Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1997;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des K in Wien, (geboren im März 1978), vertreten durch Dr. Herwig Hirzenberger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Neuer Markt 9, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten vom 17. Mai 1999, Zl. Fr-1323/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Gestützt auf § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 iVm § 39 Abs. 2 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, wurde gegen den Beschwerdeführer, einen indischen Staatsbürger, von der Bezirkshauptmannschaft Villach mit Bescheid vom 25. Jänner 1999 ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von sechs Jahren erlassen und einer allfälligen Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gleichzeitig erteilte die Bezirkshauptmannschaft Villach dem Beschwerdeführer gemäß § 56 Abs. 2 FrG einen Abschiebungsaufschub bis zum 28. Februar 1999.
Gegen die Verhängung des Aufenthaltsverbotes erhob der Beschwerdeführer Berufung. Dieser gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 17. Mai 1999 keine Folge. Die belangte Behörde begründete dies damit, es bestehe nach der Aktenlage kein Zweifel daran, dass im Fall des Beschwerdeführers die "bestimmte Tatsache" nach § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG gegeben sei und dass diese zu der in § 36 Abs. 1 leg. cit. umschriebenen Annahme berechtige. Die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit sei in der Befürchtung begründet, der Beschwerdeführer könnte im Hinblick auf seine Mittellosigkeit seinen Unterhalt durch Straftaten zu bestreiten versuchen. Die "Ausgangslage" für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei somit gegeben.
Die "Schutzbestimmungen des § 37" FrG kämen nicht zum Tragen, weil sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich aufhalte. Allfällige in der "Illegalität Ihres Aufenthaltes" entstandene Bindungen könnten nicht berücksichtigt werden. Im Hinblick auf die schon begründete Gefährdung der öffentlichen Sicherheit sei auch die "negative Handhabung" des der Behörde in § 36 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessens gerechtfertigt.
In seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorgebracht, dass die Gründe seines Asylbegehrens nicht berücksichtigt worden seien. Diesbezüglich werde bemerkt, dass das Asylverfahren die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht hindern könne. Es werde auf die §§ 20 und 21 AsylG hingewiesen; im Übrigen liege ein "rechtskräftig negativer Asylrechtsbescheid" vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Eingangs der Beschwerde wird darauf hingewiesen, dass die belangte Behörde den Namen des Beschwerdeführers unrichtig angegeben habe. Dies sei einerseits auf dessen Unerfahrenheit im Umgang mit Behörden und andererseits auf Sprachschwierigkeiten zurückzuführen. Die Unrichtigkeit der Schreibweise des Namens des Beschwerdeführers hätte der Behörde jedoch auffallen können, abgesehen von der Tatsache, dass laufend auf einen Asylakt Bezug genommen worden sei, ohne zu bemerken, dass der Beschwerdeführer im Asylverfahren mit einem anderen Namen geführt werde.
Der letztgenannte Hinweis impliziert einen Vorwurf an die belangte Behörde. Zur Klarstellung sei daher angemerkt, dass eine unrichtige Schreibweise des Namens des Beschwerdeführers keine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides zu begründen vermag. Auf die Möglichkeit einer Berichtigung des Bescheides nach § 62 Abs. 4 AVG wird hingewiesen.
2. In der Sache selbst vermeint der Beschwerdeführer zunächst, dass die belangte Behörde § 21 Abs. 3 AsylG missachtet habe; zufolge dieser Bestimmung sei es Aufgabe der Asylbehörde festzustellen, ob eine Abschiebung in seinen Herkunftsstaat zulässig sei. Dies sei als Vorfrage für ein Aufenthaltsverbot zu klären, dessen Erlassung sei daher derzeit unzulässig. Jedes Aufenthaltsverbot beinhalte auch die rechtliche Möglichkeit der Abschiebung, weil nur tatsächlich durchsetzbare Handlungen angeordnet werden dürften. Die Bezirkshauptmannschaft Villach habe festgestellt, dass nach der Aktenlage keine Abschiebemöglichkeit bestehe. Solange dies der Fall sei, verstoße ein Aufenthaltsverbot gegen die EMRK, insbesondere gegen Art. 2 und Art. 5 derselben.
Gemäß § 8 AsylG hat die Asylbehörde, wenn ein Asylantrag abzuweisen ist, von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 FrG); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.
An diese Bestimmung knüpft die vom Beschwerdeführer genannte Norm (§ 21 Abs. 3 AsylG) an, wonach Fremde, deren Asylantrag rechtskräftig abgewiesen wurde, in den Herkunftsstaat nur zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden dürfen, wenn die Asylbehörde rechtskräftig festgestellt hat, dass dies nach § 57 FrG zulässig ist.
