B6 410.720-1/2009/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ als Vorsitzender und den Richter Dr. Elmar SAMSINGER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, StA. Republik Serbien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.11.2009, FZ. 09 01.268-BAG, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird gem. § 66 Abs. 2 AVG 1991 BGBl. I Nr. 51 i.d.g.F. behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer wurde am 31.01.2009 im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes angehalten und vorübergehend in Haft genommen. In einer anschließenden Einvernahme am 31.01.2009 im fremdenpolizeilichen Büro einer Bundespolizeidirektion gab der Beschwerdeführer zu seinen persönlichen Daten befragt an, den im Spruch genannten Namen zu führen und zuletzt in Ni¿ (in weiterer Folge N) in der Republik Serbien gewohnt zu haben. Bezüglich seiner Staatsangehörigkeit wurde im Protokoll "unbekannt" vermerkt. Er sei am 30.01.2009 illegal nach Österreich eingereist, wobei Zweck seiner Einreise die Weiterreise nach Deutschland gewesen sei. Dort würden sich seine Frau und seine vier Kinder, für die er sorgepflichtig wäre, aufhalten. Er habe selbst 18 Jahre in Deutschland gelebt, wo er wegen eines Asylantrages eine "Aufenthaltsgestattung" erhalten habe. Asyl habe er nie erhalten. Er sei ein Angehöriger der Volksgruppe der Roma, jedoch habe man in Deutschland gedacht, dass er Serbe sei. Er sei auch nicht Kosovare, obwohl seine Eltern im Kosovo geboren seien. Es sei ihm bekannt, dass in Deutschland ein Aufenthaltsverbot gegen ihn bestehe, doch habe er gedacht, dass es schon abgelaufen wäre. Er wolle keinesfalls in den Kosovo zurück. Der Beschwerdeführer stellte einen Asylantrag und begründete diesen vorerst damit, dass er zu seiner Familie wolle. Der Beschwerdeführer konnte keine Personaldokumente vorlegen.
In einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 31.01.2009 brachte der Beschwerdeführer zu seinen Asylantrag im Wesentlichen vor, dass er staatenlos sei, der Volksgruppe der Roma angehöre, Muslim sei und in Serbien Probleme mit den Nachbarn und der Polizei gehabt habe. Seine Mutter, seine Gattin und seine zwei älteren Kinder seien in Deutschland anerkannte Flüchtlinge, seine zwei jüngeren Kinder hätten dort eine Aufenthaltsberechtigung. Sie seien alle staatenlos. Der Beschwerdeführer sei 1991/1992 nach Deutschland gekommen. 1991 habe man ihnen ihr Haus weggenommen. In Deutschland habe er die Grundschule besucht und eine Ausbildung als Automechaniker absolviert. Er habe zu seiner Heimat keinen Bezug mehr. 2007 sei er dann von Deutschland freiwillig nach Belgrad geflogen. Für die deutschen Behörden sei er ein Serbe, obwohl er keine Papiere habe. In der Gemeinde N habe er keinerlei Möglichkeiten sein Leben zu bestreiten. Er sei über Ungarn illegal nach Österreich eingereist. Der Beschwerdeführer gab hinsichtlich seiner Sprachkenntnisse an erster Stelle gute Deutschkenntnisse und ebensolche Kenntnisse in Roma, Russisch, Französisch, Türkisch und Polnisch an, wobei er Deutsch in Wort und Schrift beherrsche. Serbische Sprachkenntnisse wurden nicht angegeben (vgl. As 67).
Einer entsprechenden Anfrage des Dublinbüros des Bundesasylamtes kamen die ungarischen Behörden mit Schreiben vom 24.02.2009 nach, in dem im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer illegal nach Ungarn eingereist sei, jedoch am 10.06.2008 erfolgreich nach Serbien ausgewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer habe einen serbischen Personalausweis mit sich geführt, wobei der Ausweis mit konkreter Zahl wiedergegeben wurde.
