TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/24 B5 258477-2/2008

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Veröffentlicht am 24.07.2008
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Spruch

GZ. B5 258.477-2/2008/2E

 

ERKENNNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Elmar SAMSINGER als Vorsitzender und den Richter Mag. Gregor MORAWETZ als Beisitzer über die Beschwerde des C. S., geb. 1977, StA. Kosovo, vom 15.07.2008 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.07.2008, FZ. 08 05.458-EAST Ost, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1991, BGBl. Nr. 51 idgF und § 10 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idgF, als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. 1. Die beschwerdeführende Partei reiste erstmals am 07.02.2005 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag. Sie ist laut eigenen Angaben Einwohner des Kosovo, gehört der albanischen Volksgruppe an, ist muslimischen Bekenntnisses und war im Heimatstaat zuletzt wohnhaft in G.. Vom Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, im Beisein eines Dolmetschers der albanischen Sprache einvernommen, wurde von der beschwerdeführenden Partei als Fluchtgrund im Wesentlichen angegeben, dass sie einfaches LDK-Mitglied sei und im September 2004 von zwei maskierten Männern angehalten worden wäre, die von ihr verlangt hätten, dass sie mit ihnen zusammenarbeiten solle. Es sei dies kurz vor den Wahlen gewesen und die beschwerdeführende Partei wäre in der Folge ständig verfolgt worden. Man hätte sie zwingen wollen mitzumachen, was sie abgelehnt habe. Bei der Polizei habe sie den Vorfall nicht melden dürfen, da sie sonst in Lebensgefahr gewesen wäre.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.02.2005, Zl. 05 01.750-EAST Ost, wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der beschwerdeführenden Partei in den Kosovo gemäß § 8 Abs. 1 leg.cit. für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.), und gleichzeitig deren Ausweisung gemäß § 8 Abs. 2 leg.cit. ausgesprochen (Spruchpunkt III.). Der Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei am 25.02.2005 zugestellt. Gegen den Bescheid wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben.

 

Vor dem unabhängigen Bundesasylsenat wurde von der beschwerdeführenden Partei in einer mündlichen Berufungsverhandlung am 19.02.2008 im Wesentlichen wie bisher vorgebracht und weiter, dass sie Vertraute von zwei ehemaligen Kommandanten der FARK, Z. T. und O. A., gewesen sei. Diese wären 2003 bzw. 2005 im Kosovo ermordet worden, da sie Gegner von Haradinaj und Thaqi gewesen wären und sie einiges über diese geschrieben hätten. Die beschwerdeführende Partei hätte mit den beiden in Deutschland zusammengearbeitet und dies wäre der Grund, warum sie seinerzeit im Kosovo von den Maskierten angehalten und im Falle ihrer Rückkehr gefährdet wäre. Ein Cousin der beschwerdeführenden Partei sei mit ihr verwechselt worden und Anfang 2006 von maskierten Männern für acht Tage lang festgehalten worden. Ansonsten hätte die beschwerdeführende Partei keine Probleme im Kosovo.

 

Die Berufung der beschwerdeführenden Partei wurde mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenats vom 20.02.2008, Zl. 258.477/0/6E-VII/43/05, in allen Spruchpunkten abgewiesen. Der Bescheid wurde am 22.02.2008 zugestellt und erwuchs in Rechtskraft. Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 06.05.2008, Zl. 2008/01/0246-4, abgelehnt.

 

2. Am 25.06.2008 stellte die beschwerdeführende Partei erneut einen Antrag auf internationalen Schutz. In der niederschriftlichen Einvernahme vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 25.06.2008 sowie in zwei Einvernahmen beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, am 30.06.2008 und 03.07.2008, jeweils im Beisein eines Dolmetschers der albanischen Sprache, wiederholte die beschwerdeführende Partei zu ihren Fluchtgründen befragt im Wesentlichen ihr ursprüngliches Vorbringen, und gab ergänzend an, dass sie im April oder Mai 2008 einen Verwandten zu ihrer Verlobten in den Kosovo geschickt hätte, um das Verlöbnis zu lösen. Die Verlobung habe im Mai 2004 stattgefunden und sei von den Eltern der beschwerdeführenden Partei arrangiert worden. Nunmehr würden die Verwandten der Verlobten aus Rache der beschwerdeführenden Partei nach dem Leben trachten. Auch werde der Vater der beschwerdeführenden Partei wegen der Summe, die sich letztere ausgeborgt habe, um ihre Flucht zu finanzieren, und bisher nicht zurückbezahlt habe, bedroht. Den Namen der Person, von welcher sie sich das Geld ausgeleiht habe, wollte die beschwerdeführende Partei nicht nennen, weil sie nicht wolle, dass bei diesem die Polizei auftauche. Dieses Problem würde seit eineinhalb Jahren bestehen. Die beschwerdeführende Partei habe keine familiären oder beruflichen Bindungen in Österreich. Weiters nannte die beschwerdeführende Partei namentlich zwei Zeugen, die ihre Angaben bestätigen könnten, da sie aus den gleichen Gründen wie sie selbst aus dem Kosovo geflohen wären. Den einen Zeugen kenne die beschwerdeführende Partei seit ungefähr zwei Jahren, und sei dieser ihr von dem anderen Zeugen unter dem Hinweis vorgestellt worden, dass dieser über ihre Verfolgung Bescheid wüsste. Beide würden in Wien leben, doch kenne die beschwerdeführende Partei ihre Adressen nicht.

