TE Vwgh Erkenntnis 2013/11/11 2013/22/0260

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Veröffentlicht am 11.11.2013
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §68 Abs1;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §44b Abs1 Z1;
NAG 2005 §44b Abs4;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2013/22/0261 2013/22/0263 2013/22/0262

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl sowie den Hofrat Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerden 1. des E, 2. der E, 3. der N und 4. des H, alle in G, alle vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen die Bescheide der Bundesministerin für Inneres je vom 10. Juli 2013,

1.)

Zl. 321.820/18-III/4/13, 2.) Zl. 321.820/17-III/4/13,

3.)

Zl. 321.820/16-III/4/13 und 4.) Zl. 321.820/15-III/4/13, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer sind miteinander verheiratet. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind ihre Kinder. Alle sind Staatsangehörige des Kosovo.

Mit den angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden bestätigte die belangte Behörde gestützt auf § 41a Abs. 9 und § 44b Abs. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) die in erster Instanz ergangenen Zurückweisungen der von den beschwerdeführenden Parteien gestellten Anträge auf Erteilung jeweils eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus".

Begründend führte die belangte Behörde - in allen Bescheiden im Wesentlichen gleichlautend - aus, der Viertbeschwerdeführer sei am 1. August 2006 unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist. Am selben Tag habe er einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Die übrigen beschwerdeführenden Parteien seien am 5. Mai 2007 unrechtmäßig nach Österreich gekommen. Sie hätten am folgenden Tag ebenfalls Anträge auf internationalen Schutz eingebracht.

Über diese Anträge sei in erster Instanz negativ entschieden worden. Unter einem seien gegen die beschwerdeführenden Parteien Ausweisungen erlassen worden.

Den dagegen gerichteten Beschwerden habe der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 23. August 2011 keine Folge gegeben. Die Ausweisungsentscheidungen seien seit 1. September 2011 rechtskräftig.

Am 22. Dezember 2011 hätten die beschwerdeführenden Parteien erstmals nach § 41a Abs. 9 NAG Anträge auf Erteilung jeweils eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" eingebracht.

Diese Anträge seien am 20. Februar 2012 von der erstinstanzlichen Behörde gemäß § 44b Abs. 1 Z 1 NAG zurückgewiesen worden, weil sich seit Erlassung der Ausweisungen der maßgebliche Sachverhalt nicht geändert hätte. Den in der Folge eingebrachten Berufungen sei nicht stattgegeben worden. Der Verwaltungsgerichtshof habe die gegen die Berufungsentscheidungen erhobenen Beschwerden mit Erkenntnis vom 19. September 2012, Zlen. 2012/22/0138 bis 0141, als unbegründet abgewiesen.

Am 26. November 2012 hätten die beschwerdeführenden Parteien die hier gegenständlichen Folgeanträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" eingebracht.

Es sei neuerlich betreffend den Viertbeschwerdeführer die Einstellzusage der Ö W GesmbH, hinsichtlich der Drittbeschwerdeführerin eine Einstellzusage "vom Cafe" F sowie Nachweise über die Ablegung von Deutschprüfungen vorgelegt worden. Die damit nachgewiesenen Umstände hätten aber nicht eine derartige Bedeutung aufgewiesen, dass in einer Gesamtbetrachtung vom Vorliegen eines maßgeblich geänderten Sachverhaltes auszugehen wäre. Dies gelte auch für den ins Treffen geführten Schulbesuch des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin.

Der Asylgerichtshof habe mit seit 1. September 2011 rechtskräftigem Erkenntnis vom 23. August 2011 Ausweisungen erlassen und dabei eine Abwägung im Sinn des Art. 8 EMRK durchgeführt. Auch seien die Zurückweisungen der in der Folge gestellten Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln vom Verwaltungsgerichtshof bestätigt worden.

Es sei im Hinblick auf die Beurteilung des Privat- und Familienlebens nach § 11 Abs. 3 NAG iVm Art. 8 EMRK nicht erkennbar, dass seit der Entscheidung der "erstinstanzlichen NAG Behörde" vom 20. Februar 2012 (gemeint: die Zurückweisungen der ersten Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln) bis zu den nunmehrigen erstinstanzlichen Entscheidungen vom 1. März 2013 ein maßgeblich geänderter Sachverhalt eingetreten wäre. Aus dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei könne aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK keine maßgebliche Änderung ersehen werden.

Auch die mit dem Folgeantrag vorgelegten medizinischen Befunde der Drittbeschwerdeführerin, denen zufolge die Entfernung eines Basalioms erfolgreich durchgeführt worden sei sowie sie Medikamente abgesetzt habe und deswegen wieder an Depressionen leide, führten nicht zur Notwendigkeit einer Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 EMRK. Hinsichtlich einer "weiteren aktuellen Therapie" seien keine Unterlagen vorgelegt worden. Es werde durch die vorgelegte Einstellzusage "unterstützt", dass die Drittbeschwerdeführerin wieder arbeitsfähig sei.