In einer Einvernahme am 20.04.2009 beim Bundesasylamt brachte der Beschwerdeführer zu Personaldokumenten befragt vor, dass er in Deutschland einen Führerschein gehabt habe, der ihm jedoch abgenommen worden sei. Er sei staatenlos und habe niemals einen Reisepass besessen. Er sei in der Gemeinde N in Serbien geboren, sei jedoch im Alter von zwei Jahren mit seinen Eltern nach Bosnien verzogen, hätte dort mit ihnen illegal bis 1991 gelebt und sei dann nach Deutschland gezogen. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab er an, dass er in seiner Heimat nicht willkommen sei. Er habe dort nichts, weder Verwandte noch Arbeit. Seine Familie in Deutschland habe ihm Geld geschickt. Er habe in N bei einer alten Frau gelebt, wo er ein Zimmer zum Schlafen gehabt habe. In N habe er Probleme mit Nachbarn und der Polizei gehabt. Die Nachbarn hätten in ihm einen Kosovo-Albaner gesehen und ihn aufgefordert, sich aus Serbien zu "verpissen". Zu den Nachbarn konkret befragt, gab er an, dass es unbekannte Serben gewesen seien. Er sei dann wieder in Serbien herumgefahren, sei in der Vojvodina und in Bosnien gewesen. Er habe gefälschte Dokumente besessen. Zur Polizei sei er nicht gegangen, da man dort gleich geschlagen werde. Er sei auch von der Polizei im Februar 2008 geschlagen worden. Auch bei seiner Ausreise aus Belgrad am 24.01.2009 sei er von der Polizei zusammengeschlagen worden. Es seien korrupte Polizisten gewesen, die einen Ausweis und Geld von ihm verlangt hätten. Nach den Gründen für das Aufenthaltsverbot in Deutschland befragt, gab der Beschwerdeführer an, dies nicht genau zu wissen. Nach einem zweimonatigen Aufenthalt bei seiner Schwester in Frankreich sei ihm in Deutschland von der Ausländerbehörde mitgeteilt worden, dass er ein Serbe sei und freiwillig zurückkehren solle. Er sei dann am 22.10.2007 freiwillig ausgereist. Danach befragt, weshalb in Ungarn ein Aufenthaltsverbot gegen ihn bestehe, erklärte der Beschwerdeführer, dass man ihn dort festgenommen habe, weil er mit einem gefälschten Ausweis illegal eingereist sei. Die Frage, ob gegen ihn in seiner Heimat ein Gerichtsverfahren anhängig sei, verneinte der Beschwerdeführer mit der Erklärung, dass die Polizei seine gefälschten Papiere - einen serbischer Personalausweis, einen italienischen Führerschein und eine Aufenthaltsberechtigung für Italien - sichergestellt und ihm angekündigt habe, diese an ein Gericht weiterzuleiten. Er habe aber nichts mehr bekommen, da er ja ausgereist sei.
In einer Einvernahme beim Bundesasylamt am 01.10.2009 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er nach seiner Rückkehr aus Deutschland im Jahr 2007 zuerst in Belgrad und dann in der Gemeinde N gewesen sei. In N habe er sich etwa drei oder vier Monate bei einer alten Frau aufgehalten, dann sei er in die Vojvodina gegangen und letztlich nach Österreich gereist. In N habe er Probleme mit den Nachbarn gehabt. Es habe Beschimpfungen gegeben und sei er aufgefordert worden, Serbien zu verlassen. Der Beschwerdeführer konnte weder seine Wohnadresse in N, noch Namen und Wohnadressen der Nachbarn bzw. sonstige Hintergründe zu den Problemen schildern. Der Beschwerdeführer habe Serbien ursprünglich mit seiner Familie 1990 verlassen. Er habe nichts in Serbien. Seine Mutter habe früher ein Haus gehabt, welches weg sei. Er habe nie einen serbischen Reisepass besessen und sei staatenlos. Befragt, ob er außer den Problemen mit den Nachbarn irgendwelche anderen Probleme in Serbien gehabt habe, erklärte der Beschwerdeführer, dass er in Belgrad bei einer Polizeikontrolle ohne echte Papiere angetroffen worden sei. Er habe den Polizisten 100,- Euro gegeben und sei daraufhin in Ruhe gelassen worden.
