TE Vwgh Erkenntnis 2001/4/4 2001/09/0013

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Veröffentlicht am 04.04.2001
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §92 Abs1 Z3;
BDG 1979 §93 Abs1;
BDG 1979 §95 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des L in W, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport vom 6. Dezember 2000, Zl. 5/16-DOK/97, betreffend Disziplinarstrafe der Geldbuße, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Beamter in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er hat im maßgeblichen Zeitraum Oktober 1994 bis Februar 1995 seinen Dienst im Polizeigefangenenhaus der Bundespolizeidirektion Linz versehen.

Mit Disziplinarerkenntnis vom 12. Dezember 1996 hat die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres wie folgt zu Recht erkannt:

"RI L ist schuldig, als Beamter nicht gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht genommen zu haben, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

RI L gab nämlich in der Zeit von Oktober 1994 bis Februar 1995 als Zulassungsbesitzer des Pkw Kennzeichen X in drei Fällen nach behördlicher Aufforderung durch die Bezirkshauptmannschaft U jeweils Personen bekannt, die in der Zeit zwischen den Übertretungen und den Lenkeranfragen verstorben sind. Überprüfungen bezüglich der von ihm angegebenen Fahrzeuglenker haben ergeben, dass diese auf Grund ihres hohen Alters bzw. krankheitsbedingten Spitalaufenthaltes zu den jeweiligen Tatzeiten nicht die Lenker seines Pkw-Kennzeichen X gewesen sind.

Obwohl RI L wegen seiner Handlungen in zwei Fällen eine Verwaltungsstrafe bekommen hat, wird eine Disziplinarstrafe ausgesprochen, weil im Verwaltungsstrafverfahren die Stellung als Sicherheitswachebeamter nicht zu berücksichtigen ist.

Über RI L wird daher gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 in Anwendung von § 95 Abs. 3 BDG 1979 als Disziplinarstrafe eine Geldstrafe in der Höhe von S 25.000,-- verhängt.

Gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 sind keine Kosten des Verfahrens entstanden bzw. zu ersetzen."

Zur Begründung der Strafbemessung bzw. der Höhe der über den Beschwerdeführer verhängten Geldstrafe von S 25.000,-- führte die Disziplinarkommission aus, diese entspreche dem Unrechtsgehalt und erscheine notwendig, um den Beschwerdeführer in Zukunft von der Begehung derartiger Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Dabei seien die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers und seine bisherige disziplinäre Unbescholtenheit berücksichtigt worden.

Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 17. Juni 1997 abgewiesen und damit dieses Disziplinarerkenntnis bestätigt. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die Disziplinaroberkommission nach Darlegung des bisherigen Verwaltungsgeschehens - hinsichtlich der Strafbemessung - zusammengefasst aus, die Geldstrafe in der Höhe von S 25.000,-- sei im Hinblick auf die erhebliche Schwere der Dienstpflichtverletzung, auf die massive Beeinträchtigung des grundsätzlichen dienstlichen Interesses an der Gesetzestreue und Charakterfestigkeit des Beamten, auf die in seinem Verhalten zu Tage getretene Kaltschnäuzigkeit und den erkennbaren Mangel an Verantwortungsbewusstsein in bezug seiner besonderen Stellung als Exekutivbeamter erforderlich, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Eine Strafe in dieser Höhe erscheine auch unter Bedachtnahme auf die bisherige disziplinäre Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, auf seine persönlichen Verhältnisse und auf seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (keine Sorgepflichten, kein Vermögen, Monatsbezug rund S 19.000,-- ) als angemessen.

Dieser Bescheid wurde vom Verwaltungsgerichtshof auf Grund der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerde mit Erkenntnis vom 28. Juli 2000, Zl. 97/09/0324, im Umfang des Strafausspruches wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Begründung dieses Erkenntnisses enthält folgende Ausführungen:

"Der Beschwerdeführer hat - nach den bindenden Feststellungen des rechtskräftigen Erkenntnisses des unabhängigen Verwaltungssenates - als Zulassungsbesitzer der Behörde unrichtige Lenkerauskünfte erteilt. Vor dem Hintergrund der dargelegten Rechtslage, dass allein die Begehung dieser Verwaltungsübertretungen nicht schon eine Verletzung des § 43 Abs. 2 BDG 1979 bedeuten muss, ist es von entscheidender Bedeutung, dass der Beschwerdeführer - nach den bindenden Feststellungen des Verwaltungsstrafverfahrens - diese Verwaltungsübertretungen unter konkreten Tatumständen begangen hat, die disziplinarrechtlich erheblich bzw. geeignet sind, Bedenken an seiner sachlichen Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben entstehen zu lassen. Wenn der Beschwerdeführer - wie der unabhängige Verwaltungssenat festgestellt hat - der Behörde vorsätzlich Auskünfte erteilte, die 'als infame und gemeine Lüge' bzw. als 'Hinterhältigkeit und Gemeinheit' anzusehen waren, weil der Beschwerdeführer indirekt einen Verstorbenen zweier Verwaltungsübertretungen bezichtigte und die Erlassung von Strafverfügungen gegen den Verstorbenen veranlasste, dann hat der Beschwerdeführer dadurch aus dem Gesichtspunkt der disziplinarrechtlichen Beurteilung seine Glaubwürdigkeit als Beamter in einem relevanten Maß beschädigt bzw. eingebüßt. Durch die besonderen Begleitumstände, unter denen der Beschwerdeführer die an sich disziplinarrechtlich noch nicht erheblichen Verwaltungsübertretungen begangen hat, führte er eine Vertrauensschädigung herbei, die eine Verletzung der gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 für alle Beamten gemeinsamen Verhaltensrichtlinie darstellte. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers erschöpfte sich diese Dienstpflichtverletzung nicht in der Verwirklichung der Verwaltungsübertretungen, wird der für die disziplinäre Verfolgung ganz wesentliche Gesichtspunkt, das Funktionieren der Verwaltung zu gewährleisten, doch bei Verhängung der Verwaltungsstrafen in keiner Weise berücksichtigt (vgl. in dieser Hinsicht das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1995, Zl. 93/09/0418, und die darin angegebenen hg. Judikatur). Wie dem Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates in dieser Hinsicht zu entnehmen ist, war das Verhalten des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren nur an jenen Maßstäben zu messen, die für alle Normunterworfenen zu gelten haben. Die im erstinstanzlichen Straferkenntnis rechtswidrig als erschwerend gewertete Eigenschaft des Beschwerdeführers als Polizeibeamter bzw. sein nicht standesgemäßes Verhalten hat der unabhängige Verwaltungssenat dahingehend korrigiert, dass die über den Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren verhängten Geldstrafen (von jeweils S 5.000,-- auf jeweils S 3.000,--) herabgesetzt wurden. Der disziplinäre Überhang ist somit - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - vorgelegen.

Die Beschwerde erweist sich demnach, soweit sie gegen die Bestätigung des Schuldspruches gerichtet ist, als unbegründet.

Hingegen kommt der Beschwerde, soweit sie gegen die Bestätigung des Strafausspruches gerichtet ist, aus folgenden Erwägungen im Ergebnis Berechtigung zu:

Die Begleitumstände der Begehung der Verwaltungsübertretungen, die dazu führen, dass die - bei außerdienstlichem Verhalten nach einem strengeren Maßstab zu beurteilende - Schwelle der disziplinären Erheblichkeit überschritten wurde, können bei der Strafbemessung nicht neuerlich derart zum Nachteil des Beschwerdeführers verwertet werden, dass deshalb automatisch eine 'erhebliche Schwere der Dienstpflichtverletzung' vorliegt, oder deshalb dem Beschwerdeführer bei der Würdigung des Schuldgehaltes dieser Dienstpflichtverletzung 'die in seinem Verhalten zu Tage getretene Kaltschnäuzigkeit' bzw. ein 'erkennbarer Mangel an Verantwortungsbewusstsein als Exekutivbeamter' ein weiteres Mal vorgeworfen wird, um damit die verhängte Geldstrafe bzw. deren Höhe zu rechtfertigen. Dass (anders als die Verwaltungsübertretungen) die Dienstpflichtverletzung vom Beschwerdeführer nicht vorsätzlich oder 'kaltschnäuzig', sondern vielmehr 'grob fahrlässig' begangen wurde, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid im Rahmen der Bestätigung des Schuldspruches ausdrücklich festgestellt, bei der Würdigung des Schuldgehaltes der Dienstpflichtverletzung im Rahmen der Strafbemessung aber anscheinend nicht mehr berücksichtigt. Für die vorsätzlich begangenen Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren Geldstrafen in der Höhe von jeweils S 3.000,-- (bei einem bis S 30.000,-- reichenden Strafrahmen und unter Zugrundelegung eines monatlichen Nettoeinkommens des Beschwerdeführers von S 12.000,--) verhängt. Demgegenüber wurde im Disziplinarverfahren über den disziplinär unbescholtenen Beschwerdeführer - ohne Auseinandersetzung mit anderen (weniger schwer wiegenden) Arten von Disziplinarstrafen - für die fahrlässig begangene Dienstpflichtverletzung sofort die (hinsichtlich der Schwere nur mehr durch die Entlassung übertroffene) Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von S 25.000,-- verhängt, die unter Bedachtnahme der verhängten Verwaltungsstrafen einen mehr als achtfachen Betrag der im Verwaltungsstrafverfahren über den Beschwerdeführer jeweils verhängten Strafe erreicht. Eine nachvollziehbare Begründung für diese Strafbemessung ist den Disziplinarerkenntnissen nicht zu entnehmen. Gründe dafür, warum zusätzlich zu den verhängten Verwaltungsstrafen diese strenge Bestrafung des bisher disziplinär unbescholtenen Beschwerdeführers erforderlich sein sollte, um ihn von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, sind dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Die belangte Behörde hat sich auch keinen unmittelbaren Eindruck von der Persönlichkeit des Beschwerdeführers oder den konkreten Umständen, die zur Begehung der Dienstpflichtverletzung führten, verschafft, wurde von der belangten Behörde über die Berufung des Beschwerdeführers doch in nicht öffentlicher Sitzung entschieden. Die Schlussfolgerungen der belangten Behörde über die Einstellung des Beschwerdeführers bzw. seine konkreten Charaktermängel entbehren - jedenfalls nach der damals maßgebend gewesenen Rechtslage - zudem einer in einem unter Beachtung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes mängelfrei zu Stande gekommenen sachverhaltsmäßigen Grundlage."

