D11 234.603-4/2008/13E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter DDr. Markus Gerhold als Vorsitzenden und den Richter MMag.Thomas E. Schärf als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Andrea Lechner über die Beschwerde des G.G., geb. 00.00.1969, StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.02.2004, FZ. 02 41.538, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.08.2008 zu Recht erkannt:
Der bekämpfte Bescheid wird ersatzlos behoben und gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
BEGRÜNDUNG
1. Der Beschwerdeführer, ein georgischer Staatsangehöriger, gelangte unter Umgehung der Grenzkontrolle in das österreichische Bundesgebiet und wurde am 28.12.2002 von Sicherheitsorganen aufgegriffen. Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am 28.12.2002 bei der Bundesgendarmerie, Grenzkontrollstelle Gmünd, beantragte der Beschwerdeführer die Zuerkennung von Asyl. Er gab an, G.G. zu heißen, am 00.00.1969 geboren, verheiratet und georgischer Staatsangehöriger zu sein
2. Bei der Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 22. Mai 2003 führte der Beschwerdeführer aus, er sei in Z. geboren und gehöre der südossetischen Volksgruppe an. Er legte Dokument Nr. 0000 sowie eine Heiratsurkunde vor. Bei seiner Ausreise sei er von seiner Ehefrau begleitet worden, die Kinder seien bei seinem Freund W.G. in B. verblieben. Seine Frau habe nicht gearbeitet, er habe in etwa 300 Dollar im Monat als Geschäftsmann am Marktplatz in M. verdient und sei Eigentümer eines Marktplatzstandes gewesen. Als Ossete habe er dort Probleme gehabt, er habe sein Geschäft abgeben sollen und sei geschlagen worden. Sich an die Polizei zu wenden habe für ihn als Osseten keinen Sinn gemacht. Er werde nun von offiziellen Behörden gesucht, aber nicht offiziell.
3. Ca. 1990 habe er den guten Marktplatzstand gekauft. Er habe sich geweigert, ca. 15.000 Rubel zu zahlen und sei am 1. Juni 2001 sein Sohn nicht nach Hause gekommen. Man habe von ihm verlangt, seine Plätze aufzugeben und noch 100.000 US Dollar zu bezahlen. Im Gegenzug zur Übergabe des Geldes habe er seinen Sohn zurückerhalten. Er sei bedroht und geschlagen worden und habe ihm sein Marktfreund gesagt, dass man ihn und seine Familie umbringen wolle. Am 17.12.2002 sei er mit seiner Ehefrau aus seinem Haus, das sich im Bezirk Z. oder G. im Dorf M. befunden habe, geflüchtet, als sich vier bewaffnete Männer dem Haus näherten. Bei der Flucht habe er 4.0000 US Dollar mitgenommen, 500 Dollar habe er dem Fahrer, der ihn und seine Frau nach B. brachte, bezahlt. Mit einer Überprüfung (durch die belangte Behörde), ob und unter welchen Umständen das von ihm genannte Haus abgebrannt wurde, sei er einverstanden.
4. Gegen den Bescheid vom 23. Mai 2003, FZ 02 41.538, mit dem der Asylantrag gem. § 6 Z 2 und 3 AsylG 1997, BGBl. Nr I 76/1997 idgF. als offensichtlich unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I) und gem. §8 AsylG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Georgien für zulässig erklärt wurde (Spruchpunkt II ), erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung. In der Berufung machte der Beschwerdeführer im wesentlichen inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Weiters brachte er nochmals vor, Ossete zu sein und aus diesem Grund keinen staatlichen Schutz zu erhalten. Als Angehöriger einer Minderheit sei er von den schlechten Menschenrechtsstandards in Georgien besonders betroffen. Die Feststellungen, die die belangte Behörde zu Georgien getroffen habe, berührten die von ihm geschilderte Problematik kaum. Dass er einmal angegeben habe, Marktaufsichtsorgan gewesen zu sein, später jedoch vorbrachte, Markstandsbesitzer zu sein, beruhe auf einem Übersetzungsfehler. Ab 1990 habe er Probleme auf Grund seiner Volkszugehörigkeit zu den Osseten gehabt. So sei in die Geburtsurkunde seines Sohnes bei der Nationalität des Beschwerdeführers vermerkt worden, er sei georgischer Staatsbürger. Diesbezüglich habe er sich an das städtische Gericht in Rustavi gewandt und sei ihm dort gesagt worden, dass dieses Land nicht für die Osseten da sei und es für ihn besser sei, Georgien überhaupt zu verlassen.
