Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** KG, *****, vertreten durch Dr. Bernhard Krause, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Mediengruppe „Ö*****" GmbH, *****, vertreten durch Berger Saurer Zöchbauer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Zahlung von 3.000 EUR sA (Gesamtstreitwert 44.000 EUR; Streitwert im Revisionsverfahren 42.600 EUR), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 29. April 2009, GZ 4 R 72/09a-13, mit welchem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 21. Jänner 2009, GZ 19 Cg 107/08v-9, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird teilweise dahin abgeändert, dass es einschließlich der bereits in Rechtskraft erwachsenen Teilabweisung und der - im Punkt 2 mit einer Maßgabe - bestätigten Teile wie folgt lautet:
„1. Die beklagte Partei ist schuldig, es zu unterlassen, Lichtbilder, an denen der Klägerin aufgrund einer Bearbeitung Leistungsschutzrechte zustehen, insbesondere von dieser hergestellte Bearbeitungen von Passfotos, welche Anna J***** und/oder Johann J***** und/oder Franz B***** und/oder Vera B***** zeigen, ohne Genehmigung der Klägerin in der Tageszeitung 'Ö*****' zu veröffentlichen.
Das Mehrbegehren, der Beklagten ganz generell die Veröffentlichung von Lichtbildern zu untersagen, hinsichtlich welcher der Klägerin Urheber- oder Leistungsschutzrechte zustehen, wird abgewiesen.
2. Die klagende Partei wird ermächtigt, den stattgebenden Teil des Spruches des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils binnen drei Monaten ab Rechtskraft in einer Ausgabe der periodischen Druckschrift 'Ö*****' im Lokalteil in einem mit 2 mm schwarzen Balken umfassten Rechteck in der Größe einer Achtel-Seite in Fettdruck auf Kosten der beklagten Partei zu veröffentlichen.
3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen 800 EUR samt 4 % Zinsen seit 25. Juli 2008 zu bezahlen.
Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer 2.200 EUR samt Zinsen wird abgewiesen.
4. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen einen mit 597,70 EUR bestimmten Anteil an den Barauslagen des Verfahrens erster Instanz zu ersetzen. Im Übrigen werden die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben."
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen einen mit 2.045 EUR bestimmten Anteil an den Barauslagen des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen. Im Übrigen werden die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gegeneinander aufgehoben.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Parteien sind Medieninhaberinnen von zwei österreichweit erscheinenden Tageszeitungen. Anfang Juli 2008 entsandte die Klägerin einen Fotografen zum Ort eines Verbrechens. Dort fotografierte er Passfotos von vier Mordopfern, die ihm die Polizei zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt hatte. In der Redaktion der Klägerin wurden die vom Fotografen hergestellten Lichtbilder elektronisch bearbeitet. Insbesondere wurde der Ausschnitt verkleinert, die Farbe der Kleidung und des Teints verändert und in zwei Fällen das auf den Passfotos angebrachte Bundeswappen entfernt. Die bearbeiteten Fotos wurden in der Zeitung der Klägerin abgedruckt.
Die Beklagte kopierte die in der Zeitung der Klägerin erschienenen Fotos und veröffentlichte sie in zwei Ausgaben ihrer eigenen Tageszeitung. Eine Zustimmung der Klägerin hatte sie dafür nicht eingeholt.
Eine unverbindliche Empfehlung der Bundesinnung der Fotografen sieht als Honorar für die Veröffentlichung von Fotos in Tageszeitungen bei einer Auflage bis 500.000 Stück 94 EUR und bei einer Auflage bis eine Million Stück 109 EUR vor.
Die Klägerin beantragt, der Beklagten zu untersagen,
„Lichtbilder, hinsichtlich welcher der Klägerin die Urheber- und/oder Leistungsschutzrechte zustehen, insbesondere von dieser hergestellte Reprografien von Passfotos, welche Anna J***** und/oder Johann J***** und/oder Franz B***** und/oder Vera B***** zeigen, ohne entsprechende Genehmigung der Rechteinhaberin in der Tageszeitung 'Ö*****' zu veröffentlichen".