Somit seien die Folgeanträge gemäß § 44b Abs. 4 NAG zurückzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden - nach Verbindung der Verfahren zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung - erwogen:

Zunächst ist anzumerken, dass sich die Beurteilung der gegenständlichen Fälle im Hinblick auf den jeweiligen Zeitpunkt der Zustellung der angefochtenen Bescheide (sämtlich: 11. Juli 2013) nach den Bestimmungen des NAG in der Fassung des BGBl. I Nr. 68/2013 richtet.

Des Weiteren ist eingangs auf das bereits von der belangten Behörde erwähnte, die beschwerdeführenden Parteien betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 2012, Zlen. 2012/22/0138 bis 0141, hinzuweisen. Aus diesem ergibt sich, dass die beschwerdeführenden Parteien bereits im Rahmen der vorangegangenen Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln an maßgeblich geänderten Umständen die Einstellzusagen, das Absolvieren von Deutschprüfungen, den Schulbesuch der Kinder und die Fürsprache durch andere Personen geltend gemacht haben. Der Verwaltungsgerichtshof hegte in diesem Erkenntnis keine Bedenken gegen die Auffassung der belangten Behörde, mit diesen geltend gemachten Umständen werde kein seit rechtskräftiger Erlassung der Ausweisungen maßgeblich geänderter Sachverhalt in Sinn des § 44b Abs. 1 NAG dargetan. Des Näheren wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

Gemäß § 44b Abs. 4 NAG ist ein einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag gemäß §§ 41a Abs. 9 oder 43 Abs. 3 NAG (Folgeantrag) als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 11 Abs. 3 NAG ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

Ein auf eine rechtskräftige zurückweisende Erledigung gemäß § 44b Abs. 1 Z. 1 NAG folgender neuerlicher Antrag ist nur dann gemäß § 44b Abs. 4 NAG zurückzuweisen, wenn seit der erstinstanzlichen Zurückweisung nicht einmal für die Prognosebeurteilung maßgebliche Sachverhaltsänderungen eingetreten sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 2012, Zlen. 2012/22/0036 bis 0038).

Es wäre nun an den Antragstellern gelegen, gegenüber der Erstbehörde konkret darzulegen, dass sich seit der erstinstanzlichen Zurückweisung vom 20. Februar 2012 die das Privat- und Familienleben betreffenden Umstände derart geändert hätten, dass zumindest für die Prognosebeurteilung maßgebliche Sachverhaltsänderungen eingetreten wären (vgl. auch dazu das angeführte Erkenntnis vom 28. März 2012).

Das Vorliegen solcher Änderungen wurde in den gegenständlichen Fällen zwar behauptet, jedoch begegnet die dies demgegenüber verneinende Ansicht der belangten Behörde nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes keinen Bedenken. Insbesondere wird in den Beschwerden nicht behauptet, dass jene Umstände, die in den hier gegenständlichen Verfahren geltend gemacht wurden, nicht auch schon im Rahmen der vorangegangenen Aufenthaltstitelverfahren gegeben gewesen wären. Vor dem Hintergrund der Ausführungen im bereits mehrfach erwähnten Erkenntnis vom 19. September 2012 zu den in den ersten Verfahren vorgebrachten Sachverhaltsänderungen - bereits in diesen Verfahren wurde das Vorliegen von Einstellzusagen, die Verbesserung der Deutschkenntnisse, der Schulbesuch der Kinder und die Fürsprache durch andere Personen ins Treffen geführt, wobei zudem dieser Entscheidung kein Hinweis zu entnehmen ist, dass die belangte Behörde bei ihrer damaligen Entscheidung das Vorliegen der vorgebrachten Umstände als nicht gegeben erachtet hätte - ist dies auch sonst nicht erkennbar. Entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Parteien kommt es bei der gegenständlichen Beurteilung nicht darauf an, ob neue Urkunden vorliegen, die zusätzlich zu solchen, die bisher zur Verfügung standen, die schon während des früheren Verfahrens vorhandene Umstände als glaubhaft erscheinen lassen.

Auch die seit der Erlassung der Ausweisung vergangene Zeit, was bei einer Entscheidung nach § 44b Abs. 4 NAG nicht gänzlich ausgeblendet bleiben kann, erweist sich nicht als von solcher Dauer, dass allein schon deswegen vom Vorliegen maßgeblicher Sachverhaltsänderungen hätte ausgegangen werden müssen. Auf die in den angefochtenen Bescheiden erwähnte - nach Auffassung der belangten Behörde aber nicht weiter behandlungsbedürftige - Erkrankung der Drittbeschwerdeführerin wird in der Begründung der Beschwerden nicht zurückgekommen. Darauf musste hier daher nicht eingegangen werden.

Fehlt es aber bereits an für die Prognosebeurteilung maßgeblichen Sachverhaltsänderungen erweist es sich nicht als rechtswidrig, dass die belangte Behörde die von der Behörde erster Instanz nach § 44b Abs. 4 NAG vorgenommenen Antragszurückweisungen bestätigt hat.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund gelingt es den Beschwerden auch nicht darzulegen, dass den behaupteten Verfahrensmängeln eine Relevanz für den Verfahrensausgang beizumessen wäre.

Somit lässt bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen, dass die jeweils behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Die Beschwerden waren daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 11. November 2013

Schlagworte

Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2013220260.X00

Im RIS seit

04.12.2013

Zuletzt aktualisiert am

07.02.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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