Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Christian Erkinger über die Berufung des Herrn Joachim S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Herbert G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 20.6.1996, GZ.: 15.1 1995/3048, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Christian Erkinger über die Berufung des Herrn Joachim S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Herbert G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 20.6.1996, GZ.: 15.1 1995/608, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen. Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe wird gemäß § 366 Abs 1 GewO iVm. § 16 VStG mit einem Tag festgesetzt.
Begründung
Mit den in den Sprüchen I und II angeführten Straferkenntnissen wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe in der Zeit von Jänner 1995 bis 2. Juni 1995 bzw. hinsichtlich des zweitgenannten Straferkenntnisses seit dem Jänner 1995 zumindest jedoch vom 3. Juni 1995 bis 29. August 1995 als Kommanditist der S KEG, etabliert in D, und somit als im Sinne des § 9 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufene Person der angeführten KEG das Gastgewerbe in der Betriebsart "Cafe-Pub" in den angeführten Tatzeiträumen ständig geöffnet und eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage betrieben, obwohl für diese gastgewerbliche Betriebsanlage keine gewerbebehördliche Genehmigung vorliege und dadurch die Schutzinteressen (insbesondere Schutz vor Gefährdung durch unzumutbare Belästigung) des § 74 GewO 1994 verletzt. Die angrenzenden Nachbarn fühlten sich durch dieses Gastgewerbe und den dadurch entstandenen Lärm belästigt. Auch waren vom Gendarmerieposten Deutschlandsberg Erhebungen durchgeführt worden und habe dabei in Erfahrung gebracht werden können, daß das "Cafe-Pub P" in D, betrieben werde bzw. ständig geöffnet sei. Wegen dieser Übertretungen wurden über den Berufungswerber jeweils Geldstrafen mit einer Strafhöhe von S 3.000,-- bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe mit einer Dauer von 3 bzw. 4 Tagen zu den jeweils genannten Delikten verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben und darin im wesentlichen die ihm zur Last gelegte Übertretung bestritten. Wie auch bereits im erstinstanzlichen Verfahren angeführt, vertrete er die Ansicht, daß eine Genehmigungspflicht für die betreffende Lokalität nicht gegeben sei. Trotzdem habe er um Genehmigung beantragt und hätte das gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigungsverfahren ergeben, daß keinerlei unzumutbare Lärmbelästigung von seinem Lokal ausgehe. Es sei auch bereits eine Genehmigung erteilt worden, doch habe der Berufungswerber gegen eine darin vorgeschriebene Auflage hinsichtlich der Sperrstunde von 23.00 Uhr Berufung erhoben. Im übrigen sei auch das angefochtene Straferkenntnis insoferne mit einem Verfahrensmangel behaftet, zumal gegen den Berufungswerber bereits ein Straferkenntnis ergangen sei, weshalb die Behörde dem Beschuldigten nicht nochmals eine Verwaltungsübertretung für den Zeitraum seit dem Jänner 1995 anlasten könne.
Er stelle somit den Antrag, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Steiermark möge der Berufung Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen.
Zur Verifizierung der näheren Tatumstände wurde unter Ladung der Parteien und erforderlichen Zeugen eine öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung anberaumt und konnte anläßlich dieser der Sachverhalt vollständig geklärt und wie folgt dieser Entscheidung zugrundegelgt werden:
Zunächst ist jedoch hinsichtlich der letztgenannten Verfahrensrüge des Berufungswerbers festzuhalten, daß dieser damit im Recht ist. Beide angefochtenen Straferkenntnisse der belangten Behörde vom 20.6.1996 (GZ.: 15.1 1995/608 und 15.1 1995/3048) wurden den ausgewiesenen Zustellnachweisen zufolge am 2.7.1996 dem Berufungswerber über seine ausgewiesenen Vertreter zugestellt. Da ein Straferkenntnis erst zum Zeitpunkt der Zustellung (im gegenständlichen Fall 2.7.1996) als gefällt anzusehen ist, erfaßt eine Bestrafung - im Zusammenhang mit dem Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes - ungeachtet der Anführung eines vorher endenden Tatzeitraumes im Spruch des Straferkenntnisses auch die bis dahin erfolgten Einzeltathandlungen (VwGH 19.4.1979, 668, 669/78 sowie in diesem Sinne auch VwGH 10.4.1987, 86/04/0170).