Weiters begehrt sie die Ermächtigung zur Veröffentlichung des Urteils in der Zeitung der Beklagten sowie Zahlung von 3.000 EUR als „Entgelt und Schadenersatz" iSd §§ 86 und 87 UrhG. Die Beklagte habe durch die Veröffentlichung wissentlich gegen „gesetzliche Bestimmungen, insbesondere gegen §§ 73 ff UrhG, verstoßen, zumal sie die Lichtbilder ohne Kontakt zum Lichtbildhersteller und/oder Verwertungsberechtigten veröffentlicht" habe. Aufgrund der Bearbeitung seien die von der Klägerin und später von der Beklagten veröffentlichten Bilder eigenständige Werke iSv § 5 UrhG. Andere Farb- und Lichtgebung beeinflusse den Eindruck, die Gesichtszüge sowie andere Persönlichkeitsmerkmale für die angesprochenen Leser.
Die Beklagte bestreitet, dass die Klägerin über Rechte an den genannten Lichtbildern verfüge. Die Hersteller der Originalfotos hätten den von der Klägerin vorgenommenen Veränderungen nicht zugestimmt; daher sei diese nicht zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen berechtigt. Die Einfärbung der Kleidung sei keine eigentümliche Schöpfung. Auch das Zahlungsbegehren sei nicht berechtigt, das übliche Nutzungsentgelt für derartige Lichtbilder betrage nur 70 EUR.
Das Erstgericht gab dem Unterlassungs- und dem Veröffentlichungsbegehren zur Gänze statt. Weiters verpflichtete es die Beklagte zur Zahlung von 1.600 EUR samt Zinsen und wies das Mehrbegehren von 1.400 EUR ab. Zwar nicht das einfache Abfotografieren der Passfotos, wohl aber die elektronische Bearbeitung habe zum Vorliegen eines urheberrechtlich geschützten Werks der Klägerin geführt. Die Beklagte sei daher zur Unterlassung verpflichtet und habe nach §§ 86, 87 Abs 3 UrhG das doppelte angemessene Entgelt zu bezahlen. In Anlehnung an die Verbandsempfehlung betrage das angemessene Entgelt pro Lichtbild 100 EUR, das doppelte angemessene Entgelt bei insgesamt acht Veröffentlichungen daher 1.600 EUR.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil in der Hauptsache, dies jedoch mit der „Maßgabe", dass im Spruch der Hinweis auf „Urheberrechte" der Klägerin entfiel; weiters änderte es, offenkundig aufgrund eines Irrtums, den Wortlaut der Veröffentlichungsermächtigung in sinnstörender Weise ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Die von der Klägerin geltend gemachten Leistungsschutzrechte nach § 74 Abs 1 UrhG bestünden unabhängig davon, ob die Lichtbilder auch Werke im Sinn des Urheberrechts seien. Bei gewerbsmäßig hergestellten Lichtbildern gelte nach § 74 Abs 1 Satz 2 UrhG der Inhaber des Unternehmens als Hersteller. § 5 UrhG sei entsprechend anwendbar. Das Recht des Bearbeiters entstehe unabhängig davon, ob der Urheber des bearbeiteten Werks der Bearbeitung zugestimmt habe oder nicht; auch eine rechtswidrig entstandene Bearbeitung sei bei hinreichender Individualität geschützt. Dies setze eine Umgestaltung des Originals voraus. An die Bearbeitung von Lichtbildern seien wegen des geringeren Schutzumfangs weniger strenge Anforderungen zu stellen als an die Bearbeitung von urheberrechtlich geschützten Werken. Bereits geringere Umgestaltungen (wie das Auswechseln der Farbe oder das Ersetzen einzelner Teile des Bildes) reichten aus. Das treffe hier zu. Damit sei die Klägerin jedenfalls in einem auf das Urheberrechtsgesetz gegründeten Ausschließungsrecht (Leistungsschutzrecht) verletzt worden. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergebe sich, dass sie nur Leistungsschutzrechte iSd §§ 74 ff UrhG geltend gemacht habe. Das im Begehren enthaltene Wort „Urheberrechte" könne daher ohne Teilabweisung entfallen. Die begehrte Veröffentlichung entspreche dem Talionsprinzip.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen gerichtete außerordentliche Revision der Beklagten ist zulässig, weil eine Klarstellung zur Frage erforderlich ist, ob eine Bearbeitung auch dann zu Unterlassungsansprüchen gegen Dritte führt, wenn sie ohne Zustimmung des Urhebers des Originals erfolgte; sie ist - allerdings nicht aus diesem Grund - teilweise berechtigt.
1. Die Klägerin macht (jedenfalls auch) ein Leistungsschutzrecht an den von ihr bearbeiteten Lichtbildern geltend.
1.1. Nach § 74 Abs 1 UrhG hat der Hersteller eines Lichtbilds unter anderem das ausschließliche Recht, das Lichtbild zu vervielfältigen, zu verbreiten und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen; bei gewerbsmäßig hergestellten Lichtbildern gilt der Inhaber des Unternehmens als Hersteller.