In Beantwortung einer Anfrage an die Staatendokumentation vom 08.10.2009, ob der Beschwerdeführer - unter Angabe von Hintergrundinformationen - die serbische Staatsangehörigkeit besitze, wurde dem Bundesasylamt unter anderem ein E-Mail eines Attachés an der österreichischen Botschaft in Belgrad übermittelt, in dem letzterer ausführte, dass der Geburtsort N nach wie vor in Serbien liege und der Beschwerdeführer seit der Geburt "serbischer Staatsbürger (zumindest der Teilrepublik Serbien, infolge besteht die Rechtsnachfolge des Staates Serbiens) sei und/oder zumindest das Recht darauf" habe. Weiters wurde Bezug nehmend auf die Anfrage vom 08.10.2009 "allgemeine" Informationen der Staatendokumentation übermittelt sowie zur weiteren Erläuterung der Text des serbischen Staatsbürgergesetzes von 2007 in englischer Übersetzung und dessen Abänderung aus dem selben Jahr beigefügt. Den allgemeinen Informationen waren im Wesentlichen Hinweise zu den Voraussetzungen des Erwerbs der serbischen Staatsbürgerschaft für ehemalige Staatsbürger der SFRJ sowie der Modalitäten zu entnehmen. Dazu wurde konkret zu Angehörigen der Volksgruppe der Roma weiter ausgeführt:
"Ohne Geburtsurkunde und ohne Eintragung im Geburtenbuch, Daten der Eltern usw., geht die Verleihung der Staatsbürgerschaft nur sehr erschwert bzw. ist nicht möglich. Leider ist gerade das häufig der Gegenstand und spiegelt dieser Umstand die Situation der ethnischen Roma in Serbien wieder. Schätzungen gehen von bis zu 250.000 Roma aus, wobei mehr als 150.000 davon keine behördliche Registrierung haben. Das heißt: sind ohne Wohnsitz, haben keinen Geburtsnachweis und somit keinen Zugang zu ID-Dokumenten. In der Folge auch keine Sozialleistungen usw. Da zumeist auch deren Eltern über keine behördliche Registrierung verfügen, wird dies häufig auch ein Problem bei Rückübernahmefällen, da Serbien die betroffene Person in keiner Evidenz hat und somit auch kein Heimreisezertifikat ausstellen kann."
2. Mit dem nunmehr angefochtenen oben angeführten Bescheid des Bundesasylamtes wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gem. § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und ihm der Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 leg.cit. der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Serbien nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.), wobei gleichzeitig seine Ausweisung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 leg.cit. ausgesprochen (Spruchpunkt III.) wurde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubwürdig sei, da er die vorgebrachten Probleme mit Nachbarn und Polizisten nicht konkretisieren habe können. Auch eine Existenzbedrohung sei weder behauptet noch erkennbar gewesen. Unabhängig davon sei eine Schutzgewährung der Sicherheitseinrichtungen jedenfalls gegeben, wobei die diesbezügliche Untätigkeit des Beschwerdeführers, den Schutz der Behörden in Anspruch zu nehmen, unerklärlich sei. Bezüglich der allgemeinen Situation der Roma werde auf die zuvor getroffenen zur Situation im Herkunftsland verwiesen. Hinsichtlich der Staatsbürgerschaft wurde Serbien angenommen.
3. Dagegen wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Die in Deutsch verfasste Beschwerdeschrift wurde offenbar vom Beschwerdeführer verfasst, der im Wesentlichen zu entnehmen war, dass eine serbische Staatsbürgerschaft vom Beschwerdeführer bestritten werde und er in Serbien von "Nachban Olizaj und Miditer" verfolgt worden sei.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (AsylG 2005, BGBL. I Nr. 100 i.d.g.F. BGBl. I Nr. 135/2009) in Kraft getreten und ist auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz unter Beachtung der Bestimmungen der §§ 73 und 75 AsylG 2005 i.d.g.F. anzuwenden.
Soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 nicht anderes ergibt, sind gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
2. Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen. Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.
