. 25 lit. a des O.ö. BauTG in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 103/1998 ist ein Dachgeschoss ein Geschoss über dem obersten Vollgeschoss, das - insbesondere durch die Höhe der Übermauerungen oder durch Fenster in diesen - die Begriffsmerkmale eines ausgebauten Dachraums überschreitet, ohne jedoch diejenigen eines Vollgeschosses zu erreichen; ein Dachgeschoss ist in die Gesamtgeschosszahl einzurechnen, außer der Bebauungsplan legt etwas anderes fest.
Im Beschwerdefall ist auf Grund der besonderen Terraingestaltung - das Haus liegt in Hanglage, sowohl das Erdgeschoss als auch das erste Obergeschoss sind zum Teil in den Berg gebaut, der bestehende Dachraum ist, wie bereits ausgeführt, durch eine Türe vom anschließenden Gelände betretbar - zunächst zu untersuchen, ob überhaupt ein Dachgeschoss vorliegt. Diese Frage ist zu verneinen, da gemäß § 2 Z. 25 lit. d O.ö. BauTG ein Vollgeschoss jedes zur Gänze und in voller lichter Raumhöhe vom aufgehenden Außenmauerwerk oder von Außenwänden umschlossene Geschoss ist; (siehe dazu auch die grafische Darstellung in Neuhofer, O.ö. Baurecht, 4. Auflage, S. 276) Umfassungswände im Dachraum gelten nicht als Außenwände.
Da im Beschwerdefall infolge der besonderen Terraingestaltung weder das Erdgeschoss noch der erste Stock ein Vollgeschoss bilden, ist auch das darüber liegende Dachgeschoss nicht in die Gesamtgeschosszahl einzurechnen, weil ein Dachgeschoss, das in die Gesamtgeschosszahl eingerechnet werden muss, gemäß § 2 Z. 25 lit. a O.ö. BauTG, wie bereits ausgeführt, nur dann vorliegt, wenn es über dem obersten Vollgeschoss liegt. Das ist im Beschwerdefall nicht gegeben.
Mit Recht führt aber der Beschwerdeführer aus, dass im Beschwerdefall nicht entscheidend ist, ob ein Dachgeschoss gemäß § 2 Z. 25 lit. a O.ö. BauTG in die Gesamtgeschosszahl einzurechnen ist, sondern, ob die Gesamtgeschossfläche überschritten wird.
Die Gesamtgeschossfläche wird nach dem hier anzuwendenden Bebauungsplan der mitbeteiligten Stadtgemeinde wie folgt definiert:
Die Gesamtgeschossfläche ist die Summe der Flächen der Einzelgeschosse, einschließlich der Flächen der Wohn- und Arbeitsräume in ausgebauten Dachgeschossen und in ganz oder teilweise unter Terrain liegenden Geschossen samt deren Erschließungsflächen und den entsprechenden Umfassungswänden. Balkone, Loggien und Terrassen, sowie bauliche Anlagen, die laut § 30 Abs. 6 O.ö. BauO in Abstandsflächen zulässig sind, werden nicht angerechnet.
Nach dem hier vorliegenden Bebauungsplan sind nur die Flächen der Wohn- und Arbeitsräume in ausgebauten Dachgeschossen in die Gesamtgeschossfläche zu rechnen. Da das Baubewilligungsverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren ist und im eingereichten Projekt ausschließlich "Lager- bzw. Dachboden" als Verwendungszweck angegeben ist, sind die Flächen des Dachbodenbereichs nicht in die Gesamtgeschossfläche einzubeziehen. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf das hg. Erkenntnis vom 16. Juni 1975, Zl. 762/74, ergangen zur Wiener Bauordnung, verweist, ist festzustellen, dass auch in diesem Erkenntnis ausgesprochen wurde, dass Art, Umfang und Verwendungszweck der Baulichkeit dem Bauansuchen einschließlich der Pläne und Beschreibungen zu entnehmen sind. Untersuchungen darüber, ob der Inhalt des Bauansuchens mit der wahren Absicht des Bauwerbers in Einklang stehe, dürften von der Baubehörde nicht angestellt werden, es sei denn, das Bauansuchen wäre insoweit in sich widerspruchsvoll, als Art und Umfang der Baulichkeit mit dem angegebenen Verwendungszweck nach objektiven Gesichtspunkten unvereinbar seien. Im damaligen Erkenntnis führte der Verwaltungsgerichtshof aus, es könne nicht ohne entsprechende Beweisführung als offenkundig angesehen werden, dass eine die Durchschnittsgröße eines Zimmers nicht übersteigende Hütte schon deswegen für die Unterbringung von Geräten und zum vorübergehenden Schutz der Weintrauben vor Witterungseinflüssen unangemessen wäre, weil sie in zwei Räume mit je einem Fenster unterteilt sei; es sei daher vom angegebenen Verwendungszweck, der dem eines herkömmlichen Weingartenhauses entspricht, auszugehen.
