TE Vfgh Erkenntnis 2013/12/12 V3/2010

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Veröffentlicht am 12.12.2013
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Index

L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art117 Abs4
VfGG §57 Abs1
Tir RaumOG 2001 §56, §62, §65, §67, §112
Tir RaumOG 2011 §57, §117
Gesamtbebauungsplan der Gemeinde Mutters für den Abschnitt Gärberbach vom 10.11.2005 und 26.01.2006

Leitsatz

Zulässigkeit des Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des Gesamtbebauungsplans der Gemeinde Mutters hinsichtlich des im Eigentum der Antragsteller stehenden Grundstücks; aktuelle Betroffenheit eines potentiellen Bauwerbers; Zurückweisung des Antrags hinsichtlich des Nachbargrundstücks; Tiroler Raumordnungsgesetz 2001 als Prüfungsmaßstab für die angefochtenen Bestimmungen; keine Gesetzwidrigkeit des Zustandekommens des Plans; keine Verletzung des Öffentlichkeitsgebotes; ordnungsgemäße Kundmachung; keine Gesetzwidrigkeit von unterschiedlichen Festlegungen für das Grundstück der Antragsteller gegenüber dem angrenzenden Grundstück angesichts unterschiedlicher Bebaubarkeit; keine Sanierung von Schwarzbauten

Spruch

I. Der Antrag auf Aufhebung

1. von Festlegungen im Gesamtbebauungsplan der Gemeinde Mutters für den Abschnitt Gärberbach für das Grundstück Nr 242/4, KG Mutters, und

2. folgender Festlegungen im Gesamtbebauungsplan der Gemeinde Mutters für den Abschnitt Gärberbach für das Grundstück Nr 242/3, KG Mutters:

a.          der im Bereich der nördlichen Grundstücksgrenze verlaufenden
Straßenfluchtlinie;

b.          der offenen Bauweise;

c.          der maximalen Bauplatzgröße von 1170 m²;

d.          der Zahl von mindestens zwei oberirdischen Geschoßen

wird zurückgewiesen.

II. Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1.1. Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks Nr 242/3, KG Mutters. Mit dem Antrag begehren sie die Aufhebung des vom Gemeinderat am 10. November 2005 sowie am 26. Jänner 2006 beschlossenen, vom 27. Jänner bis 13. Februar 2006 kundgemachten Gesamtbebauungsplanes der Gemeinde Mutters für den Ortsteil Gärberbach, und zwar

- hinsichtlich des Grundstücks Nr 242/3, KG Mutters, die etwa in der Mitte des Grundstücks verlaufende "(undefinierbare) Baugrenzlinie/Straßenfluchtlinie", die im Norden des Grundstücks verlaufende Straßenfluchtlinie, die maximal zulässige traufenseitige Wandhöhe von 6,5 m, die Höchstbaumassendichte von 1,0, die Mindestbaumassendichte von 0,7, die maximale Bebauungsdichte von 0,2, die maximale Bauplatzgröße von 1.170 m², die offene Bauweise, die Mindestzahl von zwei Vollgeschoßen und die maximale Gebäudehöhe von 674,2 m über Adria;

- hinsichtlich des Grundstücks Nr 242/4, KG Mutters, die Straßenfluchtlinie südlich des Wohnhauses, die an dieses grenzt, die maximal zulässige traufenseitige Wandhöhe von 8,8 m, die Höchstbaumassendichte von 1,7, die Mindestbaumassendichte von 1,0, die maximale Bauplatzgröße von 600 m², die offene Bauweise, die Mindestzahl von zwei Vollgeschoßen und die maximale Gebäudehöhe von 684,1 m über Adria.

Eventualiter beantragen sie nur die Aufhebung hinsichtlich der Festlegungen für das Grundstück Nr 242/3, KG Mutters (im selben Umfang wie im Hauptantrag).

1.2. Der Drittantragsteller beabsichtigt, südlich des bestehenden Wohnhauses auf dem Grundstück Nr 242/3 ein eigenes Wohnhaus zu bauen, um in der Nähe seines Vaters (des Zweitantragstellers) zu wohnen und diesen bei Bedarf unterstützen zu können.

1.3. Die Antragsteller erachten die angefochtenen Bestimmungen grundsätzlich deshalb als rechtswidrig, weil sie durch diese gegenüber der Eigentümerin des Grundstücks Nr 242/4 (also der mitbeteiligten Partei im Verfahren B265/2012) benachteiligt würden. Ziel des Gesamtbebauungsplanes im relevanten Bereich sei die Sanierung von Schwarzbauten auf dem Grundstück Nr 242/4, dessen Bebaubarkeit durch den Gesamtbebauungsplan deutlich erweitert worden sei. Eine nachvollziehbare Grundlagenforschung für die getroffenen Festlegungen fehle. Der Bestand auf dem Grundstück Nr 242/3 sei im Gegensatz zu jenem auf dem Grundstück Nr 242/4 nicht bzw. nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Bebauung auf dem Grundstück Nr 242/3 werde dadurch teilweise rechtswidrig, während jene auf dem Grundstück Nr 242/4 durch den Gesamtbebauungsplan saniert werde. Weiters widerspreche der Plan in zahlreichen Punkten dem örtlichen Raumordnungskonzept. Entsprechende Einwendungen der Antragsteller während der Auflage des Gesamtbebauungsplanes seien vom Gemeinderat nicht berücksichtigt worden. Der Bebauungsplan sei auch nicht ordnungsgemäß beschlossen bzw. kundgemacht worden. Im Übrigen seien die Voraussetzungen für die Erlassung eines Gesamtbebauungsplanes nicht vorgelegen.

2. Die Tiroler Landesregierung legte die Akten der Gemeinde Mutters zur Erlassung der bekämpften Verordnung vor und erstattete eine Äußerung, in der sie die Zurückweisung des Antrages, in eventu dessen Abweisung beantragte.

3. Die Gemeinde Mutters erstattete zum Antrag keinen Schriftsatz.

4. Der mit dem Fall betraute ständige Referent (§16 VfGG) führte am 15. Juli 2013 einen gemeinsamen Augenschein auf den Grundstücken Nr 242/3 und 242/4, KG Mutters, zur Vorbereitung der Verhandlung gemäß §20 Abs1 und 2 VfGG durch. Bei diesem Augenschein waren die Antragsteller, Vertreter der verordnungserlassenden Behörde und der Tiroler Landesregierung als Aufsichtsbehörde, der Ortsplaner ** ******* ****, der im Auftrag der Gemeinde Mutters den Gesamtbebauungsplan Mutters für den Ortsteil Gärberbach erstellt hatte, der Rechtsvorgänger der Eigentümerin des Grundstücks Nr 242/4 sowie der Eigentümer des Grundstücks Nr 242/2 (an das Grundstück Nr 242/3 in vergleichbarer Hanglage grenzend) anwesend.