Der Gesetzgeber hat in Asylsachen ein Verfahren vor dem Bundesasylamt mit nachgeordneter Kontrolle durch den Asylgerichtshof eingerichtet. In diesem Verfahren hat bereits das Bundesasylamt den gesamten für die Entscheidung über den Asylantrag relevanten Sachverhalt zu ermitteln, und es ist gemäß § 19 Abs. 2 AsylG grundsätzlich verpflichtet, den Asylwerber dazu persönlich zu vernehmen. Diese Anordnungen würden aber unterlaufen, wenn ein Ermittlungsverfahren vor dem Bundesasylamt unterbliebe und somit nahezu das gesamte Verfahren vor den Asylgerichtshof verlagert würde, sodass die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen zur bloßen Formsache würde. Das wäre etwa der Fall, wenn es das Bundesasylamt ablehnte, auf das Vorbringen des Asylwerbers sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen. Es liegt nicht im Sinne des Gesetzes, wenn es das Kontrollorgan ist, das erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und beurteilt, sodass es die umfassende Kontrollbefugnis nicht wahrnehmen kann. Dies spricht auch bei Bedachtnahme auf eine mögliche Verlängerung des Gesamtverfahrens dafür, nach § 66 Abs. 2 AVG vorzugehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem in ständiger Rechtsprechung, etwa in den Erkenntnissen vom 21.11.2002, Zahlen 2000/20/0084 und 2002/20/0315 Kriterien für die Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG im Asylberufungsverfahren vor dem unabhängigen Bundesasylsenat (UBAS) aufgestellt, wonach die verfassungsrechtliche Funktion des damaligen unabhängigen Bundesasylsenats als einer obersten Berufungsbehörde ausgehöhlt würde und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert würde, "wenn sich das Asylverfahren einem erstinstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf das Verfahren einzuführen."
Gleiches muss für den nunmehr als Nachfolgebehörde des UBAS eingerichteten Asylgerichtshof gelten, der über Bescheide der Verwaltungsbehörden in Asylsachen erkennt und somit eine überprüfende Funktion einnimmt.
3.1. Der Beschwerdeführer brachte vor dem Bundesasylamt im Wesentlichen vor, dass er staatenlos sei und in Serbien mit Nachbarn und Polizisten Probleme habe, wobei diese von Beschimpfungen, Drohungen bis hin zu Misshandlungen reichen würden. Bezüglich der Polizei nannte der Beschwerdeführer konkret immer wieder Probleme im Zusammenhang mit seinen nicht vorhandenen (vgl. As, 119 205) bzw. gefälschten (vgl. 127) Dokumenten.
Das Bundesasylamt ging im Wesentlichen - ohne dies jedoch näher zu begründen -von einer serbischen Staatsbürgerschaft sowie der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers aus. Letztere wurde vom Bundesasylamt mit der Detailarmut des Vorbringens argumentiert.
3.2. Im vorliegenden Fall hat es das Bundesasylamt verabsäumt, sich ausreichend mit der Person des Beschwerdeführers und in weiterer Folge mit seinem Vorbringen auseinanderzusetzen.
Nach Durchsicht der Einvernahmeprotokolle fällt bereits auf, dass der Beschwerdeführer anlässlich der Befragung zu seinen "gesprochenen Sprachen" sechs Sprachen - darunter Deutsch an erster Stelle - nannte, seine Kenntnisse dazu gleichermaßen als "gut" einschätzte, jedoch weder Kenntnisse in "Serbisch" bzw. "Serbokroatisch" oder "Bosnisch" anführte (vgl. As 21). Diese Auffälligkeit wurde vom Bundesasylamt offenbar stillschweigend zu Kenntnis genommen, ohne den Versuch zu unternehmen, diesbezüglich den Beschwerdeführer hinsichtlich eines allfälligen Versehens oder Missverständnisses zu befragen, was angesichts dessen Vorbringens hinsichtlich der Probleme in Serbien jedenfalls unerlässlich gewesen wäre. Dessen ungeachtet steht auch nicht fest, welche Muttersprache der Beschwerdeführer spricht. Insbesondere angesichts der vom Beschwerdeführer handschriftlich verfassten Beschwerde konnte dessen Selbsteinschätzung, wonach er Deutsch "in Wort und Schrift" beherrschen würde, nicht geteilt werden. Vielmehr entstand unabhängig von der Orthographie angesichts des äußerst dürftigen Sprachniveaus der Beschwerdeschrift der begründete Eindruck, dass der Beschwerdeführer zwar über entsprechende Deutschkenntnisse verfügt, welche ihn aber letztlich nicht dazu befähigen würden, komplexerer Sachverhalte ohne Einschränkungen wiederzugeben. Das Bundesasylamt ging offenbar von ausreichenden Deutschkenntnissen aus und zog zu den Einvernahmen keinen Dolmetscher zu. Die in den Einvernahmeprotokollen auftretenden Unstimmigkeiten erscheinen aber nur eingeschränkt geeignet, einen Rückschluss auf die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers zu ziehen, da sie ihrer Art nach auch teilweise auf eine eingeschränkte Sprachbeherrschung zurückzuführen sein könnten.
