TE UVS Steiermark 1997/06/05 30.4-40/97

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Veröffentlicht am 05.06.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung des Herrn Karl F, wh. in F, vertreten durch Herrn Johann K, Unternehmensberater, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld vom 11.3.1997, GZ.: 15.1 1996/3253, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Auf Grundlage des der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz in Verbindung mit durch die Berufungsbehörde ergänzend durchgeführten Erhebungen ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem im Spruch dieses Bescheides näher bezeichneten Straferkenntnis vom 11.3.1997 war über Herrn Karl F als handelsrechtlicher Geschäftsführer der F Hendl Grill GesmbH mit dem Sitz in F, auf Rechtsgrundlage des § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 eine Geldstrafe von S 5.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Tagen, verhängt worden, da er dafür verantwortlich wäre, daß am 12.7. und 13.7.1996 auf dem Parkplatz vor dem Kaufhaus "H" in P, Hauptplatz 5, Bezirk H, Grillhendl verkauft und somit ein Gastgewerbe ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausgeübt worden wäre. Diesem Straferkenntnis vorangegangen war zunächst ein Ansuchen einer Firma G GesmbH in Fürstenfeld "um Erteilung einer Standortverlegung für unser freies Gastgewerbe (Würstelstand) vom Standort F, Hauptplatz, an den Standort Parkplatz Firma H in P, von

12.7. und 13.7.1996 von 08.30 Uhr bis 18.30 Uhr zum Zweck des Verkaufs von Grillhendln". Dieser Antrag war mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hartberg vom 17.7.1996, GZ.: 4.0-4/96- 105, mit der Begründung zurückgewiesen worden, dem Ansuchen sei der Bestand einer Gewerbeberechtigung der G GesmbH nicht angeschlossen gewesen, wohl jedoch die Kopie eines Gewerbescheines der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld vom 25.4.1994, GZ.: 4.0 F 203-93/4, wonach Herr Karl F am Standort F, Hauptplatz, Inhaber des freien Gewerbes gemäß § 149 Z 7 GewO (1973) wäre; mit diesem Ansuchen hätte offensichtlich um Erteilung einer Sonderbewilligung für die Ausübung eines Gastgewerbes außerhalb der genehmigten Betriebsräume und Betriebsflächen angesucht werden sollen, wobei als Zweck der Verkauf von Grillhendln angegeben worden wäre. In rechtlicher Hinsicht wurde dieser Bescheid damit begründet, eine Sonderbewilligung nach § 148 Abs 3 GewO (gemeint: eine Bewilligung zur Ausübung des Gastgewerbes außerhalb der Betriebsräume und allfälligen sonstigen Betriebsflächen des Standortes gemäß § 148 Abs 3 GewO 1994) könnte nur Inhabern einer Gastgewerbeberechtigung erteilt werden, nicht jedoch dem Inhaber des freien Gewerbes nach § 143 Z 7 GewO (1973), da dieses Gewerbe kein Gastgewerbe wäre; aus diesen Gründen könnte daher das Ansuchen der G GesmbH nicht berücksichtigt werden.

Weitere Erhebungen der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld haben ergeben, daß zum Tatzeitpunkt (12.7. und 13.7.1996) Grillhendln von der Firma F am genannten Standort verkauft worden wären, dies geht auch aus einem diesbezüglichen Bericht des Gendarmeriepostens Fr vom 27.9.1996 hervor.

Gegen das Straferkenntnis vom 11.3.1997 hat Karl F fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und dieses im wesentlichen damit begründet, aus dem von der Erstinstanz geführten Verfahren ergäbe sich nicht eindeutig, ob der Verkauf von Grillhendln durch die Firma F Hendl G GesmbH oder eine andere "Firma F" durchgeführt worden wäre, sinngemäß wird in der Berufung bestritten, die Firma F Hendl G GesmbH

weshalb die Stattgebung der Berufung beantragt würde. Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht im Verwaltungsstrafverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Gemäß § 51e Abs 1 VStG ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, eine öffentliche, mündliche Verhandlung anzuberaumen, zu welcher die Parteien und eventuell Sachverständige und Zeugen zu laden sind; dies ist im konkreten Fall auf Grund folgender Überlegungen nicht erforderlich:

Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen. Gemäß § 45 Abs 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Weiters sind gemäß § 25 Abs 2 VStG die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden.

Der im § 45 Abs 2 AVG genannte Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist in Zusammenhalt mit den bereits erwähnten Grundsätzen der Unmittelbarkeit des Verfahrens und der materiellen Wahrheitsforschung zu sehen. Voraussetzung für eine gesetzmäßige Beweiswürdigung ist ein ausreichend durchgeführtes Ermittlungsverfahren, in welchem die Parteien ihre Rechte geltend machen können. Diese Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde, den Sachverhalt von sich aus festzustellen, begründet als Folgewirkung die Tatsache, daß ein verwaltungsstrafrechtlicher Schuldspruch nur dann erfolgen kann, wenn der in Frage stehende Sachverhalt als absolut sicher festzustellen ist. Voraussetzung dafür wiederum ist eine entsprechende Beweissicherung bzw. die Möglichkeit, eine solche durchzuführen.

