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14 OrganisationsrechtNorm
B-VG Art89 Abs2Leitsatz
Zurückweisung eines Antrags eines Landesgerichts auf Aufhebung einerSatzungsbestimmung betreffend Kostenersatz für Heilmassagen durch dieKrankenversicherung mangels Legitimation; Antragstellung durch einnicht legitimiertes Organ, nämlich des Vorsitzenden des zuständigenSenates des Gerichtes in Arbeits- und SozialrechtssachenSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Mit Antrag vom 30. August 2011 beantragte das Arbeits- und Sozialgericht Wien durch den Vorsitzenden des nach dem ASGG zuständigen Senates gemäß Art89 Abs2 iVm Art139 Abs1 B-VG die Aufhebung von §6 zweiter Satz der Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über Zuschüsse der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau an Dienstgeber/innen für Entgeltfortzahlung (im Folgenden: Entgeltfortzahlungs-Zuschussverordnung), BGBl. II 64/2005.
2. Der durch den Vorsitzenden des nach dem ASGG zuständigen Senates (zur Zuständigkeit der Arbeits- und Sozialgerichte in Verfahren betreffend Zuschüsse nach Entgeltfortzahlung s. näher OGH, SZ 2006/76) gestellte Antrag ist unzulässig.
3. Wie der Verfassungsgerichtshof im Beschluss VfSlg. 18.097/2007 dargelegt hat, ist zur Antragstellung nach Art139 (iVm Art89 Abs2) B-VG nur jener Spruchkörper eines Gerichtes berechtigt, der die anzufechtende Norm bei der Entscheidung in der Sache anzuwenden hat, was in einem ein sozialgerichtliches Verfahren betreffenden Fall der gemäß §11 Abs1 ASGG aus dem vorsitzenden Richter und zwei fachkundigen Laienrichtern zusammengesetzte Senat ist, da dieser auch zur urteilsmäßigen Entscheidung in der Sache zuständig ist.
Der vorsitzende Richter eines arbeits- und sozialgerichtlichen Senates ist zwar zur Anfechtung einer von ihm für gesetzwidrig erachteten Verordnung vor dem Verfassungsgerichtshof berechtigt, wenn er diese Verordnung bei einer von ihm allein zu treffenden Entscheidung (etwa in einem Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung) anzuwenden hätte, nicht aber auch dann, wenn die Verordnung nicht von ihm allein, sondern bei der Sachentscheidung vom kollegial zusammengesetzten richterlichen Spruchkörper anzuwenden wäre, wie dies im vorliegenden Zusammenhang eines Verfahrens zur Entscheidung über Ansprüche auf Gewährung von Zuschüssen nach Entgeltfortzahlung bzw. über die Rückforderung bereits geleisteter Zuschüsse der Fall ist. §11a Abs1 Z3 ASGG kann schon deshalb nicht so verstanden werden, dass er dem Vorsitzenden eines für die Sachentscheidung zuständigen Senates auch die Befugnis zur (alleinigen) Beschlussfassung über einen Antrag nach Art139 B-VG einräumt, weil diese Befugnis auf verfassungsgesetzlicher Ebene ausschließlich in den Art89 Abs2 iVm Art139 B-VG gründet.
4. Der - nicht auf das Vorliegen sämtlicher Prozessvoraussetzungen hin geprüfte - Antrag erweist sich daher als von einem nicht zur Antragstellung legitimierten Organ gestellt und daher als unzulässig.
5. Der Antrag des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien auf Aufhebung von §6 zweiter Satz der Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über Zuschüsse der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau an Dienstgeber/innen für Entgeltfortzahlung (Entgeltfortzahlungs-Zuschussverordnung), BGBl. II 64/2005, war daher zurückzuweisen.
6. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Antrag, VfGH / Legitimation, Arbeits- u SozialgerichtsbarkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2011:V102.2011Zuletzt aktualisiert am
20.09.2012