Das Bundesasylamt hat es weiters unterlassen, sich hinreichend mit den Problemen rund um die Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen. Der Beschwerdeführer behauptete diesbezüglich "staatenlos" zu sein und über keine Papiere zu verfügen. Dazu brachte er vor, dass seine Eltern aus der Provinz Kosovo stammen und er selbst in der Ortschaft N in Serbien in der damaligen "SFR Jugoslawien" geboren worden sei, im Alter von zwei Jahren nach Bosnien verzogen sei, wo er sich dann bis zu seiner Ausreise nach Deutschland im Jahr 1991 aufgehalten habe. Unter Zugrundelegung dieser Angaben führte eine Anfrage an die Staatendokumentation bzw. an einen Attaché an der österreichischen Botschaft in Belgrad zu der Einschätzung, dass der Beschwerdeführer zumindest Staatsbürger der ehemaligen Teilrepublik Serbien der SFR Jugoslawien gewesen bzw. über die Rechtsnachfolge der Republik Serbien originär serbischer Staatsbürger sein müsste und/oder zumindest das Recht auf die serbische Staatsbürgerschaft habe.
Das Bundesasylamt unterließ es zu diesem Punkt entsprechend konkrete und nachvollziehbare Ermittlungen im Bezug auf die in Frage kommenden Staatsbürgerschaftsgesetze anzustellen, sondern ging - ohne nähere Begründung - von einer serbischen Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers aus. Eine bosnische Staatsbürgerschaft, die sich aus dem behaupteten, bis zur Ausreise nach Deutschland über etwa 14 Jahre andauernden Aufenthalt des Beschwerdeführers in der damaligen Teilrepublik Bosnien und Herzegowina, hypothetisch ergeben hätte können, wurde vom Bundesasylamt erst gar nicht in Erwägung gezogen.
Das Bundesasylamt hat es aber auch nicht in Erwägung gezogen, Ermittlungen hinsichtlich einer tatsächlichen Registrierung des Beschwerdeführers in Serbien zu unternehmen. Hierfür lagen aber mehrere Indizien vor, die abzuklären gewesen wären. So ist dem Antwortschreiben der ungarischen Behörden vom 24.02.2009 zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer im Juni 2008 offenbar im Besitz eines auf seine Person lautenden serbischen Personalausweises gewesen sei, wobei auch die konkrete Ausweisnummer angegeben wurde (vgl. As 93). Gleichwohl der Beschwerdeführer diesbezüglich behauptete, dass der Personalausweis gefälscht worden wäre (vgl. As 125), findet sich hierfür im Schreiben der ungarischen Behörden kein Hinweis. Auf eine Überprüfung der Ausweisnummer durch einen Vertrauensanwalt bzw. der Weitergabe dieser Information an den Attaché an der österreichischen Botschaft in Belgrad, der sich noch ausdrücklich nach einem Personaldokument, welches auf die Identität des AW hinweist (vgl. As 215), erkundigte, wurde gänzlich verzichtet. Auch wurden diesbezüglich keine Erkundigungen bei den ungarischen Behörden eingeholt. Die Angaben des Beschwerdeführers, wonach er bei seiner "freiwilligen" Ausreise aus Deutschland im Jahr 2007 "von Botschaftsangehörigen zum Flughafen begleitet" worden wäre, deuten auf eine entsprechende Registrierung hin. In diesem Zusammenhang unterließ es das Bundesasylamt aber völlig, den Beschwerdeführer dazu näher zu befragen bzw. eine Anfrage an die deutschen Behörden zu richten.