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport vom 6. Dezember 2000 wurde im fortgesetzten Verfahren das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 12. Dezember 1996 mit der Maßgabe abgeändert, dass über den Beschwerdeführer eine Geldbuße in der Höhe von S 5.000,-- verhängt werde.

Insoferne wurde der angefochtene Bescheid damit begründet, dass - ausgehend von der gemäß § 63 VwGG bindenden Wirkung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes - bei der Strafbemessung als mildernd zu berücksichtigen gewesen sei, dass der Beschwerdeführer seine Dienstpflichten fahrlässig verletzt habe und disziplinär unbescholten sei. Die Verhängung einer Geldbuße in der Höhe von S 5.000,-- sei ausreichend, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen anzuhalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, diesen wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil sich die belangte Behörde durch ein ordentliches Ermittlungsverfahren einen unmittelbaren Eindruck von seiner Persönlichkeit hätte verschaffen und hiebei hätte erkennen müssen, dass die außerordentlichen Milderungsgründe gemäß § 34 Abs. 1 Z. 2, 7 und 18 StGB, die gemäß § 93 Abs. 1 dem Sinne nach zu berücksichtigen seien, zur Strafbemessung herangezogen hätten werden müssen. Das außerdienstliche Verhalten des § 43 Abs. 2 BDG stelle keinen Verstoß gegen grundsätzliche Bestimmungen des Dienstrechtes dar, die belangte Behörde hätte daher von der Verhängung einer Strafe absehen bzw. die mildeste im § 92 BDG vorgesehene Disziplinarstrafe des Verweises verhängen müssen. Sie habe die für ihre Ermessensübung maßgeblichen Überlegungen und Umstände nicht ausreichend offen gelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof vermag im vorliegenden Fall die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit nicht zu erkennen. Die belangte Behörde hatte bei Erlassung ihres Bescheides nämlich in Bindung an das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2000 vom Vorliegen eines disziplinären Überhanges im Sinne des § 95 Abs. 1 BDG 1979 und sohin davon auszugehen, dass die Verhängung einer Disziplinarstrafe "erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Disziplinarvergehen abzuhalten". Indem die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer die Disziplinarstrafe mit einer Geldbuße in der geringen Höhe von S 5.000,-- festsetzte, hat sie diesen nicht in Rechten verletzt, zumal feststeht, dass er die Dienstpflichtverletzungen "grob fahrlässig" begangen hat. Mit dem bloßen Hinweis auf "die außerordentlichen Milderungsgründe gem. § 34 Abs. 1 . 2, 7 und 18 StGB" hat der Beschwerdeführer auch keine konkreten Umstände aufgezeigt, die auf eine missbräuchliche Übung des der belangten Behörde bei der Strafbemessung im Grunde des § 93 Abs. 1 BDG 1979 (vgl. zu dieser Bestimmung das angeführte Erkenntnis vom 28. Juli 2000) eingeräumten Ermessens hinweisen.

Die Beschwerde war daher - weil schon ihr Inhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am 4. April 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001090013.X00

Im RIS seit

12.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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