Die Berufung wird gemäß §66 Abs4 AVG, BGBlNr 51/1991, als unzulässig zurückgewiesen.
Am 3. November 1992 wurde dem Arbeitsmarktservice NÖ (vormals
Landesarbeitsamt
NÖ) eine Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft xx vom 30.10.1992 zu Zl 3-
*****-92A, zugestellt. Diese Niederschrift lautet auszugsweise:
Niederschrift
aufgenommen mit Herrn Dr K K vertr d F K G als Beschuldigte(r), der nach Vorhalt
der ihm zur Last gelegten strafbaren Handlung(en) ein Geständnis ablegt.
Da weitere Beweise nicht aufzunehmen sind, wird verkündet:
Straferkenntnis
Sie haben (aus Anzeige)
Siehe Aufforderung z.Rechtfertigung v9.10.1992 z-wo und dadurch (eine) Verwaltungsübertretung(en) nach §§ 28 Abs1 Z1 lita AuslBG
begangen.
Im Spruch folgt weiters die Verhängung einer Geldstrafe von S 2.500,--
(Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) sowie die Verhängung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von S 250,-- gemäß §64 Abs2 VStG.
Diese dem Arbeitsmarktservice NÖ zugestellte Niederschrift trägt keine
Fertigung, sondern findet sich darin die maschinschriftlich
geschriebene Klausel
Für den Bezirkshauptmann und R.
Das Arbeitsmarktservice NÖ (vormals Landesarbeitsamt NÖ) erhob am 11.11.1992
unter Bezugnahme auf den do Bescheid vom 30.10.1992, Zl 3-*****-92, Berufung mit
der Begründung, das Verfahren sei mangelhaft geblieben. Im Sinne des §37 AVG sei
es Zweck des Ermittlungsverfahrens, den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung
ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Gemäß §28a AuslBG habe das Landesarabeitsamt NÖ im Verwaltungsstrafverfahren Parteistellung.
Das
Parteiengehör sei im gegenständlichen Fall dadurch verletzt worden, als der do.
Behörde der festzustellende maßgebende Sachverhalt nicht zur Kenntnis gebracht
wurde und das Ermittlungsverfahren somit nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde.
Das Landesarbeitsamt NÖ habe erstmals mit der Zustellung des angefochtenen
Bescheides Kenntnis über das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten erhalten, wobei aus dem Spruch dieses Bescheides weder der
Zeitpunkt und der Ort der strafbaren Handlung, noch die Anzahl und die Namen der
dabei angetroffenen Ausländer ersichtlich seien. Weiters werde der Bescheid
bezüglich der Strafhöhe angefochten, weil das Vorliegen von zwei Milderungsgründen im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch
kein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe
darstelle. Es wurde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Bei Aktenvorlage teilte die Bezirkshauptmannschaft xx ua mit, das gegenständliche Straferkenntnis sei ordnungsgemäß verkündet worden.
Der
maßgebliche Sachverhalt sei der Arbeitsmarktverwaltung bekannt gewesen (siehe Anzeige des Arbeitsamtes xx und Aussage der G K). Der Umstand, daß seitens des Arbeitsamtes Baden das Landesarbeitsamt NÖ nicht informiert worden
sei, sei der Bezirkshauptmannschaft xx nicht bekannt gewesen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat eine öffentliche mündliche
Berufungsverhandlung durchgeführt, um Beweis darüber zu erheben, ob die
Bezirkshauptmannschaft xx am 30.10.1992 gegenüber Frau G K als Vertreterin des Beschuldigten Dr K K ein Straferkenntnis durch ordnungsgemäße
Verkündung
desselben erlassen hat.
Aus den Einvernahmen des Bediensteten der Bezirkshauptmannschaft xx, Herrn H R,
sowie der Frau G K geht hervor, daß diese am 30.10.1992 zur Einvernahme als
Beschuldigtenvertretin erschienen ist. Anläßlich dieser Einvernahme habe sich
für den Vertreter der Bezirkshauptmannschaft xx herausgestellt, daß Frau G K in Vertretung des Beschuldigten voll geständig sei und auf ein Rechtsmittel
verzichten werde. Nur in einem solchen Fall, so die Angaben des Vertreters der Bezirkshauptmannschaft xx, komme eine mündliche Bescheidverkündung überhaupt in Betracht. Anläßlich der Verkündung des Straferkenntnisses sei der strafbare
Tatbestand nach Ort, Zeit und Art der Begehung nicht konkretisiert worden,
sondern sei dabei auf die Aufforderung zur Rechtfertigung verwiesen worden. Frau
K, als Zeugin unter Wahrheitspflicht einvernommen, führte aus, sie habe sich
angesichts der Erklärung, daß dies eine erstmalige Angelegenheit sei und ihr
eigentlich kein Verschulden vorzuwerfen sei, bzw. infolge des Geständnisses und
der bisherigen Straflosigkeit mit einer Strafe in Höhe von S 2.500,--
einverstanden erklärt und hätte daraufhin die ihr vorgelegten Niederschriften
unterschrieben. Eine förmliche Verkündung des Straferkenntnisses
habe ihrer
Erinnerung nach nicht stattgefunden.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:
Gemäß §62 Abs1 AVG können, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes
bestimmt ist, Bescheide sowohl schriftlich als auch mündlich erlassen werden.
Abs2 legcit sieht vor, daß der Inhalt und die Verkündung eines mündlichen
Bescheides, wenn die Verkündung bei einer mündlichen Verhandlung erfolgt, am
Schlusse der Verhandlungsschrift, in anderen Fällen in einer besonderen
Niederschrift zu beurkunden ist. Eine schriftliche Ausfertigung des mündlich
verkündeten Bescheides ist den bei der Verkündung nicht anwesenden und jenen
Parteien zuzustellen, die spätestens drei Tage nach der Verkündung eine
Ausfertigung verlangen; über dieses Recht ist die Partei bei
Verkündung des
mündlichen Bescheides zu belehren (§62 Abs3 AVG).
Im gegenständlichen Fall ging für die Berufungsbehörde aus der anläßlich der Bescheidverkündung aufgenommenen Niederschrift (Verweis im Spruchteil auf eine Aufforderung zur Rechtfertigung vom 9.10.1992) nicht hervor, ob eine Verkündung
des maßgeblichen Bescheidspruches in der für die mündliche Bescheidverkündung
erforderlichen Form erfolgt war. Aufgrund der Zeugeneinvernahmen stellte sich
jedoch heraus, daß eine formelle Bescheidverkündung nicht stattgefunden hatte.
Es handelte sich im gegenständlichen Fall somit - wie aufgrund der übereinstimmenden Aussagen der Zeugen R und K feststeht - um eine Fehlerhaftigkeit im Verkündungsakt selbst. Da eine mündliche Verkündung eines Bescheides ein Formalakt ist, der sich von einer gelegentlichen Mitteilung und Absichtserklärung wesentlich unterscheidet (vgl VwGH vom 9.4.1976, Z 1900/75)
ist davon auszugehen, daß am 30.10.1992 Frau G K als Vertreterin des Beschuldigten gegenüber durch die Bezirkshauptmannschaft xx ein Straferkenntnis
nicht rechtswirksam verkündet wurde. Somit ist dieser Bescheid dem Beschuldigten
gegenüber rechtlich nicht existent geworden.
Es bleibt daher zu prüfen, ob der dem Landesarabeitsamt NÖ zugestellten Kopie
der Niederschrift vom 30.10.1992 Bescheidcharakter zukommt und damit in dieser Angelegenheit ein Bescheid gegenüber dem Landesarbeitsamt NÖ mit Zustellung am 3. November 1992 schriftlich erlassen wurde. Dazu ist auszuführen, daß schon der Verweis auf die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 9.10.1992 dem Erfordernis
eines ausreichend zu konkretisierenden Bescheidspruches im Sinne des §44a VStG
nicht genügt. Was aber diesem Schreiben die Bescheidqualität aberkennt, ist der Umstand, daß - wie sich aus der Vorlage desselben durch das Landesarbeitsamt NÖ ergab - es weder mit einer Unterschrift dessen, der die Erledigung genehmigt
hat, versehen ist, noch einen Beglaubigungsvermerk durch die Kanzlei enthält.
Gemäß §18 Abs4 AVG müssen alle schriftlichen Ausfertigungen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung
genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann die
Beglaubigung der Kanzlei treten, daß die Ausfertigung mit der Erledigung des
betreffenden Geschäftsstücks übereinstimmt und das Geschäftsstück die
eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist. Die Beisetzung des Namens des Genehmigenden genügt nur in den Ausnahmefällen des §18 Abs3 zweiter und dritter
Satz AVG und bei Ausfertigungen, die mittels
automationsunterstützter
Datenverarbeitung erstellt werden.
Gegenständlich handelte es sich weder um eine Erledigung, die telegraphisch oder
fernschriftlich mitgeteilt wurde, noch um eine im Wege
automationsunterstützter
Datenverarbeitung erstellte Ausfertigung.
Im allgemeinen ist noch darauf hinzuweisen, daß gemäß §28a AuslBG in der im
gegenständlichen Fall anzuwendenden Fassung BGBl Nr 450/1990 dem Landesarbeitsamt NÖ Parteistellung im Verfahren zukam. Der Wahrung der
Parteienrechte ist daher dadurch nicht Genüge getan, daß dem örtlich zuständigen
Arbeitsamt der maßgebliche Sachverhalt zur Kenntnis gebracht wird.
Diesbezüglich
trifft das Berufungsvorbringen zu, wonach das gegenständliche
Verfahren
mangelhaft geblieben ist.
Im Falle einer - ordnungsgemäßen - mündlichen Verkündung eines Bescheides wäre
aufgrund seiner Parteistellung dem Landesarbeitsamt NÖ weiters gemäß §62 Abs3
AVG eine schriftliche Ausfertigung desselben (nicht nur eine Kopie der
Niederschrift über die Bescheidverkündung) zuzustellen gewesen.
Festgestellt
wird aber, daß, wäre das Straferkenntnis ordnungsgemäß verkündet und der bei der Verkündung nicht anwesenden Partei eine schriftliche Ausfertigung des Bescheides
zugestellt worden, ein Übergehen dieser Verfahrenspartei im Verfahren saniert
wäre und eine Aufhebung des Bescheides aus diesem Grund - wie vom Landesarbeitsamt NÖ beantragt - nicht in Betracht käme. Dies deshalb, weil durch
die Zustellung des Bescheides der übergangenen Partei die Möglichkeit und Gelegenheit gegeben wird, dagegen ein Rechtsmittel zu ergreifen. Sie kann dann
im Rechtsmittelweg alle Einwendungen erheben, die im Falle ordnungsgemäßer
Ladung zur Verhandlung dort hätten vorgebracht werden müssen.
Dies hätte aber zufolge der Verpflichtung der Berufungsbehörde, in der Sache
selbst zu entscheiden, zu einem Abspruch in der Sache geführt.
Da sich die gegenständliche Berufung aber als unzulässig erwies, zumal noch kein
Bescheid erlassen worden ist, war sie spruchgemäß zurückzuweisen.