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L7071 SpielapparateNorm
GlücksspielG §5 Abs1Leitsatz
Kein Verstoß der im Oberösterreichischen Glücksspielautomatengesetz normierten Beschränkung der Bewilligungen für das Aufstellen und den Betrieb von Glücksspielautomaten gegen das Bestimmtheitsgebot und die Erwerbsausübungsfreiheit; Zurückweisung der Gesetzesprüfungsanträge des UVS Oberösterreich hinsichtlich der bundesgesetzlichen Regelung im Glücksspielgesetz mangels PräjudizialitätRechtssatz
Zurückweisung der Anträge des UVS Oberösterreich auf Aufhebung der Wortfolge "und die Anzahl der aufrechten Bewilligungen zum Betrieb von Glücksspielautomaten ist mit höchstens drei pro Bundesland beschränkt" in §5 Abs1 zweiter Satz GlücksspielG (GSpG).
Die Oberösterreichische Landesregierung stützt ihren Bescheid zur Erteilung einer Bewilligung für die Ausspielung mit Glücksspielautomaten in Einzelaufstellung bzw in Automatensalons auf §3 iVm §18 Abs1 Z1 Oö GlücksspielautomatenG (im Folgenden: OöGSpAG) und nicht (auch) auf §5 GSpG. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern eine Bestimmung des Glücksspielgesetzes des Bundes - konkret dessen §5 Abs1 - beim UVS (unmittelbar) anwendbar sein sollte, wenn es um die - landesrechtlich geregelte - Bewilligung für die Ausspielung mit Glücksspielautomaten in Einzelaufstellung bzw in Automatensalons geht.
Soweit der UVS vorbringt, §5 Abs1 zweiter Satz GSpG weise "inhaltlich besehen einen Gehalt" auf, "wie er dem Kompetenztypus des Art12 B-VG [...] entspricht", ist daraus für die Präjudizialität des §5 Abs1 zweiter Satz GSpG nichts zu gewinnen. Zum ersten sind Grundsatzgesetze und Grundsatzbestimmungen in Bundesgesetzen gemäß Art12 Abs4 B-VG als solche ausdrücklich zu bezeichnen. Da dies in §5 Abs1 zweiter Satz GSpG nicht erfolgt ist, scheidet es aus, diese Regelung als Grundsatzbestimmung zu qualifizieren. Zum zweiten sind grundsatzgesetzliche Regelungen an den Ausführungsgesetzgeber adressiert; erst die Bestimmungen des Ausführungsgesetzes sind von den Behörden und damit auch vom UVS anzuwenden. Die Auffassung des UVS, er habe auch den seiner Ansicht nach "inhaltlich" als Grundsatzbestimmung "besehenen" §5 Abs1 zweiter Satz GSpG anzuwenden, wenn sich ihm (allenfalls) die Frage der Verfassungsmäßigkeit einer bundesgesetzlichen Grundsatzbestimmung stellen sollte, weil auf deren Ermächtigung eine - tatsächlich als Ausführungsbestimmung ergangene - anzuwendende landesgesetzliche Regelung beruht, ist daher denkunmöglich.
Abweisung der Anträge auf Aufhebung des §3 Abs1 zweiter und dritter Satz OöGSpAG.
Kein Verstoß gegen das Determinierungsgebot des Art18 Abs1 B-VG.
Es ist verfassungsgesetzlich zulässig, wenn der einfache Gesetzgeber einer Verwaltungsbehörde ein Auswahlermessen einräumt und die Auswahlentscheidung an - die Behörde bindende - Kriterien knüpft.
Dass der Gesetzgeber unbestimmte Gesetzesbegriffe verwendet, dadurch zwangsläufig Unschärfen in Kauf nimmt und von einer exakten Determinierung des Behördenhandelns Abstand nimmt, kann im Hinblick auf den Regelungsgegenstand erforderlich sein und steht auch grundsätzlich in Einklang mit Art18 Abs1 B-VG (vgl zB VfSlg 13785/1994 mwN zum "differenzierten Legalitätsprinzip").
Die Begriffe "öffentlich" und "transparent" - also jene Bedingungen, unter denen die Oberösterreichische Landesregierung die Interessentensuche nach §3 Abs1 dritter Satz OöGSpAG durchzuführen hat - sind auch ohne nähere Regelung im Oö Glücksspielautomatengesetz (oder im AVG) - einer Auslegung zugänglich.
Ein Verfahren ist dann transparent ausgestaltet, wenn die Voraussetzungen, nach denen die Vergabe der Glücksspielkonzession erfolgen soll, allgemein bekannt gemacht sind, sodass überprüfbar ist, ob ein Bewerber diskriminiert worden ist.
Bei der durch die konzessionserteilende Oberösterreichische Landesregierung durchzuführenden Interessentensuche handelt es sich um ein Verfahren, dem die Grundregeln des Primärrechts der Union, insbesondere Art49 AEUV und Art56 AEUV und das daraus folgende Transparenzgebot, zugrunde liegen. Die Judikatur des Gerichtshofs der Europäischen Union verweist für Ausschreibungen zur Vergabe von Konzessionen im Dienstleistungsbereich - was beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts von keinem Sekundärrechtsakt erfasst wird - ebenfalls darauf, dass ein dem Verfahrensgegenstand angemessener Grad an Öffentlichkeit sicherzustellen ist, der die Konzessionsvergabe für einen Wettbewerb unter nicht diskriminierenden Bedingungen öffnet und einer Nachprüfung zugänglich macht, ob die Konzessionsvergabe rechtmäßig erfolgt ist.
Es ist aus verfassungsrechtlicher Sicht zur Erreichung eines dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquaten Determinierungsgrads nicht zwingend notwendig, einen grundsätzlichen und in der innerstaatlichen Gesetzessprache sowie im Unionsrecht häufig verwendeten Begriff in einer Rechtsvorschrift detailliert zu erläutern, um eine zutreffende Auslegung der entsprechenden Bestimmung durch die Rechtsunterworfenen und die Behörde als Adressaten zu ermöglichen.
Kein unzulässiger Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit.
Die Ziele der Beschränkung von Glücksspielkonzessionen, nämlich Straftaten zu verhindern, eine übermäßige Anregung zur Teilnahme am Glücksspiel durch unreglementierte Konkurrenz zu vermeiden und zu verhindern, dass Glücksspiel ausschließlich zu gewerblichen Gewinnzwecken veranstaltet wird, liegen angesichts der nachgewiesenen Sozialschädlichkeit des Glücksspiels im öffentlichen Interesse (vgl VfGH 06.12.2012, B1337/11 ua).
Eine Begrenzung der Anzahl an Bewilligungen zum Aufstellen und Betrieb von Glücksspielautomaten ist auch geeignet, das Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsprävention zu erfüllen (vgl auch EuGH 21.09.1999, Rs C-124/97, Läärä, Rz 42).
Die Beschränkung auf maximal drei Bewilligungen in einem Bundesland wie Oberösterreich ist auch adäquat. Es ist dem Gesetzgeber nicht entgegen zu treten, wenn er die Erlaubnis von Automatenglücksspiel im Rahmen eines auf drei Betreiber eingegrenzten Betriebsrechts im Hinblick auf die ordnungspolitischen Intentionen, die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken sowie die Risiken eines solchen Betriebs im Hinblick auf Betrug und andere Straftaten zu minimieren, begrenzt.
Die gemäß §3 Abs1 zweiter Satz OöGSpAG auf (nur) drei Bewilligungen zum Aufstellen und Betrieb von Glücksspielautomaten beschränkte Lizenzvergabe stellt unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union keinen Verstoß gegen die durch Art15 und 16 GRC gewährleisteten Rechte auf Berufsfreiheit bzw unternehmerische Freiheit dar.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Glücksspiel, Glücksspielmonopol, Determinierungsgebot, Rechtsbegriffe unbestimmte, Rechtsstaatsprinzip, Legalitätsprinzip, Erwerbsausübungsfreiheit, EU-Recht, VfGH / Präjudizialität, Grundsatz- und AusführungsgesetzgebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2013:G82.2012Zuletzt aktualisiert am
08.08.2014