TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/5 99/06/0120

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Veröffentlicht am 05.12.2000
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82007 Bauordnung Tirol;

Norm

BauO Tir 1989 §30 Abs4;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 99/06/0121

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerden des J S in W, vertreten durch Dr. A F und Dr. A L, Rechtsanwälte in K, gegen die Bescheide der Tiroler Landesregierung 1. vom 4. März 1997, Zl. Ve1-550-2570/1-1 (Beschwerde Zl. 99/06/0120), und 2. vom 18. Juli 1997, Zl. Ve1-550-2570/1-5 v.A. (Beschwerde Zl. 99/06/0121), betreffend jeweils Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien in beiden Verfahren: 1. A G in K, vertreten durch Dr. G H, Rechtsanwalt in K, 2. Gemeinde K, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 30.000,-- und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen von insgesamt S 25.360,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines bereits bebauten Grundstückes im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde; die erstmitbeteiligte Partei ist Nachbarin (siehe dazu auch die hg. Erkenntnisse vom 9. Juli 1992, Zl. 91/06/0211, und vom 2. Juli 1998, Zl. 97/06/0234, betreffend einen Anbau).

Mit Baugesuch vom 19. Juli 1994 (Eingangsstampiglie vom 26. Juli 1994) kam der Beschwerdeführer bei der Baubehörde um Bewilligung von Änderungen beim bestehenden Wohnhaus (Um- bzw. Ausbauten und Änderungen des Verwendungszweckes) unter Hinweis auf § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, LGBl. Nr. 11/1994, ein. Zu der für den 15. Februar 1996 anberaumten Bauverhandlung wurde unter anderem die erstmitbeteiligte Partei (kurz: Nachbarin) unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG geladen.

Die Nachbarin erhob mit Schreiben vom 13. Februar 1996 umfängliche Einwendungen gegen das Vorhaben.

Die Nachbarin hielt in der Bauverhandlung vom 15. Februar 1996 diese Einwendungen aufrecht (das Schreiben wurde zu einem Bestandteil der Niederschrift erklärt) und ergänzte ihr Vorbringen dahin, dass ihre Liegenschaften oder Teile davon, zur Erfüllung "der Baupol. Vorschriften und Sonderbestimmungen für Appartementhäuser und zum weiteren Betrieb des Appartementhauses nicht mehr zur Verfügung" stünden.

In dieser Niederschrift heißt es weiter, laut Genehmigungsbescheid vom 25. Juli 1966 sei der Neu- bzw. Anbau eines Wohnhauses im Ausmaß von 12,0 m x 10,50 m bewilligt worden, bestehend aus Erd- und einem Obergeschoß. Gegenüber diesem genehmigten Eingabeplan sei ohne Bewilligung ein Wohnhaus im veränderten Ausmaß von 12,93 m x 10,82 m errichtet worden. Zusätzlich sei ein Mansardengeschoß im selben Ausmaß errichtet worden. Die Raumeinteilung in den verschiedenen Geschoßen sei gegenüber dem Eingabeplan geringfügig abgeändert worden, dasselbe gelte für Türen- und Fensteröffnungen sowie Balkone und der Fassade. Die Anzahl der Wohneinheiten im Erdgeschoß werde mit vier festgestellt, im ersten Obergeschoß mit drei und im ausgebauten Dachgeschoß mit zwei.

Der Bürgermeister, der die Verhandlung leitete, erklärte unter anderem, der 1988 errichtete Anbau sei nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Weiters wurden ergänzende Plan- und Projektsunterlagen angefordert.

In weiterer Folge wurde mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 18. November 1996 die Baubewilligung mit verschiedenen Vorschreibungen mit der Maßgabe erteilt, dass der dem Verfahren zugrundeliegende Einreichplan weiters einen "ebenso konsenslos" im Jahre 1988 errichteten Anbau mit näher bezeichneten Maßen für zwei Wohneinheiten und eine Garage enthalte. Dieser Anbau werde aus dem Verfahren ausgeschieden, weil er Gegenstand eines eigenen Bauverfahrens darstelle. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden teils auf den Zivilrechtsweg verwiesen, teils zurückgewiesen und teils abgewiesen.

Dagegen erhob die Nachbarin mit Schriftsatz vom 21. November 1996 Berufung.

Mit Berufungsbescheid vom 10. Jänner 1997 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.

