Unterlassung der Auskunftserteilung durch ausländische KFZ-Lenkerin. Unbestritten ist, daß die - ausländische - Berufungswerberin die ihr von der Erstbehörde zugegangene Aufforderung zur Erteilung der Lenkerauskunft bewußt unbeantwortet ließ. Das der Berufungswerberin zugegangene Formular hatte auch den Hinweis zum Inhalt, daß eine Nichterteilung der Auskunft strafbar sei. Ebenfalls war darin enthalten, an welchem Ort mit dem Fahrzeug der Berufungswerberin eine Übertretung der StVO 1960 begangen wurde.
In dem wider die Berufungswerberin in diesem Zusammenhang bereits wegen der Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960 durchgeführten Berufungsverfahren, VwSen-103729, wurde die Berufungswerberin nicht als Lenkerin erachtet und dieses Verwaltungsstrafverfahren gegen sie eingestellt. Demnach hätte sich die Berufungswerberin mit der ihr hier abverlangten Lenkerbekanntgabe offenkundig auch nicht "selbst einer Anschuldigung der Begehung einer Verwaltungsübertretung ausliefern müssen."
Dies wird im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung abermals unterstrichen, wobei ergänzend noch auf die fehlende Existenz völkerrechtlicher Verträge, aus welchen eine solche Verpflichtung zur Auskunftserteilung über einen Fahrzeuglenker durch Ausländer nicht abgeleitet werden kann, hingewiesen wurde. Wenn die Berufungswerberin ferner vermeint es fehlte hier an ausreichenden Anknüpfungsmomenten für die Anwendung der österreichischen Rechtsordnung, so räumt offenbar auch sie selbst das Vorliegen eines Anknüpfungstatbestandes ein. Sie vermag jedoch nicht darzutun, warum die Verwendung ihres Fahrzeuges in Österreich keinen "ausreichenden Anknüpfungstatbestand" indizieren sollte. Ferner wird auch die Tatsache der Verweigerung dieser Auskunft nicht bestritten, diese aber mit dem Entschlagungsrecht begründet.
§ 103 Abs.2 KFG 1967 lautet:
Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.
Die Gestaltung des letzten Satzes als Verfassungsbestimmung erachtete der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit den Baugesetzen des B-VG stehend und nicht im Widerspruch zu Art.6 MRK. Der Verfassungsgerichtshof hebt das in dieser Bestimmung rechtspolitische Anliegen des Gesetzgebers, welchem dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft in dieser Form nachkommen zu können glaubt, besonders hervor, bemerkt jedoch kritisch die Problematik der Durchbrechung des Anklageprinzips gem. Art. 90 Abs.2 B-VG und den durch eine Strafsanktion ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses (VfSlg. 9950/1984, 10394/1985 VfGH 29.09.1988, Zl. G72/88 u.a.).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u. a. Erk. vom 29.9.1993, Zl. 93/02/0191) liegt der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann. Dieser Intention schließt sich auch der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich an, weil aus der Sicht der Praxis eine effektive Verkehrsüberwachung sonst nicht ausreichend gewährleistet scheint. In dieses Konzept müssen alle die österreichischen Straßen benützenden Fahrzeuge (auch Ausländer) einbezogen werden können. Gemäß § 2 Abs.1 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen - hier ist keine Ausnahme gegeben -, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Nach § 2 Abs.2 VStG ist eine Übertretung im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der - zum Tatbestand gehörende - Erfolg im Inland eingetreten ist. Bei Verweigerung der Erteilung der Lenkerauskunft gilt - anders als nach der früheren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 7.7.1989, Zl. 89/18/0055) nicht der Ort an welchem etwa eine solche Aufforderung dem "Verpflichteten" zugekommen ist - als Tatort der Sitz der anfragenden Behörde, als Ort der geschuldeten Handlung (VwGH 14.6.1995, Zl. 95/03/0102 u. VwGH (verst. Senat) 31.1.1996, Zl. 93/03/0156). Die von der Berufungswerberin geübte Verweigerung ist als im Inland begangen zu erachten.
Im Lichte dieser nunmehrigen Rechtsprechung liegt daher die hier zum Vorwurf gemachte Tat nicht (mehr) außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches des österreichischen Verwaltungsstrafrechtes, weil eben der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist. Es macht in diesem Zusammenhang keinen Unterschied ob die geschuldete Handlung hier vom Ausland zu initialisieren gewesen wäre oder dies bei einem österreichischen Zulassungsbesitzer in aller Regel vom Inland aus geschieht oder zu geschehen haben wird. Schließlich kann der Intention des § 103 Abs.2 KFG in diesem Zusammenhang auch keine andere Bedeutung zugedacht werden, als ein nach dem deutschen Kraftfahrrecht eingetragener Fahrzeughalter einem Zulassungsbesitzer iSd § 37 Abs.2 KFG gleichzustellen ist. Wenn die Berufungswerberin sich an die spezifische Aufforderung einer österreichischen Behörde nicht gebunden erachtete und sich auf "allgemein verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Anwendbarkeit dieser gesetzlichen Bestimmung außerhalb des Hoheitsgebietes von Österreich" beruft, bezieht sie sich damit offenbar auf die Begrenzung des staatlichen Gebotsbereiches auf das Territorium des Staatsgebietes (Territorialitätsprinzip). Dabei übersieht sie jedoch, daß sich der staatliche Gebotsbereich in der Figur des "Schutzprinzips" auch auf außerhalb des Staates befindliche Personen bezüglich solchen Verhaltens, das sich gegen ein inländisches Rechtsgut richtet, erstreckt (Walter-Mayer, Grundriß des Bundesverfassungsrechtes, 8.A, RZ 176). Als Anknüpfungsfaktum ist hier die Verwendung des Kraftfahrzeuges der Berufungswerberin im Bundesgebiet der Republik Österreich und die aus dieser Verwendung des Kraftfahrzeuges - hier ausgelöst durch eine damit einhergehende Normverletzung mit diesem Kraftfahrzeug - und den damit begründeten Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechtsordnung - heranzuziehen (vgl. etwa VwGH 11.5.1993, Zl.90/08/0095). Diese am Gesetzeszweck orientierte Auslegung erfordert - wie im Ergebnis schon dargelegt - einerseits die obzitierte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (Zl. G72/88), andererseits impliziert das mit der Verwendung eines Kraftfahrzeuges im Hoheitsgebiet eines anderen Staates begründete Ingerenzverhältnis zu den einschlägigen Gesetzen dieses Staates, einen ausreichenden inländischen Anknüfungsgrund (vgl. VfSlg. 9183/91 - Erk. v. 1.7.1981, B 521/80, 47/81). Selbst die Berufungswerberin räumt das Bestehen dieses Anknüpfungstatbestandes ein, läßt aber offen, warum sie diesen als nicht "ausreichend" erblickt.
Sie hat daher die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten und kann sich nicht mit Erfolg auf eine Ausnahme in persönlicher oder sachlicher Hinsicht berufen.
Ebenfalls kann sie sich angesichts des Hinweises bezüglich der Strafbarkeit der Verweigerung der Lenkerbekanntgabe schon in der Aufforderung (zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers) nicht entschuldigend auf einen diesbezüglichen Rechtsirrtum berufen.