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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1997 §36 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bazil, über die Beschwerde des E T in Wien, geboren am 14. Oktober 1975, vertreten durch Dr. Helge Doczekal, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 9. Juli 2001, Zl. SD 214/01, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 9. Juli 2001 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 Fremdengesetz - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei am 12. Oktober 1998 illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe einen Asylantrag gestellt, welcher vom Bundesasylamt rechtskräftig abgewiesen worden sei. Gleichzeitig sei ausgesprochen worden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Jugoslawien gemäß § 8 Asylgesetz 1997 nicht zulässig sei. Mit Bescheid vom 8. Jänner 2001 habe das Bundesasylamt die Abschiebung des Beschwerdeführers in seine Heimat als nunmehr zulässig erklärt. Das diesbezügliche Verfahren befinde sich im Berufungsstadium.
Der Beschwerdeführer verfüge über keine eigenen Unterhaltsmittel. Über ausdrückliche Aufforderung habe er bekannt gegeben, dass sein Cousin und dessen Frau für seinen Unterhalt aufkämen. Dafür sei er jeden Nachweis schuldig geblieben. Überdies habe er weder behauptet, dass er auf diese Unterhaltsleistungen einen durchsetzbaren Rechtsanspruch habe, noch, dass die ihm angeblich Unterhalt gewährenden Personen finanziell dazu im Stand seien. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes habe ein Fremder jedoch die ihm zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel der Behörde aus eigenem nachzuweisen. Von einem solchen Nachweis könne vorliegend keine Rede sein. Der in § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG normierte Sachverhalt sei daher verwirklicht. Auch die Voraussetzungen zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grund des § 36 Abs. 1 FrG seien gegeben. Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Familiäre Bindungen bestünden zu zwei Cousins. Mit dem Cousin, der angeblich für den Unterhalt aufkomme, lebe der Beschwerdeführer nicht im gemeinsamen Haushalt. Der andere Cousin sei noch zum befristeten Aufenthalt gemäß § 15 Asylgesetz 1997 berechtigt. Ein Aberkennungsverfahren sei anhängig. Das Aufenthaltsverbot sei daher mit einem Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden. Dieser Eingriff sei jedoch zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelenden Vorschriften und deren Einhaltung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers berge die Gefahr, er könnte durch unrechtmäßiges oder strafbares Verhalten seinen Lebensunterhalt zu finanzieren trachten.
Bei der gemäß § 37 Abs. 2 FrG durchzuführenden Interessenabwägung sei auf die aus der Dauer des Aufenthaltes ableitbare Integration Bedacht zu nehmen gewesen. Zu berücksichtigen sei jedoch, dass sich dieser Aufenthalt auf einen letztlich rechtskräftig abgewiesenen Asylantrag stütze und dem Beschwerdeführer lediglich auf Grund der allgemeinen politischen Situation in seinem Heimatstaat ein befristetes Aufenthaltsrecht für Österreich zukomme bzw. zukam. Von einer maßgeblichen Integration könne daher nicht gesprochen werden. Auch den familiären Interessen des Beschwerdeführers komme kein großes Gewicht zu. Demgegenüber stehe das maßgebliche öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wögen nicht schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen.
Das vor den Asylbehörden anhängige Verfahren betreffend die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in seine Heimat vermöge die Rechtsposition des Beschwerdeführers nicht wesentlich zu stärken. Ein befristetes Aufenthaltsrecht gemäß § 15 Asylgesetz 1997 stehe der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht entgegen. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Asylbehörden sei der Beschwerdeführer - gemäß § 20 Abs. 2 leg. cit. - vor der Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes geschützt. Mangels besonderer, zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden können.
Die von der Erstbehörde vorgenommene Befristung des Aufenthaltsverbotes auf fünf Jahre sei gerechtfertigt. Im Hinblick auf die durch die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers keinesfalls geringfügig beeinträchtigten öffentlichen Interessen und die nur gering ausgebildeten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet könne vor Ablauf von fünf Jahren nicht erwartet werden, dass die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung weggefallen sein werde.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in den Z. 1 und 2 umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist.
Gemäß Abs. 2 des § 36 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 7) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, der wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhaltes verfügt und entsprechend zu belegen, dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint, wobei Unterstützungsleistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht, zur Dartuung ausreichender Unterhaltsmittel nicht geeignet sind. (Vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2001, Zl. 2000/18/0181.)