Gemäß § 366 Abs 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer (Z 1) ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Gemäß § 368 Z 1 1.10 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 15.000,-- zu bestrafen ist, wer die Anzeige gemäß § 46 Abs 3 über die Ausübung eines Gewerbes in einer weiteren Betriebsstätte nicht erstattet hat.

Wie sich aus dem bereits erwähnten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hartberg vom 17.7.1996 ergibt, ist der nunmehrige Berufungswerber Karl F auf Grund des Gewerbescheines der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld vom 25.4.1994 zur Ausübung des freien Gewerbes gemäß § 149 Z 7 GewO 1973 am Standort Fürstenfeld, Hauptplatz, berechtigt. Diese Gewerbeberechtigung entspricht jener des § 143 Z 7 GewO 1994 zur Verabreichung von gebratenem oder gegrilltem Fleisch etc., wobei dieses Gewerbe nicht als "Gastgewerbe" im Sinne des § 124 Z 9 GewO 1994 zu qualifizieren ist.

Aus dem Ansuchen vom 12.7.1996 in Verbindung mit der Ergänzung vom 16.7.1996, der die Kopie dieses Gewerbescheines des Herrn Karl F vom 25.4.1994 angeschlossen gewesen war, ergibt sich in Verbindung mit dem Gendarmeriebericht vom 27.9.1996 nur, daß eine "Firma F" aus Fürstenfeld zum Tatzeitpunkt in P Grillhendln verkauft haben soll. Konkrete Erhebungen dahingehend, es handelte sich hiebei nicht um die Firma des Gewerbeinhabers Karl F, sondern um die F Hendl G GesmbH, können dem Verfahrensakt der Erstinstanz in nachvollziehbarer Weise nicht entnommen werden. Nach Ansicht der Berufungsbehörde ergibt dies, daß Herr Karl F, der nunmehrige Berufungswerber, als Inhaber der bereits erwähnten Gewerbeberechtigung vom 25.4.1994 in sachverhaltsmäßiger Hinsicht den Verkauf von Grillhendln zum genannten Zeitpunkt in Pinggau zu verantworten hätte.

Die rechtliche Beurteilung dieses Sachverhaltes ergibt jedoch, daß er als Antragsteller bzw. das antragstellende Unternehmen im Juli 1996 von seiten der zuständigen Gewerbebehörde (Bezirkshauptmannschaft Hartberg) nicht in einer über den Inhalt des Zurückweisungsbescheides vom 17.7.1996 hinausgehenden Art aufgefordert worden ist, den Inhalt des Ansuchens vom 12.7.1996 zu präzisieren bzw. bekanntzugeben, wer tatsächlich die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten beabsichtige. Es wurde kein Ermittlungsverfahren dahingehend geführt, ob eventuell mit dem am 16.7.1996 ergänzten Antrag vom 12.7.1996 die Anzeige über die Errichtung einer weiteren Betriebsstätte gemäß § 46 GewO 1994 beabsichtigt gewesen wäre, wobei in diesem Zusammenhang die Bestimmungen des § 48 Abs 1 leg. cit. zu beachten gewesen wären. Grundsätzlich ist gemäß § 46 Abs 1 GewO 1994 die Gewerbeausübung außerhalb des Standortes der Gewerbeberechtigung oder einer weiteren Betriebsstätte, auch wenn sie nur kurzfristig oder vorübergehend ist, unzulässig. Im konkreten Fall hat Herr Karl F als Gewerbeinhaber zum genannten Zeitpunkt in P sein am Standort F, Hauptplatz, bestehendes Gewerbe gemäß § 149 Z 7 GewO 1973 ausgeübt, ohne diesbezüglich berechtigt gewesen zu sein und somit dieses Gewerbe außerhalb des Standortes, ohne eine weitere Betriebsstätte begründet zu haben, ausgeübt. Keinesfalls jedoch hat er dadurch die Verwaltungsübertretung des § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 der unbefugten Gewerbeausübung zu verantworten, da dies das Fehlen jeglicher Befugnis zur Gewerbeausübung voraussetzt und nicht durch die bloße Nichtbeachtung der Vorschriften über die Zweigniederlassung und deren Betrieb an einem anderen Standort bzw. die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten außerhalb des Standortes der Gewerbeberechtigung erfüllt werden kann (vgl. VwGH 19.9.1990, 89/03/0168).

Sache

Inhalt des Spruches der Erstinstanz gebildet hat (VwGH 18.11.1991, 90/12/0122). Daraus ergibt sich, daß die Berufungsbehörde auch in Vollziehung der Bestimmungen des § 66 Abs 4 AVG nicht zur Auswechslung der von der Erstinstanz als erwiesen angenommenen Tat berechtigt sein kann (VwGH 15.3.1979, 3055/78); da der Berufungswerber somit jene Verwaltungsübertretung, die ihm im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt worden ist, nicht zu verantworten hat, eine Änderung des Spruches der Erstinstanz durch die Berufungsbehörde im dargestellten Sinn einer anderen rechtlichen Qualifizierung des Sachverhaltes durch Auswechslung des Tatbestandes jedoch nicht möglich ist, war im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmungen spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
unbefugte Gewerbeausübung weitere Betriebsstätte Tatbestandsmerkmal Beweiswürdigung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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