Indem der Beschwerdeführer das Feststellungsverfahren nach § 8 AsylG und in weiterer Folge das Bestehen einer Abschiebemöglichkeit in das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes miteinbezogen sehen möchte, verkennt er die Rechtslage. Entgegen seiner Ansicht bieten nämlich die maßgeblichen Bestimmungen sowohl des FrG als auch des AsylG keine Grundlage dafür, Fragen der Vollstreckbarkeit des Aufenthaltsverbotsbescheides in das Titelverfahren zu verlagern. Die Frage der Zulässigkeit bzw. Möglichkeit der Abschiebung stellt keine Vorfrage (im Sinn des § 38 AVG) für die Entscheidung über die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes dar, weil deren Beantwortung für diese Entscheidung keine notwendige Grundlage bildet. Das ergibt sich auch aus folgender Überlegung: Nach § 107 Abs. 1 Z. 1 FrG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung nicht rechtzeitig ausreist; eine Verwaltungsübertretung liegt jedoch nach Abs. 2 dieser Bestimmung nicht vor, wenn die Ausreise nur in ein Land möglich wäre, in das eine Abschiebung unzulässig (§§ 57 und 75 Abs. 4) ist, oder wenn dem Fremden ein Abschiebungsaufschub erteilt worden ist. Damit wird im Weg eines Rechtfertigungsgrundes genau jener Konstellation Rechnung getragen, die der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall im Auge hat. Sieht aber das Gesetz hiefür eine Regelung vor, so bringt es unmissverständlich zum Ausdruck, dass ihm die in der Beschwerde angestellten Überlegungen - Zulässigkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nur im Fall einer aktuellen Abschiebungsmöglichkeit - fremd sind. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang darüber hinaus auf Art. 2 und Art. 5 EMRK verweist, ist dies schlichtweg nicht nachvollziehbar.
Zur Frage des Besitzes der Mittel zu seinem Unterhalt bringt der Beschwerdeführer lediglich vor, dass er eine "ordentliche Anschrift" bekannt gegeben habe, woraus sich ergebe, dass diese Mittel gegeben seien.
Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer bloß die Adresse einer Flüchtlingsbetreuungsorganisation genannt hat, erfasst das Bestehen einer Unterkunftsmöglichkeit nur einen Aspekt des "Unterhalts"; bezüglich der weiteren zum Leben erforderlichen Umstände sagt diese Möglichkeit nichts aus, weshalb der Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer verfüge nicht über den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt, damit nicht mit Erfolg entgegengetreten werden kann. Wenn der Beschwerdeführer hiebei ergänzend darauf hinweist, dass es Sache der Behörde gewesen wäre, ihm den Auftrag zum Nachweis weiterer Mittel zu erteilen, weshalb "zumindest ein Verfahrensmangel" vorliege, ist ihm zu entgegnen, dass es Sache des Fremden ist, von sich aus (initiativ) zu beweisen, dass er über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel verfüge (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. März 2000, Zl. 98/21/0444, mwN). Im Übrigen hat der Beschwerdeführer auch in der Beschwerde das Vorhandensein der Mittel zu seinem Unterhalt nicht dargelegt.
Gegen die von der belangten Behörde vertretene Auffassung, dass die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertige, bringt der Beschwerdeführer nichts vor. Jedenfalls im Ergebnis hegt auch der Verwaltungsgerichtshof dagegen keine Bedenken, zumal sich der Beschwerdeführer unbestritten unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht dargelegt hat, was in concreto gegen diese Annahme sprechen könnte (vgl. abermals das zuvor genannte Erkenntnis vom 24. März 2000).
Auch eine Fehlbeurteilung im Grund des § 37 FrG macht die Beschwerde nicht geltend. Insoweit trifft es zwar - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - nicht zu, dass "in der Illegalität" entstandene Bindungen nicht zu berücksichtigen seien; weder aus den Verwaltungsakten noch aus der Beschwerde sind jedoch Umstände ersichtlich, die zu einem für den Beschwerdeführer günstigen Ergebnis führen könnten - er ist nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten erst am 9. November 1997 in das Bundesgebiet eingereist -, sodass der Schlussfolgerung der belangten Behörde, § 37 FrG komme "nicht zum Tragen", letztlich keine Bedenken entgegenstehen.
Im Hinblick auf das vom Beschwerdeführer selbst angeführte verwaltungsgerichtliche Verfahren (betreffend den sein Asylverfahren abschließenden Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates) ist die in der Beschwerde sinngemäß erhobene Behauptung, das Asylverfahren sei entgegen der Darstellung im angefochtenen Bescheid noch nicht rechtskräftig abgeschlossen, unzutreffend. (Aus den Verwaltungsakten und den hg. Akten VH 99/20/0025 sowie 99/20/0363 ergibt sich, dass die vom Beschwerdeführer gegen den seinen Asylantrag abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes eingebrachte Berufung mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 27. Jänner 1999 als verspätet zurückgewiesen worden ist und dass er dagegen nach Bewilligung der am 8. Februar 1999 beantragten Verfahrenshilfe am 8. Juli 1999 Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben hat, der erst mit Beschluss vom 14. Juli 1999 - und damit nach Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotsbescheides (25. Mai 1999) - die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden ist.) Da der Beschwerdeführer mithin jedenfalls im hier maßgeblichen Zeitpunkt nicht Asylwerber (vgl. § 1 Z. 3 AsylG) war, steht dem bekämpften Aufenthaltsverbot § 21 Abs. 1 AsylG keinesfalls entgegen.
Schließlich spielt es im gegebenen Zusammenhang keine Rolle, ob der Beschwerdeführer über die Bestimmung des § 75 FrG aufgeklärt worden ist. Der unter diesem Gesichtspunkt gerügte Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.
Nach dem Gesagten lässt der bekämpfte Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht erkennen; die gegenständliche Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 14. September 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999210228.X00Im RIS seit
03.01.2001