5. Der Verfassungsgerichtshof führte am 26. November 2013 eine gemeinsame mündliche Verhandlung im gegenständlichen Verfahren V3/2010 und im Beschwerdeverfahren B265/2012 durch, in welchem es um eine Baubewilligung für das Nachbargrundstück Nr 242/4, KG Mutters, der Antragsteller geht. In der mündlichen Verhandlung, an welcher der Rechtsvertreter der Antragsteller (V3/2010) bzw. der Beschwerdeführer (B265/2012), Vertreter der Tiroler Landesregierung und der Gemeinde Mutters teilnahmen, wurden mit den Parteien und mehreren Zeugen, darunter der Raumplaner, welcher für die Gemeinde Mutters die raumordnungsfachlichen Grundlagen für den hier maßgeblichen Gesamtbebauungsplan der Gemeinde Mutters aufbereitete und bei der Erlassung des Gesamtbebauungsplanes die notwendigen Stellungnahmen und Erläuterungen verfasste, die vom Verfassungsgerichtshof in der Ladung gestellten Fragen erörtert. Im Wesentlichen ging es um die Vorgangsweise und die Grundlagen für die jeweiligen Festlegungen im Gesamtbebauungsplan der Gemeinde Mutters für den Abschnitt Gärberbach für die Grundstücke Nr 242/4 und 242/3, KG Mutters, und die angrenzenden Grundstücke.

II. Rechtslage

1. Die im Zeitraum der Beschlussfassung über den bekämpften Bebauungsplan geltenden Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001 (das eine Wiederverlautbarung des bis dahin mehrfach novellierten Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997, LGBl 10, ist), LGBl 93 idF LGBl 60/2005, lauteten auszugsweise:

"1. A b s c h n i t t

Allgemeine Bestimmungen

§27

Aufgaben und Ziele der örtlichen Raumordnung

(1) Die örtliche Raumordnung dient der geordneten räumlichen Entwicklung der Gemeinde. Sie hat im Einklang mit den Raumordnungsprogrammen und, soweit solche nicht bestehen, unter Bedachtnahme auf die Ziele und Grundsätze der überörtlichen Raumordnung zu erfolgen. Weiters ist auf die örtlichen Raumordnungsinteressen der Nachbargemeinden, insbesondere im Bereich der gemeinsamen Grenzen, Bedacht zu nehmen.

(2) Ziele der örtlichen Raumordnung sind insbesondere:

a) die ausgewogene Anordnung und Gliederung des Baulandes im Hinblick auf die Erfordernisse des Schutzes des Landschaftsbildes, der Sicherung vor Naturgefahren, der verkehrsmäßigen Erschließung, insbesondere auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln, der Erschließung mit Einrichtungen zur Wasser-, Löschwasser- und Energieversorgung, zur Abwasserbeseitigung und Abfallentsorgung sowie der Schaffung sonstiger infrastruktureller Einrichtungen, wie Kindergärten, Schulen und dergleichen;

b) die Sicherung ausreichender Flächen zur Befriedigung des Wohnbedarfes der Bevölkerung und für die Erhaltung und Weiterentwicklung der Wirtschaft;

c) die weitestmögliche Vermeidung von Nutzungskonflikten und wechselseitigen Beeinträchtigungen beim Zusammentreffen verschiedener Widmungen, insbesondere auch unter Bedachtnahme auf die Standorte von Betrieben im Sinne des §1 Abs2 lite und die für die Ansiedlung oder Erweiterung solcher Betriebe vorgesehenen Standorte;

d) die Vorsorge für die bestimmungsgemäße Verwendung des Baulandes und der bestehenden Bausubstanz;

e) die Vorsorge für eine zweckmäßige und bodensparende, auf die Bedürfnisse der Bevölkerung und die Erfordernisse des Schutzes des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes abgestimmte Bebauung und verkehrsmäßige Erschließung der bebauten und zu bebauenden Gebiete und Grundflächen;

f) die Vorsorge für eine ausreichende und einwandfreie Wasser- und Löschwasserversorgung und eine geordnete Abwasserbeseitigung;

g) die Erhaltung zusammenhängender land- und forstwirtschaftlich nutzbarer Gebiete;

h) die Erhaltung ökologisch besonders wertvoller Flächen und die Bewahrung erhaltenswerter natürlicher oder naturnaher Landschaftselemente und Landschaftsteile;

i) die Erhaltung zusammenhängender Erholungsräume;

j) die Sicherung geeigneter Grundflächen für Einrichtungen des Gemeinbedarfs;

k) die Schaffung der erforderlichen Verkehrsflächen der Gemeinde unter weitestmöglicher Vermeidung von nachteiligen Auswirkungen des Verkehrs auf die Bevölkerung und die Umwelt;

l) die Bewahrung erhaltenswerter Orts- und Straßenbilder sowie erhaltenswerter Gebäudegruppen.

§28

Bestandsaufnahme

(1) Die Gemeinde hat die für die örtliche Raumordnung bedeutsamen Gegebenheiten und deren voraussehbare Veränderungen zu erheben und in einer Bestandsaufnahme festzuhalten. Dabei sind der Gemeinde zur Verfügung stehende Erhebungen in anderen Bereichen, wie beispielsweise Erhebungen im Zusammenhang mit der Erstellung, Entwicklung und Anpassung des örtlichen Tourismusleitbildes und der Dorferneuerung, so weit wie möglich heranzuziehen. Die Bestandsaufnahme ist regelmäßig auf den aktuellen Stand zu bringen.

(2) Die Bestandsaufnahme hat jedenfalls die Gebiete und Grundflächen, die durch Lawinen, Hochwasser, Wildbäche, Steinschlag, Erdrutsch und andere Naturgefahren gefährdet sind, sowie das Ausmaß der Gefährdung zu umfassen. Die Gefahrensituation ist so weit wie möglich aufgrund bestehender Gefahrenzonenpläne zu erheben.

(3) Für jene Gebiete, die aufgrund ihrer natürlichen Beschaffenheit und Lage für die Widmung als Bauland in Betracht kommen, hat die Bestandsaufnahme jedenfalls zu umfassen:

a) die bestehenden überörtlichen Anlagen sowie jene überörtlichen Anlagen, für die rechtsverbindliche Planungen bestehen, einschließlich allfälliger Schutz- oder Sicherheitsbereiche; überörtliche Anlagen sind insbesondere Bundes- und Landesstraßen, Eisenbahnanlagen, Flugplätze, Versorgungs- und Entsorgungsleitungen von überörtlicher Bedeutung, Abfallbehandlungsanlagen und Deponien, Abwasserreinigungsanlagen, Bergbauanlagen, militärische Anlagen;

b) die Gebiete, Grundflächen und Objekte, für die gesetzliche Nutzungsbeschränkungen bestehen, wie öffentliche Gewässer, Wasserschutz- und Wasserschongebiete, Überschwemmungsgebiete, unter besonderem Naturschutz stehende Gebiete, Naturdenkmäler, denkmalgeschützte Objekte, militärische Sperrgebiete und dergleichen;

c) die Gebäude und sonstigen Anlagen, die öffentlichen Zwecken dienen;

d) die Gebiete und Grundflächen, für die in Raumordnungsprogrammen bestimmte Maßnahmen festgelegt sind;

e) die Gebiete mit erhaltenswerten Orts- und Straßenbildern sowie erhaltenswerten Gebäudegruppen;

f) die Gebiete mit einem überwiegend sanierungsbedürftigen Baubestand.

(4) Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Bestimmungen über den Umfang der Bestandsaufnahme zu erlassen.