5. Mit Bescheid vom 2. Februar 2004, Z 234.603 gab der unabhängige Bundesasylsenat der Berufung statt, behob den bekämpften Bescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines Bescheides an das Bundesasylamt zurück. In der Begründung führte der Unabhängige Bundesasylsenat im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme behauptet habe, dass er in seinem Heimatland Probleme im Zusammenhang mit seiner Nationalität habe und dass diese Probleme des Beschwerdeführers politischen Charakter aufwiesen. Den vom Bundesasylamt herangezogenen Länderfeststellungen mangle es an Aktualität und seien die Plausibilitätsargumente des Bundesasylamtes für den unabhängigen Bundsasylsenat nicht überzeugend.
6. Schließlich wies mit dem hier angefochtenen Bescheid die Asylbehörde erster Instanz den Asylantrag des Beschwerdeführers gem. § 7 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 ab (Spruchpunkt I) und stellte gemäß §8 AsylG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Georgien zulässig sei (Spruchpunkt II).
7. Das Bundesasylamt gelangt im angefochtenen Bescheid nach gänzlicher Wiedergabe des Einvernahmeprotokolls vom 22. Mai 2003 im Wesentlichen zum Ergebnis, die Identität des Beschwerdeführers stehe fest und sei er illegal in das Bundesgebiet eingereist. Der Asylantrag des Beschwerdeführers falle in idealtypischer Weise in das Regime der offensichtlich unbegründeten Asylanträge.
8. Nicht festgestellt werden könne hingegen, dass der Beschwerdeführer asylrechtlich verfolgt werde. Asylanerkennungs- und Abschiebeschutzbegehren (gemeint wohl Antrag auf subsidiären Schutz) seien in ihren Voraussetzungen in erheblichem Maße deckungsgleich, so dass unter einem festzustellen gewesen sei, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Georgien für zulässig zu erklären sei.
9. In der Berufung habe der Beschwerdeführer sein Vorbringen dahingehend verändert, dass er zwölf gewinnbringende Geschäftsstellen im Handelszentrum von E. inne gehabt hätte, deren Eigentümer Beamte des Innenministeriums von Georgien gewesen seien und stelle dies eine erhebliche Abweichung des ursprünglichen Vorbringens dar. Obwohl er vor der erstinstanzlichen Behörde auf die Frage, ob er sich mit seinem Problem an die Polizei gewandt hätte, angegeben habe, dass eine solche Anzeige keinen Sinn gemacht hätte, habe er in seiner Berufung jedoch sehr wohl angeführt, dass er einen Brief an die staatlichen Behörden Georgiens geschrieben, darauf jedoch keine Antwort erhalten habe. Auch habe er in der Berufung vorgebracht, dass er sich an die Behörden Südossetiens gewendet habe und ihm diese die Auskunft erteilten, dass das Handelszentrum den Beamten des Innenministeriums von Georgien gehöre, er seine Beziehungen nicht belasten und seine einzige Einkommensquelle nicht gefährden solle.
10. Die belangte Behörde stellte fest, es sei dem Beschwerdeführer zumutbar gewesen, diese Angaben bereits vor dem Bundesasylamt vorzubringen. Statt dessen habe er sein Vorbringen nicht nur graduell verschieden, sondern verkürzt vor dem Bundesasylamt vorgebracht.
11. Die Umstände der Flucht des Beschwerdeführers seien unrealistisch. Dass er seine Kinder in Georgien zurückgelassen habe sei insbesondere deshalb unglaubwürdig, weil er doch andererseits bei der Entführung seines Sohnes keine Schwierigkeiten gehabt hätte, 100.000 Dollar Lösegeld in kurzer Zeit aufzubringen.
12. Weiters sei der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben zufolge weder politisch noch religiös tätig gewesen.
13. In der Geburtsurkunde seines Sohnes sei "Georgier" eingetragen worden, woraus nicht abgeleitet werden könne, dass Osseten verfolgt werden, sondern der Gegenbeweis evident sei. Auch dass er vorgebracht habe, diesbezüglich beim Städtischen Gericht vorgesprochen zu haben, beweise, dass er nicht von staatlichen Behörden verfolgt werde.