1.2. Das Leistungsschutzrecht iSv § 74 Abs 1 UrhG gilt nach § 74 Abs 7 iVm § 5 Abs 1 UrhG auch für die Bearbeitung von Lichtbildern (4 Ob 58/04i = MR 2004, 331 [Walter] - Fragespiel mwN). Dabei bedingt der geringere Schutzumfang von Lichtbildern gegenüber Lichtbildwerken eine Erleichterung in Bezug auf die sonst für das Entstehen einer geschützten Bearbeitung geforderte eigentümliche geistige Schöpfung des Bearbeiters. Es reichen bereits geringere Umgestaltungen aus, sofern sie über die bloße Vervielfältigung hinausgehen, etwa das Auswechseln von Farben oder das Ersetzen einzelner Teile des Bildes (4 Ob 58/04i mwN; RIS-Justiz RS0119004).
Eine solche Bearbeitung haben Mitarbeiter der Klägerin im vorliegenden Fall vorgenommen. Zwar war das Abfotografieren der Passbilder ein bloßer Vervielfältigungsakt; die darauf folgende Umgestaltung durch Farbänderungen genügte jedoch, um ein eigenständiges Leistungsschutzrecht an der Bearbeitung entstehen zu lassen.
1.3. Eine gewerbsmäßige Herstellung iSv § 74 Abs 1 Satz 2 UrhG liegt immer dann vor, wenn im Betrieb eines Unternehmens für dessen Zwecke Lichtbilder hergestellt oder - wie hier - bearbeitet werden; das trifft insbesondere bei Zeitungen und Zeitschriften zu (4 Ob 152/90 = SZ 63/169 = MR 1992, 114 [Walter] - Fußballerfoto). Als Hersteller der nach § 74 Abs 1 iVm § 5 Abs 1 UrhG geschützten Bearbeitungen hat daher im vorliegenden Fall die Klägerin zu gelten.
2. Die Klägerin kann Verletzungen des Leistungsschutzrechts an den Bearbeitungen unabhängig vom Hersteller der Originallichtbilder (Passfotos) geltend machen.
2.1. Der Senat hat zu § 5 Abs 1 UrhG mehrfach ausgesprochen, dass die Bearbeitung urheberrechtlich ein „doppeltes Gesicht" habe; sie sei einerseits - ihren eigentümlichen Charakter vorausgesetzt - selbst urheberrechtlich geschützt; andererseits seien aber auch die Rechte des Urhebers des benützten Originalwerks im Spiel. Der Bearbeiter sei daher zu jeder Art der Verwertung grundsätzlich nur mit Zustimmung des Urhebers des Originalwerks befugt (4 Ob 13/92 = SZ 65/49 = MR 1992, 238 [Walter] - Servus DU; 4 Ob 51/94 = SZ 67/70 = MR 1994, 200 [Walter] - Hundertwasserhaus; RIS-Justiz RS0076443). Wohl daraus leitet die Beklagte im vorliegenden Fall ab, dass der Bearbeiter keine Ansprüche gegen Dritte geltend machen könne, wenn der Hersteller der Originale der Bearbeitung nicht zugestimmt habe.
2.2. Damit verkennt die Beklagte, dass es im vorliegenden Fall nicht um eine Verwertung der bearbeiteten Lichtbilder, sondern um die Abwehr eines Eingriffs in daran bestehende Rechte geht.
Zwar sieht § 14 Abs 2 UrhG ausdrücklich vor, dass der Urheber einer Bearbeitung diese nur soweit auf die ihm vorbehaltene Art verwerten darf, als ihm der Urheber des bearbeiteten Werks das ausschließliche Recht oder die Bewilligung dazu erteilt hat. Dies folgt daraus, dass die Verwertung einer Bearbeitung notwendig zugleich eine Verwertung des bearbeiteten Werks ist, sodass eine Verwertungshandlung des Bearbeiters zwingend in das entsprechende Verwertungsrecht des Urhebers des Originals eingreift (4 Ob 13/92 - Robert-Stolz-Biografie; 4 Ob 274/02a = MR 2003, 162 - Felsritzbild).
Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass der Bearbeiter auch Ansprüche gegen Dritte nur mit Zustimmung des Urhebers des bearbeiteten Werks geltend machen könnte. Die Verwertungshandlung des Dritten greift in beide Urheberrechte ein; sie ist daher nur rechtmäßig, wenn sowohl der Urheber des bearbeiteten Werks als auch jener der Bearbeitung zustimmen. Daraus folgt aber zwingend, dass beide Urheber ihre Untersagungsansprüche getrennt geltend machen können; denn sonst könnte die Zustimmung des einen den Eingriff in das Recht des anderen sanieren. Das kann aber schon deshalb nicht zutreffen, weil sich auch der Bearbeiter aufgrund seines mit der Bearbeitung entstandenen eigenen Urheberrechts gegen eine Verwertung der Bearbeitung durch den Urheber des bearbeiteten Werks zur Wehr setzen könnte (so zum insofern vergleichbaren deutschen Recht die einhellige Rsp des BGH; I ZR 143/52 = BGHZ 15, 338 = GRUR 1955, 351 - Indeta; I ZR 53/58 = GRUR 1960, 619 - Künstlerlizenz; I ZR 27/60 = GRUR 1962, 370 - Schallplatteneinblendung; zum österreichischen Recht idS Schumacher in Kucsko [Hrsg], urheber.recht [2008] 161 mwN).
2.3. Dieses Ergebnis entspricht auch der § 11 Abs 2 Satz 1 UrhG zugrunde liegenden Wertung. Nach dieser Bestimmung ist bei einer - hier mangels bewussten Zusammenwirkens nicht vorliegenden (4 Ob 409/87 = MR 1988, 54 [Walter] - Codo) - Miturheberschaft jeder Miturheber für sich berechtigt, Verletzungen des Urheberrechts zu verfolgen. Gründe dafür, die (selbständig geschützte) Bearbeitung eines Werks anders zu behandeln, sind nicht erkennbar.
2.4. Der Urheber der Bearbeitung und jener des bearbeiteten Werks dürfen die Bearbeitung daher nur mit Zustimmung des jeweils anderen auf eine dem Urheber vorbehaltene Weise verwerten. Sie sind aber selbständig befugt, Verletzungen ihrer von einander getrennt bestehenden Urheberrechte zu verfolgen. Das gilt wegen des in § 74 Abs 5 UrhG enthaltenen Verweises auch für die Leistungsschutzrechte des Lichtbildherstellers und des Bearbeiters.
2.5. Der Umstand, dass die Klägerin im vorliegenden Fall (anscheinend) nicht über die Rechte an den bearbeiteten Lichtbildern verfügte, führt zu keiner anderen Beurteilung. Zwar mag die Klägerin in Rechte des Herstellers der Originallichtbilder eingegriffen haben, als sie die von ihr bearbeiteten Lichtbilder veröffentlichte. Die Beklagte zeigt aber nicht auf, weshalb dies zum Wegfall des mit der Bearbeitung begründeten eigenen Leistungsschutzrechts der Klägerin führen sollte. Der (mögliche) Eingriff in das Recht eines Dritten lässt die Verwertungshandlung der Beklagten nicht rechtmäßig werden. Einen Rechtsmissbrauchseinwand, dessen Berechtigung allerdings ohnehin zweifelhaft wäre, hat die Beklagte nicht ausgeführt.
3. Damit besteht der Unterlassungsanspruch der Klägerin dem Grunde nach zurecht. Allerdings bedarf er zweier Einschränkungen.
3.1. Das Begehren erfasst auch Lichtbilder, an denen der Klägerin „Urheberrechte" zustehen, somit Lichtbildwerke iSv § 3 Abs 2 UrhG. Da § 1 Abs 1 UrhG eine „eigentümliche geistige Schöpfung" voraussetzt und juristische Personen keine das Urheberrecht begründende geistige Tätigkeit entfalten können, kommt als Urheber jedoch nach ständiger Rechtsprechung nur eine physische Person in Betracht; einen originären Erwerb von Urheberrechten durch juristische Personen gibt es daher nicht (4 Ob 127/91 = SZ 65/19 = ÖBl 1992, 117 [Walter] - Wienerwald; RIS-Justiz RS0076658).