§29

Planungsinstrumente

(1) Jede Gemeinde hat durch Verordnung ein örtliches Raumordnungskonzept, einen Flächenwidmungsplan, allgemeine Bebauungspläne und ergänzende Bebauungspläne zu erlassen. […]

(2) Das örtliche Raumordnungskonzept besteht aus textlichen Festlegungen sowie aus Karten und Plänen samt Planzeichenerläuterung. Der Flächenwidmungsplan und die Bebauungspläne bestehen aus Plänen samt Planzeichenerläuterung und aus ergänzenden textlichen Festlegungen. Dem örtlichen Raumordnungskonzept, dem Flächenwidmungsplan und den Bebauungsplänen sind Erläuterungen anzuschließen, die eine zusammenfassende Darstellung der wesentlichen Entscheidungsgrundlagen zu enthalten haben.

[…]

(4) Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Erstellung, die Form und den Maßstab der örtlichen Raumordnungskonzepte, der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne zu erlassen. Dabei sind insbesondere die zu verwendenden Karten und Pläne und die darin zu verwendenden Planzeichen zu regeln.

[…]

4. A b s c h n i t t

Bebauungspläne

§54

Allgemeines

(1) In den allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplänen sind unter Berücksichtigung der Ziele der örtlichen Raumordnung, des örtlichen Raumordnungskonzeptes, des Flächenwidmungsplanes und der Ergebnisse der Bestandsaufnahme die verkehrsmäßige Erschließung und die Art der Bebauung des Baulandes, der Sonderflächen für Beherbergungsgroßbetriebe, der Sonderflächen für Handelsbetriebe, der Sonderflächen für Einkaufszentren sowie jener sonstigen Sonderflächen und jener Vorbehaltsflächen, bei denen dies im Hinblick auf den festgelegten Verwendungszweck im Interesse einer geordneten baulichen Entwicklung erforderlich ist, festzulegen. Die allgemeinen Bebauungspläne sind möglichst für größere funktional zusammenhängende Gebiete, die ergänzenden Bebauungspläne möglichst für funktional zusammenhängende Gebiete, zu erlassen.

(2) In die allgemeinen Bebauungspläne können auch Grundflächen einbezogen werden, die noch nicht als Bauland, als Sonderflächen oder als Vorbehaltsflächen gewidmet sind, sofern sie innerhalb der im örtlichen Raumordnungskonzept für Siedlungszwecke und betriebliche Zwecke vorgesehenen Bereiche liegen. Ergänzende Bebauungspläne dürfen frühestens gleichzeitig mit der Widmung der betreffenden Grundflächen als Bauland, als Sonderflächen oder als Vorbehaltsflächen erlassen werden.

(3) Ein ergänzender Bebauungsplan ist zu erlassen, sobald unter Bedachtnahme auf das örtliche Raumordnungskonzept im Hinblick auf die angestrebte bauliche Entwicklung in der Gemeinde ein Bedarf an der widmungsgemäßen Verwendung der betreffenden Grundflächen besteht und die Gemeinde finanziell in der Lage ist, die verkehrsmäßige Erschließung und die Erschließung mit den Einrichtungen zur Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung vorzunehmen.

[…]

(5) Die Baubewilligung für den Neubau von Gebäuden mit Ausnahme von Nebengebäuden darf außer in den Fällen des §55 Abs1 und 2 nur erteilt werden, wenn für das betreffende Grundstück der allgemeine und der ergänzende Bebauungsplan bestehen und die darin festgelegte verkehrsmäßige Erschließung rechtlich sichergestellt ist.

[…]

§56

Inhalte

(1) Im allgemeinen Bebauungsplan sind hinsichtlich der verkehrsmäßigen Erschließung die Straßenfluchtlinien (§58) der Straßen nach §53 Abs1 und hinsichtlich der Bebauung die Mindestbaudichten (§61) festzulegen. Im allgemeinen Bebauungsplan können weiters die Bauweisen (§60) festgelegt werden.

(2) In den ergänzenden Bebauungsplänen sind hinsichtlich der verkehrsmäßigen Erschließung die Straßenfluchtlinien der Straßen, die der inneren Erschließung des jeweiligen Gebietes dienen, und hinsichtlich der Bebauung die Höchstgröße der Bauplätze, die Baufluchtlinien (§59 Abs1 und 2), die Bauhöhen (§62 Abs1 bis 5) und, sofern diese nicht bereits im allgemeinen Bebauungsplan festgelegt worden sind, die Bauweisen festzulegen. In den ergänzenden Bebauungsplänen können weiters die Firstrichtungen und Dachneigungen, die Baugrenzlinien (§59 Abs3) und die Höhenlage (§62 Abs6) festgelegt sowie ergänzende Festlegungen über die Baudichten (§61) getroffen werden. Weiters kann in den ergänzenden Bebauungsplänen festgelegt werden, dass statt der Mindestabstände nach §6 Abs1 litb der Tiroler Bauordnung 2001 jene nach §6 Abs1 lita der Tiroler Bauordnung 2001 einzuhalten sind. Gegenüber den Grenzen zu Grundstücken, für die diese Festlegung nicht gilt, sind jedoch stets die Mindestabstände nach §6 Abs1 litb der Tiroler Bauordnung 2001 einzuhalten.

(3) Liegen die Voraussetzungen nach §54 Abs3 vor und ist ein allgemeiner Bebauungsplan noch nicht erlassen, so können die Festlegungen nach den Abs1 und 2 in einem Bebauungsplan getroffen werden.

§57

Änderung und Außer-Kraft-Treten von Bebauungsplänen

(1) Bebauungspläne sind zu ändern, soweit dies

a) aufgrund einer Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes oder des Flächenwidmungsplanes;

b) aufgrund von Raumordnungsprogrammen oder anderen vorrangigen raumbedeutsamen Planungen oder Maßnahmen des Landes zur Vermeidung von Planungswidersprüchen oder

c) aufgrund der verfassungsrechtlich gebotenen Berücksichtigung raumbedeutsamer Planungen oder Maßnahmen des Bundes zur Vermeidung von Planungswidersprüchen

erforderlich ist.

(2) Bebauungspläne dürfen geändert werden, wenn die Änderung im Hinblick auf eine den Zielen der örtlichen Raumordnung und dem örtlichen Raumordnungskonzept entsprechende weitere verkehrsmäßige Erschließung und bauliche Entwicklung der Gemeinde vorteilhaft ist.

(3) Ergänzende Bebauungspläne sind weiters zu ändern, soweit dies aufgrund einer Änderung des allgemeinen Bebauungsplanes erforderlich ist.

[…]

§58

Straßenfluchtlinien

(1) Die Straßenfluchtlinien grenzen die unmittelbar dem Verkehr dienenden Flächen von Straßen und die der Gestaltung des Straßenraumes dienenden Flächen von den übrigen Grundflächen ab.

(2) Die Straßenfluchtlinien sind unter Bedachtnahme auf die allgemeinen straßenbaulichen Erfordernisse nach §37 Abs1 des Tiroler Straßengesetzes festzulegen.

(3) Wird innerhalb von zehn Jahren nach dem In-Kraft-Treten der Festlegung der Straßenfluchtlinien für die betreffende Straße eine Straßenbaubewilligung nach §44 des Tiroler Straßengesetzes nicht erteilt, so kann der Grundeigentümer die Einlösung der von den Straßenfluchtlinien umfassten Grundflächen durch die Gemeindeverlangen. Der Antrag auf Einlösung ist bei der Gemeinde schriftlich einzubringen. Kommt innerhalb eines Jahres nach der Einbringung des Einlösungsantrages eine Vereinbarung über die Einlösung der Grundflächen oder über die Bereitstellung eines Ersatzgrundstückes durch die Gemeinde nicht zustande und legt die Gemeinde innerhalb dieser Frist die Straßenfluchtlinien nicht so fest, dass die Grundflächen des Antragstellers davon nicht mehr umfasst sind, so gilt die Zustimmung der Gemeinde zur Einlösung der Grundflächen als gegeben. Im Übrigen gilt §52 Abs5 vierter, fünfter und sechster Satz sinngemäß.

