Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Mag Engelhart über die Berufung des Herrn Heinrich H, vertreten durch RA-Partnerschaft, vom 28.9.1994, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 23. Bezirk, vom 29.8.1994, Zl MBA 23 - S 4455/94, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung am 8.9.1995 entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß es in seiner Tatumschreibung zu lauten hat:
"Sie haben als verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs 2 und 4 VStG der Franz R KG zu verantworten, daß diese Gesellschaft es am 16.2.1994 unterlassen hat, bei der Lieferung von Rinds-Gulaschfleisch vakuumverpackt, Probenzeichen: KOU 19/94, U-Zahl: A 917/94, von ihrem Hauptsitz und Erzeugungsbetrieb in 1230 Wien, Erlaaer Straße 187 an die Imbißstube der A-AG in Wien, B-straße, diese vorschriftsmäßig zu kennzeichnen, da das Kennzeichnungselement nach § 4 Z 1 LMKV 1993, die handelsübliche Sachbezeichnung, nicht angegeben wurde."
Die verletzten Verwaltungsvorschriften haben "§ 4 Z 1 LMKV 1993 iVm § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975" zu lauten, die Strafsanktionsnorm lautet "§ 74 Abs 5 LMG 1975".
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber S 200,--, das sind 20% der verhängten Geldstrafe, als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Begründung:
1. Das angefochtene Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 29.8.1994 ist gegen den nunmehrigen Berufungswerber als Beschuldigten gerichtet und enthält folgenden Spruch:
"Sie haben als verantwortlich Beauftragter im Sinne des § 9 Abs 1 VStG 1991 der Franz R Kommanditgesellschaft zu verantworten, daß diese Kommanditgesellschaft mit dem Sitz in Wien, E-Straße als Verpacker am 16. Februar 1994 ein Stück der Ware "Rindsgulasch-Fleisch, vakuumverpackt an die Firma A-AG in Wien, B-straße geliefert und somit in Verkehr gebracht hat, die nicht den Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes entsprachen, da das folgende Kennzeichnungselement fehlte:
.) die handelsübliche Sachbezeichnung - bei Fehlen einer solchen eine Beschreibung, die Rückschlüsse auf Art und Beschaffenheit der Ware ermöglicht - in Verbindung mit einer Angabe über den physikalischen Zustand oder über die besondere Behandlung der Ware (zB pulverförmig, konzentriert, geräuchert, gefriergetrocknet, UHT-erhitzt), sofern die Unterlassung einer solchen Angabe geeignet wäre, beim Käufer einen Irrtum herbeizuführen; (§ 4 Z 1) Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 74 Abs 5 Z 1 in Verbindung mit § 77 Abs 1 Z 19 des Lebensmittelgesetzes 1975 - LMG 1975, BGBl Nr 86 und § 1 Abs 1 im Zusammenhalt mit § 4 Z 1 sowie in Verbindung mit § 3 Abs 3 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt: Eine Geldstrafe von 1.000,-- Schilling, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag, gemäß § 74 des Lebensmittelgesetzes 1975
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: 288,-- Schilling als Ersatz der Barauslagen für Untersuchung durch die Magistratsabteilung 59 - Lebensmitteluntersuchungsanstalt; 100,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich 200 S angerechnet).
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 1.388,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."2. Dagegen richtet sich die Berufung des Beschuldigten vom 28.9.1994.
Der Berufungswerber bringt vor, die in seinem Verantwortungsbereich hergestellten bzw verpackten Fleisch- und Wurstwaren würden jeweils entsprechend gekennzeichnet. Er habe bereits im erstinstanzlichen Verfahren darauf verwiesen, daß im Zuge des Verpackungsvorganges über eine computergesteuerte Etikettieranlage ein entsprechendes Etikett mit allen notwendigen Kennzeichnungselementen auf die Packung aufgebracht wird. Es sei nahezu auszuschließen, daß verpackte Lebensmittel ohne Etikettierung bzw ohne vollständige Etikettierung den Betrieb verlassen. Abgesehen von dem im Akt als Kopie erkennbaren Etikett hätte jedenfalls noch ein anderes Etikett auf der Verpackung aufscheinen müssen. Ob dieses bereits ursprünglich nicht auf der Verpackung war, bzw ob dieses in weiterer Folge durch den Transport verloren gegangen ist, sei für ihn nicht nachvollziehbar.