Im vorliegenden Beschwerdefall kann nicht als offenkundig angesehen werden, dass ein Dachraum, der über einem Wohnhaus mit zwei Geschossen (wenn auch nicht Vollgeschossen) liegt, nach objektiven Gesichtspunkten mit dem angegebenen Verwendungszweck:
"Lager-Dachboden" unvereinbar wäre. Es ist daher auch im Beschwerdefall vom angegebenen Verwendungszweck auszugehen.
Hinsichtlich der behaupteten Überschreitung der Geschossflächenzahl erweist sich die Beschwerde somit als unbegründet, weil das Vorhaben auf die Gesamtgeschossfläche keinen Einfluss hat.
In einem weiteren Beschwerdevorbringen rügt der Beschwerdeführer, er habe schon im Verwaltungsverfahren darauf hingewiesen, dass eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen den Vorbesitzern hinsichtlich des Licht- und Sonneneinfalls betreffend das Haus des Beschwerdeführers dahingehend getroffen worden sei, dass der Licht- und Sonneneinfall in seinem Haus durch spätere Baumaßnahmen nicht vermindert werden dürfe. Diese privatrechtlichen Einwendungen seien von der Baubehörde nicht berücksichtigt worden und gemäß § 32 Abs. 6 O.ö. BauO sei bei privatrechtlichen Einwendungen, die zwingenden, von der Baubehörde anzuwendenden Bestimmungen nicht widersprechen, vom Verhandlungsleiter ein Vergleichsversuch vorzunehmen. Ein solcher Vergleichsversuch sei aber nicht vorgenommen worden.
Dazu ist auszuführen, dass das Unterbleiben eines Vergleichsversuchs nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinen wesentlichen Verfahrensmangel darstellt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. September 1984, Zl. 82/05/0093, Bau Slg. Nr. 297, sowie vom 3. Dezember 1985, Zl. 85/05/0138, Bau Slg. Nr. 582).
Einen weiteren wesentlichen Verfahrensmangel erblickt der Beschwerdeführer in der Beiziehung des D.I. W.G. als Amtsachverständigen im Verfahren der ersten Instanz. Der Amtsachverständige sei Stadtbaudirektor der mitbeteiligten Stadtgemeinde und in dieser Funktion Vorgesetzter des Sachbearbeiters, der den Bescheid in erster Instanz offenbar verfasst habe. Die Doppelfunktion als Stadtbaudirektor, somit leitender Beamter, und Amtssachverständiger begründe eine Befangenheit im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG. Schon allein die Möglichkeit, dem Sachbearbeiter Weisungen erteilen und somit unmittelbaren Einfluss auf die Bescheidgestaltung nehmen zu können, reiche, um Zweifel an der vollen Unbefangenheit des Amtssachverständigen zu begründen.
Mit diesem Vorbringen konnte schon deshalb kein wesentlicher Verfahrensmangel aufgezeigt werden, weil die Mitwirkung eines befangenen Organes vor dem Verwaltungsgerichtshof nur dann mit Erfolg geltend gemacht werden kann, wenn sich sachliche Bedenken gegen den Bescheid ergeben (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 102, Z. 15 und 24 angeführte hg. Judikatur). Da sich auch gegen die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Baubewilligung keine sachlichen Bedenken ergeben haben, war die Verfahrensrüge somit nicht geeignet, zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu führen; abgesehen davon wäre die Mitwirkung eines befangenen Organes bei der Entscheidung erster Instanz durch eine unbefangene Berufungsbehörde gegenstandslos geworden (vgl. Hauer/Leukauf, a. a.O. S. 101, E 20).
Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, für die Erstmitbeteiligte im Rahmen des Kostenbegehrens.
Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.
Wien, am 29. August 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000050096.X00Im RIS seit
24.11.2000