TE UVS Steiermark 1996/11/06 30.4-114/96

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Veröffentlicht am 06.11.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung des Herrn A. M., wh. in L., gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Leoben vom 13.5.1996, GZ.: St 1295/95, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 300,-- binnen zwei Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides bei sonstigem Zwang zu entrichten.

Text

Auf Grundlage des der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz in Verbindung mit durch die Berufungsbehörde ergänzend durchgeführten Erhebungen ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem im Spruch dieses Bescheides näher bezeichneten Straferkenntnis vom 13.5.1996 waren über Herrn A. M. wegen Übertretung des § 4 Abs 4 Pyrotechnikgesetz auf Rechtsgrundlage des § 31 leg cit 1.) eine Geldstrafe von S 1.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden und

wegen Übertretung des § 1 zweiter Fall des Landesgesetzes LGBl. Nr. 158/1976

2.) eine Geldstrafe von S 500,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 25 Stunden auf Grundlage des § 3 Abs 1 leg cit, verhängt worden, da er

am 31.1.1995 um 01.30 Uhr in 8700 Leoben auf dem Zufahrtweg zu den Hauseingängen Donawitzerstraße 4 und 6 pyrotechnische Gegenstände der Klasse II verwendet hatte, obwohl

a.) die Verwendung von pyrotechnischen Gegenstände der Klasse II im Ortsgebiet verboten ist, wodurch

b) ungebührlicherweise störender Lärm erregt worden war.

Dieses Straferkenntnis wird im wesentlichen ausführlich mit einer Zusammenfassung des durchgeführten erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens begründet, in welchem der Beschuldigte A. M. die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen heftig bestritten hat, diese jedoch durch klare, schlüssige und nachvollziehbare Zeugenaussagen mehrerer Tatzeugen als erwiesen festgestellt worden sind.

In beweiswürdigender Weise gelangt die Erstinstanz in der Begründung des Straferkenntnisses zu dem Schluß, die dem Beschuldigten zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen wären auf Grundlage dieser Zeugenaussagen erwiesen, dies könne auch durch die zeugenschaftliche Einvernahme der Gattin des Beschuldigten nicht geändert werden, da sich diese offensichtlich im Datum geirrt haben dürfte.

Gegen dieses Straferkenntnis hat A. M. fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und dieses damit begründet, er hätte die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht begangen, weshalb das Straferkenntnis für ihn inakzeptabel wäre.

Von Seiten der Berufungsbehörde wurde der Berufungswerber sodann aufgefordert, konkrete Angaben über seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse vorzulegen, da ansonsten im Fall eines Schuldspruches von einem monatlichen Nettoeinkommen von etwa S 12.000,-- ausgegangen würde.

A. M. hat sodann im Sinne dieser Fragestellung keine konkreten Angaben gemacht, jedoch Kirchenbeitragsrückstände in Höhe von etwa S 6.800,-- sowie offene Kreditverpflichtungen in Höhe von etwa S 70.000,-- nachgewiesen.

Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht im Verwaltungsstrafverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.

Gemäß § 51e Abs 2 VStG kann eine Berufungsverhandlung unterbleiben, wenn in der Berufung nur eine unrichtige, rechtliche Beurteilung behauptet wird, oder wenn sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid oder nur gegen die Höhe der Strafe richtet, oder wenn im bekämpften Bescheid eine S 3.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, es sei denn, daß eine Partei die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich verlangt. Dies ist im konkreten Fall nicht geschehen; auf Grundlage des von der Erstinstanz ausführlich durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der zahlreichen Zeugeneinvernahmen, denenzufolge eindeutig erwiesen ist, daß A. M. zum genannten Zeitraum am Zufahrtsweg zu den Hauseingängen Donawitzerstraße 4 und 6 Schweizer Kracher aus dem Küchenfenster seiner Wohnung geworfen hat, ist mit jener Sicherheit, die zur Fällung eines Schuldspruches erforderlich ist, festzustellen, daß der Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen zu verantworten hat. Gemäß § 45 Abs 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Weiters sind gemäß § 25 Abs 2 VStG die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden. Der im § 45 Abs 2 AVG genannte Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist in Zusammenhalt mit den bereits erwähnten Grundsätzen der Unmittelbarkeit des Verfahrens und der materiellen Wahrheitsforschung zu sehen. Voraussetzung für eine gesetzmäßige Beweiswürdigung ist ein ausreichend durchgeführtes Ermittlungsverfahren, in welchem die Parteien ihre Rechte geltend machen können. Diese Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde, den Sachverhalt von sich aus festzustellen, begründet als Folgewirkung die Tatsache, daß ein verwaltungsstrafrechtlicher Schuldspruch nur dann erfolgen kann, wenn der in Frage stehende Sachverhalt als absolut sicher festzustellen ist.