Es sei auch darauf zu verweisen, daß nach Aussage der im Zuge der Probenziehung anwesenden Filialleiterin die Ware ausschließlich bei der Herstellung von Rindsgulasch verwendet wird, woraus sich ergebe, daß für die Filialleiterin keinerlei Irrtum durch eine etwaige Unterlassung der Angabe einer handelsüblichen Bezeichnung entstanden ist.
Der Berufungswerber beantragt, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen und in Stattgebung der Berufung, allenfalls nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens, das Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
3. In der Sache wurde am 8.9.1995 vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.
Der Berufungswerber hat an der Verhandlung durch seinen Vertreter teilgenommen, der Magistrat der Stadt Wien hat nach Ladung keinen Vertreter entsandt.
Der Vertreter des Berufungswerbers stellte klar, daß die Verantwortlichkeit sowie der zur Last gelegte Sachverhalt nicht bestritten würden. Bestritten werde aber, daß den Berufungswerber an der Verwaltungsübertretung ein Verschulden trifft, dazu werde auf die Berufungsausführungen verwiesen.
Ergänzend brachte er vor, daß das Rindsgulaschfleisch für die Verarbeitung und nicht für die unmittelbare Weitergabe an den Kunden bestimmt war. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien habe zur Zl UVS - 07/08/10/95 unter Hinweis auf den Kommentar zum Lebensmittelrecht Feil erkannt, daß eine Imbißstube keine Einrichtung der Gemeinschaftsversorgung sei.
Das Unternehmen sei bemüht, die Produkte entsprechend der LMKV zu kennzeichnen, das gegeständliche Produkt müsse als Ausreißer gesehen werden.
In dieser Verhandlung wurden Herr Gustav K, Beamter, und Herr Günter Hü, Expeditleiter der Fa R, als Zeugen vernommen, ergänzende Beweisanträge wurden nicht gestellt.
Der Berufungsbescheid wurde mündlich verkündet.
4. Die - zulässige - Berufung ist nicht begründet.
4.1. Gemäß § 9 Abs 2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
Gemäß § 9 Abs 4 VStG kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Festgestellt wird, daß der Berufungswerber zur Tatzeit für die Einhaltung der Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes in den Abteilungen Expedit, Auslieferung, Verpackung und Produktion durch die Franz R KG (im folgenden kurz: Fa R) verantwortlich war. Diese Feststellung erfolgt insbesondere nach Einsichtnahme in die Kopie der "Bestätigung" vom 16.2.1988, worin der Berufungswerber mit seiner Unterschrift die Verantwortungsübernahme bestätigt. Diese Verantwortlichkeit des Berufungswerbers wurde im Verwaltungsstrafverfahren ausdrücklich nicht bestritten. Im Hinblick auf diese als "Zustimmungsnachweis" zu wertende Urkunde und, da auch die übrigen Voraussetzungen des § 9 Abs 4 VStG vorliegen, war in rechtlicher Hinsicht in diesem Verfahren davon auszugehen, daß der Berufungswerber rechtswirksam iSd § 9 Abs 2 und 4 VStG zum verantwortlichen Beauftragten bestellt und sohin für die Einhaltung der hier in Rede stehenden Verwaltungsvorschriften durch die Fa R strafrechtlich verantwortlich war.
