TE OGH 2009/1/28 1Ob256/08s

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Veröffentlicht am 28.01.2009
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der beim Bezirksgericht Wels zu 17 P 125/03s anhängigen Sachwalterschaftssache des Betroffenen Anton S*****, über den Revisionsrekurs des zum einstweiligen Sachwalter bestellten Dr. Ernst C*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 24. Oktober 2007, GZ 21 R 356/07p-290, womit (ua) der Rekurs des einstweiligen Sachwalters gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Wels vom 13. Juni 2007, GZ 17 P 125/03s-231, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Das Erstgericht bestellte Dr. C***** zum einstweiligen Sachwalter des Betroffenen gemäß § 120 AußStrG zur Besorgung dringender Angelegenheiten im Rahmen der Vertretung vor Ämtern, Gerichten und Behörden.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Betroffenen nicht Folge, wies den Rekurs des einstweiligen Sachwalters zurück und sprach aus, dass gegen diese Zurückweisung des Rekurses der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil noch keine Entscheidung des Höchstgerichts zur Frage, ob der einstweilige Sachwalter seine Bestellung auch mit dem Argument, es sei gar kein einstweiliger Sachwalter zu bestellen, anfechten könne, existiere. Nach der Judikatur zu § 238 Abs 2 AußStrG aF habe der nach dieser Bestimmung bestellte einstweilige Sachwalter seine Bestellung nur insoweit anfechten können, als in seine eigenen Interessen eingegriffen worden sei. § 127 AußStrG nF zähle die im Bestellungsverfahren rekursberechtigten Personen auf; der einstweilige Sachwalter werde dort nicht erwähnt, sondern neben dem Betroffenen und seinem Vertreter sowie bestimmten nächsten Angehörigen bloß der Verfahrenssachwalter und die Person, die zum Sachwalter bestellt werden solle. Der Oberste Gerichtshof habe zu dieser Bestimmung ausgesprochen, dass nunmehr auch diejenige Person, die im angefochtenen Beschluss als (endgültiger) Sachwalter bestellt worden sei, ungeachtet dessen, dass die Sachwalterbestellung noch nicht rechtskräftig sei, auch im Namen und Interesse des Betroffenen Rekurs gegen die Sachwalterbestellung erheben könne. Das gelte aber nicht für den einstweiligen Sachwalter. § 120 AußStrG verweise nicht auf § 127 AußStrG.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs des einstweiligen Sachwalters ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Gemäß § 127 AußStrG steht der Rekurs im Bestellungsverfahren der betroffenen Person, ihrem Vertreter, dem Verfahrenssachwalter, der Person, die zum Sachwalter bestellt werden soll, und den nächsten Angehörigen zu, deren Vertretungsbefugnis im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis registriert ist.

In der Literatur finden sich zur Rechtsmittellegitimation des einstweiligen Sachwalters auszugsweise folgende Stellungnahmen:

Der einstweilige Sachwalter hat im Sachwalterverfahren - im Unterschied zum Verfahrenssachwalter - keine Funktion. Nur dringende Angelegenheiten außerhalb des Sachwalterbestellungsverfahrens rechtfertigen zum Wohl des Betroffenen die erforderlichen Maßnahmen, zB Unterbringung im Pflegeheim, Fristeinhaltung in Prozessen bzw Kündigungsverfahren oder dringende Vermögensverwaltungsmaßnahmen (Maurer, Das österreichische Sachwalterrecht in der Praxis3 § 120 AußStrG Rz 1). Personen, die in § 127 AußStrG nicht genannt sind, haben kein diesbezügliches Rechtsmittelrecht (Maurer, aaO § 127 AußStrG Rz 4). Hinsichtlich der Rechtsmittelvorschriften ist zwischen dem Verfahrenssachwalter und dem einstweiligen Sachwalter zu unterscheiden. Der Verfahrenssachwalter ist als Vertreter des Betroffenen in § 127 AußStrG als Rekursberechtigter erwähnt. Das gilt nicht für den einstweiligen Sachwalter, der somit gegen den Sachwalterbestellungsbeschluss keine Rechtsmittellegitimation hat. Dem einstweiligen Sachwalter stehen daher außer den allgemeinen Rechtsbehelfen ausschließlich die Rechtsmittel der §§ 45 ff AußStrG im Rahmen seines Wirkungskreises zur Verfügung. Den Beschluss über die Bestellung eines Sachwalters nach § 268 ABGB oder den Einstellungsbeschluss (§ 122 AußStrG) kann er nicht anfechten (Maurer, aaO § 120 AußStrG Rz 18).