 

Am 30.06.2008 wurde von der beschwerdeführenden Partei eine "Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG", übernommen, der zufolge beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 AVG zurückzuweisen. Die Mitteilung wurde am gleichen Tag per Fax dem Vertreter der beschwerdeführenden Partei zugesandt.

 

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.), und wies gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG die beschwerdeführende Partei aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Kosovo aus (Spruchpunkt II.). Begründend wurde ausgeführt, dass die beschwerdeführende Partei zur Begründung ihres Antrages auf internationalen Schutz ausschließlich Umstände geltend gemacht habe, die ihrer Schilderung zufolge schon während des ersten Asylverfahrens bestanden hätten und somit eine bereits entschiedene Sache vorliege. Das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, insbesondere auch hinsichtlich der Bedrohung durch die aufgelöste Verlobung wurde als im Kern unglaubwürdig befunden. Der Bescheid wurde am 04.07.2008 zugestellt.

 

4. Gegen den Bescheid wurde innerhalb offener Frist durch den rechtsfreundlichen Vertreter der beschwerdeführenden Partei Beschwerde erhoben. Darin wurde das ursprüngliche Vorbringen der beschwerdeführenden Partei wiederholt, wonach letztere im Kosovo von Angehörigen einer Organisation bedroht werde, der sie nicht beitreten habe wollen. Konkrete Argumente gegen die Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung des Bundesasylamts wurden nicht vorgebracht.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Laut Artikel 129 Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG) sind zur Sicherung der Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern, der Asylgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof berufen. Gemäß Artikel 129c B-VG erkennt der Asylgerichtshof nach Erschöpfung des Instanzenzuges über Bescheide der Verwaltungsbehörden in Asylsachen und über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Asylsachen.

 

Laut § 9 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, sofern bundesgesetzlich nicht die Entscheidung durch Einzelrichter oder verstärkte Senate (Kammersenate) vorgesehen ist. Gemäß § 22 Abs. 1 AsylG 2005 ergehen Entscheidungen des Asylgerichtshofs in der Sache selbst in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses.

 

Soweit sich aus dem B-VG, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, sind gemäß § 22 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (AsylG 2005, BGBL. I Nr. 100 i.d.g.F. BGBl. I Nr. 4/2008) in Kraft getreten und ist auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.

 

2. Zur Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

 

2.1. Gemäß 75 Abs. 4 AsylG begründen ab- oder zurückweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).

 

2.2. Nach § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, welche die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, (außer in den Fällen der §§ 69 und 71 AVG) wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist als Vergleichsbescheid derjenige Bescheid heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. VwGH 15.11.2000, Zl. 2000/01/0184; 16. 7. 2003, Zl. 2000/01/0440; VwGH 26.07.2005, Zl. 2005/20/0226; vgl. weiters Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), E 104 zu § 68 AVG).

 

Im vorliegenden Fall ist daher als Vergleichsbescheid der Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 20.02.2008, Zl. 258.477/0/6E-VII/43/05, heranzuziehen. Dieser wurde dem Vertreter der beschwerdeführenden Partei am 22.02.2008 zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

 

2.3. Im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG liegen verschiedene "Sachen" vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern. Es kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen nach § 28 AsylG - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind; in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden. Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht. Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, in dem weitere von der Rechtsprechung entwickelte Rechtssätze zu § 68 AVG, insbesondere mit Beziehung auf das Asylverfahren, wiedergegebenen werden, und daran anschließend VwGH vom 20.03.2003, Zl. 99/20/0480 mwN; vgl. auch VwGH vom 25.04.2002, 2000/07/0235; VwGH vom 04.11.2004, Zl. 2002/20/0391, VwGH vom 15.03.2006, Zl. 2006/18/0020; VwGH vom 25.04.2007, Zl. 2005/20/0300 und 2004/20/0100).