Da somit das angefochtene Straferkenntnis vom 20.6.1996, GZ.: 15.1 1995/608, mit seinem Tatzeitraum "Jänner 1995 bis 2.6.1995" erst am 2.7.1996 als erlassen anzusehen ist, ist der im ebenfalls angefochtenen Straferkenntnis vom 20.6.1996, GZ.: 15.1 1995/3048, angeführte Tatzeitraum (seit Jänner 1995 - zumindest jedoch vom 3.6.1995 bis 29.8.1995) mit der Erfassungswirkung durch das erstgenannte Straferkenntnis behaftet.
Aus diesem Grund konnte der Berufungswerber mit seiner diesbezüglichen Verfahrensrüge durchdringen und war somit in diesem Zusammenhang wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden.
Hinsichtlich des übriggebliebenen Tatzeitraumes Jänner 1995 bis 2.6.1995 (Zustellung dieses Straferkenntnisses am 2.7.1996) konnte anläßlich der öffentlichen, mündlichen Verhandlung festgestellt werden, daß der Berufungswerber sein Lokal "P" in D, seit dem Juli 1993 bis dato durchgehend (mit Ausnahme eines Ruhetages am Dienstag) betreibt. In den frühen Morgenstunden kommt es des öfteren vor, daß Lärm aus dem Lokal bei geöffneten Fenstern und Türen durch lärmende Gäste, die sich zum Teil im Lokal, zum Teil vor dem Lokal befinden, strömt. Dadurch wird unter anderem der im Berufungsverfahren einvernommene Zeuge Friedrich K und dessen Familie in seiner Nachtruhe gestört.
Weiters konnte anläßlich der öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung festgestellt werden, daß zum Zeitpunkt dieser Entscheidung noch immer keine rechtskräftige gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung vorliegt.
Diese Feststellungen gründen sich im wesentlichen auf die glaubwürdigen Aussagen der einvernommenen Zeugen, wobei insbesondere der schräg gegenüber des gegenständlichen Lokales wohnende Zeuge Friedrich K glaubhaft und nachvollziehbar darstellen konnte, welcher Art die Belästigung ist, die vom Lokal des Berufungswerbers herrührt und seit wann dieses Lokal bereits ohne gewerbebehördliche Betriebsstättengenehmigung betrieben wird. Sämtliche einvernommenen Zeugen standen unter Wahrheitspflicht bei sonstiger strafgerichtlicher Sanktion und konnte kein Grund gefunden werden, an der Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen jedwede Zweifel zu hegen. Der Berufungswerber selbst hat es unterlassen, an der anberaumten Berufungsverhandlung teilzunehmen, seine Ladung erfolgte ordnungsgemäß. Es konnten somit seine Standpunkte mit Ausnahme jener, die bereits durch seinen Vertreter anläßlich der mündlichen Berufungserstattung sowie anläßlich seiner Teilnahme an der Berufungsverhandlung erfolgten, nicht vorgetragen werden. Entgegen dem Berufungsvorbringen konnte somit nicht verifiziert werden, daß das Lokal einerseits nicht ständig seit dem Jahr 1993 geöffnet ist, andererseits keinerlei Beeinträchtigung vom Lokal des Berufungswerbers ausgehen sollen. Die diesbezüglichen Behauptungen des Berufungswerbers können wohl nur als Schutzbehauptungsverantwortung angesehen werden.
Folgende rechtliche Überlegungen waren dieser Entscheidung zugrundezulegen:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gemäß § 74 Abs 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, das Leben und die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden oder den Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen.
