S4 401.329-1/2008/2E
Erkenntnis
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde des A. H., geb. 00.00.1981, StA. der Türkei, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, RA, Radetzkystraße 8, 8010 Graz, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.8.2008, Zahl: 08 03.618-EAST Ost, gem. § 66 Abs. 4 AVG iVm § 61 Abs. 3 Z 1 lit b des Asylgesetzes 2005 idgF (AsylG) zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 5 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AsylG abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Der Asylwerber ist Staatsangehöriger der Türkei und mittels eines gültigen, von Rumänien ausgestellten Visums über Bulgarien am 21.4.2008 in Rumänien eingereist, von wo aus er dann eigenen Angaben zufolge über Ungarn nach Österreich weiterreiste und am 23.4.2008 im Bundesgebiet ankam. Am selben Tag stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz (vgl. Aktenseite 9 des Verwaltungsaktes sowie E-Mail der bulgarischen Dublin-Behörde vom 16.5.2008; Schreiben der rumänischen Dublin-Behörde vom 6.5.2008 in dem dem Verwaltungsakt angeschlossenen Dublin-Akt).
Mit E-mail vom 29.5.2008 ersuchte Österreich Rumänien um Übernahme des Asylwerbers.
Rumänien hat sich mit Schreiben vom 3.6.2008 (Aktenseite 121 des Verwaltungsaktes) bereit erklärt, den Asylwerber gem. Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) aufzunehmen und seinen Asylantrag zu prüfen.
Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt am 25.6.2008 erklärte der Antragsteller nach Vorhalt, dass Rumänien zur Prüfung seines Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei, dass er noch nie in Rumänien gewesen wäre und sicher nicht dorthin gehen würde (Aktenseite 145 des Verwaltungsaktes).
Dieser Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.8.2008, Zahl: 08 03.618-EAST Ost, gem. § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und der Antragsteller gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Rumänien ausgewiesen.
Gegen diesen Bescheid hat der Asylwerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Beschwerde erhoben und hiebei im Wesentlichen geltend gemacht, dass er selbst niemals um ein rumänisches Visum angesucht habe, dies hätte gegebenenfalls sein Schlepper getan und möglicherweise auch ein entsprechendes Visum erhalten. Die Rückübernahmerklärung Rumäniens sei zu Unrecht erfolgt, da er nichts mit Rumänien zu tun habe. Weiters hätte sich die Erstbehörde mit den von ihm geltend gemachten Asylgründen zu befassen gehabt.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.
Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.
§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:
(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über
Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und
Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.
(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.
(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen
1. zurückweisende Bescheide
a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;
b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5
c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und
2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung
(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.
Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.
Gemäß § 5 Abs. 2 AsylG ist auch nach Abs. 1 vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesasylamt oder beim Asylgerichtshof offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.
Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.
Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.
Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Rumänien hat auf Grundlage des Art. Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) akzeptiert, den Asylwerber aufzunehmen und seinen Asylantrag zu prüfen.
Bereits das Bundesasylamt hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, darunter auch Feststellungen zum rumänischen Asylverfahren und dessen Praxis sowie zur Versorgungslage von Asylwerbern in Rumänien sowie die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage rechtsrichtig ausgeführt. Der Asylgerichtshof schließt sich den Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid hinsichtlich beider Spruchpunkte vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.
Soweit der Asylwerber in der Beschwerde vorbringt, dass die ihn betreffende Rückübernahme Rumäniens zu Unrecht erfolgt sei, da er niemals selbst um ein rumänisches Visum angesucht habe, ist zu entgegnen, dass seitens der rumänischen Dublin-Behörde klar bestätigt wurde, dass dem Asylwerber ein von 19.4.2008 bis 4.5.2008 gültiges Visum ausgestellt wurde (vgl. Schreiben der rumänischen Dublin-Behörde vom 6.5.2008, Dublin-Akt). Übereinstimmend erging seitens der bulgarischen Dublin-Behörde die Information, dass der Asylwerber in Rumänien von Bulgarien aus am 21.4.2008 mittels eines gültigen rumänischen Visums einreiste, sodass der Asylwerber jedenfalls unzweifelhaft zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung in Österreich am 23.4.2008 im Besitz eines auf seine Person ausgestellten gültigen Visums war.