 

2.4. Für den Asylgerichtshof ist Sache des gegenständlichen Verfahrens im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG demnach ausschließlich die Frage, ob das Bundesasylamt den neuerlichen Asylantrag zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

 

Dies ist nach Auffassung des Asylgerichtshofes zum einem deshalb der Fall, weil sich das auf eine mögliche Verfolgung in Kosovo betreffende ursprüngliche Vorbringen der beschwerdeführenden Partei zum zweiten Antrag, nämlich von maskierten Männern wegen ihrer Verweigerung einer Zusammenarbeit bzw. wegen ihrer Verbindung zu zwei ehemaligen Kommandanten der FARK, auf ihre bereits im ersten Asylverfahren vorgebrachten Fluchtgründe bezieht, wobei in diesem Zusammenhang auf keine Vorkommnisse Bezug genommen wurde, die sich nach Abschluss der mündlichen Berufungsverhandlung am 19.02.2008 ereignet hätten. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die beschwerdeführende Partei die für dieses Vorbringen namhaft gemachten Zeugen laut eigenen Angaben bereits zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung kannte, wobei ihr der eine Zeuge bereits vor ungefähr zwei Jahren von dem anderen Zeugen vorgestellt worden sei, weil er über die Verfolgung der beschwerdeführenden Partei Bescheid wüsste (vgl Oz 91). Somit hätte die beschwerdeführende Partei die Zeugen aber bereits in ihrem ersten Asylverfahren benennen können. In der Beschwerdesschrift wurde die Nichteinvernahme der Zeugen auch nicht weiter gerügt bzw. deren Einvernahme nicht beantragt.

 

Bezüglich des Vorbringens der beschwerdeführenden Partei, dass ihr Vater bzw. sie selbst im Kosovo von einer Person bedroht werde, dem sie Geld schulde, gilt dasselbe, zumal hierzu ausgeführt wurde, dass dieses Problem seit eineinhalb Jahren bestehe (vgl. Oz 57).

 

Unabhängig davon ist anzumerken, dass dieses Vorbringen für sich genommen auch nicht auf die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe zurückzuführen ist, da es sich hierbei um eine Bedrohung durch Privatpersonen aus vermögensrechtlichen Gründen handelt (vgl. VwGH vom 30.06.2005, 2002/20/0205; VwGH vom 23.11.2006, 2005/20/0551-6, VwGH-Beschluss vom 29.06.2006, 2002/20/0167-7). Somit kommt dem Vorbringen aber keine Asylrelevanz zu und steht einer Entscheidung wegen entschiedener Sache nicht entgegen (vgl. VwGH 24.8.2004, 2003/01/0591-6). Unabhängig davon fehlen aber auch konkrete Hinweise, dass dem Herkunftsstaat grundsätzlich sowohl der Wille als auch die Fähigkeit fehlen, seine Bürger vor den Gefahren eines befürchteten kriminellen Übergriffs ausreichend zu schützen. Hierfür sprechen allein schon die Angaben der beschwerdeführenden Partei selbst, die den Namen ihres Gläubigers nicht nennen wollte, weil sie befürchtete, dass ihre diesbezüglichen Beschuldigungen bei der Polizei im Kosovo bekannt werden könnten und diese dann bei ihrem Gläubiger auftauchen könnten (vgl. As 57-58). Auch aus den vom Bundesasylamt im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen geht hervor, dass die Sicherheitskräfte im Kosovo strafrechtliche Anzeigen grundsätzlich verfolgen (vgl. S. 29 bekämpfter Bescheid).

 

Gleiches gilt aber auch für das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, von den Angehörigen ihrer ehemaligen Verlobten wegen der Auflösung des Verlöbnisses bedroht zu werden. Bei diesem behaupteten Bedrohungsszenario handelt es sich offenbar ebenso um eine Auseinandersetzung im Privatbereich aus persönlichen Vergeltungsmotiven, die auf keine die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe zurückzuführen und somit nicht asylrelevant ist. Eine Bedrohung aufgrund der Familienzugehörigkeit kann angesichts der Angaben der beschwerdeführenden Partei jedenfalls nicht erkannt werden (vgl. VwGH vom 8.6.2000, 2000/20/0141; VwGH vom 22.08.2006, 2006/01/0251).

 

Hierzu ist letztlich darauf zu verweisen, dass die Bedrohung vom Bundesasylamt als im Kern unglaubwürdig eingestuft wurde, wobei dies in der Beschwerdeschrift ebenso nicht bemängelt wurde, sondern im Gegenteil die beiden letzteren Vorbringen gänzlich unerwähnt blieben.