Dem einstweiligen Sachwalter steht kein Rekursrecht zu; er ist - seiner Funktion entsprechend - nicht berechtigt, im Bestellungsverfahren für die betroffene Person aufzutreten (Zankl/Mondel in Rechberger, AußStrG § 127 Rz 1; Hengl/Mänhardt in Barth/Ganner, Handbuch des Sachwalterrechts, 563).

Der einstweilige Sachwalter kann in das Bestellungsverfahren selbst nicht eingreifen und nicht für den Betroffenen auftreten. Die Vertretung im Bestellungsverfahren hat nur der Verfahrenssachwalter bzw der gesetzliche oder gewillkürte Vertreter zu besorgen. Der einstweilige Sachwalter selbst kann seine Bestellung nur dann anfechten, wenn in seine eigene Rechtssphäre eingegriffen wird (Feil/Marent, AußStrG2 § 120 Rz 1 und 8).

Der Oberste Gerichtshof sprach in der Entscheidung 6 Ob 201/05k aus, dass § 127 erster Satz AußStrG dahin auszulegen sei, dass - in Abkehr von der Rechtsprechung zu § 249 Abs 2 AußStrG aF - auch diejenige Person, die im angefochtenen Beschluss als (endgültiger) Sachwalter bestellt worden sei, ungeachtet dessen, dass die Sachwalterbestellung noch nicht rechtskräftig ist, (auch) im Namen und Interesse des Betroffenen Rekurs gegen die Sachwalterbestellung erheben könne.

Zu 6 Ob 284/05s wurde ausgeführt, dass auch ein noch nicht wirksam bestellter Sachwalter ein Rekursrecht gegen seine Bestellung habe. Dies sei zumindest dort naheliegend, wo es um seine eigenen Rechte und Pflichten gehe. Er solle nach der neuen Rechtslage aber nunmehr auch im Namen des Betroffenen Rekurs erheben können.

In der Entscheidung 5 Ob 44/06s ging der Oberste Gerichtshof unter Bezugnahme auf § 127 AußStrG davon aus, dass der einstweilige Sachwalter - der auch zum Verfahrenssachwalter bestellt war - in eigenem Namen rechtsmittellegitimiert sei.

Die in den zitierten Entscheidungen bejahte Rechtsmittellegitimation findet jeweils im Wortlaut des § 127 AußStrG Deckung, da dort sowohl dem Verfahrenssachwalter als auch „der Person, die zum Sachwalter bestellt werden soll" - das ist der vom Gericht (allerdings noch nicht rechtskräftig) bestellte (endgültige) Sachwalter (vgl ErläutRV, abgedruckt bei Fucik/Kloiber, AußStrG § 127 vor Rz 1) - die Rekurslegitimation zugesprochen wird.

Der einstweilige Sachwalter ist hingegen in § 127 AußStrG nicht genannt. Es besteht auch keine sachliche Rechtfertigung, ihm eine Rechtsmittelbefugnis im Interesse des Betroffenen - etwa im Wege der Analogie - zuzuerkennen. Schließlich beschränkt sich die Aufgabenstellung des einstweiligen Sachwalters nach § 120 AußStrG auf die Besorgung dringender Angelegenheiten des Betroffenen außerhalb des Sachwalterbestellungsverfahrens und wurde im konkreten Fall dem Betroffenen zur Vertretung seiner Interessen im Bestellungsverfahren ohnehin ein Verfahrenssachwalter nach § 119 AußStrG bestellt. Der einstweilige Sachwalter kann seine Bestellung nur dann anfechten, wenn in seine eigene Rechtssphäre eingegriffen wird (Feil/Marent, aaO § 120 Rz 8).

Im vorliegenden Fall schritt der einstweilige Sachwalter zwar im eigenen Namen, jedoch ersichtlich im Interesse des Betroffenen ein, zumal er - zusammengefasst - geltend machte, dass das Wohl des Betroffenen die Bestellung eines einstweiligen Sachwalters nicht erfordert hätte. Diesbezüglich fehlt es ihm jedoch - wie oben begründet - an der Rechtsmittellegitimation.

Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Textnummer

E90096

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0010OB00256.08S.0128.000

Im RIS seit

27.02.2009

Zuletzt aktualisiert am

05.04.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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