§59

Baufluchtlinien, Baugrenzlinien

(1) Die Baufluchtlinien sind straßenseitig gelegene Linien, durch die der Abstand baulicher Anlagen von den Straßen bestimmt wird. Gebäudeteile und bauliche Anlagen dürfen nur in den in der Tiroler Bauordnung 2001 besonders geregelten Fällen vor die Baufluchtlinie vorragen oder vor dieser errichtet werden.

(2) Die Baufluchtlinien sind so festzulegen, dass das Orts- und Straßenbild und die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht beeinträchtigt werden und eine ausreichende Belichtung und Belüftung der straßenseitig gelegenen Räume gewährleistet ist. Für verschiedene Geschossebenen können verschiedene Baufluchtlinien festgelegt werden (gestaffelte Baufluchtlinien). Weiters kann insbesondere im Interesse des Schutzes des Ort- und Straßenbildes festgelegt werden, dass an die Baufluchtlinien heranzubauen ist (zwingende Baufluchtlinien).

(3) Die Baugrenzlinien sind nicht straßenseitig gelegene Linien, durch die der Mindestabstand baulicher Anlagen gegenüber anderen Grundstücken als Straßen bestimmt wird. Dabei dürfen gegenüber bebaubaren Grundstücken nur größere Abstände als die Mindestabstände von 3 bzw. 4 m (§6 Abs1 der Tiroler Bauordnung 2001) und gegenüber nicht bebaubaren Grundstücken größere oder kleinere Abstände als diese Mindestabstände festgelegt werden. Im Übrigen sind die Baugrenzlinien so festzulegen, dass das Orts- und Straßenbild nicht beeinträchtigt wird und den Erfordernissen des Brandschutzes entsprochen wird. Abs2 zweiter und dritter Satz gilt sinngemäß.

§60

Bauweisen

(1) Durch die Bauweise wird die Art der Anordnung der Gebäude gegenüber den nicht straßenseitig gelegenen Grundstücksgrenzen bestimmt. Dabei kann eine geschlossene, offene oder besondere Bauweise festgelegt werden.

(2) Bei geschlossener Bauweise sind die Gebäude, soweit keine Baugrenzlinien festgelegt sind, an den an die Baufluchtlinie anstoßenden Grundstücksgrenzen zusammenzubauen. Gegenüber den anderen Grundstücksgrenzen sind die Gebäude frei stehend anzuordnen.

(3) Bei offener Bauweise sind die Gebäude allseits frei stehend anzuordnen. Durch eine entsprechende Festlegung im Bebauungsplan kann abweichend davon das Zusammenbauen von Gebäuden an einer Grundstücksgrenze für zulässig erklärt werden (gekuppelte Bauweise).

(4) Soweit dies im Interesse einer zweckmäßigen Bebauung von Grundstücken erforderlich ist, kann eine besondere Bauweise festgelegt werden. In diesem Fall ist die Anordnung und Gliederung der Gebäude festzulegen, wobei untergeordnete Bauteile außer Betracht bleiben. Dabei können zwingende Festlegungen oder Festlegungen über Mindest- oder Höchstausmaße getroffen werden. Gegenüber Grundstücken, für die die offene Bauweise festgelegt ist, sind jedenfalls die Mindestabstände nach der Tiroler Bauordnung 2001 einzuhalten. Wird jedoch eine besondere Bauweise für ein Grundstück festgelegt, auf dem nach den baurechtlichen Vorschriften rechtmäßig ein anderes als nach der Tiroler Bauordnung 2001 in den Abstandsflächen zulässiges Gebäude besteht, so können die Mindestabstände nach der Tiroler Bauordnung 2001 bis auf die bestehenden Abstände unterschritten werden, wenn zu den betreffenden Grundstücken hin gleichzeitig eine höchstzulässige Wandhöhe festgelegt wird, die jene des bestehenden Gebäudes nicht übersteigt. Innerhalb der Abstandsflächen dürfen nur Gebäude oder Gebäudeteile errichtet und sonstige Bauvorhaben ausgeführt werden, bei denen aufgrund ihrer baulichen Gestaltung und ihres Verwendungszweckes zusätzliche nachteilige Auswirkungen auf die betreffenden Grundstücke, insbesondere durch Lärm, nicht zu erwarten sind.

[…]

§61

Baudichten

(1) Die Baudichten können als Baumassendichte oder Bebauungsdichte oder in kombinierter Form festgelegt werden. Die Bebauungsdichte kann weiters für oberirdische und unterirdische bauliche Anlagen gesondert festgelegt werden. Der Berechnung der Baudichten sind die Fertigbaumaße des jeweiligen Gebäudes zugrunde zu legen.

(2) Die Baumassendichte ist das zahlenmäßige Verhältnis zwischen der Baumasse und der Fläche des Bauplatzes mit Ausnahme jener Teile, die Verkehrsflächen im Sinne des §2 Abs20 der Tiroler Bauordnung 2001 sind. Baumasse ist der durch ein Gebäude umbaute Raum oberhalb der Erdoberfläche, der durch die Außenhaut des Gebäudes oder, soweit eine Umschließung nicht besteht, durch die gedachte Fläche in der Flucht der anschließenden Außenhaut begrenzt wird. Wurde das Gelände durch die Bauführung oder im Hinblick auf die beabsichtigte Bauführung verändert, so ist vom Geländeniveau nach dieser Veränderung auszugehen. Bei der Berechnung der Baumasse bleiben untergeordnete Bauteile außer Betracht.

(3) Die Bebauungsdichte ist das zahlenmäßige Verhältnis zwischen der bebauten Fläche und der Fläche des Bauplatzes mit Ausnahme jener Teile, die Verkehrsflächen im Sinne des §2 Abs20 der Tiroler Bauordnung 2001 sind.

§62

Bauhöhe, Höhenlage

(1) Die Bauhöhe von Gebäuden kann durch deren obersten Punkt bezogen auf die absolute Höhe oder auf einen sonstigen Fixpunkt oder durch die Anzahl der oberirdischen Geschosse festgelegt werden. Diese Arten der Festlegung können auch kombiniert werden. Weiters kann die Wandhöhe der Außenwände festgelegt werden. Dabei kann bestimmt werden, dass nur die Wandhöhe bestimmter Wände, wie etwa der traufenseitigen, der straßenseitigen oder der talseitigen Wände, maßgebend ist.

(2) Der oberste Punkt kann als Obergrenze, als Unter- und Obergrenze oder zwingend festgelegt werden. Ebenso können für die Anzahl der oberirdischen Geschosse Höchstzahlen, Mindest- und Höchstzahlen oder zwingende Zahlen festgelegt werden. Weiters können für die Wandhöhe Höchstmaße, Mindest- und Höchstmaße oder zwingende Maße festgelegt werden. Wurde das Gelände durch die Bauführung oder im Hinblick auf die beabsichtigte Bauführung verändert, so ist hinsichtlich der Anzahl der oberirdischen Geschosse und der Wandhöhe vom Geländeniveau nach dieser Veränderung auszugehen.

