TE Vwgh Erkenntnis 2000/9/4 98/10/0404

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Veröffentlicht am 04.09.2000
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Index

L55006 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Steiermark;
L55056 Nationalpark Biosphärenpark Steiermark;

Norm

NatSchG Stmk 1976 §4 Abs1;
NatSchG Stmk 1976 §4 Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, in der Beschwerdesache der A-Gesellschaft m. b. H. in Graz, vertreten durch Dr. Josef Friedrich, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Neutorgasse 50, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 3. November 1998, Zl. 6-55 An 7/6-1998, betreffend Entfernungsauftrag nach dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz 1976, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 24. März 1992 wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 4 Abs. 7 des Steiermärkischen Naturschutzgesetzes 1976 (NatSchG 1976) aufgetragen, die ohne behördliche Bewilligung auf dem Grundstück Nr. 76, EZ 319, KG G., außerhalb der geschlossenen Ortschaft errichtete Plakatwandanlage zu entfernen.

Begründend wurde dazu ausgeführt, nach den Stellungnahmen vom 13. Mai 1988 und vom 6. Dezember 1991 der stellvertretenden Naturschutzbeauftragen sei als erwiesen anzusehen, dass mehrere Plakattafeln in unverbautem Wiesengelände im Bereich der Kreuzung A-Straße/W-Straße stünden. Im Norden des Standortes befinde sich in ca. 50 m Entfernung ein Terrassencafe; 15 m von der zweiten Plakattafel entfernt sei ein Trafo zu sehen. Bei gebotener großflächiger Betrachtungsweise sei festzustellen, dass sich die Werbeanlagen außerhalb einer geschlossenen Ortschaft befänden, weil kein ausgesprochenes Naheverhältnis zu einem umliegenden Bauwerk gegeben und das Gelände zur Mur hin in westlicher Richtung unverbaut sei, sowie längs der Mur von einem schönen Baumbestand begleitet werde. Nach Norden hin erstreckten sich längs der Mur ebenfalls landwirtschaftliche Nutzflächen mit eingestreuter Verbauung und in südöstlicher Richtung verlaufe jenseits der W-Straße eine weite Freifläche bis etwa zum Gebiet um den G-Bach hin.

Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung. Sie führte im Wesentlichen aus, die Plakatständer seien nicht als "außerhalb der geschlossenen Ortschaft bestehend" anzusehen, weil in deren unmittelbarer Umgebung eine Verbauung bestehe. Es befänden sich dort in etwa 40 m Entfernung nicht nur das im Gutachten bezeichnete Terrassencafe sowie das Trafogebäude, sondern es setze sich die Verbauung in der W-Straße durch ein weiteres Gasthaus mit Wirtschaftsgebäuden fort. Die Werbeanlage sei daher im Verband anderer Baulichkeiten situiert. Die gegenständliche Werbeeinrichtung befinde sich im Übrigen seit mehr als 10 Jahren unbeanstandet in gleicher Situierung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde vertrat unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Wesentlichen die Auffassung, die gegenständlichen Werbetafeln seien nicht in einer geschlossen Ortschaft gelegen, weil weder das Erscheinungsbild des Ortes von einer größeren Ansammlung von Bauwerken einschließlich der sie umgebenden Grünanlagen geprägt werde, noch von einem räumlichen Zusammenschluss einer Vielfalt von Bauwerken gesprochen werden könne, der sich durch den Zusammenschluss von einzelnen verstreut liegenden Baulichkeiten sichtbar abhebe. Die Werbeanlagen befänden sich auch nicht in einem derartigen "räumlichen Naheverhältnis" zu einem Gebäude, sodass sie nicht aus dessen Schatten hervortreten würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 NatSchG 1976 dürfen Ankündigungen (Werbeeinrichtungen, Bezeichnungen, Hinweise und nichtamtliche Bekanntmachungen) außerhalb geschlossener Ortschaften nur mit Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde vorgenommen werden.

Nach § 4 Abs. 2 NatSchG 1976 ist eine Bewilligung nicht erforderlich für 1. Ankündigungen, die a) in ihrer Ausführungsart durch Gesetz oder Verordnung festgelegt oder b) zur Bezeichnung von Geschäfts- oder Betriebsstätten gesetzlich vorgeschrieben sind, sowie 2. Hinweise ohne Werbezusätze, die zur Auffindung nahe gelegener Geschäfts- oder Betriebsstätten oder von Naturschönheiten und Kulturstätten dienen.

