TE UVS Steiermark 1998/02/16 30.8-14/97

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Veröffentlicht am 16.02.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Helmut Pollak in der Angelegenheit der Berufung des Herrn Alois M in Sch, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Werner K in N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 2. Dezember 1996, GZ.:

15.1 1996/1616, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung in Punkt 1) des angeführten Straferkenntnisses abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 200,-- binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen.

Text

In der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für

Steiermark, Verkehrsabteilung, vom 31. März 1996, GZ.:

1008/96, ist dem Berufungswerber in seiner Eigenschaft als Verantwortlicher der Firma M Alois eine Übertretung des § 22 Abs 1 iVm § 42 Abs 1 Z 1 des GGSt zur Last gelegt worden, da Herr Alois M in Verdacht stand, nicht dafür gesorgt zu haben, daß der Lenker Bernhard W an einem genau angegebenen Tatort und Tatzeitpunkt als Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftwagenzuges, dieser beladen mit Gefahrengut der Klasse 3, Ziffer 31c ADR (Dieselkraftstoff), nicht im ausreichenden Ausmaß von der schriftlichen Weisung für das Verhalten bei Unfällen oder Zwischenfällen in Kenntnis gesetzt worden war.

Die Behörde erster Instanz erließ mit Strafverfügung vom 17. April 1996 eine alle Tatbestandselemente umfassende, taugliche Verfolgungshandlung und verhängte über den Beschuldigten gemäß § 42 Abs 1 Z 1 des GGSt eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe). Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde in weiterer Folge das angeführte Straferkenntnis erlassen und darin über den Beschuldigten, gleich wie in der Strafverfügung, eine Geldstrafe verhängt. Binnen offener Frist erhob der Beschuldigte dagegen das Rechtsmittel der Berufung und führte er darin aus, daß ihn wegen dieser Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe. Zum einen habe er bzw. sein Beauftragter, Ing. Albert M, den Lenker Bernhard W in ausreichendem Ausmaß von dem Inhalt der schriftlichen Weisung in Kenntnis gesetzt, daraus resultiere, daß der Fahrer W im Zuge der Kontrolle gegenüber den Sicherheitsorganen nicht die Wahrheit sagte. Weiters habe er den Verantwortungsbereich der Durchführung der GGSt-Transporte an Herrn Ing. Albert M delegiert und sei im konkreten Fall der Lenker ständig von der schriftlichen Weisung für das Verhalten bei Unfällen oder Zwischenfällen vom Handlungsbevollmächtigten ausreichend in Kenntnis gesetzt worden. Der Berufungswerber habe nun alle Maßnahmen getroffen, sodaß von einem schuldhaften Verhalten nicht gesprochen werden kann, da die entsprechenden Maßnahmen regelmäßig, in kurzen, zeitlichen Abständen, durchgeführt werden, und bestätigen die Lenker den Erhalt einer schriftlichen Weisung durch deren Unterschrift. Es sei weiters Tatsache, daß der Beförderer bzw. der Beschuldigte Herrn Ing. Albert M damit beauftragt habe, für die Einhaltung dieser Vorschriften (gemeint des GGSt) Sorge zu tragen. Im Hinblick auf die Ausbildung des Herrn Ing. Albert M verfüge dieser über ausreichende Kenntnisse, und könne er aus diesen Kenntnissen heraus die richtigen Entscheidungen treffen. Zusammenfassend treffe den Beschuldigten kein Verschulden, da er zum einen alle erdenklichen Maßnahmen getroffen hat, und zum anderen bei der Auswahl der Kontrollperson alles vorgekehrt habe, wodurch die Einhaltung von verwaltungsrechtlichen Vorschriften gewährleistet sei.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Gemäß § 51 c des VStG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Berufungen durch eines ihrer Mitglieder, wenn im angefochtenem Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Der Unabhängige Verwaltungssenat anberaumte eine öffentliche, mündliche Verhandlung am 26. August 1997, am 21. Oktober 1997 und am 12. Februar 1998, vernahm den Fahrer Bernhard W, die beiden Gendarmeriebeamten Walter G sowie Rudolf F und den Handlungsbevollmächtigten, Herrn Ing. Albert M.

Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

Im Zuge der Kontrolle des Lenkers Bernhard W am 29. März 1996 um 11.45 Uhr als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen MU-4MAB und MU-4DEA, auf der S 6, Höhe StrKm 59,000, konnte festgestellt werden, daß der Kraftwagenzug mit 30.000 Liter Dieselkraftstoff beladen war. Bei der Kontrolle konnte sich der Leiter der Amtshandlung Gruppeninspektor G davon überzeugen, daß der Lenker W über den Inhalt der ihm vom Beförderer ausgehändigten schriftlichen Weisung keine Kenntnis hatte.

Beweiswürdigung:

Den Ausführungen des Berufungswerbers sowie den Angaben des Zeugen Ing. Albert M, der Verantwortliche des Beförderers habe alles unternommen, um den bei ihm eingeteilten Fahrern die Inhalte der Unfallmerkblätter zur Kenntnis zu bringen, deckt sich nicht mit den Angaben des Zeugen W sowie der Zeugenaussage des GI G. Zeuge W selbst führte in seiner Einvernahme am 26. August 1997 aus, er habe alle für den Transport von gefährlichen Gütern nötigen Unterlagen im Jahre 1994, als er zu fahren begonnen habe, vom Chef Alois M ausgehändigt bekommen.....In weiterer Folge haben mich die Kollegen, die schon eine längere Praxis hatten, auch noch in die Bestimmungen für den Transport von gefährlichen Gütern eingewiesen. Ich werde vom Chef regelmäßig kontrolliert, er kontrolliert die Tachoscheiben in Bezug auf die mögliche Überschreitung der Arbeitszeit. Die entsprechenden Unfallmerkblätter bekommen wir alle von Herrn Ing. Albert M. Mir wurde die Mappe übergeben und erklärte Ing. Albert M, ich solle mir die Blätter durchlesen. Weder in der Berufung noch in der Zeugenaussage des Ing. M konnte jedoch festgestellt werden, daß dieses ausreichend in Kenntnis setzen auch in regelmäßig wiederkehrenden Zeitabständen überprüft wird. Erst aufgrund der Kontrolle kann festgestellt werden, ob die eingesetzten Lenker von Gefahrenguttransporten noch in ausreichendem Ausmaß von dem Inhalt der Unfallmerkblätter Kenntnisse haben, und diese auch in ausreichendem Ausmaß befähigt sind, die Kenntnisse in die Tat umzusetzen. Jedenfalls ist es dem Berufungswerber nicht gelungen, glaubhaft zu machen, daß er in seinem Betrieb ein ordnungsgemäß ausreichendes und dichtes Kontrollsystem eingerichtet hat, bei dem unter vorhersehbaren Verhältnissen - vergessen ist eine natürliche Eigenschaft von Menschen und ist es durchaus verständlich, daß eingesetzte Gefahrenguttransportlenker auch Verhaltensmaßregeln bei Unfällen oder Zwischenfällen nicht mehr ausreichend wissen - mit gutem Recht erwartet werden kann, daß die Bestimmungen des GGSt eingehalten werden.

Rechtliche Bestimmungen:

Gemäß § 22 Abs 1 GGSt (Zulässigkeit der Beförderung) darf ein gefährliches Gut nur befördert werden, wenn der Lenker und der Beifahrer von der schriftlichen Weisung für das Verhalten bei Unfällen oder Zwischenfällen ausreichend in Kenntnis gesetzt worden ist.

Gemäß § 42 Abs 1 leg. cit. begeht, sofern er die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 600.000,-- zu bestrafen, wer als Beförderer ein gefährliches Gut entgegen § 22 Abs 1 leg. cit. befördert.

