Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt; Zurückweisung
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat über die mit 31.10.1991 datierte und ha am 6.11.1991 eingelangte Beschwerde von Frau S, derzeit laut Beschwerdevorbringen unbekannten Aufenthalts in Thailand, vertreten durch Herrn RA Dr F, pA W, gegen ihre Festnahme am 19.9.1991 um 21.00 bzw 21.45 Uhr in 2261 Angern an der March, Z-straße, und gegen ihre Anhaltung bis 24.9.1991 (zuerst - bis 20.9.1991, 05.00 Uhr - im Arrestraum der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf und anschließend im Polizeigefangenenhaus der Bundespolizeidirektion Wien) sowie gegen ihre zwangsweise Verbringung nach Aufhebung der Schubhaft am 24.9.1991 vom Flughafen Wien Schwechat in ein Flugzeug nach Thailand wie folgt entschieden:
Die Beschwerde wird gemäß §67c Abs3 iVm Abs1 AVG zurückgewiesen.
Begründung:
Zunächst ist festzuhalten, daß sich die Beschwerde gemäß dem Wortlaut des Schriftsatzes, mit dem sie eingebracht wurde, sowohl auf §67a Abs1 Z2 AVG als auch auf §5a FrPG stützt (vgl S1, unten, S2 unter der Überschrift "Beschwerde" und S6), ohne daß aber darin differenziert wurde, ob und welche der aufgezählten Beschwerdepunkte seitens der Beschwerdeführerin als Ausübung der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt qualifiziert und durch eine Beschwerde gem §67a Abs1 Z2 AVG bekämpft wurden. Insbesondere wurde bei der gerügten Anhaltung nicht in eine solche bis zur Zustellung des Schubhaftbescheides und in eine solche danach unterschieden, zumal die Beschwerdeführerin unter anderem auch davon ausging, daß der Schubhaftbescheid gar nicht ordnungsgemäß zugestellt worden war. Daher wurden sämtliche von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Beschwerdepunkte als (auch) mittels einer auf §67a Abs1 Z2 AVG gestützten Beschwerde bekämpft angesehen.
1. Zur Festnahme am 19.9.1991 um 21.00 bzw 21.45 Uhr und Anhaltung bis 20.9.1991 um 03.07 Uhr
Gemäß §67c Abs1 AVG sind Beschwerden nach §67a Abs1 Z2 AVG, also Beschwerden, mit denen eine Person behauptet, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, bei dem unabhängigen Verwaltungssenat einzubringen, in dessen Sprengel der angefochtene Verwaltungsakt gesetzt wurde.
Unter dem "Sprengel" eines unabhängigen Verwaltungssenates ist das jeweilige Bundesland zu verstehen, für welches der unabhängige Verwaltungssenat eingerichtet wurde.
Die Festnahme am 19.9.1991 um 21.45 Uhr (bzw nach den Ausführungen in der Beschwerde, S3, 4 Abs, gegen 21.00 Uhr) erfolgte im "C", der sich in der Z-straße in Angern an der March befindet, die daran anschließende Anhaltung bis 20.9.1991, 05.00 Uhr, in den Arresträumen der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf.
Die Festnahme am 19.9.1991 um 21.00 bzw 21.45 Uhr und die Anhaltung bis 20.9.1991 um 03.07 Uhr erfolgten also nicht im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien, sondern im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich.
Die an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien gerichtete Beschwerde gegen diese Festnahme und Anhaltung war daher wegen Unzuständigkeit zurückzuweisen.
2. Zur am 24.9.1991 am Flughafen Wien Schwechat erfolgten zwangsweisen Verbringung in ein Flugzeug nach Thailand
Der Abflug der Beschwerdeführerin erfolgte in Schwechat. Sollte er tatsächlich nicht freiwillig, sondern auf Grund physischen Zwanges stattgefunden haben, wäre zur Prüfung der (Un)Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme wegen der Örtlichkeit (Schwechat) ebenfalls nicht der Unabhängige Verwaltungssenat Wien (sondern der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich) zuständig. Daher war die Beschwerde gegen "die zwangsweise Verbringung nach Aufhebung der Schubhaft am 24.9.1991 vom Flughafen Schwechat in ein Flugzeug nach Thailand" ebenfalls zurückzuweisen.
3. Zur Inschubhaftnahme vom 20.9.1991 um 03.07 Uhr bis 24.9.1991 um 12.00 Uhr
Gemäß dem Beschwerdevorbringen wurde der Schubhaftbescheid der Beschwerdeführerin am 20.9.1991 um 03.07 Uhr zugestellt. Ab diesem Zeitpunkt lag jedenfalls keine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vor, unabhängig davon, ob nun die Beschwerdeführerin den Inhalt dieses Bescheides verstehen konnte oder nicht; Amtssprache ist in Österreich die deutsche Sprache. Bescheide österreichischer Behörden sind daher in dieser Sprache zu erlassen (da sich §39a AVG nur auf den mündlichen Verkehr zwischen den Parteien und der Behörde bezieht - vgl Erk d VwGH v 11.1.1989, Zl 88/01/0187).
Ab Erlassung eines Schubhaftbescheides steht daher nicht mehr der Weg einer Beschwerde gemäß §67a Abs1 Z2 AVG offen, sondern einerseits der Weg der Einbringung ordentlicher Rechtsmittel (Vorstellung, Berufung) gegen den Schubhaftbescheid, andererseits der Weg der Erhebung einer speziellen (nicht unter §67a Abs1 Z2 AVG fallenden) Beschwerde gemäß §5a Fremdenpolizeigesetz. Die auf §67a Abs1 Z2 gestützte Beschwerde gegen die Anhaltung vom 20.9.1991 um 03.07 Uhr bis 24.9.1991 um 12.00 Uhr war daher aus diesen Gründen als unzulässig zurückzuweisen.
Abschließend wird folgendes bemerkt:
1. Die von der Beschwerdeführerin ebenfalls eingebrachte Beschwerde gemäß §5a Fremdenpolizeigesetz war nach der Geschäftsverteilung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien einem anderen Mitglied zuzuweisen.
2. Eine Weiterleitung der vorliegenden auf §67a Abs1 Z2 AVG gestützten Beschwerde gem §6 AVG an den Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich als für einige der angeführten Beschwerdepunkte zuständige Behörde wurde nicht vorgenommen, da die Beschwerde nicht nur an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien adressiert worden war (S1, links oben), sondern darin auch ausdrücklich seine Entscheidung begehrt wurde (S2 - "... wird Beschwerde ... an den unabhängigen Verwaltungssenat Wien erhoben").