(3) Oberirdische Geschosse sind jene Geschosse, bei denen zumindest die Hälfte der Grundfläche mindestens 1 m über dem angrenzenden Gelände liegt. Geschosse, die das Dach berühren (Dachgeschosse), sind zu berücksichtigen, wenn über mehr als der Hälfte der Grundfläche eines solchen Geschosses der Senkrechtabstand vom Fußboden zur Dachhaut mehr als 2,70 m beträgt.

(4) Die Bauhöhe sonstiger baulicher Anlagen ist durch deren obersten Punkt bezogen auf die absolute Höhe oder auf einen sonstigen Fixpunkt festzulegen. Abs2 erster Satz ist anzuwenden.

(5) Bei der Bestimmung des obersten Punktes von Gebäuden und sonstigen baulichen Anlagen bleiben untergeordnete Bauteile außer Betracht. Weiters gelten Festlegungen über den obersten Punkt nicht für Gebäude und sonstige bauliche Anlagen, die aus zwingenden technischen Gründen nur mit einer größeren als der danach zulässigen Höhe errichtet werden können.

(6) Die Höhenlage ist eine durch die absolute Höhe oder durch einen sonstigen Fixpunkt bestimmte horizontale Ebene.

[…]

5. A b s c h n i t t

Verfahren, Rechtswirkungen

§65

Verfahren zur Erlassung von Bebauungsplänen

(1) Der Entwurf eines Bebauungsplanes ist aufgrund eines Beschlusses des Gemeinderates zur allgemeinen Einsicht im Gemeindeamt während vier Wochen aufzulegen. Die Auflegung ist durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde während der gesamten Auflegungsfrist kundzumachen. Die Kundmachung hat die Auflegungsfrist und den Hinweis zu enthalten, dass Personen, die in der Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben, und Rechtsträgern, die in der Gemeinde eine Liegenschaft oder einen Betrieb besitzen, das Recht zusteht, bis spätestens eine Woche nach dem Ablauf der Auflegungsfrist eine schriftliche Stellungnahme zum Entwurf abzugeben. Für die Verständigung der Eigentümer der vom Entwurf umfassten Grundstücke gilt §64 Abs2 sinngemäß.

(2) Der Gemeinderat kann gleichzeitig mit der Beschlussfassung über die Auflegung des Entwurfes nach Abs1 erster Satz den Beschluss über die Erlassung des Bebauungsplanes fassen. Dieser Beschluss wird jedoch nur rechtswirksam, wenn innerhalb der Auflegungs- und Stellungnahmefrist keine Stellungnahme zum Entwurf von einer hiezu berechtigten Person oder Stelle abgegeben wurde.

(3) Wird der Entwurf nach seiner Auflegung geändert, so ist dieser neuerlich entsprechend dem Abs1 aufzulegen. Dabei kann die Auflegungsfrist auf zwei Wochen herabgesetzt werden.

(4) Der Bürgermeister hat nach dem Abschluss des Verfahrens nach den Abs1, 2 und 3 den Entwurf zusammen mit den eingelangten Stellungnahmen und den maßgebenden Entscheidungsgrundlagen dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorzulegen.

[…]

§67

Kundmachung

(1) Der Beschluss des Gemeinderates über die Erlassung oder Fortschreibung des örtlichen Raumordnungskonzeptes bzw. über die Erlassung des Flächenwidmungsplanes ist innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung durch öffentlichen Anschlag während zweier Wochen kundzumachen. Der Beschluss des Gemeinderates über die Erlassung eines Bebauungsplanes ist innerhalb von zwei Wochen nach der Beschlussfassung, im Falle des §65 Abs2 innerhalb von zwei Wochen nach dem Eintritt der Rechtswirksamkeit des Beschlusses und im Falle des §65 Abs5 zweiter Satz innerhalb von zwei Wochen nach dem Vorliegen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung des Flächenwidmungsplanes durch öffentlichen Anschlag während zweier Wochen kundzumachen. Das örtliche Raumordnungskonzept, der Flächenwidmungsplan und die Bebauungspläne treten mit dem Ablauf der Kundmachungsfrist in Kraft. Eine allfällige Kundmachung nach §60 Abs1 oder 2 der Tiroler Gemeindeordnung 2001, LGBl Nr 36, in der jeweils geltenden Fassung bewirkt nicht das In-Kraft-Treten des örtlichen Raumordnungskonzeptes, des Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes.

[…]

(3) Das örtliche Raumordnungskonzept, der Flächenwidmungsplan und die Bebauungspläne sind im Gemeindeamt zur allgemeinen Einsicht während der Amtsstunden aufzulegen.

(4) Die Bebauungspläne sind nach ihrem In-Kraft- Treten unverzüglich der Landesregierung mitzuteilen.

[…]

§107

Örtliche Raumordnungskonzepte, bestehende Flächenwidmungspläne, anhängige Verfahren

(1) Jede Gemeinde hat bis zum 31. Dezember 2000 […] ein örtliches Raumordnungskonzept zu beschließen und der Landesregierung zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung vorzulegen. Jede Gemeinde hat weiters innerhalb von zwei Jahren nach dem In-Kraft-Treten des örtlichen Raumordnungskonzeptes den Flächenwidmungsplan neu zu erlassen oder den bestehenden Flächenwidmungsplan zu ändern, soweit dies zur Vermeidung von Widersprüchen zu den Zielen der örtlichen Raumordnung nach diesem Gesetz und zu den Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes erforderlich ist. […]

[…]

§112

Bebauungspläne

(1) Die im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes bestehenden Bebauungspläne nach §18 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 dürfen nicht mehr geändert werden. Sie treten mit der Erlassung des allgemeinen Bebauungsplanes für die betreffenden Grundflächen, spätestens jedoch drei Jahre nach dem In-Kraft-Treten des neuen oder geänderten Flächenwidmungsplanes nach §107 Abs1 zweiter Satz, außer Kraft. Bis dahin ist auf die Festlegungen solcher Bebauungspläne, soweit sie nicht im Widerspruch zu den Bestimmungen dieses Gesetzes stehen, im Bauverfahren Bedacht zu nehmen.

[…]

(3) Festlegungen über Geschossflächendichten und über die Anzahl der Vollgeschosse, die am 30. September 2001 bestanden haben oder die bis zu diesem Zeitpunkt beschlossen worden sind, bleiben weiterhin aufrecht. §61 und §62 Abs1 dieses Gesetzes in der Fassung LGBl Nr 10/1997 und des Gesetzes LGBl Nr 21/1998 sind darauf weiter anzuwenden. Solche Festlegungen treten spätestens am 31. Dezember 2010 außer Kraft.

[…]"

2. Die §§54, 56, 57 und 117 des geltenden Tiroler Raumordnungsgesetzes 2011 (TROG 2011), LGBl 56 (einer neuerlichen Wiederverlautbarung des seinerzeitigen TROG 1997), lauten auszugsweise:

"4. Abschnitt
Bebauungspläne

§54

Bebauungspläne

(1) In den Bebauungsplänen sind unter Berücksichtigung der Ziele der örtlichen Raumordnung, des örtlichen Raumordnungskonzeptes, des Flächenwidmungsplanes und der Ergebnisse der Bestandsaufnahme die verkehrsmäßige Erschließung und die Art der Bebauung des Baulandes, von Sonderflächen und von Vorbehaltsflächen festzulegen. Die Bebauungspläne mit Ausnahme der ergänzenden Bebauungspläne (Abs8) sind möglichst für größere funktional zusammenhängende Gebiete zu erlassen.