Rechtliche Erwägung:

Aufgrund der Formulierung des § 22 Abs 1 Z 6 GGSt ist festzuhalten, daß vor jedem Transport eines gefährlichen Gutes der Beförderer den Lenker, allenfalls auch den Beifahrer, von der schriftlichen Weisung für das Verhalten bei Unfällen oder Zwischenfällen ausreichend in Kenntnis zu setzen hat. Dies resultiert daraus, daß ein gefährliches Gut nur befördert werden darf, wenn der Lenker über diese Bestimmungen in Kenntnis gesetzt worden ist. Auch ist zu beachten, daß Gefahrengutlenker an mehreren Tagen unterschiedlichste gefährliche Güter transportieren können, welche grundsätzlich andere Verhaltensmaßregeln erfordern. Eine andere Möglichkeit, die den Transport eines gefährlichen Gutes zulässig werden läßt, ist im GGSt nicht vorgesehen. Das, wie im hier vorliegenden Fall, durchaus übliche Aushändigen einer Mappe, in welcher alle notwendigen Unfallmerkblätter vorhanden sind und auch die notwendigen Begleitpapiere eingelegt werden, genügt den Anforderungen des § 22 Abs 1 Z 6 GGSt nicht, gleichwohl es durchaus menschlich verständlich ist, daß eingeteilte Kraftfahrer, die routinemäßig Dieselkraftstoff, Heizöl bzw. Ottokraftstoffe transportieren, üblicherweise um die Gefährlichkeit des von ihnen transportierten Gutes wissen müssen, entbindet dies den Beförderer nicht von seiner Verpflichtung, dem Lenker vor jedem Transport vom Inhalt der schriftlichen Weisungen ausreichend in Kenntnis zu setzen.

Zusammenfassend hat der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Wegen des Verdachtes der Übertretung nach § 22 Abs 1 Z 7 lit. b (fehlende vorgeschriebene Schutzausrüstung) hat der Beschuldigte in der öffentlichen, mündlichen Verhandlung seine Berufung zurückgezogen und ist der Strafausspruch in Punkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses in Rechtskraft erwachsen.

Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Die Bestimmung des § 22 Abs 1 Z 6 des GGSt soll gewährleisten, daß Lenker von Kraftfahrzeugen, welche gefährliche Güter transportieren, in ausreichendem Ausmaß um die Gefährlichkeit des von ihnen geladenen Gutes wissen und aus diesem Wissen heraus im Falle eines Unfalles oder Zwischenfalles schnell die richtigen Gegenmaßnahmen ergreifen können. Wenn, wie hier vorliegend, der Lenker W über Befragen durch die Gendarmeriebeamten nicht angeben konnte, was in den schriftlichen Weisungen steht, so bedeutet dies für einen Zwischenfall, daß wertvolle Zeit verstreicht, die der Lenker des Gefahrenguttransportes dafür benötigt, um den Inhalt der schriftlichen Weisung zu lesen, und dann in einer Ausnahmesituation richtig umzusetzen.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Als erschwerend war nichts, als mildernd nichts zu werten, sodaß auch bei durchschnittlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen (Einkommen S 15.000,--, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) innerhalb des Strafrahmens des § 42 Abs 1 des GGSt (Geldstrafe bis zu S 600.000,--) die von der Behörde erster Instanz festgesetzte Geldstrafe dem Ausmaß des Verschuldens angepaßt und gerechtfertigt ist. Der Berufungswerber selbst handelte zumindestens leicht fahrlässig, da er bei der Auswahl des Handelsbevollmächtigten einen entsprechend ausgebildeten Mann, Herrn Ing. M, einsetzte, es jedoch verabsäumte, diesen bei der Ausübung seines Dienstes zu kontrollieren und wäre es ein leichtes gewesen, im Zuge einer begleitenden Kontrolle das mangelnde Wissen des Lenkers Bernhard W festzustellen.

Der Ausspruch über den Ersatz der Verfahrenskosten war eine Folge der Bestrafung und stützt sich auf die im Spruch angeführte Gesetzesstelle.

Schlagworte
Beförderer Lenker Weisung Inkenntnissetzung Kontrollsystem
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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