TE UVS Niederösterreich 1996/05/29 Senat-PM-94-011

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Veröffentlicht am 29.05.1996
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBlNr 51, Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben.

 

Gemäß §45 Abs1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe als der gemäß §9 VStG verantwortliche handelsrechtliche Geschäftsführer der R********** Hotelbetriebsführungs GmbH im Standort **** S* P*****, H******** Straße ***, zugelassen, daß in der Betriebsstätte dieser Gesellschaft in **** H***, R******* **, den namentlich genannten beiden Konditorlehrlingen die gesetzlich vorgeschriebene Sonntagsfreizeit vorenthalten bzw nicht gewährt worden sei, da diese an den Sonntagen 7.4.1993 (richtig wohl 4.7.1993) und 18.7.1993 (Punkt 1) bzw an den Sonntagen 11.7.1993 und 25.7.1993 (Punkt 2) in der Konditorei arbeiten hätten müssen. Hiefür wurde über den Beschuldigten wegen Übertretung des §18 Abs1 des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen (KJBG) zu den Punkten a und b eine Geldstrafe in der Höhe von jeweils S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 60 Stunden) verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschuldigte Berufung.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich hat erwogen:

 

Gemäß §18 Abs1 KJBG dürfen Jugendliche an Sonntagen und an den gesetzlichen Feiertagen nicht beschäftigt werden.

 

Dieses Verbot gilt jedoch nicht im Gastgewerbe, wo nach §18 Abs2 und 3 KJBG jeder zweite Sonntag arbeitsfrei bleiben muß. Am gegenständlichen Standort wird von der genannten Gesellschaft sowohl das Gast- und Schankgewerbe als auch das Konditorgewerbe ausgeübt. Die gegenständlichen Lehrlinge werden als Konditorlehrlinge ausgebildet. Daher kommen für die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes auch die Bestimmungen des Bäckereiarbeitergesetzes in Betracht.

 

Nach §1 Abs1 Bäckereiarbeitergesetz gelten die Vorschriften dieses Bundesgesetzes für Dienstnehmer einschließlich der Lehrlinge, die in Backwaren-Erzeugungsbetrieben beschäftigt und bei der Erzeugung von Backwaren verwendet werden. Jedoch gelten für Jugendliche die Bestimmungen des KJBG, soweit dieses Bundesgesetz keine günstigere Regelung trifft. Ferner gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetz nicht in Betrieben des Gastgewerbes, in denen Backwaren ausschließlich für den Eigenverbrauch oder zur Verabreichung an Gäste erzeugt werden.

 

Gemäß §11 Abs1 Bäckereiarbeitergesetz dürfen Dienstnehmer in Backwaren-Erzeugungsbetrieben an Sonntagen nicht beschäftigt werden.

 

Die Vorschriften des Bäckereiarbeitergesetzes gelten nur für jene Dienstnehmer, die bei der Erzeugung von Backwaren verwendet werden, sodaß das Verbot der Sonntagsarbeit nur Dienstnehmer schützt, die - abgesehen von Sonntagen - hauptsächlich mit der Erzeugung von Backwaren beschäftigt sind. Es kommt also nicht darauf an, ob es sich um einen Gastgewerbe- oder einen Konditorlehrling handelt, entscheidend ist vielmehr, zu welchen Arbeiten die anvertrauten Lehrlinge im allgemeinen und an den in Rede stehenden Sonntagen im besonderen herangezogen wurden (vergleiche das hinsichtlich des gleichen Betriebes und im wesentlichen gleichartigen Sachverhaltes ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Juni 1994, B 923/93-8).

 

Aus der Anzeige des Arbeitsinspektorates geht lediglich hervor, daß es sich bei den beschäftigten Jugendlichen um Konditorlehrlinge gehandelt hat. Zu welchen Tätigkeiten die Lehrlinge konkret an den angeführten Sonntagen verwendet wurden, ist aber weder aus der Anzeige noch aus dem übrigen Ermittlungsverfahren unzweifelhaft ableitbar. Daraus ergibt sich, daß eine verbotene Sonntagsbeschäftigung im Sinne des §11 Abs1 Bäckereiarbeitergesetz nicht erwiesen ist. Ebenso liegt die angenommene Übertretung nach §18 Abs1 KJBG nicht vor. Da im gegenständlichen Standort auch das Gastgewerbe ausgeübt wird ist die Beschäftigung nach §18 Abs3 KJBG an jedem zweiten Sonntag im Rahmen des Gastgewerbes zulässig. Die Eigenschaft als Konditorlehrling indiziert daher noch nicht die Unzulässigkeit der Beschäftigung, weshalb das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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