TE UVS Niederösterreich 1994/10/17 Senat-WB-93-457

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Veröffentlicht am 17.10.1994
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Spruch

Herr A M, geb. ***19**, vertreten durch RA Dr G. T, E*********straße *, ****

W***, hat gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft W, vom **199*, Zl 3-*****-9*, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz

(AZG), BGBl Nr 461/1969 idgF fristgerecht Berufung erhoben. Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat durch das Mitglied Dr P über

diese Berufung nach durchgeführter öffentlicher mündlicher

Verhandlung am

****199* entschieden wie folgt

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen

Verwaltungsverfahrensgesetzes

(AVG), BGBl Nr 51/1991 keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis in seinen Schuld-, Straf- und Kostenaussprüchen vollinhaltlich

bestätigt.

 

Der Berufungswerber hat gemäß § 64 Abs 1 und Abs 2 VStG, BGBl Nr 52/1991 idgF

insgesamt S 18.300,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2

Wochen ab Zustellung des Bescheides zu bezahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag von S 91.500,-- und die Kosten des Strafverfahrens erster Instanz in der Höhe von S 9.150,-- zu

zahlen (§ 59 Abs 2 AVG).

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft W vom **199*, Zl 3-*****-9*, wurde über Herrn A M in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher

Geschäftsführer der Firma M GesmbH. Reisebüro und Verkehrsbetriebe in ****

K**********/**, G*****straße **, wegen Übertretungen nach dem AZG die in den Punkten 1 bis 16 c des erstinstanzlichen Straferkenntnisses angeführten

Geldstrafen in der Höhe von insgesamt S 91.500,-- (Erstzfreiheitsstrafe insgesamt: 3060 Stunden, das sind 127 Tage und 12 Stunden) gemäß § 28 Abs 1 AZG

verhängt.

 

Angelastet wurde ihm, dafür verantwortlich zu sein, daß den im Spruch des

erstinstanzlichen Straferkenntnisses namentlich genannten Arbeitnehmern

einerseits die ihnen gemäß § 12 Abs 1 AZG iVm den Bestimmungen des Bundeskollektivvertrages für Dienstnehmer in privaten Autobusbetrieben nach

Beendigung der Tagesarbeitszeit zustehende ununterbrochene Ruhezeit von

mindestens 10 Stunden nicht gewährt wurde, daß das nach § 16 Abs 3 AZG iVm den Bestimmungen des Kollektivvertrages für Dienstnehmer in privaten Autobusbetrieben höchstzulässige Ausmaß der Einsatzzeit in den Fällen der Arbeitsbereitschaft gemäß § 5 legcit überschritten wurde, und daß § 14 Abs 2 AZG

nicht eingehalten wurde, da in den spruchgegenständlichen Fällen die gesamte

Lenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten an den spruchgegenständlichen Zeitpunkten das

höchstzulässige Ausmaß von 8 Stunden überschritten hatte.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschuldigte durch seinen ausgewiesenen

Rechtsvertreter fristgerecht Berufung, in der vorweg auf die im Akt erliegende

Berufung der Wirtschaftskammer NÖ eingegangen wurde, und deren Argumentation

ausdrücklich zum Inhalt seines Rechtsmittels erklärt und dieses Vorbringen

vollinhaltlich aufrecht gehalten wurde.

 

Im einzelnen umfasse dies das Vorbringen der Rechtswidrigkeit der Strafnorm des § 28 Abs 1 AZG, der Unzulässigkeit der Bestrafung wegen jeder einzelnen

Übertretung des AZG und der Verletzung des Konkretisierungsgebotes

des § 44 a

lit a (gemeint wohl: Z 1) VStG.

 

Weiters werde vorgebracht, daß die Behörde die Rechtslage verkannte, da sie zu

Unrecht die Bestimmung des § 22 VStG anwandte und hinsichtlich des verhängten

Strafausmaßes vorliegendenfalls von einem Strafexzess gesprochen werden müsse.

 

In dieser anhängigen Verwaltungsstrafsache hätte richtigerweise vom Vorliegen

eines fortgesetzten Deliktes ausgegangen werden müssen, und wären bei richtiger

rechtlicher Anwendung des Verwaltungsstrafgesetzes nur insgesamt

drei

Tathandlungen anzulasten gewesen.

 

Der Verfassungsgerichtshof empfehle dringend, Geldstrafen über S 50.000,-- nur

dann vorzusehen, wenn dafür eine besondere Begründung bestünde, wovon im

vorliegenden Fall nicht die Rede sein könne, und wäre das Straferkenntnis unter

dem Aspekt der völligen Außerachtlassung des § 16 VStG unrichtig

angewandt und

daher schon aus diesem Grunde zu beheben.

 

Unrichtig wäre auch die Auffassung, daß sich die Außerdienststellung von Lenkern

mit den gesetzlichen Bestimmungen des § 16 AZG nicht in Einklang bringen lasse,

weil es sich dabei eindeutig um Arbeitsbereitschaft handle, die in die

Einsatzzeit einzurechnen sei und wäre in diesen Fällen, beispielhaft angeführt

der Lenker P, davon ausgehen, daß dieser zwei Arbeitszeiten hatte.

 

Aus all diesen Erwägungen heraus werde der Antrag auf Behebung des gegenständlichen Straferkenntnisses und Einstellung des anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens gestellt, allenfalls unter Berücksichtigung des Umstandes des Vorliegens eines fortgesetzten Deliktes dieses schuldangemessen zu

bestrafen und den Strafbetrag auf weniger als S 18.000,-- herabzusetzen.

 

Im Rahmen des erteilten Parteiengehörs hat das am Verfahren mitbeteiligte

Arbeitsinspektorat nach Kenntnis des Vorbringens in der Berufung den gestellten

Strafantrag vollinhaltlich aufrecht gehalten und die Bestätigung des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft W sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach beantragt.

 

In der am ***199* am Sitz des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ -

Außenstelle W - durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung gab der Beschuldigte vorweg seine gegenüber dem Vorverfahren geänderten allseitigen

wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse an und hielt

vorliegende Berufung

vollinhaltlich aufrecht.

 

Der Rechtsvertreter des Beschuldigten bestritt nicht den objektiv angelasteten

Sachverhalt sowie die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit

des

Rechtsmittelwerbers zum Tatzeitpunkt.

 

Das Arbeitsinspektorat hätte bei den festgestellten Einsatzzeiten weder

Ruhepausen, Ruhezeiten noch Lenkzeiten berücksichtigt und werde zusätzlich auch

der Milderungsgrund des Wohlverhaltens seit Begehung der Tat für die Person des Einschreiters geltend gemacht und sei auch dieser Umstand bei einer

allfälligen

Bestrafung als mildernd zu berücksichtigen.

 

Im Zuge der Verhandlung präzisierte der Berufungswerber sein im Betrieb

bestehendes Kontrollsystem näher und wies darauf hin, daß Weisungen an die Lenker erteilt worden wären, die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten, seien

stichprobenartige Kontrollen durchgeführt worden und mußte - im Zuge der

Bemühungen der Herstellung des gesetzlichen Zustandes - eine Werksverkehrslinie

eingestellt werden, da durch die finanzielle Mehrbelastung die Mehrkosten

seitens des Kunden nicht mehr bezahlt worden wären.

 

Aus den oben angeführten kostenintensiven Überlegungen wäre auch der Gelegenheitsverkehr zu reduzieren gewesen und Abgänge in der Belegschaft nicht

mehr nachgesetzt worden.

 

Die Überschreitungen seien ohne sein Wissen und sein Wollen erfolgt

und habe er

diesen Übertretungen keinerlei Vorschub geleistet.

 

Er beantrage daher weiterhin die Aufhebung bzw. Einstellung des Verwaltungsstrafverfahren, in eventu eine weitgehendere Herabsetzung der

verhängten Geldstrafe.

 

Der Vertreter des Arbeitsinspektorates ergänzte, daß seinerseits die Tatanlastungen ausreichend konkretisiert dargestellt worden wären, da sich aus

diesen Unterlagen eindeutig ersichtlich lassen machen, welche Zeiten als

Einsatzzeit herangezogen wurden und daß die dazwischenliegenden

Zeiträume als

Ruhezeiten gerechnet wurden.

 

Ruhezeiten müßten nach den diesem Verfahren zugrundeliegenden AZG-Bestimmungen

zusammenhängend sein und könnten somit nur außerhalb der Einsatzzeit liegen.

 

Aus diesen Gründen werde weiterhin die vollinhaltliche Bestätigung des

Straferkenntnisses sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach begehrt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat - ausgehend vom unbekämpft

geblieben objektiv angelasteten Sachverhalt - entschieden wie folgt:

 

Der Berufung kommt keinerlei Berechtigung zu.

 

I.

Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit des § 28 Abs 1 AZG:

 

Hinsichtlich der vom Beschuldigten geltend gemachten verfassungsrechtlichen

Bedenken gegen die Anwendbarkeit des § 28 Abs 1 AZG ist auf die einschlägige

Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, der in einem gleichgelagerten Fall die Beschwerde wegen Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts als so unwahrscheinlich erkennen

ließ, daß sie - unter dem Blickwinkel der vom Verfassungsgerichtshof zu

prüfenden Rechtsverletzungen - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte (vgl Beschluß VfGH vom 11.6.1991, B 547/91, Erkenntnis VfGH Slg. 10081,

Beschluß VfGH

vom 28.2.1994, B 1356/93-7).

 

Wenn der Rechtsmittelwerber nunmehr vermeint, § 28 Abs 1 leg.cit. entspräche

mangels Darlegung des ihm zur Last gelegten Straftatbestandes nicht dem Artikel 18 Abs 1 B-VG und sei demgemäß eine Bestrafung in rechtswidriger Weise erfolgt,

verkennt er, daß durch den Verweis auf andere Vorschriften diese Teil des Verwaltungsstraftatbestandes werden und sohin dem Legalitätsprinzip entsprochen

wird, wenn außer der Strafnorm die übertretene Verwaltungsvorschrift bezeichnet

und damit dem Berufungswerber ermöglicht wird, sein strafbares

Verhalten aus dem Gesetz abzuleiten.

 

 

II.

 

Dem Vorbringen, daß sich das Tatbild des § 28 Abs 1 AZG in der Nichterrichtung

eines entsprechenden Kontrollsystems erschöpfte, ist nicht zu folgen

und dies

rechtlich unhaltbar.

 

Dieses Gesetz zählt die Straftatbestände nicht im einzelnen auf, sondern erklärt

allgemein Arbeitgeber und Bevollmächtigte für strafbar, die den Bestimmungen

dieses Bundesgesetzes

zuwiderhandeln. Es kommen dabei all jene Vorschriften des AZG in Betracht, die

ihrem Wortlaut und Sinne nach dem Arbeitgeber Verhaltenspflichten auferlegen.

 

Das gilt insbesondere für die Vorschriften über die Grenzen der Arbeitszeit, §§ 3 bis 9, §§ 14 - 19, über die Ruhepausen und Ruhezeiten, §§ 11, 12 Abs 2 und 15,

sowie für die Vorschriften über die Führung von Verzeichnissen, §§ 17, 26 Abs 1

und für die sonstigen Ordnungsvorschriften §§ 24, 25, 16 Abs 2, sowie die Verpflichtung zur Zahlung eines Überstundenzuschlages.

 

Dem Konkretisierungsgebot des § 44 a VStG wurde im gegenständlichen Verfahren

gleichfalls entsprochen.

 

Der Vorschrift des § 44 a Z 1 VStG ist dann Genüge getan, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung

vorgeworfen ist, daß er im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren in die Lage

versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben

diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Bestraften

rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl VwGH, verstärkter Senat vom 3.10.1985, Slg 11894 A uva).

 

Seitens der Strafbehörde erster Instanz wurden in diesem Bescheidspruch alle

wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung

des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen

angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich

sind, angeführt, und die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen

Falles, wobei bei dieser Konkretisierung das jeweilige Tatbild berücksichtigt

wurde, individualisiert, somit sich weitere Ausführungen zu diesem Punkt des Rechtsmittels.

 

 

III.

Zum Vorbringen hinsichtlich der unrichtigen Anwendung des § 22 VStG:

 

Unter einem fortgesetzten Delikt versteht man eine Reihe von gesetzwidrigen

Einzelhandlungen, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform, sowie der

äußeren Begleitumstände im Rahmen eines erkennbaren zeitlichen Zusammenhanges

sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzeptes des Täters zu einer Einheit

zusammentreten (vgl VwGH vom 19.5.1980, Slg 10.138A verstärkter Senat uva).

 

Das bedeutet, daß eine Mehrheit von an sich selbständigen, nebeneinander

gesetzten Handlungen, deren jede für sich den Tatbestand desselben Deliktes

erfüllt, durch ein gemeinsames Band zu einer rechtlichen Einheit verbunden sein

muß und dann rechtlich als ein einziges Delikt zu behandeln ist. Alle Teilakte

der Handlungsreihe stellen somit rechtlich nur eine einzige Handlung

dar (VwGH 5.7.1982, 3593/80 ua).

 

Bei Angriffen auf höchstpersönliche Rechtsgüter wie Leben, Ehre und Gesundheit,

wird nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Identität des

Angriffsobjektes gefordert, um vom Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes

ausgehen zu können (vgl VwGH 27.1.1991, Slg 10.253A).

 

Fahrlässige Begehungen scheiden für die Annahme eines fortgesetzten Deliktes aus

und kann ein solches nur dann vorliegen, wenn der Täter von vornherein - wenn

auch nur mit bedingtem Vorsatz - einen Gesamterfolg mit seinen

wesentlichen

Merkmalen ins Auge gefaßt hat.

 

Das fortgesetzte Delikt kommt daher nur im Bereich der Vorsatzdelinquenz in Betracht.

 

Im Licht dieser Ausführungen ist in Übereinstimmung mit der ständigen

Rechtsprechung des VwGH davon auszugehen, daß der Fortsetzungszusammenhang zu

verneinen ist, da zwar die objektiven Kriterien für ein fortgesetztes Delikt -

mehrere Arbeitnehmer sind von der selben Übertretung betroffen - gegeben sind,

sich die Übertretungen aber als Angriff auf die jeweiligen höchstpersönlichen

Rechtsgüter darstellen und in diesem Fall der Verletzung von Arbeitnehmervorschriften diese als Angriffe auf das jeweilige Rechtsgut der Gesundheit jedes einzelnen Arbeitnehmer gewertet werden und ist somit je

Arbeitnehmer, der von dem Delikt betroffen ist, eine Strafe zu

verhängen und

demnach das Kumulationsprinzip anzuwenden.

 

Zu beachten ist ferner, daß sich aus dem gesamten Vorbringen des Beschuldigten

überhaupt keine Anhaltspunkte ergeben, daß diese verfahrensgegenständlichen

Übertretungen von ihm in der Schuldform, eines wenn auch nur bedingten Vorsatzes

gesetzt wurden und dahingehend irgendein erkennbares diesbezügliches Gesamtkonzept des Täters zu Tage tragt. Er versuchte im einzelnen sich durch die Darstellung und Aufzählung der getroffenen Kontrollmaßnahmen sich im Sinne des § 5 Abs 1 VStG zu exkulpieren und führte er weiters aus, daß diese Überschreitungen ohne sein Wissen und sein Wollen erfolgten und er diesen

Übertretungen keinerlei Vorschub geleistet habe.

 

 

IV.

Zur Frage der Außerdienststellung von Lenkern:

 

Bei den Zeiten der sogenannten Außerdienststellungen der Lenker handelt es sich

eindeutig um Arbeitsbereitschaft gemäß § 5 Abs 1 AZG und ist diese in die Einsatzzeit miteinzurechnen. Diese Zeiten verkürzen nicht die Einsatzzeit.

 

Die Einsatzzeit umfaßt die zwischen zwei Ruhezeiten, welche mindestens 10

Stunden betragen muß, anfallende Arbeitszeit, Ruhepausen und Lenkpausen. Daraus

ergibt sich, daß sämtliche Zeiten, gleichgültig, ob es sich um Arbeitszeiten,

Lenkzeiten, die Zeiten für sonstige Arbeitsleistungen und Zeiten der Arbeitsbereitschaft, Ruhepausen und Lenkpausen handelt, unter die Einsatzzeit

fallen.

 

Aus diesen Erwägungen heraus ist es für dieses Verfahren irrelevant, ob die Zeiten der sogenannten Außerdienststellung unter den Begriff der Arbeitsbereitschaft oder der Pausen fallen.

 

Genauere Feststellungen bzw. Rechtausführungen dazu wären erst notwendig, wenn

die verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretungen von der Änderung des Arbeitszeitgesetzes, BGBl Nr 446/1994 erfaßt wäre.

 

 

V.

 

Hinsichtlich der vom Täter geschilderten und getroffenen Maßnahmen in seinem

Unternehmen zur Hintanhaltung von Überschreitungen der Arbeitszeitvorschriften

kann von keinem ausreichenden, tauglichen Kontrollsystem gesprochen werden und

ist ihm somit die Glaubhaftmachtung gemäß § 5 Abs 1 VStG nicht gelungen, daß ihn

an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft.

 

Nur wenn der Arbeitgeber im Rahmen der ihn treffenden Mitwirkungspflicht

beweist, daß ein Verstoß gegen Arbeitszeitvorschriften durch einen Lenker trotz

Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im einzelnen darzulegenden

Systems, ohne sein Wissen und ohne seinen Willen erfolgt ist, kann ihm der Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden.

 

Die bloße Belehrung der Arbeitnehmer, die Bestimmungen des AZG einzuhalten, auch

wenn dies in Form von Dienstanweisungen und schriftlich erfolgt, sowie die

stichprobenartige, regelmäßig durchgeführte Überwachung und Überprüfung reichen

dazu nicht aus (vgl VwGH 29.9.1988, 87/08/0026).

 

Darüberhinaus ist der Arbeitgeber noch gehalten, alle sonstigen, im konkreten

Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um

die Einhaltung der Arbeitszeit sicherzustellen, wozu es zB gehört, die

Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden so zu gestalten, daß sie keinen

Anreiz zur Verletzung der Arbeitszeitvorschriften darstellen (vgl bspw VwGH

13.6.1989, 88/08/0150).

 

Dieser ist selbst dann strafbar, wenn Verstöße gegen Arbeitszeitregelungen ohne

sein Wissen und seinen Willen begangen wurden, es sei denn, er habe solche

Maßnahmen getroffen, die unter den gegebenen Voraussetzungen aus gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließen (VwGH

21.11.1984,

82/11/0091, 0092).

 

Zum Vorhandensein eines wirksamen Kontrollsystems bedarf es den Angaben des Berufungswerbers, in welcher Weise er auf festgestellte Verstöße reagiert, und

welche Maßnahmen er trifft, um künftigen Verstößen gegen

Arbeitszeitvorschiften

vorzubeugen (VwGH 9.6.1988, 88/08/0124).

 

Des weiteren wurden vom Rechtsmittelwerber keinerlei näher konkretisierten

Angaben dazu erstattet, daß die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden in

seinem Betrieb so gestaltet sind, daß sie keinen Anreiz zur Verletzung der Arbeitszeitvorschriften darstellen.

 

In Zusammenschau der Ausführungen des Rechtsmittelwerbers kann somit nicht davon

ausgegangen werden, daß er glaubhaft machen konnte, daß Maßnahmen getroffen

wurden, die unter den vorhersehbaren  Verhältnissen die Einhaltung der

gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten ließen, da einerseits

Ausführungen hinsichtlich allfälliger disziplinärer und beruflicher Konsequenzen

für Arbeitnehmern, die den Arbeitszeitvorschriften nicht Folge leisten,

unterblieben und das Vorbringen hinsichtlich der Reduzierung der Anzahl der Arbeitnehmer und Straffung des Verkehrsnetzes nicht vorwiegend zur Einhaltung

der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften durch die Arbeitnehmer durchgeführt

wurden, sondern dies aus rein ökonomischen und betriebswirtschaftlichen

Überlegungen erfolgte, da es Allgemeinwissen ist, daß aufgrund des teilweise

bestehenden Konkurrenzverhältnisses im Bereich des Liniennetzes des Unternehmens

des Beschuldigten mit anderen Busunternehmen  hier die Einstellung nur solcher

Linien erfolgte, die unrentabel und verlustbringend waren, welcher

Umstand dem

erkennenden Senat amtsbekannt ist.

 

Da der Beschuldigte nicht alle objektiv gebotenen und subjektiv zumutbaren

Maßnahmen getroffen hat, um die verfahrensgegenständlichen Verstöße hintanzuhalten, ist vorliegendenfalls von der Schuldform der Fahrlässigkeit

auszugehen und die Taten bzw. Unterlassungen sowohl in objektiver

als auch in

subjektiver Hinsicht als erwiesen anzunehmen.

 

Hinsichtlich der Höhe der verhängten Strafen wurde vom Senat erwogen:

 

Unter Zugrundelegung der in § 19 VStG normierten Strafzumessungsgründe

erscheinen die von der Strafbehörde erster Instanz verhängten deliktsbezogenen

Geldstrafen, welche nach dem jeweiligen Verschuldensgrad sachlich differenziert

und im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens verhängt wurden, nur in Einzelfällen den unterdurchschnittlichen Bereich des gesetzlichen Strafrahmens,

der je Delikt eine Geldstrafe bis S 6.000,-- vorsieht, überschreiten, als tat- und schuldangemessen, sowie unter Berücksichtigung der vom Beschuldigten

angegebenen allseitigen finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse als

persönlichkeitsadäquat, und dem Ausmaße nach unbedingt notwendig, dem

Einschreiter die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens klarzumachen, wobei bei der Höhe der Strafzumessung zusätzlich ein generalpräventiver Zweck zu berücksichtigen war.

 

Das Ausmaß der Bestrafung ist sowohl mit den Intentionen des Gesetzgebers als

auch mit der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, der Übertretungen, die sich gegen die höchstpersönlichen Rechte der Arbeitnehmer

richten, einen erheblichen Unrechtsgehalt beimißt, in Einklang zu bringen.

 

Seitens des erkennenden Senates wurde bei der Strafzumessung berücksichtigt, daß

einerseits eine Mehrzahl von Arbeitnehmern von den als erwiesen anzusehenden

Überschreitungen der Bestimmungen des Arbeitszeitrechtes betroffen waren, dies

auch teilweise in einem zeitlich beträchtlichen Ausmaß, wobei der Unrechtsgehalt

der jeweiligen Übertretung zu berücksichtigen war, ferner der Umstand, daß der

spezialpräventive Zweck einer Bestrafung wegfiel, da der Beschuldigte nunmehr in Pension und seine allgemeine finanzielle Lage zumindest als durchschnittlich

anzusehen ist. Der behauptete Milderungsgrund des Wohlverhaltens sei Begehung

der Tat in der Person des Einschreiter konnte jedoch vorliegendenfalls nicht

herangezogen werden, da nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes

ein Zeitraum auch von rund 2 1/2 Jahren gegen die Berücksichtigung dieses

geltendgemachten Milderungsgrundes spricht (vgl VwGH 28.9.1988, 88/02/019).

 

Auch unter dem Aspekt des Milderungsgrundes der absoluten verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zum Zeitpunkt der Begehung der Tat

erweisen sich die verhängten Strafen als schuld- und tatangemessen, da sie - wie

oben näher ausgeführt - den gesetzlichen Strafrahmen bei weitem

nicht

ausschöpfen.

 

Von einem behaupteten Strafexzess kann nicht gesprochen werden, da sich die

verhängte Strafsumme aus insgesammt 38 rechtlich selbständigen Verwaltungsübertretungen zusammensetzt und auch bei der Festsetzung der

Ersatzfreiheitsstrafe im Sinne des § 16 VStG je Delikt der Uneinbringlichkeit

einer Geldstrafe eine schuld- und tatangemessene Ersatzfreiheitsstrafe

festgesetzt und das höchstzulässige Ausmaß von jeweils 2 Wochen bei

weitem nicht

erreicht wurde.

 

Die zwingende Vorschrift des § 16 Abs 1 VStG bestimmt, daß zugleich mit der Verhängung mehrerer Geldstrafen die für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit

jeweils an ihre Stelle tretenden Freiheitsstrafen festzusetzen sind

(vgl VwGH 8.11.1979, 1324/79 ua).

Der Rechtsmittelwerber ist noch abschließend darauf hinzuweisen, daß hinsichtlich der deliktsbezogenen Verhängung von Ersatzfreiheitsstrafen diese

nicht zu kumulieren, sondern für jedes Delikt gesondert festzusetzen sind.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und der Berufung ein Erfolg zu versagen,

die Kostenentscheidung gründet sich auf die im Spruch bezughabenden Gesetzesstellen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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