Voraussetzung dafür wiederum ist eine entsprechende Beweissicherung bzw. die Möglichkeit, eine solche durchzuführen.

Gemäß § 1 zweiter Fall des Landesgesetzes LGBl. Nr. 158/1975 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt, die gemäß § 3 Abs 1 leg cit mit Geldstrafe bis zu S 3.000,-- oder mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen ist.

Lärm wird ungebührlicherweise erregt, wenn das Verhalten, das zur Erregung des Lärm führt, jene Rücksicht vermissen läßt, die im Zusammenleben verlangt werden kann (VwGH 17.9.1984, 84/10/0109).

Zur Feststellung, ob Lärm objektiv geeignet ist, von unbeteiligten Personen als ungebührlich oder störend empfunden zu werden, genügen die Erfahrungen des täglichen Lebens (VwGH 15.6.1987, 85/10/0105).

Der Berufungswerber hat somit durch das Werfen der bereits genannten Knallkörper (Schweizer Kracher) aus dem Fenster seiner Wohnung den Tatbestand der störenden Lärmerregung verwirklicht und somit zu verantworten.

Dies gilt auch für die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung hinsichtlich der Nichtbeachtung pyrotechnischer Vorschriften; gemäß § 4 Abs 2 PyrotechnikG 1974 ist die Verwendung pyrotechnischer Gegenstände der Klasse II im Ortsgebiet verboten, wer diesen Bestimmungen zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist gemäß § 31 leg cit mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- oder mit Arrest bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

Aus dem von der Erstinstanz durchgeführten Verfahren ergibt sich, daß dem nunmehrigen Berufungswerber zumindest die Schuldform der Fahrlässigkeit zuzuordnen ist, da beide von ihm übertretenen Verwaltungsvorschriften auf vorsätzliche Begehung nicht abstellen, sind die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen hinsichtlich der objektiven Tatseite als erwiesen festzustellen.

Hinsichtlich der Strafbemessung sind noch folgende Feststellungen zu treffen:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Erstinstanz hat bei der Strafbemessung sowohl die jeweils möglichen Höchststrafen berücksichtigt und als mildernd die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers berücksichtigt, Erschwerungsgründe wurden nicht gewertet.

Diese Strafbemessung erweist sich auch nach Beurteilung der Berufungsbehörde als schuldangemessen, jedoch auch als erforderlich, um in Zukunft die Begehung gleicher oder ähnlicher Verwaltungsübertretungen zu verhindern, da der Berufungswerber durch sein Verhalten massiv in das öffentliche Interesse an einem geordneten Zusammenleben und der Verhinderung sinnlosen Lärms eingegriffen hat.

Dies ergibt sich auch in Übereinstimmung mit der durch die Berufungsbehörde vorgenommenen Einschätzung der wirtschaftlichen Situation des Berufungswerbers (vgl. VwGH 14.1.1981, 3033/80), die von der Erstinstanz festgesetzten Verwaltungsstrafen wären auch bei einem Beschuldigten in zumindest gleicher Höhe festzusetzen gewesen, der sich in ungünstigeren finanziellen Verhältnissen befindet, als dies beim Berufungswerber anzunehmen ist.

Dazu ist festzustellen, daß die Verhängung einer Geldstrafe sogar dann als gerechtfertigt anzusehen ist, wenn der Bestrafte über keinerlei Einkommen verfügte. Eine Geldstrafe wäre auch dann zu verhängen, wenn die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bestraften es wahrscheinlich erscheinen ließen, er würde nicht in der Lage sein, sie zu bezahlen. Nur bei der Bemessung ihrer Höhe sind gemäß § 19 VStG neben den mildernden und erschwerenden Umständen auch die Vermögens- und Familienverhältnisse zu berücksichtigen (vgl. VwGH 24.2.1988, 87/03/0253). Aufgrund dieser Überlegungen erweist sich auch die von der Erstinstanz vorgenommene Strafbemessung als rechtsordnungskonform und war daher im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmungen spruchgemäß zu entscheiden.

Die Festsetzung des Kostenbeitrages des Verwaltungsstrafverfahrens zweiter Instanz ergibt sich aus § 64 VStG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz durch die Berufungsbehörde dieser Betrag mit 20 % der verhängten Strafe festzusetzen ist.

Schlagworte
Lärmerregung Knallkörper Kumulation
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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