Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr Pipal über die Berufung des Herrn Günther K gegen das Straferkenntnis
der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Penzing, vom 25.11.1993, Zl Pst 2337/P/93, wegen Übertretung des § 103 Abs 2 KFG, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19.5.1994 und 13.6.1994, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Tatumschreibung lautet:"Sie haben es als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen W-23 unterlassen, der Behörde auf
ihr schriftliches Verlangen vom 10.5.1993, zugestellt am 13.5.1993, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Auskunft zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug in D, R-gasse nächst dem Haus Nr 1 abgestellt hat, sodaß es dort am 25.12.1992 um 21.00 Uhr gestanden ist, indem Sie die unrichtige Auskunft erteilten, diese Auskunft könne (von Ihnen) nicht erteilt werden, es werde die Firma B Gesellschaft mbH in
Wien, S-gasse als die Person benannt, die die Auskunft erteilen könne.
"Dem Berufungswerber wird gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von S 400,--, das sind 20 % der verhängten Strafe, auferlegt.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 2.600,--
Begründung:
1. Der gegenständlichen Berufung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien
wurde der Berufungswerber schuldig erkannt, er habe es als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen W-23 unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 10.5.1993, zugestellt am 13.5.1993, innerhalb der Frist von zwei Wochen Auskunft zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug in D, R-straße nächst Haus Nr 1 abgestellt hat, sodaß es dort am 25.12.1993 um 21.00
Uhr gestanden sei.
Hiedurch habe er § 103 Abs 2 KFG verletzt, weswegen über ihn gemäß § 134 KFG eine Geldstrafe von S 2.000,--, bei Uneinbringlichkeit drei
Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt und ihm ein entsprechender Verfahrenskostenbeitrag auferlegt wurde.
Dieser Vorwurf ergab sich aufgrund einer entsprechenden Lenkeranfrage
vom 10.5.1993, welche die Bezirkshauptmannschaft G an den Berufungswerber richtete.
In der Lenkerauskunft vom 25.5.1993 gab dieser an, die Auskunft könne
nicht erteilt werden, es werde die Firma B Gesellschaft mbH in Wien, S-gasse als die Person benannt, die die Auskunft erteilen könne. Nach mehreren Ermittlungsschritten in Bezug auf diese Gesellschaft wurde gegenüber dem Berufungswerber eine Strafverfügung wegen Nichterteilung der Lenkerauskunft erlassen und aufgrund eines fristgerechten Einspruches sodann das angefochtene Straferkenntnis. In der fristgerechten Berufung wurde ausgeführt, es sei eine richtige
Lenkerauskunft erteilt worden.
2. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:
Gemäß § 103 Abs 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes
Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat
der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann
er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück. Diese Verwaltungsübertretung ist gemäß § 134 KFG mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen, zu bestrafen. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien holte einen Firmenbuchauszug betreffend die B Gesellschaft mbH ein, worin Frau Hermine S als Mehrheitsgesellschafterin und Geschäftsführerin und Herr Karl K als Minderheitsgesellschafter aufscheint.
Der Unabhängige Verwaltungssenat führte am 19.5.1994 und am 13.6.1994
eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, bei der der Berufungswerber folgendes aussagte:
"Ich hatte das gegenständliche Fahrzeug vom 27.11.1992 bis 26.1.1993 an die Firma B verliehen. Ich verweise dazu auf meine schriftlichen Aufzeichnungen, welche den Zeitraum 1.9.1992 bis 30.3.1993 (Totalschaden des Fahrzeuges) umfassen. Das Fahrzeug wurde kostenlos verliehen, weil die Firma meiner Tochter, Frau Hermine S und meinem Bruder Karl K gehörte. Ich selbst war von 21.12.1992 bis 2.1.1993 mit
dieser meiner Tochter in Ungarn, während der Zeit hat der erwähnte Bruder die Firma geleitet, er hatte auch die Fahrzeugpapiere und die Fahrzeugschlüssel. Was die Firma am 25.12.1992 mit dem Fahrzeug gemacht hat, weiß ich nicht. Ich war zu diesem Zeitpunkt Angestellter
der Firma B, und zwar technischer Leiter, mit der Geschäftsführung hatte ich nichts zu tun."
Frau S machte bei ihrer Zeugeneinvernahme folgende Angaben:
"Ich will aussagen. Am 25.12.1992 war ich zusammen mit meinen Eltern und meiner Tochter in Ungarn auf Urlaub (vom 21.12.1992 bis 2.1.1993).
