TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/5 99/06/0089

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Veröffentlicht am 05.12.2000
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Index

L82007 Bauordnung Tirol;

Norm

BauO Tir 1998 §2 Abs16;
BauO Tir 1998 §6 Abs2 lita;
BauO Tir 1998 §6 Abs3 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde

1. der Dr. H B und 2. des W M, beide in I, beide vertreten durch Dr. Dr. C S, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 12. Mai 1999, Zl. I-2658/1999, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: T Immobilienverwaltungs- und Vermittlungsges.m.b.H. in I), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat den Beschwerdeführern zusammen Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem am 18. Dezember 1998 eingelangten Antrag kam die mitbeteiligte Partei (in der Folge kurz: Bauwerberin) um baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses mit "Tiefgarage" auf einem Grundstück in Innsbruck ein. Der Aktenlage zufolge ist dieses Grundstück als "Wohngebiet" gewidmet. Die Erstbeschwerdeführerin ist zu 12/90-stel, der Zweitbeschwerdeführer zu 13/90-stel Miteigentümer einer angrenzenden Liegenschaft. In der Bauverhandlung vom 8. März 1999 (die mit Kundmachung vom 24. Februar 1999 unter Hinweis darauf kundgemacht worden war, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliere, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebe) wendeten die Beschwerdeführer Abstandsverletzungen zu ihrem Grundstück ein (auch andere Nachbarn machten Abstandsverletzungen geltend).

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 18. März 1999 wurde die angestrebte Baubewilligung mit verschiedenen Vorschreibungen erteilt; über die Einwendungen der Nachbarn wurde nicht förmlich abgesprochen. In der Begründung heißt es allerdings, zu den Einwänden der Nachbarn, dass die Abstandsbestimmungen nicht eingehalten würden, "da die Gänge keine untergeordneten Bauteile sind und in den Abstandsbereich hineinragen bzw. die Tiefgarage in den Abstandsbereich hineinragt" werde ausgeführt, dass die Wandhöhe (Abstand vom obersten Punkt der Außenkante) gegenüber diesen Grundgrenzen 13 m betrage, somit ein Abstand von 7,80 m einzuhalten sei. Tatsächlich habe das Gebäude nach Nordosten (das ist zu den Beschwerdeführern hin) einen Abstand von 8,01 m und nach Südosten (das ist zu den anderen Nachbarn hin) einen solchen von mindestens 8,10 m. Gemäß § 6 Abs. 2 lit. a der Tiroler Bauordnung 1998 (kurz: TBO 1998) blieben bei der Berechnung der Mindestabstände untergeordnete Bauteile, zu denen gemäß § 2 Abs. 16 leg. cit. unter anderem auch offene Balkone und Sonnenschutzeinrichtungen gehörten, außer Betracht, sofern sie nicht mehr als 1,50 m in die Mindestabstandsfläche ragten und ein ausreichender Brandschutz zum angrenzenden Grundstück gewährleistet sei. Nach § 6 Abs. 2 lit. e leg. cit. blieben bei der Berechnung der Mindestabstände unterirdische bauliche Anlagen außer Betracht, wenn sie in den Mindestabständen keine Rauchfang-, Abgasfang- oder Abluftfangmündungen aufwiesen. Gegenüber der Liegenschaft der Beschwerdeführer hin seien nach allen drei Seiten offene Laubengänge geplant, "die als offene Balkone zu werten sind und die im Ausmaß von 1,50 m in den Mindestabstand ragend zulässig sind". Weiters seien zur nordöstlichen Grundgrenze gegenüber der Parzelle XY (Anmerkung: das ist allerdings die Nummer des zu bebauenden Grundstückes, es liegt daher wohl eine Fehlbezeichnung vor) noch im Abstandsbereich ein offener Stiegenaufgang ins Erdgeschoß, ein Müllhäuschen in näher umschriebenen Maße, weiters zwei im Parkdeck stehende Räume zur Unterbringung von Fahrrädern und der Fernwärme-Heizung in näher bezeichneten Maßen über dem bestehenden Gelände geplant. Durch diese, dem Schutz von Sachen dienenden Räumlichkeiten würden 10,30 m der etwa 23,80 m langen gemeinsamen Grundgrenze zur Parzelle XY, somit weniger als deren Hälfte, mit im Mindestabstand zulässigen Gebäuden verbaut.

