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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des J in Göllheim, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Dieter Brandstätter, Rechtsanwalt in Innsbruck, Schöpfstraße 19a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 6. September 1999, Zl. uvs-1999/6/010-3, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 6. September 1999 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe als Lenker eines LKW-Zuges eine näher beschriebene Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich durchgeführt und dabei kein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine auf die konkrete Fahrt bezughabende österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt (genannt Ökokarte) mitgeführt, wie dies anlässlich einer Kontrolle durch Kontrollorgane des Landesgendarmeriekommandos für Tirol, am 15. Juli 1999 um ca. 12.30 Uhr am ehemaligen Zollamtsplatz Brennerpass festgestellt worden sei. Die auf der vorgewiesenen Ökokarte aufgebrachten Ökopunkte seien zwar entwertet, die Ökokarte sei jedoch nicht ausgefüllt gewesen. Ein elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht (ecotag), sei nicht mitgeführt worden. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz 1995, i.V.m. Art. 1 Abs. 1 lit. a und lit. b sowie Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission begangen. Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 i.V.m. § 23 Abs. 2 Güterbeförderungsgesetz 1995 wurde über den Beschwerdeführer hiefür eine Geldstrafe in Höhe von S 20.000,-- (vier Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 23 Abs.1 Z .8 Güterbeförderungsgesetz 1995 (in der Fassung BGBl. Nr. 17/1998) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.
Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der -im Beschwerdefall anzuwendenden - Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs "die nachstehend aufgeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:
a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahr; ein Muster dieser als 'Ökokarte' bezeichneten Bestätigung ist im Anhang A enthalten; oder
b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' (ecotag) bezeichnet wird; oder
c) die in Art. 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder
d) geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist. ..."
Die am 11. April 2000 in Kraft getretene Verordnung (EG) Nr. 609/2000 der Kommission ist im vorliegenden Beschwerdefall nicht anzuwenden.
Der Beschwerdeführer wendet gegen den angefochtenen Bescheid ein, die belangte Behörde habe gegen ihn einen Strafvorwurf erhoben, der niemals Gegenstand des Verfahrens gewesen sei. So sei insbesondere den Verfolgungshandlungen nicht zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer die Nichtmitführung eines "ordnungsgemäß ausgefüllten Einheitsformulares" vorgeworfen worden sei. Noch im erstinstanzlichen Bescheid sei ihm lediglich vorgehalten worden, die entsprechenden Dokumente auf Verlangen der Kontrollorgane der Zollwacheabteilung nicht vorgelegt zu haben.
Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten wurde dem Beschwerdeführer in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16. September 1998 vorgehalten, er habe eine näher beschriebene Transitfahrt durchgeführt und unter anderem entgegen den Bestimmungen des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über den Güterverkehr im Transit auf der Schiene und Straße, BGBl. Nr. 823/1992 die vorgeschriebene Ökokarte mit der erforderlichen Anzahl von geklebten und entwerteten gültigen Ökopunkten nicht mitgeführt und auf Verlangen der Kontrollorgane nicht vorgewiesen. Dementsprechend wurde dem Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Straferkenntnis vom 2. Februar 1999 vorgeworfen, er habe die vorgeschriebene Ökokarte mit der erforderlichen Anzahl von geklebten und entwerteten gültigen Ökopunkten nicht mitgeführt und auf Verlangen der Kontrollorgane nicht zur Prüfung vorgelegt.
Damit wurde die dem Beschwerdeführer angelastete Tat insbesondere im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der VO (EG) Nr. 1524/94 der Kommission mit einer jeden Zweifel ausschließenden Deutlichkeit konkretisiert. Diese Tatumschreibung reichte jedenfalls hin, den Beschwerdeführer in die Lage zu versetzen, sich gegen den Tatvorwurf zu verteidigen und vor der Gefahr zu schützen, im Falle einer Bestrafung nochmals wegen desselben Verhaltens zur Verantwortung gezogen zu werden. Die solcherart gegebene Tauglichkeit der Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG wurde durch die darin enthaltene unzutreffende rechtliche Wertung nicht beeinträchtigt. Die Richtigstellung der verletzten Verwaltungsvorschrift und der Strafbestimmung durfte die belangte Behörde entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers auch nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist vornehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Mai 2000, Zl. 2000/03/0010, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Bei seinem weiteren Einwand, eine Vorlagepflicht habe nur gegenüber den dies verlangenden Aufsichtsbehörden bestanden, eine solche Unterlassung habe er aber weder begangen, noch sei ihm dies vorgeworfen worden, übersieht der Beschwerdeführer, dass ihm der angefochtene Bescheid zur Last legt, er habe eine ordnungsgemäß ausgefüllte Ökokarte nicht mitgeführt. Dass dieser Vorwurf unzutreffend sei, behauptet der Beschwerdeführer gar nicht.
Schließlich zeigt der Beschwerdeführer auch mit der Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe keine mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit schon deshalb nicht auf, weil er nicht zugleich auch dargelegt hat, zu welchem im Ergebnis anderen Bescheid im Sinn des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG die belangte Behörde bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensmangels gelangt wäre. Mit dem Vorbringen, er hätte dartun können, dass er aus "subjektiven, von ihm nicht weiter zu vertretenden Gründen nicht dazugekommen" sei, die Ökokarte auszufüllen, wird jedenfalls kein Umstand aufgezeigt, der eine mündliche Erörterung in einer Verhandlung erforderlich erscheinen ließe, hat er doch in seiner Berufung diesbezüglich nichts Konkretes vorgebracht.
Soweit der Beschwerdeführer die verhängte Geldstrafe jedoch für "unangemessen hoch" erachtet, und in diesem Zusammenhang auf sein "durchschnittliches Einkommen" und "verfassungsrechtliche Bedenken" verweist, ist ihm zu entgegnen, dass angesichts des beträchtlichen Unrechtsgehalts der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung von einem - dem Beschwerdeführer offenbar vor Augen stehenden - gegen das Gleichheitsverbot verstoßenden extremen Missverhältnis zwischen dem Gewicht der strafbaren Handlung und der (über ihn verhängten) Mindeststrafe von S 20.000,-
- in § 23 Abs. 2 Güterbeförderungsgesetz 1995 keine Rede sein kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2000, Zl. 2000/03/0224, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 12. September 2001
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1999030426.X00Im RIS seit
29.11.2001