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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AuslBG §13;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde 1) der V GmbH in D und
2) des X in F, beide vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Vorarlberg vom 8. Oktober 1998, Zl. LGSV/3/13113/1998 ABB 1811029, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz,
1. zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.
2. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wird zurückgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Arbeitsmarktservice zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Erstbeschwerdeführerin beantragte am 9. September 1998 beim Arbeitsmarktservice Bludenz die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den jugoslawischen Staatsangehörigen X für die berufliche Tätigkeit "Pizzabäcker".
Diesen Antrag lehnte das Arbeitsmarktservice Bludenz mit Bescheid vom 23. September 1998 gemäß § 4 Abs. 6 Z. 3 AuslBG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die Landeshöchstzahl 1998 für das Bundesland Vorarlberg ab.
Dagegen erhob ausschließlich die Erstbeschwerdeführerin Berufung, in der sie erklärte, mit der Ablehnung ihres Antrages "nicht einverstanden" zu sein. Sie brachte dazu folgendes vor:
"Hr. X ist seit sieben Jahren in Österreich und hat eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung und er versucht seit langem eine Arbeitsbewilligung zu erhalten.
Da wir von ihnen keinen Pizzakoch (seit zwei Monaten) gestellt bekommen, sehen wir uns gezwungen, Berufung zu erheben.
Wir bitten sie, die Angelegenheit noch einmal genau zu überprüfen und hoffen auf einen positiven Bescheid."
Mit dem im Instanzenzug ergangen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. Oktober 1998 wurde der Berufung der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 6 AuslBG keine Folge gegeben und damit der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde nach Darlegung des bisherigen Verfahrensverlaufes und der maßgebenden Rechtslage im Wesentlichen aus, die mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Gesundheit, BGBl. II Nr. 356/1957, für das Bundesland Vorarlberg festgesetzte Landeshöchstzahl für das Jahr 1998 (in der Höhe von 14.300) sei weit überschritten; mit Stichtag Ende August 1998 habe die Zahl der anzurechnenden Ausländer 19.276 betragen. Besonders wichtige Gründe für die Beschäftigung des beantragten Ausländers im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG, insbesondere eine Beschäftigung als Schlüsselkraft oder überbetriebliche gesamtwirtschaftliche Interessen, habe die Erstbeschwerdeführerin nicht vorgebracht. Dem Antrag und der Berufung seien nur einzelberufliche Interessen zu entnehmen. Der beantragten Beschäftigungsbewilligung stehe daher der Versagungsgrund des § 4 Abs. 6 AuslBG entgegen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Durch den angefochtenen Bescheid erachten sich die beschwerdeführenden Parteien "gemeinsam" in den Rechten der Erstbeschwerdeführerin auf "Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung; ordnungsgemäße, schlüssige und vollständige Sachverhaltsfeststellung; ordnungsgemäße Bescheidbegründung" sowie in den Rechten des Zweitbeschwerdeführers auf "Zugang zum Arbeitsmarkt; Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung; ordnungsgemäße, schlüssige und vollständige Sachverhaltsfeststellung; ordnungsgemäße Bescheidbegründung; menschliche Behandlung nach Art. 3 EMRK; wirksame Beschwerdemöglichkeit nach Art. 3 iVm 13 EMRK; willkfreie Behandlung nach Art. 3 iVm 14 EMRK" verletzt. Beide beschwerdeführenden Parteien beantragen, eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof durchzuführen und den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a und Z. 2 VwGG gebildeten Senat beschlossen und erwogen:
1. Zur Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin:
Die belangte Behörde hat - wie die Behörde erster Instanz - die Ablehnung der Erteilung der von der Erstbeschwerdeführerin beantragten Beschäftigungsbewilligung ausschließlich auf § 4 Abs. 6 AuslBG in Verbindung mit der Landeshöchstzahl 1998 für Vorarlberg gestützt.
Nach dieser Gesetzesbestimmung (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 78/1997) darf über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung festgelegter Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) eine Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn
1. der Antrag für einen im § 4b Abs. 1 Z. 3 bis 9 genannten oder einen von einer Verordnung gemäß § 12a Abs. 2 erfassten Ausländer eingebracht wird und
2. die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
a) der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet oder
b) die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer oder als nachweislich qualifizierte Arbeitskraft im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege notwendig ist oder
c) überbetriebliche gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern oder
d)
die Voraussetzungen des § 18 gegeben sind oder
e)
die Beschäftigung auf Grund einer Verordnung gemäß § 9 des Fremdengesetzes 1997 erfolgen soll.
Die Beschwerdeführerin bestreitet (unter den Punkten 4.2. und 4.3. ihres Beschwerdevorbringens) die von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegte Überschreitung der Landeshöchstzahl 1998 für Vorarlberg.
Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass die schon von der Behörde erster Instanz zugrunde gelegte Überschreitung der genannten Landeshöchstzahl von der Erstbeschwerdeführerin in ihrer Berufung nicht in Zweifel gezogen wurde. Solcherart durfte aber die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen, dass die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG zu prüfen war (vgl. hiezu für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2001, Zlen. 98/09/0339, 0340). Das zur Überschreitung der Landeshöchstzahl und der Ermittlung dieser Überschreitung erstattete Vorbringen wird erstmals vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattet und stellt daher eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG). Es ist daher auf dieses Vorbringen nicht weiter einzugehen (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. Mai 1995, Zl. 94/09/0311, und vom 22. Juni 1995, Zl. 94/09/0286).
Die Erstbeschwerdeführerin behauptet in ihrer Beschwerde nicht, dass die besonderen Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG im vorliegenden Fall erfüllt seien, oder dass sie in dieser Hinsicht erhebliche Gründe im Verwaltungsverfahren dargelegt habe.
Die belangte Behörde ist somit nicht auf rechtswidrige Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG nicht erfüllt seien.
Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2. Zur Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers:
Das Recht, einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG zu stellen, ist grundsätzlich dem Arbeitgeber vorbehalten. Der Zweitbeschwerdeführer hat im vorliegenden Verwaltungsverfahren auch keinen derartigen Antrag gestellt. Es ist von vornherein verfehlt, wenn in der Beschwerde geltend gemacht wird, der Zweitbeschwerdeführer sei (in gleicher Weise wie die erstbeschwerdeführende Partei als Arbeitgeberin) durch den angefochtenen Bescheid "in seinem subjektiven Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung verletzt". In diesem Recht kann der Zweitbeschwerdeführer nach Lage des Beschwerdefalles nicht verletzt sein. Die Möglichkeit einer Rechtsverletzung des Zweitbeschwerdeführers hätte allenfalls insoweit in Betracht kommen können, als der angefochtene Bescheid seine subjektive Rechtssphäre als beantragte ausländische Arbeitskraft im Sinne des § 21 AuslBG berührt hätte. Im vorliegenden Fall wurde der Zweitbeschwerdeführer aber in seinem durch § 21 AuslBG eingeschränkten Recht nicht verletzt, weil die ausschließlich auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützte Versagung der vom Arbeitgeber für den Zweitbeschwerdeführer beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht aus Gründen erfolgte, für die nach dem Inhalt der Entscheidung persönliche Umstände des Beschwerdeführers im Sinne des § 21 AuslBG maßgeblich waren, wurde die Beschäftigungsbewilligung doch deshalb versagt, weil die Landeshöchstzahl zum Stichtag überschritten war und vom Arbeitgeber kein für eine Bewilligung im Landeshöchstzahlen-Überschreitungsverfahren maßgeblicher Sachverhalt dargetan worden war. Es ist daher unter Bedachtnahme auf den gesamten Inhalt der Beschwerde nicht zu erkennen, dass bzw. inwieweit der Zweitbeschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt werden konnte (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 1999, Zl. 98/09/0208, und vom 19. Dezember 2000, Zl. 98/09/0258).
Soweit der Zweitbeschwerdeführer auch ein "Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt" behauptet und sich gleichlautend wie in der zur hg. Zl. 98/09/0208 erhobenen Beschwerde auf Art. 1 der Europäischen Sozialcharta und weitere in der Beschwerde näher genannte Staatsverträge beruft, ist darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung und auch die Bestimmungen der genannten Staatsverträge im Hinblick auf den Beschluss des Nationalrates anlässlich der Genehmigung der Staatsverträge gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG im innerstaatlichen Recht nicht unmittelbar anwendbar sind (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 1999, Zl. 98/09/0208, und vom 31. Jänner 2001, Zl. 98/09/0141).
Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers war schon aus den dargelegten Erwägungen somit - ungeachtet des weiteren Umstandes, dass er den erstinstanzlichen Bescheid auch nicht mit Berufung bekämpft und damit den Instanzenzug nicht erschöpft hat - gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Von der Abhaltung der von den beschwerdeführenden Parteien beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, dass von der mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war (§ 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG). Dem steht auch nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entgegen, weil mit verwaltungsrechtlichen Eingriffen in das Recht, Ausländer zu beschäftigen, "civil rights" nicht verletzt würden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1997, Zl. 95/09/0326, und die darin angegebene weitere Judikatur, sowie das hg. Erkenntnis vom 10. Februar 1999, Zl. 97/09/0333).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff insbesondere auch § 51 und § 53 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 18. April 2001
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998090326.X00Im RIS seit
12.07.2001