Anders als ursprünglich in der Bauverhandlung erklärt, erhalte das Bauvorhaben keine Tiefgarage, sondern ein nach oben offenes unterirdisches Parkdeck, in welches das Gebäude - wie in einer Wanne - aus Säulen hineingestellt werde. Die Oberkanten der Außenbegrenzungen des Parkdecks schlössen mit dem bestehenden natürlichen Gelände ab. Zu den nordwestlichen Nachbarn seien keine oberirdischen baulichen Anlagen im Mindestabstand geplant. Lediglich das unterirdische Parkdeck reiche in den Mindestabstand ca. 1,50 m hinein, wobei dies für unterirdische bauliche Anlagen bis an die Grundgrenze zulässig wäre.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer einerseits und ein weiterer Nachbar andererseits Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt.

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges ausgeführt, vorliegendenfalls sei beabsichtigt, ein Wohnhaus mit 15 Wohnungen und ein außerhalb des Wohnhauses nach oben offenes, unterirdisches Parkdeck mit 17 Stellplätzen zu errichten. Das Ausmaß des Baukörpers betrage 22,2 m x 9,0 m in den oberen Geschossen, zuzüglich eines 1,5 m breiten, als Laubengang bezeichneten, außenseitig gelegenen Erschließungsganges. Das im Kellergeschoß situierte Parkdeck weise eine Länge von 36,27 m x 17,20 m auf. Nach Darstellung der Höhe des Gebäudes und der Abstände zu den umliegenden Grundstücken heißt es weiter, dieser geplante viergeschossige Wohnhausneubau stehe gleichsam auf Fundamentstelzen in einer abgesenkten Betonwanne, deren Fußboden 2,95 m unterhalb der 0,00 Kote des Erdgeschoß-Fußbodens liege. Dieses zum Zwecke der Schaffung der erforderlichen Kfz-Abstellplätze abgesenkte Garagendeck sei nach Osten hin deckenmäßig nicht abgeschlossen, sondern offen geplant. Dies mit Ausnahme der nordöstlich situierten Bauteile für zwei Fahrradräume, eines Abstellraumes für Kinderwagen und dergleichen, sowie eines Raumes zur Unterbringung von Einrichtungen für eine Fernwärmeheizung.

Die (drei) Berufungswerber machten Abstandsverletzungen geltend.

Soweit diesbezüglich die Beschwerdeführer die Unzulässigkeit der in den Abstandsbereich hineinragenden Laubengänge, die zum Zwecke der Erschließung sämtlicher Wohneinheiten in allen Geschoßen dienten, geltend machten, so stehe dem § 6 Abs. 3 lit. b TBO 1998 entgegen, demzufolge oberirdische bauliche Anlagen, die dem Aufenthalt von Menschen dienten, wie Terrassen, Pergolen und dergleichen, wenn sie überwiegend offen seien, sowie offene Schwimmbecken in die Mindestabstandflächen von 3,0 bzw. 4,0 m ragen dürften, oder innerhalb dieser errichtet werden könnten. Diesen mit "Laubengang" bezeichneten Bauteilen komme die Funktion der Erschließung der einzelnen Wohneinheiten zu, sie seien, weil sie lediglich über eine Absturzsicherung (Geländer) verfügten, als überwiegend offene bauliche Anlagen zu qualifizieren, sodass deren Errichtung im Mindestabstandsbereich zweifelsfrei zulässig sei.

Die für das Vorhaben erforderlichen Kfz-Abstellplätze seien in einem wannengleichen, unterirdischen Parkdeck vorgesehen, welches, weil es nach oben offen geplant sei, mit Ausnahme der geringfügig über das anschließende Gelände hinausragenden Einfriedungsmauern "in jedem Falle als unterirdisch zu qualifizieren" sei und daher nach § 6 Abs. 3 lit. d TBO 1998 ebenfalls in den Mindestabstandsflächen errichtet werden dürfe. Der Umstand allein, dass die das Parkdeck umschließenden Einfassungsmauern im Bauabstandsbereich zwischen 1,0 m bzw. 1,50 m über das gewachsene Gelände hinausragten, vermöge nicht dazu zu führen, dass dieses Parkdeck als oberirdisch zu werten sei, wenngleich es diesfalls gemäß § 6 Abs. 3 lit. a TBO ebenfalls zulässigerweise im Abstandsbereich errichtet werden dürfte.