Am 25.12.1992 war ich Geschäftsführerin der B, mein Vater hat mich unentgeltlich bei der Geschäftsführung beraten.
Über Vorhalt der Aussage meines Vaters, daß er Angestellter gewesen sei, gebe ich an, daß ich bei meiner Aussage bleibe.
Über Befragen des Berufungswerbers:
Am 25.12.1992 ist außer den erwähnten Personen noch Herr Andreas W, wohnhaft in S, zu unserem Urlaubsort nachgekommen.
In meinem Reisepaß befindet sich keine diesbezügliche Eintragung."
In der fortgesetzten Verhandlung brachte der Berufungswerber vor:
"Unterlagen über den erwähnten Urlaub in Ungarn existieren nicht mehr.
Für die Firma B GesmbH hätte Frau S die Lenkerauskunft erteilen sollen bzw Herr Zoran B, welcher glaube ich im Mai 1993 95 % des Stammkapitales übernommen hat und Geschäftsführer ist. Als Lenker zum Tatzeitpunkt kommen max 5 bis 6 Personen in Frage."
Herr Karl K sagte als Zeuge folgendes aus:
"Ich will aussagen. Am 25.12.1992 wurde das gegenständliche Fahrzeug von unserem Chauffeur Johann, Nachname unbekannt, gelenkt. Ich war damals Gesellschafter der B GesmbH.
Wer jeweils Lenker war, müßte sich aus den Aufzeichnungen der B GesmbH ergeben. Wie diese ausgesehen haben, weiß ich nicht. Ich habe keine Aufzeichnungen geführt.
Über Befragen des Berufungswerbers:
Der Berufungswerber war zum fraglichen Zeitpunkt in S (Ungarn)."
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens nimmt der Unabhängige Verwaltungssenat Wien den im Spruch umschriebenen Sachverhalt als erwiesen an. Zwei offensichtliche Schreibfehler, nämlich "R-straße" und "25.12.1993", wurden dabei richtiggestellt, weiters wurde die Tathandlung näher konkretisiert.
Bei der Beweiswürdigung und bei der rechtlichen Beurteilung waren folgende Erwägungen maßgebend:
Laut der erteilten Auskunft hätte die angegebene Gesellschaft mbH, das heißt also deren Geschäftsführerin, die geforderte Lenkerauskunft
geben können.
Wie sich jedoch aus den diesbezüglich übereinstimmenden Aussagen des Berufungswerbers, seiner Tochter sowie seines Bruders ergibt, befand sich die Geschäftsführerin zum fraglichen Zeitpunkt in Ungarn und konnte daher die Lenkerauskunft nicht erteilen. Dies war dem Berufungswerber auch bekannt. Die Gewahrsame an dem Fahrzeug hatte der Berufungswerber seinem Bruder Karl K durch Übergabe der Fahrzeugpapiere und -schlüssel übertragen, nicht der B Gesellschaft mbH. Daher wäre es seine Pflicht gewesen, diesen Bruder als die Person zu benennen, die die Lenkerauskunft erteilen könne. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien geht also davon aus, daß der Berufungswerber die angelastete Verwaltungsübertretung begangen hat, und zwar, wie sich aus den Tatumständen ergibt, vorsätzlich, offenbar
um die Ausforschung des Lenkers, der für die der Anzeige zugrunde liegende Verwaltungsübertretung verantwortlich ist, zu verhindern.
Zur Strafbemessung wird folgendes ausgeführt:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient
und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach
sich
gezogen hat.
Gemäß Abs 2 der angeführten Bestimmung sind im ordentlichen
Verfahren
(§§ 40-46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Der Schutzzweck der übertretenen Verwaltungsvorschrift liegt im Interesse an der raschen Ermittlung der im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehenden Person, weshalb der Unrechtsgehalt der Tat, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht unerheblich ist.
Erschwerend waren die vorsätzliche Tatbegehung sowie die Uneinsichtigkeit des Berufungswerbers zu werten, Milderungsgründe kamen nicht hervor.
Das Verschulden ist erheblich.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgünde, den bis S 30.000,-- reichenden Strafsatz sowie spezial- und generalpräventive
Erwägungen kam - auch unter Berücksichtigung des geringen Einkommens,
der Vermögenslosigkeit und des Fehlens von Sorgepflichten - eine Herabsetzung der Geldstrafe nicht in Betracht.
Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens
stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.