Dies erweist sich aber letztlich als schwerwiegender Mangel, zumal insbesondere der Frage der Registrierung bzw. dem Besitz von Personaldokumenten angesichts des Vorbringens des Beschwerdeführers, wonach sein Nichtbesitz von echten Personaldokumenten zu Problemen mit der serbischen Polizei geführt habe, die mit Misshandlungen verbunden gewesen wären (vgl. As 119), eine entscheidende Bedeutung zukommt. Unabhängig davon sind die Registrierung bzw. der Besitz von Personaldokumenten Voraussetzung für den Zugang zu sozialen und gesundheitlichen Grundleistungen in Serbien, wobei der Beschwerdeführer bereits aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit sowie dem völligen Fehlen von Angehörigen einer schwierigen existentiellen Situation in Serbien ausgesetzt wäre. In diesem Zusammenhang wurden jedoch in der Anfragebeantwortung die Erfolgsausichten, ohne Papiere und Geburtenbucheintragung die Verleihung einer Staatsbürgerschaft zu erlangen als "sehr erschwert bis unmöglich" eingestuft, wobei insbesondere Roma häufig von diesem Problem betroffen wären. Diese Erhebungsergebnisse wurden seitens des Bundesasylamts in der Beweiswürdigung aber offensichtlich ignoriert. Konsequenterweise wurde der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang aber auch nicht konkret dazu befragt, weshalb er keine serbischen Personaldokumente besessen habe bzw. ob ihm die Ausstellung von Personaldokumenten überhaupt, und wenn, aus welchen Gründen, verweigert worden wären. Angesichts der vom Bundesasylamt getroffenen Feststellungen zur Situation der Volksgruppe der Roma in Serbien, die trotz eines Diskriminierungsverbotes und der grundsätzlichen Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der Sicherheitsbehörden dennoch verschiedenen Formen von Diskriminierungen und sogar physischen Übergriffen ausgesetzt wären, wobei sie nicht immer den vollen Schutz der Gesetze erhalten würden und einzelnen Benachteiligungen durch die Polizei ausgesetzt wären, reicht die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes letztlich nicht aus, die angeführten unterlassenen Ermittlungsschritte zu ersetzen.
Somit ist aber der vom Bundesaylamt ermittelte Sachverhalt aufgrund der angeführten Versäumnisse ungeeignet, eine sachgerechte Überprüfung des Vorbringens des Beschwerdeführers ohne weitere Erhebungen durchzuführen, wobei weder dem Vorbringen per se die Asylrelevanz abgesprochen werden kann, noch hinsichtlich der Beurteilung ein vom bekämpften Bescheid abweichendes Ergebnis a priori auszuschließen ist.
4. Im vorliegenden Fall ist das erstinstanzliche Verfahren somit mit erheblichen Verfahrensmängeln behaftet, wobei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Der Asylgerichtshof macht im gegenständlichen Fall von der ihm in § 66 Abs. 3 AVG eingeräumten Möglichkeit der unmittelbaren Beweisaufnahme nicht Gebrauch, da hierdurch keine Ersparnis an Zeit und Kosten zu erwarten ist. Hierbei wird das Bundesasylamt angewiesen, die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers bzw. dessen Status in Serbien - allenfalls unter Auskunftsersuchen an die deutschen bzw. ungarischen Behörden bzw. unter Zuhilfenahme eines Vertrauensanwalts - nachvollziehbar und zweifelsfrei zu ermitteln, ihn im Beisein eines Dolmetschers seiner Muttersprache einzuvernehmen, und letztlich auch seine Serbisch-Kenntnisse zu ermitteln.
5. Da auf Grund der unter Punkt II.4. angestellten Erwägungen auch nicht gesagt werden kann, dass die unmittelbare Beweisaufnahme durch den Asylgerichtshof bei einer Gesamtbetrachtung zu einer Ersparnis an Zeit und Kosten führen würde, war spruchgemäß zu entscheiden.