Die Berufung wird gemäß §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991, abgewiesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft xx wurde gemäß §71 AVG der Antrag des Beschuldigten vom 29. August 1991 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft xx vom 22. Juli 1991, Zl 3- , abgewiesen.
Diese Entscheidung wurde damit begründet, daß einerseits kein Vollmachtsverhältnis zwischen dem Beschuldigten und seinem Bruder bestanden hätte und deshalb seitens der Behörde I. Instanz auch kein Sanierungsauftrag gemäß §13 Abs3 AVG ereilt worden sei. Es sei dem Beschuldigten andererseits aufgrund der ihm obliegenden Sorgfaltspflichten zuzumuten gewesen, aufgrund der besonderen Charakteristik des gegenständlichen Falles trotz der bisher einwandfreien Arbeit des Bruders diesen zu kontrollieren, ob die ihm aufgetragenen Erledigungen fristgerecht getroffen würden. Des weiteren wäre der Beschuldigte verpflichtet gewesen, die dem Bruder aufgetragenen Erhebungen entsprechend zu überwachen bzw sich nach den Ergebnissen dieser Erhebungen zu erkundigen. Es sei dem Erfordernis der Vertretung durch einen amtsbekannten Familienangehörigen nicht etwa dadurch Genüge getan, daß das Vorliegen einer solchen Bevollmächtigung aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses behauptet oder allenfalls durch entsprechende Dokumente das Verwandtschaftsverhältnis belegt werde. Aus dem Gesetzeswortlaut gehe eindeutig hervor, daß das vertretene Familienmitglied amtsbekannt sein müsse und auch keine Zweifel über den Bestand über den Umfang der Vertretungsbefugnis bestehen dürften. Diesen Erfordernissen würde aber im gegenständlichen Fall keineswegs Genüge getan, sodaß kein Grund zur Annahme eines Vollmachtsverhältnisses gemäß §10 Abs4 AVG vorgelegen sei. Da gar kein Vollmachtsverhältnis vorgelegen sei, komme auch kein Auftrag zur Sanierung gemäß §13 Abs3 AVG in Betracht. Ein solcher Sanierungsauftrag hätte nämlich vorausgesetzt, daß ein, wenn auch mangelhaft belegtes, Vollmachtsverhältnis bereits vorgelegen hätte.
Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht berufen und sich im wesentlichen mit den behaupteten Vollmachtsverhältnis zwischen dem Beschuldigten und seinem Bruder auseinandergesetzt. Er sei bei richtiger rechtlicher Beurteilung durch die Behörde I. Instanz sehr wohl berechtigt gewesen, seinen Bruder mit der Durchführung von Erhebungen und Erhebung eines Einspruches bezüglich der Strafverfügung zu beauftragen und zu bevollmächtigen, ohne diesen danach nochmals zu kontrollieren, umso mehr als seinem Bruder bis dato in dieser Beziehung noch kein Fehler unterlaufen sei. Die Erhebungen vor Einbringung des Einspruches seien entgegen der Ansicht der Behörde I. Instanz sehr wohl erforderlich gewesen, nämlich um festzustellen, ob die Strafverfügung zu Recht erlassen wurde. Bei diesen Erhebungen, wie überhaupt im gesamten Verwaltungsverfahren (§10 AVG), könne er sich durch eine eigenberechtigte Person, also auch durch seinen Bruder, vertreten lassen. Desweiteren hätte er sich sehr wohl darauf verlassen können, daß sein Bruder den Einspruch auch ordnungsgemäß durchführe. Richtig sei auch, daß dieses Vollmachtsverhältnis gegenüber der Behörde nicht dokumentiert werden konnte, dies jedoch einzig und allein aufgrund der Tatsache, daß eben die fristgerechte Erhebung des Einspruches durch seinen Bruder unterblieben sei. Da er also berechtigt gewesen sei, seinen Bruder im Verwaltungsstrafverfahren zu bevollmächtigen und er sich aufgrund des bisherigen Verhaltens seines Bruders auch auf ihn verlassen konnte, von diesem aber durch eine entschuldbare Fehlleistung die fristgerechte Erhebung des Einspruches versäumt wurde, wolle seinem Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft xx vom 22.7.1991, Zl 3- , stattgegeben werden.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:
Gemäß §71 Abs1 Z1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung einer Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Entgegen der Auffassung der Behörde I. Instanz ist die Berufungsbehörde der Ansicht, daß aufgrund der Organisation des Betriebes des Beschuldigten und seines Bruders sowie des bestehenden Verwandtschaftsverhältnisses und des behaupteten Vollmachtsauftrages durch den Beschuldigten an seinen Bruder bei Interpretation des §10 Abs1 und 4 AVG im gegenständlichen Verfahren vom Vorliegen eines Vollmachtsverhältnisses ausgegangen werden kann. Nach der Bestimmung des §10 Abs1 AVG können sich die Beteiligten (im vorliegenden Fall bei Erhebung des Einspruchs) durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Es kann dem Rechtsmittelwerber daher nicht von vorneherein unterstellt werden, daß er, unter der Annahme eines rechtzeitigen Einspruches durch seinen Vertreter, das Vorliegen dieses Vollmachtsverhältnisses im Einspruch nicht nachgewiesen hätte. Wäre der Einspruch durch den Bruder des Beschuldigten als Vertreter rechtzeitig eingebracht worden und hätte dieser nicht auf das Vorliegen eines Vollmachtsverhältnisses hingewiesen, wäre die Behörde I. Instanz selbst dann nicht berechtigt gewesen, den Einspruch zurückzuweisen, sondern hätte die Behebung etwaiger Mängel gemäß §13 Abs3 AVG zu veranlassen gehabt.
Der Sinn des §10 Abs1 AVG ist vor allem darin gelegen, eine den rechtsstaatlichen Erfordernissen entsprechende Durchsetzung der materiellen Rechte der Partei zu gewährleisten, nicht aber durch Formvorschriften die Durchsetzung dieser Rechte in größerem Maß als unbedingt erforderlich einzuschränken.
Bei bestehenden Vollmachtsverhältnis muß sich der Vertretene das Handeln bzw Unterlassen des Parteienvertreters zurechnen lassen. Unterläßt also der Vertreter die ihm zumutbare Sorgfaltspflicht, so muß dieser Mangel dem Vertretenen zugerechnet werden. Der Vertretene hat für Handlungen oder Unterlassungen seines Vertreters und damit für Irrtümer, die diesem unterlaufen, einzustehen. (VwGH 26.4.1983 Slg 110421).
Nach Ansicht des Verwaltungssenates kann daher das Vergessen des Vertreters aufgrund der Hektik der Urlaubszeit nicht als unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis im Sinne des §71 AVG gewertet werden. Es erscheint bei Anwendung der üblichen Sorgfaltspflichten jedermann zumutbar ein behördliches Schriftstück soweit evident zu halten, daß zeitgerecht nötige verfahrensrechtliche Schritte gesetzt werden. Die oberflächliche Betrachtung einer Eingabe kann nicht als ein Agieren im Sinne der jedermann zumutbaren Sorgfaltspflicht betrachtet werden. Nach Ansicht der Berufungsbehörde kann auch kein durch die Hektik der Urlaubszeit entstandener minderer Grad des Versehens in der Unterlassung der notwendigen Verfahrensschritte erblickt werden.
Aus diesen Gründen war die inhaltlich richtige Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft xx zu bestätigen und wie im Spruch zu entscheiden.