Dagegen erhob die nun anwaltlich vertretene Nachbarin mit Schriftsatz vom 24. Jänner 1997 Vorstellung, in welcher sie unter anderem darauf verwies, dass der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 29. November 1996 § 3 des Gesetzes LGBl. Nr. 11/1994 als verfassungswidrig aufgehoben habe, wobei festgehalten worden sei, dass die aufgehobene Bestimmung auch auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände nicht mehr anzuwenden sei. Demnach fehlten sowohl dem erstinstanzlichen als auch dem zweitinstanzlichen Bescheid jegliche rechtlichen Grundlagen. Der Umstand, dass die Berufungsbehörde versucht habe, eine Entscheidung "vor Veröffentlichung des Verfassungsgerichtshoferkenntnisses im Landesgesetzblatt zu bewirken", vermöge daran nichts zu ändern.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid (Zl. 99/06/0120) hat die belangte Behörde über die Vorstellung wie folgt entschieden (Wortlaut des Spruches):

"Der Vorstellung wird Folge gegeben und die Angelegenheit zur Entscheidung an den Gemeindevorstand der Gemeinde Kössen übermittelt."

Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Verfassungsgerichtshof in der Begründung seines von der Nachbarin genannten aufhebenden Erkenntnisses vom 29. November 1996 ausgeführt habe, der Ausspruch, dass die aufgehobene Bestimmung des § 3 des Freilandbautengesetzes (so werde dieses im Erkenntnis bezeichnet) auch auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände nicht mehr anzuwenden sei, solle sicherstellen, dass in allen, auch in den vor der Vorstellungsbehörde noch anhängigen Fällen, die verfassungswidrige Bestimmung nicht mehr angewendet werden dürfe.

Die Aufhebung des § 3 dieses Gesetzes sei durch den Landeshauptmann am 15. Jänner 1997 im Landesgesetzblatt Nr. 5/1997 kundgemacht worden und sei somit mit 16. Jänner 1997 in Wirksamkeit getreten. Auf Grund der "Ausdehnung der Verfassungswidrigkeit gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG über den Anlassfall hinaus" sei der belangten Behörde als Vorstellungsbehörde die gesetzliche Grundlage "zur Entscheidung der vorliegenden Vorstellung entzogen und § 3 des Schwarzbautensanierungsgesetzes nicht mehr anzuwenden. Der vorliegenden Vorstellung war sohin ohne eine weitere Abhandlung der sonstigen Einwendungen Folge zu geben und es wird in weiterer Folge die ersatzlose Behebung des erstinstanzlichen Bewilligungsbescheides durch die Berufungsbehörde zu erfolgen haben". Es sei somit spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Noch während des verfassungsgerichtlichen Verfahrens gab die Berufungsbehörde (in Umsetzung des erstangefochtenen Bescheides) mit Berufungsbescheid vom 11. April 1997 gemäß § 66 Abs. 4 AVG der Berufung Folge und behob den erstinstanzlichen Bescheid zur Gänze ersatzlos. Nach zusammengefasster Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe des Inhaltes des erstangefochtenen Bescheides heißt es begründend, die Berufungsbehörde sei bei ihrer neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden. In der fristgerecht erhobenen "Berufung" (richtig: Vorstellung) habe die berufungswerbende Nachbarin "neben einigen sonstigen Einwendungen" unter anderem ausgeführt, dass der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 29. November 1996 § 3 des Gesetzes LGBl. Nr. 11/1994 aufgehoben habe. In der Frage der rechtlichen Beurteilung dieser Einwendung schließe sich die Berufungsbehörde - um Wiederholungen zu vermeiden - den Ausführungen der Vorstellungsbehörde an und verweise auf die Gründe des erstangefochtenen Bescheides, die sie zum Inhalt ihrer Entscheidung erhebe. Damit erübrige sich die Behandlung der weiteren Einwendungen und es sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, die mit dem zweitangefochtenen Bescheid (Zl. 99/06/0121) als unbegründet abgewiesen wurde. Die belangte Behörde erachtete die in dieser Vorstellung geltend gemachten Gründe für unzutreffend und verwies insbesondere darauf, im erstangefochtenen Bescheid sei festgehalten worden, dass die Berufungsbehörde den erstinstanzlichen Bewilligungsbescheid ersatzlos zu beheben habe. Dem komme Bindungswirkung zu. In Bindung an diese Rechtsansicht der belangten Behörde habe die Berufungsbehörde mit ihrem Ersatzbescheid den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos behoben. Diesem Bauverfahren liege ein auf § 1 Abs. 1 des Gesetzes LGBl. Nr. 11/1994 gestützter Antrag des Beschwerdeführers zu Grunde. Gegenstand dieses Antrages sei die Bewilligung nach dem "Schwarzbautensanierungsgesetz" gewesen. Eine genaue Bestimmung des Gegenstandes eines Antrages sei wichtig, weil dadurch die Verwaltungssache, also der Prozessgegenstand des betreffenden Verwaltungsverfahrens, bestimmt werde. Der Umfang des Prozessgegenstandes sei beispielsweise für die Frage des Bescheidinhaltes von wesentlicher Bedeutung. Dem Beschwerdeführer stehe es offen, bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen, eine Genehmigung seines Vorhabens nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1997 zu beantragen. Die Baubehörde werde daher, sofern ein entsprechender Antrag einlange, hierüber ein neues Verfahren durchzuführen haben.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer ebenfalls Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerden mit (gesonderten) Beschlüssen vom 7. Juni 1999, B 973/97-4 (betreffend den erstangefochtenen Bescheid) bzw. B 2264/97-3 (betreffend den zweitangefochtenen Bescheid) ab und trat in der Folge mit Beschlüssen vom 29. Juli 1999 die Beschwerden dem Verwaltungsgerichtshof ab. In den über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerden wird jeweils inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Nachbarin, in (gesonderten) Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerdeverfahren wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hat erwogen:

A) Zum erstangefochtenen Bescheid (Zl. 99/06/0120):

Dem Beschwerdeführer ist zwar beizupflichten, dass der Spruch des erstangefochtenen Bescheides mangelhaft ist, doch ist entgegen seiner Auffassung diesem Bescheid mit ausreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass damit nicht nur der Vorstellung Folge gegeben, sondern auch der Berufungsbescheid aufgehoben wurde.

Mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. November 1996, G 189-193/96, G 277/96, VfSlg. Nr. 14681/1996, wurde § 3 des Gesetzes über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, LGBl. Nr. 11/1994, in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 82/1994, als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die aufgehobene Bestimmung auch auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände nicht mehr anzuwenden sei. Frühere gesetzliche Bestimmungen träten nicht wieder in Wirksamkeit. Der Landeshauptmann von Tirol sei zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet (diese Kundmachung erfolgte am 15. Jänner 1997 in dem LGBl. Nr. 5/1997). In der Begründung dieses Erkenntnisses heißt es, der Ausspruch, dass die aufgehobene Bestimmung auch auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände nicht mehr anzuwenden sei, solle "sicherstellen, dass in allen, auch in den vor der Vorstellungsbehörde noch anhängigen Fällen § 3 Freilandbautengesetz nicht mehr angewendet werden darf".

Der Beschwerdeführer macht diesbezüglich unter anderem geltend, die belangte Behörde hätte auf diese Aufhebung nicht Bedacht nehmen dürfen, weil die Kundmachung erst nach Erlassung des Berufungsbescheides erfolgt sei. Dessen ungeachtet hätte die belangte Behörde bei Behandlung der Vorstellung der Nachbarin (als Partei mit beschränktem Mitspracherecht) auch deshalb auf die Aufhebung nicht Bedacht nehmen dürfen, weil die Nachbarin Derartiges nicht rechtzeitig eingewendet habe, somit diesbezüglich präkludiert sei. Die Nachbarin habe nur soweit Berufung mit Erfolg erheben können, als sie eine solche Einwendung rechtzeitig in erster Instanz erhoben habe. Nur im Rahmen der so erreichten Berufungslegitimation sei sie berechtigt gewesen, ein Rechtsmittel einzubringen und die Behörde befugt, auf Grund des Rechtsmittels eine abweichende Entscheidung zu treffen.

Dem ist zu entgegnen, dass angesichts des Ausspruches des Verfassungsgerichtshofes, die aufgehobene Bestimmung sei auch auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände nicht mehr anzuwenden, im Beschwerdefall der allgemeine Grundsatz, dass die Vorstellungsbehörde den Berufungsbescheid nach der Sach- und Rechtslage - hier - zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die kollegiale Berufungsbehörde zu prüfen habe, nicht zum Tragen kommt. Darauf, dass die Aufhebung des § 3 des Gesetzes LGBl. Nr. 11/1994, zeitlich gesehen, nach Erlassung des Berufungsbescheides (Beschlussfassung am 9. Jänner, Zustellung am 13. Jänner 1997) erfolgte, kommt es daher nicht an.

