TE OGH 2011/6/24 32R47/11y

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.06.2011
beobachten
merken

Kopf

Das Landesgericht Leoben hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Günter Kafrda (Vorsitz), Dr. Alfred Weixelbaumer und Mag. Georg Schober in der Rechtssache des Antragstellers D***** V*****, Dorfstraße 95, 8750 Judenburg, vertreten durch Dr. Gottfried Reif, Rechtsanwalt in 8750 Judenburg, wegen Auskunftserteilung, über den Rekurs des Antragstellers (Rekursinteresse: EUR 650,--), gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Judenburg vom 31.3.2011, 4 Nc 46/11z-2, beschlossen:

              

Spruch

Dem Rekurs wird k e i n e Folge gegeben.

              Der angefochtene Beschluss wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der Antrag auf Übersendung eines Auszugs aus dem Namensverzeichnis hinsichtlich A***** K*****, geb 3.1.1987,

z u r ü c k g e w i e s e n

wird.

              Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

              Mit Antrag vom 25.3.2011 begehrte der Antragsteller die Übermittlung eines aktuellen österreichweiten Auszugs aus dem Exekutionsregister (Namensverzeichnis) hinsichtlich A***** K*****, geb 3.1.1987. Er habe gegen A***** K***** zu 24 C 71/11h des BG Leoben einen rechtskräftigen Titel über EUR 650,-- erwirkt und benötige Informationen, ob eine Exekutionsführung erfolgversprechend sei.

              Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht diesen Antrag mit der Begründung ab, dass nach § 73 EO Auskünfte nur erteilt werden könnten, soweit ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht werde. Da der Antragsteller aber ausschließlich wirtschaftliche Interessen vorweisen könne, sei die Auskunft nicht zu erteilen.

              Dagegen richtet sich der fristgerecht aus den Anfechtungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Rekurs des Antragstellers mit dem Antrag, dem Erstgericht die Erteilung der Informationen aufzutragen. Hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes habe er sehr wohl ein rechtliches Interesse an den gewünschten Informationen. Es sei nämlich selbstverständlich, dass ein präsumptiver Betreibender daran interessiert sei, seinen Titel so kostengünstig als möglich umzusetzen und seinen Kostenaufwand nicht durch erkennbar erfolglose Exekutionen noch zu vergrößern. Schließlich liege es nicht im Interesse einer kostensparenden Justizverwaltung, Personen, die sich die Mühe einer vorherigen Informationsaufnahme machten, mit einem Exekutionsverfahren ins Leere laufen zu lassen, obwohl schon zum Zeitpunkt der Einleitung vorhersehbar gewesen wäre, dass dieses nicht zum Erfolg führen könne. Im Ergebnis würden so nur sinnlose Exekutionsverfahren zu Lasten der rechtsschutzsuchenden Gläubigerschaft geführt werden. Abgesehen davon sei er nicht als "Dritter" sondern als Partei anzusehen, die geradezu prädestiniert erscheine, in anonymisierter Form Akteneinsicht zu nehmen.

              Der Rekurs ist nicht berechtigt.

              

Rechtliche Beurteilung

Vorweg sei klargestellt, dass hier ein Fall des §§ 78 EO, 517 ZPO vorliegt. Zwar beläuft sich die vom Antragsteller zu betreibende Forderung nur auf EUR 650,--, doch würde die Verweigerung der Auskunftserteilung eine verfahrensbeendende Wirkung entfalten, sodass die Ausnahmeregelung des § 517 Abs 1 Z 1 ZPO greift (RPflE 2009/133; Zechner in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze2, Rz 20 zu § 517 ZPO).

              Nach § 73 EO kann nicht nur den Parteien und allen sonstigen Be- teiligten sondern auch dritten Personen die Einsicht in die das Exekutionsverfahren betreffenden Akten und die Herstellung von Abschriften einzelner Aktenstücken gestattet werden. Die Einsicht- und Abschriftnahme Dritter ist jedoch darauf beschränkt, dass sie ein rechtliches Interesse daran glaubhaft machen.

              Der Antragsteller übersieht dazu jedoch, dass er nicht die Einsicht in (einzelne) Akten, sondern - ohne dies explizit zu nennen - einen Auszug aus dem Namensverzeichnis begehrt. Dabei handelt es sich aber lediglich um Geschäftsbehelfe und keinen Teil des Gerichtsakts (3 Ob 37/07y und 3 Ob 31/07s). Die Judikatur hat in diesem Sinn auch stets betont, dass der reine Wortlaut des § 73 EO grundsätzlich keine Rechtsgrundlage zur Erteilung von Auskünften über die allfällige Anhängigkeit von Exekutionsverfahren gegen eine bestimmte Person bietet (RpflE 2000/8 und 1997/100 [je LG für ZRS Graz]; Angst/Jakusch/Mohr, EO14, E 7 und 8 zu § 73a; Jakusch in Angst, EO2, Rz 9 zu § 73a). Dennoch war es vor der ZVN-Novelle 2009 unter Hinweis auf die ohnehin bestehende Möglichkeit des § 73a EO doch eine weit verbreitete Praxis, Auskünfte in Form der Einsichtnahme in die Geschäftsbehelfe des Exekutionsverfahrens oder in Form eines Registerauszugs auch auf herkömmlichen Weg zu erteilen, sofern vom Antragsteller die Voraussetzungen des § 73a Abs 1 letzter Halbsatz EO, also der Bedarf nach dieser Information zur Einleitung eines Rechtsstreites oder einer Exekution, zur Erhebung von Einwendungen gegen eine Exekution oder sonst zur Führung eines gerichtlichen Verfahrens, bescheinigt wurden (RpflE 2000/29; Jakusch, aaO, Rz 9 zu § 73a).