 

Unter Zugrundelegung des oben ausgeführten liegen somit aber auch keine Umstände vor, die darauf hindeuten würden, dass die beschwerdeführende Partei bei einer Rückkehr in den Kosovo einer Gefährdungslage ausgesetzt wäre, die im Widerspruch zu Art. 2 oder 3 EMRK stehen würde. Dass eine derartige erhebliche Lageänderung im vorliegenden Herkunftsland eingetreten wäre, wonach jedem Abgeschobenen im Kosovo Gefahr für Leib und Leben in einem Maße drohen, dass die Ausweisung im Lichte des Art. 3 EMRK unzulässig wäre, kann unter Heranziehung der Länderfeststellungen des Bundesasylamts, die im Übrigen auch nicht bekämpft wurden, ebenso nicht festgestellt werden. Auch konnten keine Hinweise erkannt werden, dass die beschwerdeführende Partei bei einer Rückkehr in den Kosovo in eine aussichtlose Situation geraten würde, brachte diese doch selbst vor, dass sie im Kosovo ihren Lebensunterhalt ausreichend finanzieren konnte (vgl Oz 51).

 

Österreich hat die vom Kosovo am 17. Februar 2008 erklärte Unabhängigkeit anerkannt. Daher ist davon auszugehen, dass der Kosovo nicht mehr Teil Serbiens ist.

 

Der Vollständigkeit halber ist noch anzumerken, dass der bekämpfte Bescheid dem rechtsfreundlichen Vertreter der beschwerdeführenden Partei laut eigenen Angaben am 07.07.2008 tatsächlich zugekommen ist, weshalb ein allfälliger Zustellmangel gemäß § 9 Abs. 3 bzw. 7 ZustG 1982 i.d.F. BGBl. I Nr. 5/2008 als geheilt anzusehen ist.

 

Die Berufung gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides erweist sich daher als unbegründet.

 

3. Zur Entscheidung über die Ausweisung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

 

3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird. Gemäß § 10 Abs. 2 sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist. Gemäß § 10 Abs. 4 gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Eine Ausweisungsentscheidung nach § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist allerdings - trotz Vorliegen der Voraussetzungen der leg. cit.- unzulässig, wenn dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf das AsylG 2005 gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt (§ 10 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005) oder wenn die Ausweisung eine Verletzung von Art. 8 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in Folge: EMRK), darstellen würde.

 

3.2. Artikel 8 EMRK setzt das Bestehen einer Familie voraus und gelangt dann zur Anwendung, wenn im Zeitpunkt des Eingriffs ein reales Familienleben existiert. Das Familienleben im Sinne des Artikel 8 EMRK reicht über den Kreis der Kernfamilie hinaus, und kann auch die Großfamilie einschließen, sofern die Beteiligten durch die Führung eines gemeinsamen Haushaltes, durch spezifische Abhängigkeitsverhältnisse oder durch andere tatsächlich gelebte Bande miteinander verbunden sind (Vgl. EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458).

 

Die beschwerdeführende Partei machte keine familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte in Österreich geltend (vgl. Oz 91). Was zudem das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK verbürgte Recht auf Achtung des Privatlebens betrifft, so steht allein die Dauer des inländischen Aufenthaltes seit Februar 2005 mit Unterbrechungen einer Ausweisung nicht entgegen, zumal sich die beschwerdeführende Partei während ihrer gesamten Zeit in Österreich ausschließlich aufgrund ihrer wiederholten Asylverfahren aufhielt. Der beschwerdeführenden Partei musste aber bereits bei ihrer ersten Asylantragstellung im Jahre 2005 bewusst gewesen sein, dass die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nur für die Dauer des Asylverfahrens gilt. Im Übrigen liegen auch kaum Hinweise für eine derartige Integration bzw. Verfestigung der beschwerdeführenden Partei in Österreich vor, die einer Ausweisung im Hinblick auf Art 8 Abs. 1 EMRK entgegenstehen würde (Vgl dazu auch VfGH vom 29.09.2007, Zl. B1150/07).

 

Es ist im Übrigen unstrittig, dass der beschwerdeführenden Partei kein nicht auf das Asylgesetz 2005 gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt, weshalb auch die in § 10 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 vorgesehene Ausnahme nicht vorliegt.

 

4. Eine mündliche Verhandlung kann gemäß § 41 Abs. 7 AsylG 2005 unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67d AVG.

 

Von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte somit abgesehen werden, da das Bundesasylamt den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ausreichend ermittelt hat. Das Vorbringen in der Beschwerde deckt sich zur Gänze mit dem Vorbringen vor dem Bundesasylamt, ein darüber hinausgehendes Vorbringen wurde nichts erstattet. Eigene Ermittlungen des Asylgerichtshofes waren daher wegen geklärter Sachlage nicht mehr erforderlich, es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, Prozesshindernis der entschiedenen Sache, Sicherheitslage
Zuletzt aktualisiert am
20.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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