14. Sein Vorbringen, bei der Rückkehr zu 100% umgebracht zu werden, untermauere keineswegs die vom Gesetz geforderten Kriterien, sondern handle es sich um ein übersteigertes Vorbringen, weil Asylwerber durch die Maximierung (des Vorbringens) sowie durch sachtypischen Beweisnotstand die Behörde in die Lage zu versetzen suchten, ein Rückkehrhindernis auszusprechen. Auch im Rahmen des §8 AsylG sei zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs.1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen sei. Die Behörde gelange daher zur Ansicht, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Gefahr liefe, in Georgien einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.
15. Das gesamte Asylvorbringen sei daher als unglaubwürdig zu qualifizieren.
16. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte und an den Unabhängigen Bundesasylsenat gerichtete Berufung vom 10. März 2004. In der Berufung führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, anlässlich der Zurückverweisung des erstinstanzlichen Bescheides und neuerlichen Bescheiderlassung durch das Bundesasylamt habe keine Einvernahme stattgefunden. Es sei ihm daher nicht möglich gewesen, sein Vorbringen zu konkretisieren bzw. vermeintliche Widersprüche aufzuklären. Weiters sei sein Parteiengehör verletzt, da ihm durch die belangte Behörde nicht Gelegenheit gegeben worden sei, zu den Länderfeststellungen Stellung zu nehmen und seien diese Feststellungen zudem nicht aktuell. Der Beschwerdeführer machte geltend, die Beweiswürdigung sei mangelhaft, vage und einseitig, darüber hinaus sei die belangte Behörde weder in der Beweiswürdigung noch in der rechtlichen Beurteilung auf seine Fluchtgeschichte eingegangen.
17. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof vom 26. August 2008 gab der Beschwerdeführer an, Angehöriger der ossetischen Volksgruppe und in Z. aufgewachsen zu sein Die vom Asylgerichtshof während der Verhandlung beauftragte Übersetzung der in Rede stehenden Standesdokumente hatte jedoch zum Ergebnis, dass die Heiratsurkunde (AS 39) den Geburtsort des Beschwerdeführers als
T. (anstatt Z.) ausweist. Auch die Standesdokumente auf den Seiten 41 und 43 weisen die beiden Söhne des Beschwerdeführers als der georgischen Volksgruppe zugehörig aus.
18. Mit Stellungnahme vom 16.September 2008 gibt der Beschwerdeführer ergänzend bekannt, dass das Kinderheim, in dem er bis 1986 aufgewachsen ist, in Z. gelegen sei und es sich dabei um das einzige Waisenhaus in Z. handle. Die Heimleitung habe dem Beschwerdeführer keinerlei Auskünfte über Einzelheiten zu seiner Einweisung bzw. Namen und ethnischer Herkunft der Eltern erteilt. Des weiteren sei auf Grund der aktuellen Kriegshandlungen um Südossetien Aktualität der Verfolgung gegeben und dem Beschwerdeführer die Rückkehr in sein Heimatland nicht möglich.
Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß Art. 151 Abs. 39 Z. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, sind am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof weiterzuführen, weshalb das durch die von dem Beschwerdeführer gegen den angefochtenen Bescheid fristgerecht eingebrachte, am 11.März 2004 eingelangte Berufung beim Unabhängigen Bundesasylsenat (UBAS) eingeleitete Berufungsverfahren, welches am 1. Juli 2008 als unerledigt aushaftete, vom Asylgerichtshof weiterzuführen war.
Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG), BGBl I 2008/4, sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985, nicht anderes ergibt, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. Es gilt § 44 AsylG 1997.
Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 geführt.
Daraus folgt, dass der am 28.12.2002 gestellte, gegenständliche Antrag nach den Bestimmungen des AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 zu führen ist.
Nach erfolgter Übersetzung wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, dem Beschwerdeführer Gelegenheit einzuräumen, sich zum Ergebnis der angestellten Erhebungen (Übersetzung) zu äußern. Im Anschluss wäre es der belangten Behörde oblegen, sich mit dem Ergebnis ihrer Beweisaufnahme auseinander zu setzen.