Sofern darüber hinaus die Berufungswerber argumentierten, die der Baubehörde vorgelegten Planunterlagen würden eine abschließende Beurteilung des Vorhabens nicht zulassen, so sei dem einerseits entgegenzuhalten, dass dies nicht zutreffe (sämtliche Höhenangaben seien in absoluten Zahlen den Planunterlagen zu entnehmen) und andererseits sämtliche dem Verfahren beigezogene Sachverständige "in zweifelsfreier Weise das Vorhaben endgültig begutachten und bewerten" hätten können.

Gemessen von der Höhenlage des gewachsenen Geländes liege die Fußbodenoberkante des Parkdecks um 1,3 m tiefer (wird näher dargelegt), sodass diese Abgrabungen, entgegen den Darlegungen in der Berufungsschrift, im Einklang mit den Bestimmungen des § 47 Abs. 3 TBO 1998 stünden und somit ohne Zustimmung der Nachbarn zulässig seien. Ebenso stehe das Vorhaben auch mit § 6 Abs. 6 leg. cit. in Einklang, als von einer größtmöglichen Fläche von 128 m2 mit tatsächlich 115 m2 weniger als 15 % Bauplatzes verbaut würden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist die Tiroler Bauordnung 1998, LGBl. Nr. 15, in der Fassung LGBl. Nr. 7/1999, anzuwenden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das hat auch für den Nachbarn zu gelten, der gemäß § 42 AVG (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998) die Parteistellung behalten hat.

Die Beschwerdeführer machen die Verletzung der Abstandsbestimmungen des § 6 TBO 1998 geltend. Diesbezüglich steht ihnen jedenfalls ein Mitspracherecht zu.

Im Beschwerdefall ist strittig, ob diese so genannten "Laubengänge" in den Abstandsbereich ragen dürfen und ob das so genannte "Parkdeck" (diese Wanne) teilweise im Abstandsbereich errichtet werden darf.

§ 2 TBO 1998 enthält Begriffsbestimmungen. Abs. 16 dieser Bestimmung lautet:

"(16) Untergeordnete Bauteile sind Vordächer, Dachkapfer, Kamine, Windfänge, offene Balkone, Sonnenschutzeinrichtungen und dergleichen, fassadengestaltende Bauteile wie Erker, Gesimse, Lisenen, Rahmen und dergleichen, unmittelbar über dem Erdgeschoß angebrachte offene Schutzdächer sowie an baulichen Anlagen angebrachte Werbeeinrichtungen und Solaranlagen."

§ 6 TBO 1998 lautet auszugsweise:

"§ 6

Abstände baulicher Anlagen von den übrigen Grundstücksgrenzen

und von anderen baulichen Anlagen

(1) Sofern nicht auf Grund der in einem Bebauungsplan festgelegten geschlossenen oder besonderen Bauweise oder auf Grund von darin festgelegten Baugrenzlinien zusammenzubauen bzw. ein anderer Abstand einzuhalten ist, muss jeder Punkt auf der Außenhaut von baulichen Anlagen gegenüber den Grenzen des Bauplatzes zu den angrenzenden Grundstücken mindestens einen horizontalen Abstand aufweisen, der

a) im Gewerbe- und Industriegebiet, im Kerngebiet, auf Sonderflächen nach den §§ 43 bis 47, 50 und 51 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997 und im Freiland das 0,4fache des lotrechten Abstandes zwischen dem betreffenden Punkt und dem Geländeniveau darunter, jedenfalls aber drei Meter, zum übrigen Bauland, zu Sonderflächen nach den §§ 48, 49 und 52 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997 und zu Vorbehaltsflächen jedoch das 0,6fache dieses Abstandes, jedenfalls aber vier Meter, und

b) im übrigen Bauland, auf Sonderflächen nach den §§ 48, 49 und 52 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997 und auf Vorbehaltsflächen das 0,6fache des lotrechten Abstandes zwischen dem betreffenden Punkt und dem Geländeniveau darunter, jedenfalls aber vier Meter,

beträgt. Wurde das Geländeniveau durch die Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung verändert, so ist bei der Berechnung der Abstände nach lit. a und b vom Geländeniveau vor dieser Veränderung auszugehen.