[…]

(8) Im Fall der Festlegung einer besonderen Bauweise (§60 Abs4) ist zusätzlich zum Bebauungsplan ein ergänzender Bebauungsplan zu erlassen.

[…]

§56

Inhalte

(1) Im Bebauungsplan sind hinsichtlich der verkehrsmäßigen Erschließung die Straßenfluchtlinien (§58) und hinsichtlich der Bebauung die Baufluchtlinien (§59 Abs1 und 2), die Bauweisen (§60), die Mindestbaudichten (§61) und die Bauhöhen (§62 Abs1 bis 6) festzulegen.

[…]

§57

Änderung und Außerkrafttreten von Bebauungsplänen

(1) Bebauungspläne sind zu ändern, soweit dies

a) aufgrund einer Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes oder des Flächenwidmungsplanes,

b) aufgrund von Raumordnungsprogrammen oder anderen vorrangigen raumbedeutsamen Planungen oder Maßnahmen des Landes zur Vermeidung von Planungswidersprüchen oder

c) aufgrund der verfassungsrechtlich gebotenen Berücksichtigung raumbedeutsamer Planungen oder Maßnahmen des Bundes zur Vermeidung von Planungswidersprüchen

erforderlich ist.

(2) Bebauungspläne dürfen geändert werden, wenn die Änderung im Hinblick auf eine den Zielen der örtlichen Raumordnung und dem örtlichen Raumordnungskonzept entsprechende weitere verkehrsmäßige Erschließung und bauliche Entwicklung der Gemeinde vorteilhaft ist.

(3) Wird in einem Bebauungsplan statt einer besonderen Bauweise eine andere Bauweise festgelegt, so tritt ein allfälliger ergänzender Bebauungsplan außer Kraft.

(4) Wird eine als Bauland, als Sonderfläche oder als Vorbehaltsfläche gewidmete Grundfläche als Freiland gewidmet oder wird eine solche Widmung vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben, so treten außer in den im örtlichen Raumordnungskonzept nach §31 Abs5 festgelegten Gebieten allfällige Bebauungspläne hinsichtlich dieser Grundflächen außer Kraft. Das Außerkrafttreten ist am betreffenden Bebauungsplan ersichtlich zu machen.

[…]

§117

Bebauungspläne

[…]

(7) Die am 30. Juni 2011 bestehenden allgemeinen und ergänzenden Bebauungspläne bleiben aufrecht. Sie gelten als Bebauungspläne im Sinn des §54. Desgleichen bleiben zu diesem Zeitpunkt bestehende allgemeine Bebauungspläne, zu denen ein ergänzender Bebauungsplan nicht besteht, aufrecht. Sie sind, sofern an deren Stelle nicht Bebauungspläne im Sinn des §54 erlassen werden, spätestens bis zum 31. Dezember 2015 um die fehlenden Festlegungen nach §56 Abs1 zu ergänzen. Anderenfalls treten sie mit dem Ablauf dieser Frist außer Kraft. Ergänzte allgemeine Bebauungspläne gelten als Bebauungspläne im Sinn des §54."

3. §35 der Tiroler Gemeindeordnung 2001, LGBl 36, lautet auszugsweise:

"§35

Tagesordnung

(1) Die Tagesordnung hat die Verhandlungsgegenstände hinreichend genau zu bezeichnen.

(2) Die Festsetzung der Tagesordnung obliegt dem Bürgermeister. Er hat einen Verhandlungsgegenstand auf die Tagesordnung zu setzen, wenn dies wenigstens ein Drittel der Mitglieder des Gemeinderates oder die Mehrheit der Mitglieder eines Ausschusses verlangt.

(3) Über Verhandlungsgegenstände, die nicht in der bekannt gegebenen Tagesordnung enthalten sind, darf nur abgestimmt werden, wenn der Gemeinderat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder die Dringlichkeit zuerkennt. Über einen Antrag auf Selbstauflösung des Gemeinderates darf nur dann abgestimmt werden, wenn dieser in der in der Einladung bekannt gegebenen Tagesordnung enthalten ist.

[…]"

4. §1 Abs2 der Tiroler Plangrundlagen- und Planzeichenverordnung 2004, LGBl 13 idF LGBl  2/2012, lautet:

"(2) Die Darstellung der örtlichen Raumordnungskonzepte, der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne hat auf Plänen unter Verwendung der in der Anlage 2 festgelegten Darstellungsgrundsätze und Planzeichen zu erfolgen. Zusätzliche Planzeichen können aus besonderen raumordnungsfachlichen Gründen verwendet werden, wenn diese der besseren Erläuterung oder Veranschaulichung dienen. Die Bedeutung dieser Planzeichen ist in der jeweiligen Planzeichenerläuterung eindeutig festzulegen."

III. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss VfSlg 8058/1977 unter Hinweis auf VfSlg 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 letzter Satz B-VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art139 Abs1 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg 11.684/1988, 14.297/1995, 15.349/1998, 16.345/2001 und 16.836/2003).

Wie der Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit nach Art139 bzw. 140 B-VG gestellten Individualanträgen ausgeführt hat, ist dann, wenn ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren bereits anhängig ist, das dem von einer Verordnung bzw. einem Gesetz Betroffenen Gelegenheit zur Anregung einer amtswegigen Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof bietet, nur bei Vorliegen besonderer außergewöhnlicher Umstände der Partei das Recht zur Einbringung eines Verordnungs- bzw. Gesetzesprüfungsantrags eingeräumt; andernfalls gelangte man zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, die mit dem Grundprinzip des Individualantrages als eines bloß subsidiären Rechtsbehelfes nicht im Einklang stünde (vgl. VfSlg 8312/1978, 10.857/1986, 11.045/1986, 11.823/1988, 19.674/2012).

Die Tiroler Landesregierung wies mit Bescheid vom 23. Jänner 2012 die Vorstellung der Antragsteller gegen den Bescheid des Gemeindevorstands der Gemeinde Mutters, mit dem dieser die Baubewilligung für ein Bauvorhaben auf dem Grundstück Nr 242/4, KG Mutters, erteilt hatte, ab; gegen diesen Vorstellungsbescheid erhoben die Antragsteller die zu B265/2012 protokollierte Beschwerde gemäß Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof. In diesem Beschwerdeverfahren hat der Verfassungsgerichtshof die Bedenken der Antragsteller gegen die konkret angewendeten Bestimmungen des Gesamtbebauungsplanes zu prüfen.

Der Individualantrag auf Aufhebung von Bestimmungen des Gesamtbebauungsplanes der Gemeinde Mutters für den Abschnitt Gärberbach für das Grundstück Nr 242/4 erweist sich daher schon aus diesem Grund als unzulässig.

1.2. Soweit die Antragsteller Bestimmungen des Gesamtbebauungsplanes der Gemeinde Mutters für den Abschnitt Gärberbach für das in ihrem Eigentum stehende Grundstück Nr 242/3 anfechten, müssen sie nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Darlegung der aktuellen Betroffenheit durch einen Bebauungsplan konkrete Bauabsichten auf einem von diesem erfassten Grundstück dartun, denen die Widmung entgegensteht (VfSlg 19.075/2010 mwH). Diese Voraussetzung haben sie mit dem Vorbringen, der Drittantragsteller beabsichtige auf dem im Eigentum der Antragsteller stehenden Grundstück Nr 242/3 südlich des bestehenden Hauses die Errichtung eines weiteren Wohnhauses, erfüllt.