              Nach Aufhebung des § 73a EO durch die ZVN-Novelle 2009 (BGBl I Nr 30/2009) per 1.4.2009 (§ 412 Abs 2 EO) und der gleichzeitigen Auß- erkraftsetzung der Verordnung des BMJ über die elektronische Einsicht in die Geschäftsbehelfe des Exekutionsverfahrens (ElektronEinsichtsV-EO) ist diesem Argument aber der Boden entzogen. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien zur ZVN-Novelle 2009 (89 BlgNR 24. GP) ergibt, sollte mit der Aufhebung des § 73a EO datenschutzrechtlichen Vorgaben (VfGH G 194/02; VfGH V 45/02) Rechnung getragen sowie der (vermutete) Abfluss von Daten aus den Geschäftsbehelfen, vor allem zu Unternehmen, die auf Basis von Registerauskünften Bonitätsauskünfte erteilen, verhindert werden. Die Materialien führen auch aus, dass aufgrund der genannten Erkenntnisse des VfGH die als Serviceleistung konzipierte Einsicht in die Geschäftsbehelfe in der bisherigen Form nicht aufrecht erhalten werden könnte, sondern mit einem gewissen Mehraufwand hätte umgestaltet werden müssen.

              In den genannten Erkenntnissen sprach der VfGH aus, dass Personen bei elektronischer Einsicht in die Namensverzeichnisse durch einen immerhin größeren Kreis von Abfrageberechtigten etwa auch dann noch als "verpflichtete Partei" ausgewiesen werden, wenn der Aussagewert dieser Registereintragung, beispielsweise wegen der Nichtbewilligung des Exekutionsverfahrens, dessen Einstellung oder deshalb, weil in einem Oppositionsverfahren festgestellt wurde, dass der Anspruch schon zum Zeitpunkt der Exekutionsbewilligung erloschen war, nachträglich in relevanter Form verändert wurde. Da die ElektronEinsichtsV-EO (in der damals geltenden Fassung) Ergänzung oder Richtigstellung derartiger Änderungen der (personenbezogenen) Daten des Registers nicht zuließ, wurde diese teilweise als verfassungswidrig aufgehoben.               

              Obwohl im Hinblick auf diese Erkenntnisse die ElektronEinsichtsV- EO mit BGBl II Nr. 590/2003 entsprechend novelliert wurde, erschien dies dem Gesetzgeber der ZVN-Novelle 2009 aus datenschutzrechtlichen Gründen aber offenbar als nicht ausreichend. Betrachtet man nun die Intention der Abschaffung des § 73a EO, namentlich das Verhindern des Abfließens von Daten und die nicht (ausreichend) gewährleistete Datenpflege, so stellen sich diese Probleme bei einer Auskunftserteilung auf herkömmliche Weise, das heißt im Weg des § 73 EO, in gleicher Weise wie zuvor nach § 73a EO. Erteilte man daher die Auszüge aus dem Namensverzeichnis wie bisher, aber auf Grundlage des § 73 EO, so würde dadurch die Zielsetzung der ZVN-Novelle 2009 weitestgehend unterlaufen. Die Judikatur hat daher schon wiederholt ausgesprochen, dass nach Aufhebung des § 73a EO eine Rechtsgrundlage zur Erhebung von Auskünften aus dem Namensverzeichnis über die allfällige Anhängigkeit von Exekutionsverfahren nicht mehr besteht (zuletzt RpflE 2010/111 und 2010/32 mit zahlreichen weiteren Judikaturzitaten; RpflE 2009/133). Wie das Erstgericht vollkommen zutreffend erkennt, wird zwar in einigen Erkenntnissen noch zusätzlich betont, die Überprüfung der Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Klags- oder Exekutionsführung würde kein rechtliches sondern bloß ein wirtschaftliches Interesse begründen (RpflE 2010/32 und 2009/133). Nach Ansicht des erkennenden Senats bedarf es aus den angeführten Gründen aber keiner Überprüfung mehr in Richtung des nach § 73 EO notwendigen rechtlichen Interesses, zumal nach Aufhebung des § 73a EO Anträge auf Herstellung von Auszügen aus dem Namensverzeichnis schon grundsätzlich unzulässig sind.

              Dem Rekurs kann daher keinesfalls Erfolg beschieden sein. Dass der Antrag tatsächlich unzulässig und daher zurückzuweisen ist, war im Tenor entsprechend deutlich zum Ausdruck zu bringen.

              Kosten wurden nicht verzeichnet.

              Obwohl das Rekursgericht die erstinstanzliche Entscheidung aus anderen Gründen bestätigt hat und daher kein Konformatsbeschluss nach 528 Abs 1 Z 2 ZPO vorliegt (RIS-Justiz RS0044456, RS0044215 und RS0074300; Klauser/Kodek, JN-ZPO16, E 35 und 52 zu § 528 ZPO; Zechner in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze2, Rz 119 und 121 zu § 528 ZPO; Kodek in Rechberger, ZPO3, Rz 31 und 32 zu § 528 uva), ist der Revisionsrekurs gemäß §§ 78 EO, 528 Abs 2 Z 1 ZPO jedenfalls un- zulässig.

Landesgericht Leoben, Abteilung 32

Textnummer

ELE00034

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00609:2011:03200R00047.11Y.0624.000

Im RIS seit

07.09.2011

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten