Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung des Herrn Dkfm. P.W., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 7.4.1995, GZ.: A8aP-6692Z, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 60,-- binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Auf Grundlage des der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz in Verbindung mit durch die Berufungsbehörde ergänzend durchgeführten Erhebungen ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit dem im Spruch dieses Bescheides näher bezeichneten Straferkenntnis war über Herrn Dkfm. P.W. auf Rechtsgrundlage des § 6 Abs 1 des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes eine Geldstrafe von S 300,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden, verhängt worden, da er laut Feststellung eines beeideten Aufsichtsorganes am 23.11.1994 in der Zeit von 09.57 Uhr bis 10.10 Uhr das mehrspuriges Kraftfahrzeug K.. in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Graz vor dem Haus Niesenbergergasse 55 ohne Parkschein geparkt und dadurch die vorgeschriebene Parkgebühr hinterzogen hätte.
Dieser Bescheid wird im wesentlichen damit begründet, der von ihm verwendete Parkplatz befinde sich in der mit Verordnung vom 17.3.1994 eingerichteten gebührenpflichtigen Kurzparkzone, weshalb die Gebührenpflicht gegeben sei. Der Tatbestand sei durch die dienstlichen Wahrnehmungen des beeideten Aufsichtsorganes erwiesen, sodaß die Verantwortung des Beschuldigten, er habe als Bewohner einer Wohnung im genannten Bereich das Recht, sein Fahrzeug in der Kurzparkzone unentgeltlich abzustellen, verfehlt sei. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung, welche im wesentlichen damit begründet wird, es sei ihm bis etwa Mai 1994 möglich gewesen, sein Fahrzeug auf einem Zufahrtsweg außerhalb des Geltungsbereiches der Kurzparkzonenverordnung auf Straßen mit öffentlichem Verkehr abzustellen. Zufolge Bauarbeiten sei ihm dies jedoch nicht mehr möglich gewesen, weshalb er durch höhere Gewalt (Bauarbeiten) daran gehindert worden wäre, sein Fahrzeug auf dem privaten Zufahrtsweg abzustellen, weshalb er als Anwohner berechtigt gewesen wäre, seinen Pkw ohne Parkschein im Geltungsbereich der bezughabenden Kurzparkzonenverordnung abzustellen.
Von Seiten der Berufungsbehörde wurde im Zuge eines Parallelverfahrens erhoben, der Berufungswerber sei als Betriebs-, Finanz- und Vermögensberater tätig, verheiratet und sorgepflichtig für ein Kind, verfüge über kein Vermögen und seine Einkommenssteuererklärung für 1993 hätte einen Überschuß von S 36.000,-- ergeben. Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht im Verwaltungsstrafverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.
Gemäß § 51e Abs 1 VStG ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, eine öffentliche, mündliche Verhandlung anzuberaumen, zu welcher die Parteien und eventuell Sachverständige und Zeugen zu laden sind; die Durchführung einer Berufungsverhandlung war im konkreten Fall aus folgenden Gründen nicht erforderlich:
Die Bestimmung des § 2 Abs 1 StVO 1960 enthält folgende Legaldefinitionen für die Vorgänge des Haltens und Parkens:
Ziffer 27 Halten:
Eine nicht durch die Verkehrslage oder durch sonstige wichtige Umstände erzwungene Fahrtunterbrechung bis zu 10 Minuten oder für die Dauer der Durchführung einer Ladetätigkeit (§ 62);
Ziffer 28 Parken:
Das Stehenlassen eines Fahrzeuges für eine längere als
die in Ziffer 27 angeführte Zeitdauer.
Die Bestimmung des Art. 1 § 1 Abs 3 des Stmk.
Parkgebührengesetzes 1979 unterwirft in nahezu wortgleicher Übernahme dieser Begriffsbestimmung des Parkens nur ein Parken im Sinne der StVO der Gebührenpflicht.
Daraus folgt, daß nur ein Abstellen von mehrspurigen KFZ auf jenem Bereich öffentlicher Verkehrsflächen, auf welchen das Parken in abstracto, wenngleich unter zeitlicher Beschränkung und - wie in Graz - bestehender Gebührenpflicht, gestattet ist, den Bestimmungen des Stmk. Parkgebührengesetzes unterliegt.
Gemäß § 6 Abs 1 des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Parkgebühr hinterzogen oder verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu S 3.000,-- zu bestrafen.
Auf Grundlage des von der Erstinstanz durchgeführten Ermittlungsverfahrens und auch der vom Berufungswerber vorgebrachten Verantwortung bzw. seinen Ausführungen in der Berufung ist als unbestritten und erwiesen festzustellen, daß der Berufungswerber zum genannten Zeitpunkt seinen Pkw in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone am genannten Ort ohne Parkschein geparkt hat, sodaß der Tatbestand der dadurch erfolgten Abgabenhinterziehung hinsichtlich der objektiven Tatseite ebenfalls als erwiesen festzustellen ist. Hinsichtlich des Verschuldens sei noch darauf hingewiesen, daß die Kurzparkzone durch deutlich sichtbare und ordnungsgemäß kundgemachte Verkehrszeichen erkennbar ist, sodaß dem Berufungswerber zumindest die Schuldform der Fahrlässigkeit zuzuordnen ist, welche als Voraussetzung der Strafbarkeit genügt, da die Strafnorm des § 6 Abs 1 des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes auf vorsätzliche Begehung nicht abstellt.
Was das Vorbringen des Berufungswerbers betrifft, er habe als Anwohner das Recht auf kostenlose Benützung der Kurzparkzone, auch ohne im Besitz einer diesbezüglichen Ausnahmegenehmigung zu sein bzw. die im Bereich des von ihm gewählten Parkplatz durchgeführten Bauarbeiten wären insofern als höhere Gewalt einzustufen, da es ihm dadurch nicht mehr möglich gewesen wäre, zum Abstellen seines Kraftfahrzeuges einen privaten Zufahrtsweg zu benützen, ist zunächst festzustellen, daß das diesbezügliche rechtliche Vorbringen des Berufungswerbers in keiner Weise rechtlich nachvollziehbar erscheint. Eine Befreiung von der Parkgebühr ist im Sinne der Bestimmungen des § 2 Abs 3 lit. c der Grazer Parkgebührenverordnung i.V.m. § 45 Abs 4 StVO nur möglich, wenn er im Besitz einer entsprechenden Ausnahmegenehmigung gewesen wäre;
einen rechtlichen Zusammenhang zwischen einer Gebührenbefreiung nach den Bestimmungen des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes durch die Tatsache, der Berufungswerber sei Anwohner im Bereich des von ihm gewählten Parkplatzes, kann man aus dem Vorbringen des Berufungswerbers nicht schließen, genausowenig erscheint die Durchführung von Bauarbeiten im Zusammenhang mit der Nichtbenützbarkeit eines Privatweges als denkunmöglich hinsichtlich einer Argumentation für das Nichtbestehen einer gesetzlich klar normierten Gebührenpflicht.
Hinsichtlich der Strafbemessung sind folgende Feststellungen zu treffen:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.
Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Unter Hinweis auf die auch diesbezüglich zutreffenden Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses sowie unter Berücksichtigung der bereits dargestellten persönlichen Situation des Berufungswerbers sei noch auf die bisherige Spruchpraxis des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark verwiesen, wonach die Strafen für Verwaltungsübertretungen wie die verfahrensgegenständliche in der Regel mit S 300,-- festgesetzt werden, weshalb sich die im angefochtenen Straferkenntnis festgesetzte Verwaltungsstrafe auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der Berufungswerber einschlägig noch nicht vorbestraft ist, als richtig bemessen erweist. Die festgesetzte Geldstrafe beträgt ein Zehntel der möglichen Höchststrafe, sodaß angenommen werden kann, daß der Berufungswerber
und auch andere in Zukunft durch die von der Erstinstanz bemessene Verwaltungsstrafe von der Begehung gleicher oder ähnlicher Verwaltungsübertretungen abgehalten wird; die festgesetzte Verwaltungsstrafe wäre auch bei einem in wesentlich ungünstigeren wirtschaftlichen Verhältnissen lebenden Berufungswerber zu verhängen gewesen und erweist sich somit als rechtsordnungskonform, weshalb im Sinne der angeführten, gesetzlichen Bestimmungen spruchgemäß zu entscheiden war.