Die Klägerin hat weder behauptet, dass die Bearbeitungen (auch) Werkcharakter iSv § 1 UrhG hätten, noch hat sie ein Vorbringen zu einem derivativen Erwerb von diesbezüglichen Verwertungsrechten erstattet. Schon das Berufungsgericht hat daher zutreffend die Unterlassungsverpflichtung auf Lichtbilder beschränkt, an denen der Klägerin Leistungsschutzrechte zustehen. Es hat aber verkannt, dass damit angesichts des klaren Wortlauts des Klagebegehrens, das Leistungs- und Urheberrechte gesondert nannte und sich daher ganz eindeutig auf beide Anspruchsgrundlagen stützte, eine Teilabweisung verbunden sein musste. Eine bloße Präzisierung des ohnehin Gewollten kann unter diesen Umständen nicht mehr angenommen werden.
Eine Aufhebung zur Erörterung der Unschlüssigkeit ist nicht erforderlich, weil sich die Klägerin auch in der Revisionsbeantwortung ausschließlich auf ihr Leistungsschutzrecht an den Bearbeitungen stützt und in Bezug auf die Formulierung „Urheberrechte" eine „allenfalls unrichtige Bezeichnung" zugesteht.
3.2. Weiters ist das Begehren (uneingeschränkt) auf die Veröffentlichung von „Lichtbildern" gerichtet, an denen der Klägerin Leistungsschutzrechte (und Urheberrechte) zustehen. „Lichtbilder" iSv § 74 UrhG hat die Klägerin aber nicht hergestellt; das Abfotografieren war ein bloßer Vervielfältigungsakt und konnte daher keine Leistungsschutzrechte begründen. Entscheidend war vielmehr die von der Klägerin vorgenommene Bearbeitung. Daher hat sich die Unterlassungsverpflichtung auf die Veröffentlichung von Lichtbildern zu beschränken, an denen der Klägerin aufgrund einer Bearbeitung Leistungsschutzrechte zustehen; das auch Originallichtbilder erfassende Mehrbegehren ist abzuweisen (vgl zu einer entsprechenden Teilabweisung 4 Ob 58/04i - Fragespiel).
4. Die zuletzt genannten Gründe führen auch zu einer (weiteren) Teilabweisung beim Zahlungsbegehren. Die Vorinstanzen haben das - nach § 87 Abs 3 UrhG jeweils doppelt zugesprochene - angemessene Entgelt iSv § 86 Abs 1 UrhG in Anlehnung an eine Verbandsempfehlung für Pressefotografen mit jeweils 100 EUR bemessen. Diese Verbandsempfehlung erfasst allerdings offenkundig nur von Pressefotografen hergestellte Lichtbilder. Im vorliegenden Fall ist demgegenüber nur die - zur seinerzeitigen Herstellung der Originale hinzutretende - Bearbeitung durch die Klägerin abzugelten. Dafür ist das angemessene Entgelt nach § 273 ZPO mit 50 EUR je Lichtbild festzusetzen. Da die Beklagte die vier bearbeiteten Lichtbilder je zweimal abdruckte, beträgt das angemessene Entgelt iSv § 86 Abs 1 UrhG auf dieser Grundlage 400 EUR, der zuzusprechende Schadenersatz nach § 87 Abs 3 UrhG daher 800 EUR.
5. Aus diesen Gründen ist der Revision teilweise Folge zu geben. Die Unterlassungsverpflichtung ist auf die Veröffentlichung von Lichtbildern zu beschränken, an denen der Klägerin aufgrund einer Bearbeitung Leistungsschutzrechte zustehen; der von der Beklagten zu leistende Schadenersatz beträgt lediglich 800 EUR. Das Mehrbegehren ist abzuweisen. Weiters ist die Veröffentlichungsermächtigung auf den stattgebenden Teil der Entscheidung über den Unterlassungsanspruch zu beschränken; der sinnstörende Schreibfehler des Berufungsgerichts ist zu berichtigen.
Allgemein gilt: Sind durch die Bearbeitung von Lichtbildern Leistungsschutzrechte entstanden, kann der Bearbeiter deren Verletzung unabhängig davon verfolgen, ob der Hersteller der Originale der Bearbeitung oder der Rechtsverfolgung zugestimmt hat oder nicht.
6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 43 Abs 1 ZPO. Die Klägerin ist mit ihrem Begehren unter Bedachtnahme auf die Teilabweisungen etwa zur Hälfte durchgedrungen. Die Parteien haben einander daher die jeweils einseitig getragenen Barauslagen (Pauschalgebühr) wechselseitig zur Hälfte zu ersetzen; im Übrigen sind die Kosten des Verfahren gegeneinander aufzuheben.
Schlagworte
Passfotos II,Textnummer
E91889European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0040OB00115.09D.0908.000Im RIS seit
08.10.2009Zuletzt aktualisiert am
19.12.2013