(2) Bei der Berechnung der Mindestabstände bleiben außer Betracht:

a) untergeordnete Bauteile, sofern sie nicht mehr als 1,50 m in die Mindestabstandsflächen nach Abs. 1 ragen und ein ausreichender Brandschutz zum angrenzenden Grundstück gewährleistet ist;

b) Freitreppen und bauliche Anlagen für Personenaufzüge, die nachträglich an bestehende Gebäude angebaut werden, sofern sie nicht mehr als 3 m in die Mindestabstandsflächen nach Abs. 1 ragen;

c) Kamine sowie Dachkapfer bis zu einer Länge von insgesamt 33 v. H. der Wandlänge auf der betreffenden Gebäudeseite und bis zu einer Höhe von 1,40 m, wobei vom lotrechten Abstand zwischen dem untersten Schnittpunkt des Dachkapfers mit der Dachhaut und dem höchsten Punkt des Dachkapfers auszugehen ist.

(3) Folgende bauliche Anlagen oder Bauteile dürfen in die Mindestabstandsflächen von 3 bzw. 4 m ragen oder innerhalb dieser errichtet werden:

a) oberirdische bauliche Anlagen, die ausschließlich dem Schutz von Sachen oder Tieren dienen und deren mittlere Wandhöhe bzw. Höhe auf der der Grundstücksgrenze zugekehrten Seite 2,80 m, im Gewerbe- und Industriegebiet 3,50 m, nicht übersteigt, wenn sie in den Mindestabstandsflächen keine Rauchfang-, Abgasfang- oder Abluftfangmündungen aufweisen, einschließlich der Zufahrten; oberirdische bauliche Anlagen, die dem Schutz von Tieren dienen, dürfen in den Mindestabstandsflächen auch keine sonstigen Öffnungen ins Freie aufweisen; die Ausstattung von oberirdischen baulichen Anlagen mit begehbaren Dächern ist nur zulässig, wenn diese höchstens 1,50 m über dem anschließenden Gelände liegen oder wenn der betroffene Nachbar dem nachweislich zustimmt; begehbare Dächer dürfen mit einer höchstens 1 m hohen Absturzsicherung ausgestattet sein;

b) oberirdische bauliche Anlagen, die dem Aufenthalt von Menschen dienen, wie Terrassen, Pergolen und dergleichen, wenn sie überwiegend offen sind, sowie offene Schwimmbecken;

c) Stützmauern, Geländer, Brüstungen, Einfriedungen und dergleichen bis zu einer Höhe von insgesamt 2 m, im Gewerbe- und Industriegebiet bis zu einer Höhe von insgesamt 2,80 m, jeweils vom höheren anschließenden Gelände gemessen, außer der betroffene Nachbar stimmt einer größeren Höhe nachweislich zu;

d)

Stellplätze einschließlich der Zufahrten;

e)

unterirdische bauliche Anlagen, wenn sie in den Mindestabstandsflächen keine Rauchfang-, Abgasfang- oder Abluftfangmündungen aufweisen.

(4) ...

(5) ...

(6) Die Mindestabstandsflächen von 3 bzw. 4 m dürfen insgesamt nur im Ausmaß von höchstens 15 v. H. der Fläche des Bauplatzes mit oberirdischen baulichen Anlagen verbaut werden. Dabei bleiben bauliche Anlagen nach Abs. 2 lit. b, Abs. 3 lit. c und d sowie Pflasterungen und dergleichen unberücksichtigt. Oberirdische bauliche Anlagen nach Abs. 3 lit. a und b dürfen überdies nur in einem solchen Ausmaß errichtet werden, dass gegenüber den angrenzenden Grundstücken zu jeder Seite hin mindestens die Hälfte der gemeinsamen Grenze von baulichen Anlagen frei bleibt, außer der betroffene Nachbar stimmt einer weiter gehenden Verbauung nachweislich zu. Gemeinsame Grenzen von weniger als 3 m Länge auf einer Seite bleiben unberücksichtigt.