Nicht bewilligte Ankündigungen sind gemäß § 4 Abs. 7 NatSchG 1976 binnen zwei Wochen nach Aufforderung durch die Bezirksverwaltungsbehörde von demjenigen zu entfernen, der sie veranlasst hat oder, wenn dieser nicht mehr herangezogen werden kann, vom Grundeigentümer (Verfügungsberechtigten), wenn dieser dazu sein Einverständnis erteilte.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine geschlossene Ortschaft im Sinne des § 4 Abs. 1 NatSchG 1976 insoweit vor, als das äußere Erscheinungsbild des Ortes oder Ortsteiles überwiegend von einer größeren Ansammlung von Bauwerken einschließlich der sie etwa umgebenden Grünanlagen geprägt wird, oder von einem räumlichen Zusammenschluss einer Vielheit von Bauwerken gesprochen werden kann, der sich durch den Zusammenschluss von einzelnen verstreut liegenden Baulichkeiten sichtbar abhebt. Es kommt dabei nicht auf den Ausblick in die Landschaft, sondern nur auf die Umgebung des Standortes der Ankündigungstafel an (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. Oktober 1999, Zl. 99/10/0017).

Für die Beurteilung der Frage, ob eine geschlossene Ortschaft, die sich von der verbliebenen natürlichen Landschaft abhebt, vorliegt oder nicht, ist eine großflächige Betrachtungsweise geboten (vgl. das Erkenntnis vom 19. Oktober 1998, Zl. 98/10/0058).

Werbeeinrichtungen, die außerhalb des letzten Gebäudes, das zu einer geschlossenen Ortschaft zählt, aufgestellt sind, liegen außerhalb der geschlossenen Ortschaft im Sinne des § 4 Abs. 1 NatSchG 1976. Von diesem Grundsatz ist jedoch insofern eine Ausnahme denkbar, als eine Werbeeinrichtung an einem Gebäude selbst angebracht ist oder sich in einem derartigen räumlichen Naheverhältnis zu einem Gebäude befindet, dass die Werbeeinrichtung sozusagen nicht aus dem Schatten des Gebäudes hervortritt (vgl. das Erkenntnis vom 26. April 1999, Zl. 98/10/0411).

Es ist unstrittig, dass die gegenständliche Werbeeinrichtung (Plakatwände) in einer Wiese kurz nach der Kreuzung A-Straße/W-Straße Richtung Westen errichtet ist, ohne dass dafür eine naturschutzrechtliche Bewilligung vorliegt.

Dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, die Plakatanlage sei noch innerhalb der geschlossenen Ortschaft gelegen, ist nicht zu folgen.

Nach Sachverständigengutachten steht die Plakatanlage ca. 5 m vom Straßenrand entfernt in unverbautem Wiesengelände. Im Norden des Aufstellungsortes liegt in einem Abstand von etwa 50 m ein Cafe; in etwa 15 m Entfernung steht ein Trafogebäude. Nach Westen zur Mur hin ist das Gelände unverbaut, nach Süden breitet sich ein weites Wiesengelände aus. In nördlicher Richtung erstrecken sich längs der Mur landwirtschaftliche Nutzflächen mit eingestreuter Verbauung. In südöstlicher Richtung verläuft jenseits der W-Straße eine weite Freifläche bis etwa zum Gebiet um den G-Bach hin.

Die belangte Behörde handelte daher nicht rechtswidrig, wenn sie - gestützt auf die schlüssigen und nachvollziehbaren Sachverständigengutachten - die Auffassung vertrat, die Werbeanlage befinde sich im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtslage nicht innerhalb geschlossener Ortschaft. Daran könnte auch der Umstand nichts ändern, wenn sich die gegebene Verbauung zur W-Straße hin - wie in der Berufung behauptet - "durch ein weiteres Gasthaus mit Wirtschaftsgebäude" fortsetze.

Dass sich die Werbeanlage in einem derartigen räumlichen Naheverhältnis zu einem Gebäude befinde, sodass sie nicht aus dessen Schatten hervortrete, wird in der Beschwerde nicht behauptet und ist nach den Feststellungen der belangten Behörde auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich.

Schließlich bringt die beschwerdeführende Partei vor, auf den Plakatwänden könnten auch Plakate, die den Ausnahmebestimmungen des § 4 Abs. 2 NatSchG 1976 entsprechen würden, angebracht werden. Der naturschutzbehördliche Auftrag zur gänzlichen Entfernung der Plakatwände, die die Möglichkeit eröffneten, auch solche Ankündigungen anzubringen, sei somit rechtswidrig.

Auch mit diesem Vorbringen vermag die beschwerdeführende Partei eine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. Weder aus den Verwaltungsakten noch auch aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nämlich ein Hinweis dafür, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 NatSchG 1976 im Beschwerdefall vorliegen könnten.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 4. September 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998100404.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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