Demnach begründet bereits die bloße Möglichkeit einer Belästigung der Nachbarn die Genehmigungspflicht einer Betriebsanlage bzw. in Verbindung mit § 81 Abs 1 leg cit einer Änderung derselben. Die Genehmigungspflicht einer Betriebsanlage ist schon dann gegeben, wenn Belästigungen der angeführten Art nicht auszuschließen sind. Dies gilt auch dann, wenn es sich um für Betriebsanlagen nicht spezifische Auswirkungen handelt bzw. wenn keine oder das Ausmaß einer durch ein normales Haushaltsgerät bewirkte hinausgehende Geräuschemissionen bewirkt werden können.
Gemäß § 366 Abs 1 Z 2 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt. Bezüglich der Begründung der Genehmigungspflicht einer Betriebsanlage ist zu sagen, daß gewerbliche Betriebsanlagen nicht automatisch
vielmehr bestimmte Kriterien erfüllt sein. Von einer Genehmigungspflicht in der Betriebsanlage spricht man, wenn sie geeignet
bzw. Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 leg cit hervorzurufen (abstrakte Gefährdung, Belästigung etc.). Es genügt demnach die bloße Eignung einer Betriebsanlage, nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 leg cit, wie etwa Lärmbelästigungen, verursachen zu können. Nicht gefordert wird hingegen der mit Sicherheit feststehende tatsächliche Eintritt von Gefährdungen, Belästigungen etc. Nach ständig geübter Spruchpraxis des VwGH liegt eine Genehmigungspflicht bereits dann vor, wenn das Auftreten nachteiliger Einwirkungen auf Personen (Nachbarn) sowie Tätigkeits- und Sachbereiche im Sinne des § 74 Abs 2 Z 1 - 5 leg cit nicht ausgeschlossen werden kann. Daß eine derartige Genehmigungspflicht vorliegt, ist schon aufgrund der getroffenen Feststellungen als gegeben anzunehmen.
Zu bemerken ist in diesem Zusammenhang, daß die angestrengte gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung noch aussteht, somit bis zum rechtskräftigen Abschluß dieses Verfahrens sämtliche vom Berufungswerber in der gegenständlichen Lokalität ausgeübten Tätigkeiten als konsenslos zu betrachten sind.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Demzufolge war, wie auch bereits von der belangten Behörde im angefochtenen Straferkenntnis angeführt, als mildernd nichts, als erschwerend hingegen das Vorliegen einer einschlägigen rechtskräftigen Vorstrafe aus dem Jahre 1994 zu werten. Schon angesichts dieses Umstandes erscheint die mit S 3.000,-- bei einem möglichen Strafrahmen von bis zu S 50.000,-- im untersten Bereich bemessene Strafe gerechtfertigt. Dies entspricht auch dem Unrechtsgehalt der Übertretung sowie dem gesetzten Verschulden und wird angenommen, daß diese ausreicht, um den Berufungswerber in Hinkunft von der Begehung gleichartiger weiterer Übertretungen abzuhalten.
Da der Berufungswerber selbst nicht zur Berufungsverhandlung erschienen ist und auch sein ausgewiesener Vertreter über seine persönlichen und finanziellen Verhältnisse nicht bescheid wußte, wurden die diesbezüglichen Angaben im angefochtenen Straferkenntnis - Einkommen in der Höhe von S 15.000,--, kein Vermögen, keine Sorgepflichten, keinerlei Angaben hinsichtlich allfälliger Schulden - dieser Entscheidung zugrundegelegt und erklärte sich auch der Vertreter damit einverstanden. Gemäß § 366 Abs 1 GewO iVm. § 16 VStG, wonach für derartige Anwendungsbereiche eine maximale Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen vorgesehen ist, war in concreto die in ihrer Relation zu lang bemessene Ersatzfreiheitsstrafe auf das im Spruch angeführte Ausmaß zu reduzieren.
Aus den angeführten Erwägungen war daher auf Basis der zitierten gesetzlichen Bestimmungen wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.