TE UVS Niederösterreich 1994/10/04 Senat-BN-92-115

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Veröffentlicht am 04.10.1994
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Spruch

Die Berufung wird gemäß §66 Abs4 AVG, BGBlNr 51/1991, als unzulässig zurückgewiesen.

Text

Am 3. November 1992 wurde dem Arbeitsmarktservice NÖ (vormals

Landesarbeitsamt

NÖ) eine Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft xx vom 30.10.1992 zu Zl 3-

*****-92A, zugestellt. Diese Niederschrift lautet auszugsweise:

 

Niederschrift

 

aufgenommen mit Herrn Dr K K vertr d F K G als Beschuldigte(r), der nach Vorhalt

der ihm zur Last gelegten strafbaren Handlung(en) ein Geständnis ablegt.

Da weitere Beweise nicht aufzunehmen sind, wird verkündet:

 

Straferkenntnis

 

Sie haben (aus Anzeige)

Siehe Aufforderung z.Rechtfertigung v9.10.1992 z-wo und dadurch (eine) Verwaltungsübertretung(en) nach §§ 28 Abs1 Z1 lita AuslBG

begangen.

 

Im Spruch folgt weiters die Verhängung einer Geldstrafe von S 2.500,--

(Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) sowie die Verhängung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von S 250,-- gemäß §64 Abs2 VStG.

 

Diese dem Arbeitsmarktservice NÖ zugestellte Niederschrift trägt keine

Fertigung, sondern findet sich darin die maschinschriftlich

geschriebene Klausel

Für den Bezirkshauptmann und R.

 

Das Arbeitsmarktservice NÖ (vormals Landesarbeitsamt NÖ) erhob am 11.11.1992

unter Bezugnahme auf den do Bescheid vom 30.10.1992, Zl 3-*****-92, Berufung mit

der Begründung, das Verfahren sei mangelhaft geblieben. Im Sinne des §37 AVG sei

es Zweck des Ermittlungsverfahrens, den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung

ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Gemäß §28a AuslBG habe das Landesarabeitsamt NÖ im Verwaltungsstrafverfahren Parteistellung.

Das

Parteiengehör sei im gegenständlichen Fall dadurch verletzt worden, als der do.

Behörde der festzustellende maßgebende Sachverhalt nicht zur Kenntnis gebracht

wurde und das Ermittlungsverfahren somit nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde.

Das Landesarbeitsamt NÖ habe erstmals mit der Zustellung des angefochtenen

Bescheides Kenntnis über das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten erhalten, wobei aus dem Spruch dieses Bescheides weder der

Zeitpunkt und der Ort der strafbaren Handlung, noch die Anzahl und die Namen der

dabei angetroffenen Ausländer ersichtlich seien. Weiters werde der Bescheid

bezüglich der Strafhöhe angefochten, weil das Vorliegen von zwei Milderungsgründen im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch

kein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe

darstelle. Es wurde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

Bei Aktenvorlage teilte die Bezirkshauptmannschaft xx ua mit, das gegenständliche Straferkenntnis sei ordnungsgemäß verkündet worden.

Der

maßgebliche Sachverhalt sei der Arbeitsmarktverwaltung bekannt gewesen (siehe Anzeige des Arbeitsamtes xx und Aussage der G K). Der Umstand, daß seitens des Arbeitsamtes Baden das Landesarbeitsamt NÖ nicht informiert worden

sei, sei der Bezirkshauptmannschaft xx nicht bekannt gewesen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat eine öffentliche mündliche

Berufungsverhandlung durchgeführt, um Beweis darüber zu erheben, ob die

Bezirkshauptmannschaft xx am 30.10.1992 gegenüber Frau G K als Vertreterin des Beschuldigten Dr K K ein Straferkenntnis durch ordnungsgemäße

Verkündung

desselben erlassen hat.

 

Aus den Einvernahmen des Bediensteten der Bezirkshauptmannschaft xx, Herrn H R,

sowie der Frau G K geht hervor, daß diese am 30.10.1992 zur Einvernahme als

Beschuldigtenvertretin erschienen ist. Anläßlich dieser Einvernahme habe sich

für den Vertreter der Bezirkshauptmannschaft xx herausgestellt, daß Frau G K in Vertretung des Beschuldigten voll geständig sei und auf ein Rechtsmittel

verzichten werde. Nur in einem solchen Fall, so die Angaben des Vertreters der Bezirkshauptmannschaft xx, komme eine mündliche Bescheidverkündung überhaupt in Betracht. Anläßlich der Verkündung des Straferkenntnisses sei der strafbare

Tatbestand nach Ort, Zeit und Art der Begehung nicht konkretisiert worden,

sondern sei dabei auf die Aufforderung zur Rechtfertigung verwiesen worden. Frau

K, als Zeugin unter Wahrheitspflicht einvernommen, führte aus, sie habe sich

angesichts der Erklärung, daß dies eine erstmalige Angelegenheit sei und ihr

eigentlich kein Verschulden vorzuwerfen sei, bzw. infolge des Geständnisses und

der bisherigen Straflosigkeit mit einer Strafe in Höhe von S 2.500,--

einverstanden erklärt und hätte daraufhin die ihr vorgelegten Niederschriften

unterschrieben. Eine förmliche Verkündung des Straferkenntnisses

habe ihrer

Erinnerung nach nicht stattgefunden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Gemäß §62 Abs1 AVG können, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes

bestimmt ist, Bescheide sowohl schriftlich als auch mündlich erlassen werden.