Entgegen der Ansicht der Tiroler Landesregierung ist es unerheblich, dass nur der Drittantragsteller das Wohnhaus errichten will. Wenn wie im vorliegenden Fall konkrete Bauabsichten dargetan werden, sind sowohl die Miteigentümer des Grundstücks als auch der potentielle Bauwerber als aktuell betroffen anzusehen.

Gemäß §57 Abs1 zweiter Satz VfGG hat ein Antrag auf Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung nach Art139 Abs1 B-VG die gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen:

Zur Maximalgröße des Bauplatzes sowie zur offenen Bauweise (allesamt für das Grundstück Nr 242/3) haben die Antragsteller keine konkreten Bedenken vorgebracht, was insoweit zur Unzulässigkeit des Antrages führt. Zur Mindestzahl von zwei oberirdischen Geschoßen bringen die Antragsteller lediglich vor, bei der festgelegten maximalen Traufenhöhe von 6,50 m könnten ohnehin nicht mehr als zwei Geschoße errichtet werden. Mit dieser Feststellung wird kein Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Festlegung dargelegt. Auch diesbezüglich ist der Antrag daher unzulässig. Ähnliches gilt für die Straßenfluchtlinie im Bereich der nördlichen Grundstücksgrenze: Weder mit dem Vorbringen, bereits konsensgemäß errichtete Gebäude würden durch die Linie rechtswidrig, noch mit dem Vergleich zu einer mit der bekämpften Linie in keinem Zusammenhang stehenden Straßenfluchtlinie im südlichen Bereich des Grundstücks Nr 242/4 werden konkrete Bedenken gegen die Straßenfluchtlinie im nördlichen Bereich des Grundstücks Nr 242/3 dargetan.

Der Antrag auf Aufhebung der Bestimmungen des Gesamtbebauungsplanes der Gemeinde Mutters für den Abschnitt Gärberbach für das Grundstück Nr 242/3, KG Mutters, hinsichtlich der im Bereich der nördlichen Grundstücksgrenzen verlaufenden Straßenfluchtlinie, der offenen Bauweise, der maximalen Bauplatzgröße von 1170 m² und der Zahl von mindestens zwei oberirdischen Geschossen ist daher unzulässig.

1.3. Im Übrigen – also hinsichtlich der für das Grundstück Nr 242/3 festgelegten maximalen traufenseitigen Wandhöhe, der maximalen Gebäudehöhe, der Höchst- und Mindestbaumassendichte, der maximalen Bebauungsdichte sowie der "(undefinierbaren) Baugrenzlinie/Straßenfluchtlinie", die parallel zur südlichen Grundstücksgrenze verläuft und das Grundstück Nr 242/3 knapp vor der Mitte teilt – ist der Antrag hingegen zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof ist auf die Erörterung der im Antrag geltend gemachten Bedenken beschränkt. Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 19.654/2012 mwH).

2.2. Die Antragsteller haben zunächst das Bedenken, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung eines Gesamtbebauungsplanes nicht vorgelegen seien. Der auf Grundlage des seinerzeitigen §107 Abs1 zweiter Satz TROG 2001 neu erlassene Flächenwidmungsplan für das gesamte Gemeindegebiet von Mutters trat im Jänner 2005 in Kraft.

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis VfSlg 19.654/2012 zu Flächenwidmungsplänen in Tirol ausgesprochen, dass diese den im Zeitpunkt ihrer Beschlussfassung geltenden gesetzlichen Vorschriften entsprechen müssen. Dies folgt aus den Bestimmungen über die Änderung des Flächenwidmungsplanes (§36 iVm §35 TROG 2011), wonach eine Änderung des TROG 2011 keinen zwingenden Grund für eine Änderung des Flächenwidmungsplanes darstellt. Dies gilt in Hinblick auf §57 TROG 2011, der die Änderung des Bebauungsplanes regelt, ebenso für Bebauungspläne (vgl. auch §117 Abs7 TROG 2011, der – nachdem das System der zweistufigen Bebauungspläne mit der TROG-Novelle LGBl 47/2011 im Wesentlichen wieder aufgegeben wurde – eine Weitergeltung der bisherigen zweistufigen Bebauungspläne als einheitlicher Bebauungsplan nach der neuen Rechtslage anordnet und Anpassungen an die neue Rechtslage nur in den – hier nicht relevanten – im dritten Satz ausdrücklich genannten Fällen fordert). Maßstab für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Be-stimmungen des Gesamtbebauungsplanes ist somit das TROG 2001 idF LGBl 60/2005.

2.3. Bei dem mit dem Antrag bekämpften allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplan handelt es sich um die erstmalige Erlassung eines solchen zweistufigen Bebauungsplans, die im Hinblick auf das Außerkrafttreten alter Bebauungspläne nach §112 Abs1 zweiter Satz TROG 2001 grundsätzlich erforderlich war. Auf eine derartige Neuerlassung finden die Bestimmungen über die Änderung von Bebauungsplänen keine Anwendung (zur vergleichbaren seinerzeitigen Rechtslage beim Übergang zum TROG 1972 und deren Unbedenklichkeit VfSlg 14.141/1993). Der allgemeine und der ergänzende Bebauungsplan wurden in Form eines einheitlichen Gesamtbebauungsplanes erlassen, was nach §56 Abs3 TROG 2001 zulässig war.

2.4. Der 4. Tagesordnungspunkt der Gemeinderatssitzung vom 10. November 2005 war in der vom Bürgermeister am 31. Oktober 2005 versendeten Einladung mit "4. Erlassung eines allgemeinen Bebauungsplanes für das gesamte Gemeindegebiet von Mutters-Gärberbach; Auflage des Entwurfes" bezeichnet. Die Antragsteller sehen eine Rechtswidrigkeit des Bebauungsplanes darin, dass in der Sitzung demgegenüber ein Gesamtbebauungsplan (also auch ein ergänzender Bebauungsplan) beschlossen wurde.

Der Verfassungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass kleinere Verstöße gegen die Formvorschriften bei der Auflage von Entwürfen keine Gesetzwidrigkeit des Zustandekommens des Planes bewirken, wenn dadurch die Unterrichtung der betroffenen Gemeindebürger über die beabsichtigte Planungsmaßnahme nicht beeinträchtigt wird (vgl. VfSlg 19.344/2011 mwN). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt: Tatsächlicher Inhalt des unter Tagesordnungspunkt 4. gefassten Gemeinderatsbeschlusses vom 10. November 2005 war nach dem Sitzungsprotokoll die Auflage des Entwurfes des Gesamtbebauungsplanes nach §65 Abs1 TROG 2001 und ein (infolge der späteren Erhebung von Einwendungen nicht weiter relevanter) gleichzeitig gefasster Beschluss nach §65 Abs2 TROG 2001. In der am nächsten Tag erfolgten Kundmachung war im Einklang mit der Beschlusslage von der "Auflage des Entwurfes des Gesamtbebauungsplanes Mutters/Abschnitt Gärberbach lt. Planunterlage und Legende von DI L vom 10.11.2005, Plan Nr 331" die Rede. Damit wurde der beschlossene Gegenstand der Auflage präzise bezeichnet, sodass eine Verkürzung der Gemeindebürger in ihren Einsichts- und Stellungnahmerechten nicht eingetreten ist. Eine derartige Fehlbezeichnung kann auch noch nicht als so gravierend angesehen werden, dass darin eine Verletzung des Öffentlichkeitsgebotes des Art117 Abs4 B-VG, welches nach VfSlg 12.398/1990 eine grundsätzliche Bindung an die kundgemachte Tagesordnung erfordert, erblickt werden könnte.