Vor diesem Hintergrund war die Nachbarin auch berechtigt, auf Grundlage der durch das aufhebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes bewirkten Änderung der Rechtslage diesbezügliche neue Einwendungen erst in der Vorstellung zu erheben, ohne dass ihr diesbezüglich Präklusion entgegengehalten werden könnte (siehe die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, zu E 39 bis 41 zu § 42 AVG wiedergegebene Judikatur), selbst wenn sie diese Einwendungen ursprünglich nicht (oder nicht rechtzeitig) erhoben hätte. Vor dem Hintergrund des Verwaltungsgeschehens (schon die erstinstanzliche Baubehörde hatte die Einwendungen der Beschwerdeführerin in der Bauverhandlung in Verbindung mit dem Schriftsatz vom 13. Februar 1996 unter anderem dahin verstanden, dass damit eine widmungswidrige Verwendung des Grundstückes geltend gemacht werde) ist das auf das aufhebende verfassungsgerichtliche Erkenntnis gestützte Vorbringen in der Vorstellung der Sache nach dahin zu verstehen, dass die Beschwerdeführerin eine flächenwidmungswidrige Verwendung des Grundstückes geltend macht (wobei ihr diesbezüglich gemäß § 30 Abs. 4 der im Beschwerdefall maßgeblichen Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989, ein Mitspracherecht zukommt). Damit ist im Beschwerdefall nicht zu untersuchen, ob die erstinstanzliche Baubehörde das Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Bauverhandlung in Verbindung mit diesem Schriftsatz vom 13. Februar 1996 zutreffend (auch) als Einwendung der flächenwidmungswidrigen Verwendung des Grundstückes gedeutet hat oder nicht.

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, die belangte Behörde lasse völlig außer Acht, dass eine Genehmigung des Bauvorhabens "auch ohne Berücksichtigung des Schwarzbautensanierungsgesetzes durchaus rechtens und möglich" sei (wird näher ausgeführt). Die belangte Behörde hätte daher überprüfen müssen, ob "die erteilte Bewilligung aufrecht bleiben" könne bzw. eine solche Überprüfung der Berufungsbehörde ermöglichen müssen, die gegebenenfalls verhalten wäre, auf eine Modifizierung des Vorhabens hinzuwirken, um dieses bewilligungsfähig zu machen (dahin lässt sich das Vorbringen zusammenfassen). Die belangte Behörde habe jedoch ausschließlich die ersatzlose Behebung des erstinstanzlichen Bewilligungsbescheides aufgetragen, was rechtswidrig sei.

Diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu. Die belangte Behörde hält dem in ihrer Gegenschrift zwar entgegen, der Beschwerdeführer verkenne "nämlich grundlegend, dass nach der Behebung des erstinstanzlichen Bescheides der Antrag auf Erteilung der Baubewilligung unerledigt ist und sohin ein neuerliches Bauverfahren durchzuführen" sei. Diese Auffassung trifft nicht zu, weil eine ersatzlose Behebung die Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG abschließend erledigt und bewirkt, dass über den Antrag nicht mehr abgesprochen werden darf (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 5. Mai 1992, Zlen. 92/06/0166, u.a., unter Hinweis auf Vorjudikatur).

Schon deshalb belastete die belangte Behörde den erstangefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.

Diese Entscheidung konnte ohne Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung ergehen. Der entsprechende Antrag ist nämlich erst im Schriftsatz, mit welchem die Beschwerde ergänzt wurde, gestellt worden, und somit verspätet (siehe dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 540, wiedergegebene hg. Judikatur). Der Verwaltungsgerichtshof sah sich auch nicht veranlasst, der Anregung des Beschwerdeführers zu entsprechen, beim Verfassungsgerichtshof § 109 Abs. 1 TROG 1994 bzw. den Flächenwidmungsplan der Gemeinde, soweit er das Grundstück des Beschwerdeführers betrifft, anzufechten, zumal der Beschwerdeführer seine diesbezüglichen Gründe bereits erfolglos an den Verfassungsgerichtshof herangetragen hatte (zu § 109 Abs. 1 TROG 1994 siehe das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 28. März 1996, Zl. 95/06/0134, Slg. Nr. 14.435/A, und das darin genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 22. Juni 1995, VfSlg. Nr. 14.179; zur Flächenwidmung siehe auch die Ausführungen in dem bereits eingangs genannten hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1992, Zl. 91/06/0211, weshalb kein Anlass zu einer Anfechtung bestehe).

B) Zum zweitangefochtenen Bescheid (Beschwerde Zl. 99/06/0121):

Mit der ex tunc wirkenden Aufhebung des erstangefochtenen Bescheides wird dem darauf beruhenden Berufungsbescheid vom 11. April 1997 rückwirkend die Grundlage entzogen (§ 42 Abs. 3 VwGG) und damit auch dem zweitangefochtenen Bescheid, der sich somit aus diesem Blickwinkel als inhaltlich rechtswidrig darstellt und daher ebenfalls gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG ohne Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen aufzuheben war.

C) Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 im Rahmen des im Beschwerdeverfahren Zl. 99/06/0120 eingeschränkten Kostenbegehren der erstmitbeteiligten Partei.

Wien, am 5. Dezember 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999060120.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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