4.2. Gemäß § 74 Abs 5 Z 2 Lebensmittelgesetz 1975 (LMG 1975), BGBl Nr 86/1975 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl Nr 756/1992, macht sich, wer (ua) den Bestimmungen einer auf Grund des § 19 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt, sofern die Tat nicht nach den §§ 56 bis 64 oder nach anderen Bestimmungen einer strengeren Strafe unterliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu S 25.000,-- zu bestrafen.
Gemäß § 4 Z 1 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 (LMKV 1993), BGBl Nr 72/1993 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl Nr 557/1993, sind verpackte Waren, sofern die §§ 5 bis 7 nicht anderes bestimmen, wie folgt zu kennzeichnen:
- die handelsübliche Sachbezeichnung - bei Fehlen einer solchen eine Beschreibung, die Rückschlüsse auf Art und Beschaffenheit der Ware ermöglicht - in Verbindung mit einer Angabe über den physikalischen Zustand oder über die besondere Behandlung der Ware (zB pulverförmig, konzentriert, geräuchert, gefriergetrocknet, UHT-erhitzt), sofern die Unterlassung einer solchen Angabe geeignet wäre, beim Käufer einen Irrtum herbeizuführen. Festgestellt wird, daß die Fa R das im Spruch des Straferkenntnisses näher bezeichnete verpackte Lebensmittel an dem dort genannten Tattag von ihrem angeführten Hauptsitz und Erzeugungsbetrieb an die näher bezeichnete Imbißstube der A-AG geliefert hat. Festgestellt wird weiters, daß es die Fa R dabei unterlassen hat, dieses Lebensmittel mit dem im Straferkenntnis näher bezeichneten Kennzeichnungselement zu kennzeichnen. Diese Feststellungen erfolgen insbesondere nach Einsichtnahme in den Erhebungsbericht des Marktamtes des Magistrates der Stadt Wien vom 26.4.1994, das Probenbegleitschreiben vom 17.2.1994, das Amtliche Untersuchungszeugnis der Lebensmitteluntersuchungsanstalt des Magistrates der Stadt Wien vom 15.4.1994, den Erhebungsbericht des Marktamtes des Magistrates der Stadt Wien vom 23.11.1994 sowie die Zeugenaussage des Lebensmittelaufsichtsorganes in der Verhandlung. Dieser Sachverhalt wurde in der Verhandlung ausdrücklich nicht bestritten.
Die Rechtsansicht, daß der verfahrensgegenständliche Sachverhalt nicht unter die Bestimmungen der LMKV 1993 subsumierbar sei, da die Ware für die Verarbeitung und nicht für die unmittelbare Weitergabe an den Kunden bestimmt war und eine Imbißstube auch keine Einrichtung der Gemeinschaftsversorgung sei, kann nicht geteilt werden:
Gemäß § 1 Abs 1 LMKV 1993 ist diese Verordnung auf alle verpackten Waren gemäß den §§ 2 und 3 LMG 1975 (Lebensmittel und Verzehrprodukte) - ausgenommen Kakao- und Schokoladeerzeugnisse und Waren, die dem Weingesetz 1985 in der geltenden Fassung unterliegen - , die - ohne weitere Verarbeitung - für den Letztverbraucher bestimmt sind, anzuwenden; dem Letztverbraucher sind Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung gleichzustellen. Der erste Halbsatz dieser Bestimmung verlangt, daß die Ware für den Letztverbraucher bestimmt ist. Letztverbraucher ist eine Person, welche die Ware zum eigenen Gebrauch oder Verbrauch erwirbt, und zwar ohne die Absicht, die Ware wieder zu veräußern. Weiterverarbeiter ist daher nicht Letztverbraucher (Walter Neumayer, Handbuch zur Praxis des Lebensmittelrechts, 1985, Seite 120). Dies wurde nun in der LMKV 1993 durch die Aufnahme der Worte "ohne weitere Verarbeitung" auch ausdrücklich klargestellt. Der Inhaber einer Imbißstube, für den die verpackte Ware bestimmt ist, damit er sie der Verpackung entnimmt und an seine Gäste, in welcher Gestalt immer, weiterveräußert, ist daher in Ansehung der verpackten Ware nicht als Letztverbraucher anzusehen. Jedoch stellt der zweite Halbsatz dieser Bestimmung Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung dem Letztverbraucher gleich. Damit werden auch jene Fälle in den Anwendungsbereich aufgenommen, bei denen der Versorgungszweck für eine größere Zahl von Personen überwiegt. Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung sind nicht nur Werksküchen und sonstige Gemeinschaftsküchen, wie sie in Spitälern, Altersheimen usw vorkommen, sondern auch Betriebe des Schankgewerbes, Kantinen etc (Walter Neumayer, Handbuch zur Praxis des Lebensmittelrechts, 1985, S 120). Sowohl die grammatikalische, als auch die teleologische Interpretation (der Schutzzweck besteht in der Einräumung der Chance zur Warenprüfung) führt zu dem Ergebnis, daß unter Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung auch Imbißstuben zu verstehen sind (vgl VwGH 23.10.1979, Zl 3258/78). Die gegenständliche Imbißstube stellt daher eine Einrichtung der Gemeinschaftsversorgung im Sinne des zweiten Halbsatzes des § 1 Abs 1 LMKV 1993 dar und ist sohin dem Letztverbraucher gleichzustellen. Die Kennzeichnungspflicht nach der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung hat daher auch für die gegenständliche, an eine Imbißstube gelieferte verpackte Ware bestanden.
Soweit im Berufungsschriftsatz schließlich vorgebracht wird, es sei durch die Unterlassung der Angabe der handelsüblichen Bezeichnung keinerlei Irrtum entstanden, ist darauf hinzuweisen, daß es sich bei der handelsüblichen Sachbezeichnung (bzw bei Fehlen einer solchen bei der Beschreibung, die Rückschlüsse auf Art und Beschaffenheit der Ware ermöglicht) um ein nach der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung zwingend vorgeschriebenes Kennzeichnungselement handelt. Die Irreführungseignung ist hier nicht gesondert zu prüfen. Lediglich die zusätzliche Angabe des physikalischen Zustandes oder der besonderen Behandlung der Ware ist nach § 4 Z 1 LMKV 1993 auf jene Fälle eingeschränkt, in denen die Angabe erforderlich ist, um die Eignung zur Irreführung zu beseitigen.
Insgesamt war daher die objektive Tatseite der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung erwiesen.
4.3. Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Da zum Tatbestand der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und auch über das Verschulden keine Bestimmung enthalten ist, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs 1 VStG.
Bei diesem besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche von diesem jedoch widerlegt werden kann, ihm obliegt es, glaubhaft zu machen, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Der Beschuldigte hat hiezu initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht; dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen.
Der Berufungswerber hat zu seinem mangelnden Verschulden im Verfahren vorgebracht, im Zuge des Verpackungsvorganges werde über eine computergesteuerte Etikettieranlage ein entsprechendes Etikett mit allen notwendigen Kennzeichnungselementen auf die Packung aufgebracht. Vor der Auslieferung würden entsprechende Kontrollen durch einen Mitarbeiter des Unternehmens erfolgen. Aufgrund der Anzahl der Produkte und der damit verbundenen Packungseinheiten könne aber nicht jede einzelne Packung einer entsprechenden Überprüfung unterzogen werden.
Der Expeditleiter der Fa R hat dieses Vorbringen als Zeuge in der Verhandlung bestätigt. Er sagte insbesondere aus, daß Rindsgulaschfleisch automatisch etikettiert werde. Schon an Ort und Stelle bei der Etikettiermaschine erfolge eine Überprüfung, aber auch bei der Kommissionierung, wo zwar insbesondere überprüft werde, ob das Gewicht stimmt, werde sowohl vom Zeugen als auch von zwei weiteren, ihm unterstellten Personen stichprobenartig auf die Etikettierung geachtet. Wenn er nicht ordnungsgemäß verpackte Ware bemerke, komme diese wieder zurück in die Produktion, es komme eher selten vor, daß Etiketten fehlen.