2.5. Das Vorbringen der Antragsteller, es sei keine Kundmachung des ("Beharrungs-")Beschlusses des Gemeinderates erfolgt, wird durch den im vorgelegten Akt befindlichen Vermerk, wonach die Kundmachung durch Anschlag in allen Ortsteilen der Gemeinde Mutters vom 27. Jänner bis zum 13. Februar 2006 erfolgt ist, widerlegt. §67 TROG 2001 sieht die aufsichtsbehördliche Genehmigung eines Bebauungsplanes (anders als für das örtliche Raumordnungskonzept und den Flächenwidmungsplan) nicht als Voraussetzung für das Inkrafttreten vor. Aus §67 Abs1 iVm Abs3 TROG 2001 ergibt sich auch, dass lediglich das Faktum der Beschlussfassung, nicht aber der gesamte Plan kundzumachen ist. Zur Gewährleistung der Publizität sieht §67 Abs3 TROG 2001 die Auflage des beschlossenen Planes im Gemeindeamt vor. Eine Kundmachung von Materialien bzw. Begründungen war entgegen der Ansicht der Antragsteller im TROG 2001 nicht vorgesehen und daher nicht erforderlich.

2.6. Die inhaltlichen Bedenken beschränken sich zu einem großen Teil darauf, eine unsachliche Bevorzugung anderer Grundstücke, insbesondere des Nachbargrundstücks Nr 242/4, aufzuzeigen. Aus der Sonderbehandlung anderer Grundstücke kann sich bei Fehlen einer gesetzmäßigen Grundlage für die Differenzierung die Gesetzwidrigkeit der Festlegungen für diese anderen Grundstücke ergeben, daraus folgt aber nicht notwendig, dass ungünstigere Festlegungen für das Grundstück der Antragsteller gesetzwidrig sind.

2.7. Bei der bekämpften "(undefinierbaren) Baugrenzlinie/Straßenfluchtlinie" handelt es sich um eine durch Punkte unterbrochene strichlierte Linie, über die wiederholt das Zeichen "v" gesetzt ist. Nach der Legende des Gesamtbebauungsplanes ist – im Einklang mit der Anlage 2 zur Tiroler Plangrundlagen- und Planzeichenverordnung (Abschnitt Bebauungsplanung) – eine solche Linie eine Baufluchtlinie.

Die Antragsteller bringen zu dieser Linie vor, es sei kein Grund erkennbar, warum auf dem Grundstück Nr 242/4 ein Heranbauen bis an die Gemeindestraße möglich sei, während auf ihrem unmittelbar daneben gelegenen Grundstück ein Abstand von 27 m erforderlich sein soll (gemeint wohl vom von der Straße abzweigenden Weggrundstück Nr 239/1, über das das Grundstück der Antragsteller von Süden her – über einen Privatweg – zugänglich ist).

Des Weiteren erachten die Antragsteller die Höhenfestlegungen sowie die Mindest- und Höchstbebauungsdichten im Gesamtbebauungsplan der Gemeinde Mutters für den Abschnitt Gärberbach für das Grundstück Nr 242/3 und die angrenzenden Grundstücke (insbesondere auch das Grundstück Nr 242/4) als gesetzwidrig.

Dem Gesamtbebauungsplan liegt – wie sich aus den Akten ergibt und wie es auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof bestätigt wurde – eine nachvollziehbare, ordnungsgemäße und sachliche Gesamtplanung der Gemeinde für das Gebiet zugrunde, in welchem unter anderem die Grundstücke Nr 242/3 und 242/4 liegen. Die unterschiedlichen Festlegungen im Gesamtbebauungsplan für das im Eigentum der Antragsteller stehende Grundstück Nr 242/3 gegenüber dem angrenzenden Grundstück haben ihren Grund in der unterschiedlichen Bebaubarkeit der beiden Grundstücke und der unterschiedlichen Zufahrtsmöglichkeit zu den beiden Grundstücken. Entgegen dem wesentlichen Vorbringen der Antragsteller haben – wie auch die mündliche Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof unbestrittenermaßen ergeben hat – die Festlegungen im Gesamtbebauungsplan für das Grundstück Nr 242/4 nicht zum Ziel, den auf dem Grundstück Nr 242/4 bestehenden, nicht konsensgemäß errichteten Bau in dieser Form zu sanieren. Dies erweist sich daraus, dass dieser konsenswidrige Bau auf Grund des Gesamtbebauungsplanes – wie insbesondere die mündliche Verhandlung unstrittig ergeben hat – rückgebaut werden muss.

Die Festlegungen des Gesamtbebauungsplanes sowohl für das Grundstück Nr 242/3 als auch für das angrenzende Grundstück Nr 242/4 ermöglichen im Übrigen eine Bebauung, welche sich unbedenklich in die für das Gesamtgebiet festgelegte Planung einbettet.

2.8. Hinsichtlich des Vorbringens zur Gebäudehöhe ist die Annahme der Antragsteller, wonach Gebäudehöhen nur durch einen "höchsten Gebäudepunkt mit absoluter Bezugshöhe" festgelegt werden dürften, verfehlt. §62 Abs1 TROG 2001 eröffnet dem Verordnungsgeber – gleichberechtigt und kombinierbar – verschiedene Möglichkeiten der Höhenfestsetzung. Das örtliche Raumordnungskonzept enthält entgegen dem Antragsvorbringen keine Festlegungen zur Gebäudehöhe, sodass der von den Antragstellern behauptete Widerspruch nicht vorliegen kann.

2.9. Das Antragsvorbringen, wonach im Bebauungsplan Geschoßflächendichten vorgesehen hätten werden müssen, ist schon deshalb unzutreffend, weil der Gesetzgeber diese Größe seit der Novelle LGBl 73/2001 zum TROG 1997 nicht mehr vorgesehen hat (vgl. auch die Übergangsbestimmung des §112 Abs3 TROG 2001, die nur noch eine "Auslaufregelung" enthält).

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Der Antrag auf Aufhebung von Bestimmungen des Gesamtbebauungsplans der Gemeinde Mutters für den Abschnitt Gärberbach für das Grundstück Nr 242/4, KG Mutters, sowie von Bestimmungen dieses Gesamtbebauungsplanes für das Grundstück Nr 242/3, KG Mutters, hinsichtlich der im Bereich der nördlichen Grundstücksgrenze verlaufenden Straßenfluchtlinie, der offenen Bauweise, der maximalen Bauplatzgröße von 1170 m² und der Zahl von mindestens zwei oberirdischen Geschoßen wird als unzulässig zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

Schlagworte

Raumordnung, Bebauungsplan, Planungsakte Verfahren, Verordnung Kundmachung, Öffentlichkeitsprinzip, Schwarzbauten, VfGH / Individualantrag, VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Bedenken, VfGH / Prüfungsmaßstab

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2013:V3.2010

Zuletzt aktualisiert am

29.12.2014
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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