2.1. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren zur Dartuung ausreichender Unterhaltsmittel unstrittig lediglich vorgebracht, dass sein Cousin und dessen Gattin für seinen Unterhalt aufkämen, ohne hiefür Bescheinigungsmittel vorzulegen.
Damit ist er der nach der oben 1. dargestellten Judikatur bestehenden Verpflichtung zum "initiativen" Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel, auf die ein Rechtsanspruch besteht, nicht nachgekommen.
Die Ansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG sei erfüllt, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden, aus denen sich ergibt, dass ihm am 20. Juli 2001 ein Sparbuch mit einem - auf Grund einer Einzahlung vom selben Tag bestehenden - Einlagestand von S 100.000,-- geschenkt worden ist, konnte von der belangten Behörde im maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (Zustellung an den Beschwerdeführer nach dessen Vorbringen am 9. Juli 2001) aus zeitlichen Gründen nicht berücksichtigt werden.
Die Beschwerde bringt vor, dass aus der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht hervorgehe, ob und in welcher Weise der Beschwerdeführer aufgefordert worden sei, entsprechende Bescheinigungsmittel vorzulegen. Da er im erstinstanzlichen Verfahren nicht rechtsfreundlich vertreten gewesen sei, hätte die Behörde "von ihrer Anleitungspflicht besonders sorgfältig Gebrauch machen müssen".
Dem ist - abgesehen davon, dass Fremde das Vorhandensein ausreichender Unterhaltsmittel nach der dargestellten Judikatur "initiativ", also von sich aus, nachzuweisen haben - zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer nicht vorbringt, auf welche Weise er bei entsprechender Aufforderung durch die belangte Behörde ausreichende Unterhaltsmittel bescheinigt hätte, und somit die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels nicht dartut.
2.2. Im Hinblick auf die aus der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers resultierende Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung und der finanziellen Belastung der Republik Österreich begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinen Bedenken (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis, Zl. 2000/18/0181).
3. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG hat die belangte Behörde die Dauer des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers seit 12. Oktober 1998, somit seit etwa einem Jahr und neun Monaten, berücksichtigt.
Zu Recht hat die belangte Behörde darauf verwiesen, dass das Gewicht der daraus ableitbaren Integration insofern gemindert werde, als der Beschwerdeführer bisher nur auf Grund einer befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 Asylgesetz 1997 - die abgewiesenen Asylwerbern zuzuerkennen ist - zum Aufenthalt berechtigt war. Den inländischen Aufenthalt der beiden Cousins des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde ebenfalls berücksichtigt. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, bei diesen beiden Cousins handle es sich um seine einzigen Verwandten, ist zu entgegnen, dass dieser Umstand zu keiner Verstärkung seiner persönlichen Interessen am Verbleib im Bundesgebiet führen kann. Soweit er damit das Fehlen familiärer Bindungen in seiner Heimat ins Treffen führt, ist er darauf zu verweisen, dass durch § 37 FrG die Führung eines Privat- und Familienlebens außerhalb Österreichs nicht gewährleistet wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2001, Zl. 98/18/0391). Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet kommt somit insgesamt nur ein geringes Gewicht zu.
Auf Grund der großen Beeinträchtigung der maßgeblichen öffentlichen Interessen durch die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Fremdenwesens)) dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.), keinen Bedenken.
4. Schließlich wendet sich die Beschwerde auch gegen die Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes.
Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 4. April 2001, Zl. 2000/18/0249), ist ein Aufenthaltsverbot - unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 1 FrG - für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird. Die Ansicht der belangten Behörde, ein Wegfall der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung könne nicht vor Ablauf von fünf Jahren erwartet werden, begegnet keinen Bedenken, zumal die Beschwerde keine Umstände aufzeigt, die den Schluss zuließen, dass der Wegfall der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Gründe vor dem Verstreichen dieses Zeitraumes erwartet werden könne.
5. Entgegen dem Beschwerdevorbringen bestand auch keine Veranlassung für die belangte Behörde, von ihrem Ermessen im Grund des § 36 Abs. 1 FrG zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, sind doch weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus der Beschwerde besondere Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.
6. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 11. Oktober 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001180175.X00Im RIS seit
24.01.2002