Der Zeuge gab weiters an, daß er dem Berufungswerber unterstellt sei, dieser gebe ihm Anweisungen; wenn etwas in der Abteilung nicht in Ordnung sei, was ihn störe, sage er das dem Zeugen. Es sei richtig, daß der Berufungswerber persönlich komme und sich das anschaue.
Nach Durchführung des Beweisverfahrens war nicht davon auszugehen, daß der Berufungswerber glaubhaft gemacht hat, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift mit gutem Grund erwarten lassen. Sowohl das Berufungsvorbringen, als auch die in der Verhandlung erzielten Beweisergebnisse sind, insbesondere was die vom Berufungswerber konkret erteilten Weisungen sowie die von ihm konkret gesetzten Kontrollmaßnahmen betrifft, zu allgemein, als daß sie eine Beurteilung der zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Etikettierung getroffenen Vorsorgemaßnahmen zulassen würden.
Sohin war auch vom Vorliegen der subjektiven Tatseite, zumindest in der Form fahrlässigen Verhaltens des Berufungswerbers, auszugehen.
4.4. Gemäß § 10 VStG richten sich Strafart und Strafsatz nach den Verwaltungsvorschriften, soweit in diesem Gesetz nicht anderes bestimmt ist.
Unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 74 Abs 5 LMG 1975 war von einem bis zu S 25.000,-- reichenden gesetzlichen Strafrahmen auszugehen.
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die gegenständliche Strafdrohung dient dem Interesse an einer ausreichenden Information über die Ware, die zum eigenen Gebrauch oder Verzehr oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung erworben wird. Das durchgeführte Beweisverfahren hat keine Anhaltspunkte für die Annahme ergeben, daß der mit der gegenständlichen Übertretung verbunden gewesene Unrechtsgehalt wesentlich hinter jenem an sich mit einer derartigen Übertretung verbundenen Unrechtsgehalt zurückgeblieben oder darüber wesentlich hinausgegangen wäre. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat wurde daher als durchschnittlich gewertet.
Wie bereits ausgeführt, hat der Berufungswerber jedenfalls fahrlässig gehandelt. Das Verschulden konnte nicht als bloß geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte, oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Die erstinstanzliche Behörde hat zur Begründung ihrer Strafbemessung ausgeführt, daß erschwerende und mildernde Gründe nicht vorlagen. Jedoch weist der Berufungswerber laut der vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien eingeholten Auskunft des Zentralgewerberegisters des Magistrates der Stadt Wien vom 23.12.1994 fünf zur Tatzeit rechtskräftige, zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nicht getilgte verwaltungsrechtliche Vormerkungen wegen der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertetungen auf.
Mangels Angaben des Berufungswerbers zu seinen persönlichen Verhältnissen wurde im Hinblick auf sein Alter und die berufliche Position von zumindest durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen ausgegangen, allfällig bestehende Sorgepflichten konnten nicht berücksichtigt werden. Unter Bedachtnahme auf die dargestellten Strafzumessungsgründe erweist sich die von der erstinstanzlichen Behörde verhängte Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag) als angemessen und bereits im unteren Bereich festgesetzt, sodaß eine Strafherabsetzung, insbesondere auch im Hinblick auf die einschlägigen Vormerkungen des Berufungswerbers, nicht in Betracht kam.
5. Gemäß § 51f Abs 2 VStG erfolgte die Durchführung der Verhandlung in Abwesenheit des Magistrates der Stadt Wien, die Fällung des Erkenntnisses in Abwesenheit beider Verfahrensparteien.
Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die im Spruch genannte zwingende Gesetzesstelle.
Die Spruchmodifikationen dienen der präzisen Tatumschreibung sowie der richtigen Benennung der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschriften und der Bestimmung, nach der die Strafe verhängt wurde.