Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben.
Gemäß §45 Abs1 Z2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.
Mit dem in Anfechtung gezogenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 15.1.1993, wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe von S 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 96 Stunden) verhängt und überdies die Tragung der Verfahrenskosten in Höhe von S 400,-- ausgesprochen, weil er einem gewässerpolizeilichen Auftrag des Landeshauptmannes von NÖ vom 16.5.1990, Zl III/1- -90, bis 23.6.1992 nicht nachgekommen wäre. Dieser bescheidmäßige Auftrag habe zum Inhalt gehabt, entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung für die Einleitung der in der Brauerei P anfallenden gewerblichen Abwässer in die kommunale Kanalisationsanlage der Gemeinde yy nachträglich anzusuchen oder aber diese Wassereinleitungen in die öffentliche Kanalisation in der derzeitigen Form einzustellen (Spätesttermin ursprünglich jeweils 30.1.1991, Verlängerung jeweils bis spätestens 30.4.1992).
Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung mit dem Vorbringen, daß aus dem Spruch des Straferkenntnisses nicht hervorginge, in welcher Form die Einleitung der Abwässer in die öffentliche Kanalisation erfolgt wäre. Darüberhinaus sei mit Schreiben des Landeshauptmannes von NÖ vom 23.6.1992 eine neuerliche Fristverlängerung bis 31.7.1992 erfolgt. Auch habe es die Strafbehörde unterlassen festzustellen, ob tatsächlich die Einleitung der Abwässer am 23.6.1992 und 1.7.1992 in der Form erfolgt wäre, die zur Erlassung des Bescheides des Landeshauptmannes von NÖ vom 16.5.1990 geführt habe. Auch habe sich die Behörde nicht mit dem Vorbringen auseinandergesetzt, daß die Einleitung der betrieblichen Abwässer in die öffentliche Kanalisation unterblieben wäre.
Weiter wäre weder aus dem Spruch noch aus der Begründung des angefochtenen Bescheides zu ersehen, inwieweit sich die Behörde mit der Strafbemessung auseinandergesetzt habe.
Aus den genannten Gründen wurde die ersatzlose Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt, ebenso die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:
Unbestritten wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 16. Mai 1990, Zl III/1- -90, dem Beschuldigten ein auf §138 Abs2 WRG 1959 gestützter gewässerpolizeilicher Auftrag mit dem Inhalt erteilt, entweder bis spätestens 30. Jänner 1991 um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung für die Einleitung der in der Brauerei P anfallenden gewerblichen Abwässer in die kommunale Kanalisationsanlage der Gemeinde yy nachträglich anzusuchen, oder bis zum gleichen Zeitpunkt die Abwassereinleitungen in die öffentliche Kanalisation einzustellen.
Der Aktenlage ist zu entnehmen, daß nach mehreren Anträgen des Beschuldigten um Fristverlängerung seitens des Landeshauptmannes von NÖ ein mit 23.6.1992 datierte Schreiben (Zl III/1- -92) an dem Berufungswerber ergangen ist, in dem auf die unbefriedigende Abwassersituation hingewiesen und als letztmalige Frist für die Erfüllung des gewässerpolizeilichen Auftrages der 31. Juli 1992 vorgemerkt wird.
Wenngleich dieses Schreiben nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet wurde, so kann das Vorliegen aller für einen Bescheid wesentlichen Merkmale (nämlich erkennende Behörde, Adressat und Spruch) nicht verneint werden. Es ist daher davon auszugehen, daß dem genannten Schreiben des Landeshauptmannes von NÖ vom 23.6.1992 Bescheidcharakter zuzubilligen ist und daher die Erfüllungfrist des eingangs erwähnten gewässerpolizeilichen Auftrages bis 31.7.1992 verlängert wurde.
Aus diesem Umstande ergibt sich auch zwangsläufig, daß die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat, nämlich die Nichterfüllung des gewässerpolizeilichen Auftrages bis zum 23.6.1992, nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, weil die Erfüllung dieses bescheidmäßigen Auftrages eben erst bis spätestens 31.7.1992 zu bewerkstelligen war.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ übersieht in diesem Zusammenhang keineswegs, daß zunächst tatsächlich der Beschuldigte die ihm gesetzte Frist überschritten und somit ein strafbares Verhalten gesetzt hat. Nachdem aber das Schreiben des Landeshauptmannes von NÖ vom 23.6.1992 keinen selbständigen gewässerpolizeilichen Auftrag darstellt, sondern lediglich eine Fristverlängerung für den ursprünglichen Bescheid, hat diese Fristverlängerung zweifelsohne auch rückwirkende Eigenschaft. Dies bedeutet, daß durch das erwähnte Schreiben des Landeshauptmannes von NÖ vom 23.6.1992 nachträglich eine für den Beschuldigten günstigere Rechtslage geschaffen wurde.
In Anbetracht dieser Ausführungen erübrigte es sich, auf das restliche Berufungsvorbringen einzugehen.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß §51e VStG abgesehen werden, da bereits aus der Aktenlage die Notwendigkeit der Bescheidbehebung zu ersehen war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.