(7) ..."

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist die abstandsrechtliche Zulässigkeit dieser Laubengänge, die zur Erschließung der Wohnungen bestimmt und (daher) in jedem Geschoß (Erdgeschoß und drei Obergeschosse) geplant sind (jene in den Obergeschoßen erstrecken sich über die gesamte, jener im Erdgeschoß fast über die gesamte 22,20 m lange Gebäudefront), entgegen der Auffassung der belangten Behörde nach § 6 Abs. 2 lit. a und nicht nach § 6 Abs. 3 lit. b TBO zu beurteilen (diese in jedem Stockwerk vorgesehenen Erschließungsgänge können nicht als Pergolen oder dergleichen verstanden werden). Es ist daher zu prüfen, ob es sich bei diesen Erschließungsgängen (die jeweils 1,50 m breit sind) um "untergeordnete Bauteile" handelt. Dieser Begriff ist im § 2 Abs. 16 TBO 1998 definiert. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Auffassung, dass solche Erschließungsgänge wie im Beschwerdefall, mögen sie auch an drei Seiten "offen" (und an diesen Seiten nur mit Geländern bzw. mit einigen von Geschoß zu Geschoß durchgehenden senkrechten Stützen versehen) sein, nicht allein deshalb, also ohne Rücksicht auf ihre Dimensionierung im Verhältnis zum restlichen Bauwerk als "untergeordneter Bauteil" anzusehen sind (die Frage, ob dies gleichfalls für die im § 2 Abs. 16 TBO 1998 genannten "offenen Balkone" zu gelten hat, ist im Beschwerdefall nicht zu lösen). Nach den Umständen des Beschwerdefalles trifft die Auffassung der Beschwerdeführer zu, dass vorliegendenfalls diese Erschließungsgänge (eben im Hinblick auf ihre Dimensionierung) im Verhältnis zum restlichen Bauwerk nicht mehr als "untergeordnet" angesehen werden können.

Somit verletzt das Vorhaben schon deshalb die Abstandsvorschriften zum Nachteil der Beschwerdeführer.

Da die belangte Behörde dies verkannte, war der angefochtene Bescheid schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass (abschließend) auf das weitere Beschwerdevorbringen (in Bezug auf das Parkdeck) einzugehen gewesen wäre. Richtig ist allerdings, dass die Pläne betreffend das Parkdeck (insbesondere die Lagepläne) nicht allzu klar sind (so mangelt es bei dieser "Wanne" an der Kotierung des Grenzabstandes; auch gibt es nur einen Schnitt). Geht man davon aus, dass diese "Wanne" in Bezug auf das Grundstück der Beschwerdeführer in den Mindestabstandsbereich hineingebaut ist und in diesem Bereich im Wesentlichen oben "offen" ist, gilt Folgendes: Es handelte sich dabei jedenfalls nicht um eine unterirdische, sondern um eine oberirdische bauliche Anlage (einen oberirdischen Teil einer baulichen Anlage) im Sinne des § 6 Abs. 3 lit. a TBO 1998 (zu den Begriffen "unterirdisch" und "oberirdisch" vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 2000, Zl. 99/06/0018). Aus den von den Abstandsbestimmungen verfolgten Zwecken ist im vorliegenden Fall keine andere Auslegung geboten. Diesfalls wäre gemäß § 6 Abs. 6, letzter Satz, leg. cit. mangels Zustimmung der Beschwerdeführer eine Verbauung nur bis zur Hälfte der gemeinsamen Grenze zulässig (dieser letzte Satz des Abs. 6 kann nach dem Sinnzusammenhang nicht dahin verstanden werden, dass er nur Bauführungen unmittelbar an der Grenze erfassen würde).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 5. Dezember 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999060089.X00

Im RIS seit

13.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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