Seine Angaben, wonach Rumänien zu Unrecht die Zustimmung zur Rückübernahme seiner Person erteilt hätte, da er sicher nicht selbst, sondern allenfalls sein Schlepper jenes Visum besorgt habe, vermögen an der wirksamen Zuständigkeitsbegründung Rumäniens insofern nichts zu ändern, als zuständigkeitsbegründend lediglich die Erteilung eines Visums ist, unabhängig davon, wie dieses erworben wurde, vorausgesetzt, das Visum ist für den Asylwerber selbst ausgestellt worden (Filzwieser/Liebminger, Dublin II-Verordnung2, 2006, K 28 zu Art. 9, Seite 92).
In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass letztlich selbst unter der hypothetischen Annahme, dass das Visum des Asylwerbers zwar tatsächlich für ihn, jedoch durch betrügerische Handlungen erschlichen worden sein sollte, dies nichts an der grundsätzlichen Zuständigkeit des visumerteilenden Mitgliedstaates, konkret an der Zuständigkeit Rumäniens, ändern könnte (vgl. Art 9 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) u. Filzwieser/Liebminger, Dublin II- VO2, 2006, K27 zu Art. 9).
Zum Vorbringen in der Beschwerde, wonach das Bundesasylamt sich mit den vom Asylwerber geltend gemachten Asylgründen auseinanderzusetzen gehabt hätte, ist auszuführen, dass die Beurteilung der vom Asylwerber geltend gemachten Gründe für das Verlassen seines Herkunftsstaates Türkei auf deren mögliche Asylrelevanz im gegenständlichen Verfahren, welches allein die Frage der Zuständigkeit zur Prüfung der gegenständlichen Asylanträge auf der Grundlage der Dublin II VO zum Inhalt hat, außer acht zu bleiben hat.
Der Vollständigkeit halber ist zu ergänzen, dass sich im Verfahren nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass der Beschwerdeführer an einer lebensbedrohenden Krankheit (im Endstadium), die überdies in Rumänien nicht behandelbar wäre, leidet, sodass nach der strengen Judikatur des EGMR zu Art. 3 EMRK seine Überstellung nach Rumänien nicht einmal ansatzweise eine für eine Verletzung seiner Rechte gem. Art. 3 EMRK (eine Verletzung seiner Rechte gemäß Art. 8 EMRK wurde seitens des Asylwerbers nicht behauptet und liegen hierfür auch keine Anhaltspunkte vor, da der Asylwerber keine Verwandtschaft in Österreich hat) relevante Gravität erreicht. Weiters ergibt sich aus den erstinstanzlichen Feststellungen zum rumänischen Asylverfahren bzw. zur Versorgungssituation von Asylwerbern in Rumänien (vgl. Seite 7 ff. des angefochtenen Bescheides), dass Fremde, die einen Asylantrag gestellt haben, neben der unentgeltlichen Unterstützung durch den UNHCR, nationale bzw. internationale NGO's und Rechtsvertreter auch freien Zugang zu allen erforderlichen Versorgungseinrichtungen haben, wobei auf Asylwerber mit besonderen Bedürfnissen mittels besonderer Einrichtungen eingegangen wird, sodass insgesamt betrachtet auch nicht zu befürchten ist, dass der Asylwerber im Falle seiner Überstellung nach Rumänien in eine existentielle Notlage geraten müsste. Ebenso ergibt sich aus den erstinstanzlichen Feststellungen, dass für Asylwerber in Rumänien das Recht auf freie medizinische Grund- und Notfallversorgung ambulant oder stationär in Krankenhäusern besteht, wobei auch auf diesem Gebiet Asylwerber mit besonderen Behandlungserfordernissen eine spezielle medizinische Betreuung erfahren.
Auch ist den erstinstanzlichen Feststellungen zu entnehmen, dass die rumänische Regierung ein umfassendes System zur Gewährung des Flüchtlings- bzw. Asylstatus iSd GFK geschaffen hat und "Refoulementschutz" für abgewiesene Asylwerber auch in der Praxis gewährt wird. Umstände, die darauf schließen ließen, dass der Antragsteller in Rumänien selbst einer unmenschlichen Behandlung iSd Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, sind vor dem Hintergrund der erstinstanzlichen Feststellungen somit letztlich ebenso wenig vorhanden, wie dass ihm Rumänien entsprechenden Schutz versagen würde, sofern ihm im Heimatstaat unmenschliche Behandlung drohen würde.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.