Die belangte Behörde hat auch sonst jegliche weitergehende Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers unterlassen bzw. dieses von sich aus zu hinterfragen nicht für notwendig erachtet. Obwohl die Frage der Volkszugehörigkeit in gegenständlichem Verfahren zentrales Thema in Bezug auf die asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers ist, hat das Bundesasylamt weder vor Erlassung des zurückweisenden Bescheides noch vor der Erlassung des abweisenden Bescheides eine einzige weiterführende Frage zur behaupteten ossetischen Abstammung des Beschwerdeführers gestellt, um zu ermitteln, ob dieser nun Georgier oder wie von ihm angegeben, Ossetier ist. Die Volkszugehörigkeit des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau ist auch im Hinblick auf das Vorliegen oder Nicht- Vorliegen einer gemischt ethnischen Ehe von asylrechtlicher Relevanz. Obwohl der unabhängige Bundesasylsenat seine Entscheidung, den zurückweisenden Bescheid aufzuheben und zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen, unter anderem damit begründete, dass der Beschwerdeführer vorbringe, Ossete zu sein, hielt es das Bundesasylamt nicht für erforderlich, vor Erlassung des nunmehr abweisenden Bescheides diesbezüglich weitere Ermittlungen durchzuführen und sich mit diesem Vorbringen auseinander zu setzen. Vielmehr unterließ die belangte Behörde es auch nach Aufhebung ihres zurückweisenden Bescheides, die vorliegenden Standesdokumente übersetzen zu lassen.
Auch weitergehende Ermittlungen zum familiären Background, so insbesondere zur Volkszugehörigkeit der Ehefrau des Beschwerdeführers ( 234.604-3/2008, FZ 02 41.536) bzw. des Sohnes (
266.203 0/2008 , FZ 05 09.574), deren Asylverfahren ebenfalls anhängig sind, fehlen zur Gänze.
Als widersprüchlich erachtet der Asylgerichtshof die Tatsache, dass der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren einerseits die oben angeführten Dokumente vorlegte, auf die Frage, ob er Dokumente mitgenommen hätte, jedoch antwortete: "Nein, ich habe keine Dokumente mitgenommen. Ich zog eine andere Jacke an. In der anderen waren die Dokumente. Diese blieb zu Hause." Auch zu diesem Punkt hat es das Bundesasylamt unterlassen, hier nachzuhaken und durch weitere Befragung bzw. entsprechenden Vorhalt zu ermitteln. Zu diesem Widerspruch wurden im Bescheid weder Feststellungen getroffen, noch wurde er gewürdigt.
Das Bundesasylamt hat durch seine Vorgehensweise bzw. Unterlassung die ihm gemäß § 37 AVG zukommende Ermittlungspflicht, wonach es Zweck des Ermittlungsverfahrens ist, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln, verletzt. Nach dem Grundsatz der materiellen Wahrheit ist die Behörde hinsichtlich des Sachverhaltes nicht an das tatsächliche Parteienvorbringen gebunden, sondern hat durch die Aufnahme von Beweisen unter Berücksichtigung des Parteienvorbringens den wahren Sachverhalt zu ermitteln (VwGH 29.9.1986, 84/08/0131, 30.1.1992, 87/17/0177, 30.4.1988, 97/06/0225) Hengstschläger-Leeb, Kommentar zum AVG).
Der Gesetzgeber hat in Asylsachen ein zweiinstanzliches Verfahren mit der Möglichkeit der nachgeordneten Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof eingerichtet. In diesem Verfahren hat bereits das Bundesasylamt den gesamten für die Entscheidung über den Asylantrag relevanten Sachverhalt zu ermitteln und es ist gem. § 27 Abs.1 AsylG dazu verpflichtet, den Asylwerber dazu persönlich zu vernehmen, soweit dies ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist. Diese Anordnungen des Gesetzgebers würden aber unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor die Berufungsbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinne des Gesetzes, wenn die Berufungsbehörde, statt ihre umfassende Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht.
Aus dem Gesagten folgt daher, dass die Asylbehörde die ihr gemäß §§ 37 AVG bzw. 28 AsylG 1997 obliegende Ermittlungspflicht und das dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Verfahren mit so schwerer Mangelhaftigkeit belastet hat, dass im Sinne der angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Behebung des angefochtenen Bescheides und die Zurückverweisung an die Asylbehörde erster Instanz notwendig und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.
Der Asylgerichtshof verkennt dabei nicht, dass vorliegendes Verfahren bereits seit 04. Juni 2003 bei der Berufungsbehörde anhängig war; auf Grund der schweren Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens erweist sich die Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG aber jedenfalls gerechtfertigt.
Die belangte Behörde wird sich im Hinblick auf den nunmehrigen Erkenntnisstand im fortgesetzten (Ermittlungs)Verfahren zunächst im Besonderen der Volkszugehörigkeit des Beschwerdeführers, dessen Ehefrau und Sohn zuzuwenden und im Anschluss auch mit dem sonstigen Vorbringen des Beschwerdeführers in angemessenem Maße auseinanderzusetzen haben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.