 

Abs2 legcit sieht vor, daß der Inhalt und die Verkündung eines mündlichen

Bescheides, wenn die Verkündung bei einer mündlichen Verhandlung erfolgt, am

Schlusse der Verhandlungsschrift, in anderen Fällen in einer besonderen

Niederschrift zu beurkunden ist. Eine schriftliche Ausfertigung des mündlich

verkündeten Bescheides ist den bei der Verkündung nicht anwesenden und jenen

Parteien zuzustellen, die spätestens drei Tage nach der Verkündung eine

Ausfertigung verlangen; über dieses Recht ist die Partei bei

Verkündung des

mündlichen Bescheides zu belehren (§62 Abs3 AVG).

 

Im gegenständlichen Fall ging für die Berufungsbehörde aus der anläßlich der Bescheidverkündung aufgenommenen Niederschrift (Verweis im Spruchteil auf eine Aufforderung zur Rechtfertigung vom 9.10.1992) nicht hervor, ob eine Verkündung

des maßgeblichen Bescheidspruches in der für die mündliche Bescheidverkündung

erforderlichen Form erfolgt war. Aufgrund der Zeugeneinvernahmen stellte sich

jedoch heraus, daß eine formelle Bescheidverkündung nicht stattgefunden hatte.

Es handelte sich im gegenständlichen Fall somit - wie aufgrund der übereinstimmenden Aussagen der Zeugen R und K feststeht - um eine Fehlerhaftigkeit im Verkündungsakt selbst. Da eine mündliche Verkündung eines Bescheides ein Formalakt ist, der sich von einer gelegentlichen Mitteilung und Absichtserklärung wesentlich unterscheidet (vgl VwGH vom 9.4.1976, Z 1900/75)

ist davon auszugehen, daß am 30.10.1992 Frau G K als Vertreterin des Beschuldigten gegenüber durch die Bezirkshauptmannschaft xx ein Straferkenntnis

nicht rechtswirksam verkündet wurde. Somit ist dieser Bescheid dem Beschuldigten

gegenüber rechtlich nicht existent geworden.

 

Es bleibt daher zu prüfen, ob der dem Landesarabeitsamt NÖ zugestellten Kopie

der Niederschrift vom 30.10.1992 Bescheidcharakter zukommt und damit in dieser Angelegenheit ein Bescheid gegenüber dem Landesarbeitsamt NÖ mit Zustellung am 3. November 1992 schriftlich erlassen wurde. Dazu ist auszuführen, daß schon der Verweis auf die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 9.10.1992 dem Erfordernis

eines ausreichend zu konkretisierenden Bescheidspruches im Sinne des §44a VStG

nicht genügt. Was aber diesem Schreiben die Bescheidqualität aberkennt, ist der Umstand, daß - wie sich aus der Vorlage desselben durch das Landesarbeitsamt NÖ ergab - es weder mit einer Unterschrift dessen, der die Erledigung genehmigt

hat, versehen ist, noch einen Beglaubigungsvermerk durch die Kanzlei enthält.

Gemäß §18 Abs4 AVG müssen alle schriftlichen Ausfertigungen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung

genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann die

Beglaubigung der Kanzlei treten, daß die Ausfertigung mit der Erledigung des

betreffenden Geschäftsstücks übereinstimmt und das Geschäftsstück die

eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist. Die Beisetzung des Namens des Genehmigenden genügt nur in den Ausnahmefällen des §18 Abs3 zweiter und dritter

Satz AVG und bei Ausfertigungen, die mittels

automationsunterstützter

Datenverarbeitung erstellt werden.

 

Gegenständlich handelte es sich weder um eine Erledigung, die telegraphisch oder

fernschriftlich mitgeteilt wurde, noch um eine im Wege

automationsunterstützter

Datenverarbeitung erstellte Ausfertigung.

 

Im allgemeinen ist noch darauf hinzuweisen, daß gemäß §28a AuslBG in der im

gegenständlichen Fall anzuwendenden Fassung BGBl Nr 450/1990 dem Landesarbeitsamt NÖ Parteistellung im Verfahren zukam. Der Wahrung der

Parteienrechte ist daher dadurch nicht Genüge getan, daß dem örtlich zuständigen

Arbeitsamt der maßgebliche Sachverhalt zur Kenntnis gebracht wird.

Diesbezüglich

trifft das Berufungsvorbringen zu, wonach das gegenständliche

Verfahren

mangelhaft geblieben ist.

 

Im Falle einer - ordnungsgemäßen - mündlichen Verkündung eines Bescheides wäre

aufgrund seiner Parteistellung dem Landesarbeitsamt NÖ weiters gemäß §62 Abs3

AVG eine schriftliche Ausfertigung desselben (nicht nur eine Kopie der

Niederschrift über die Bescheidverkündung) zuzustellen gewesen.

Festgestellt

wird aber, daß, wäre das Straferkenntnis ordnungsgemäß verkündet und der bei der Verkündung nicht anwesenden Partei eine schriftliche Ausfertigung des Bescheides

zugestellt worden, ein Übergehen dieser Verfahrenspartei im Verfahren saniert

wäre und eine Aufhebung des Bescheides aus diesem Grund - wie vom Landesarbeitsamt NÖ beantragt - nicht in Betracht käme. Dies deshalb, weil durch

die Zustellung des Bescheides der übergangenen Partei die Möglichkeit und Gelegenheit gegeben wird, dagegen ein Rechtsmittel zu ergreifen. Sie kann dann

im Rechtsmittelweg alle Einwendungen erheben, die im Falle ordnungsgemäßer

Ladung zur Verhandlung dort hätten vorgebracht werden müssen.

 

Dies hätte aber zufolge der Verpflichtung der Berufungsbehörde, in der Sache

selbst zu entscheiden, zu einem Abspruch in der Sache geführt.

 

Da sich die gegenständliche Berufung aber als unzulässig erwies, zumal noch kein

Bescheid erlassen worden ist, war sie spruchgemäß zurückzuweisen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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