TE Vwgh Erkenntnis 2001/11/6 2000/18/0102

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.11.2001
beobachten
merken

Index

24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
StGB §31;
StGB §40;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bazil, über die Beschwerde des N B in Asten, geboren am 19. Juli 1963, vertreten durch Dr. Gerald Zauner, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Graben 21, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 4. November 1999, Zl. St 541/96, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 4. November 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 sowie §§ 37 und 39 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer halte sich seit 1990 im Bundesgebiet auf und habe zunächst einen Asylantrag gestellt, der am 13. Juni 1996 in letzter Instanz abgewiesen worden sei. Auf Grund eines weiteren Asylantrages komme ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 zu.

Der Beschwerdeführer sei vom Landesgericht Linz wie folgt rechtskräftig verurteilt worden:

Am 1. September 1995 wegen schweren gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 und 148 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten, davon sechs Monate unter bedingter Strafnachsicht;

am 23. August 1996 wegen schweren gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 und 148 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten, davon sechs Monate unter bedingter Strafnachsicht;

am 11. April 1997 wegen schweren gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 und 148 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten;

am 21. Mai 1999 wegen schweren Betruges nach den §§ 146 und 147 Abs. 2 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten und

am 10. September 1999 wegen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten als Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil vom 21. Mai 1999.

In Anbetracht der Vielzahl der gerichtlichen Verurteilungen sei zweifellos der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt.

Da sich der Beschwerdeführer seit 1990 im Bundesgebiet befinde und sich hier auch seine Gattin und die drei Kinder aufhielten, sei das Aufenthaltsverbot mit einem Eingriff in das Privat- und Familienleben verbunden. Dem Beschwerdeführer sei eine der Dauer seines Aufenthalts entsprechende Integration zuzubilligen. In sozialer Hinsicht sei ihm allerdings eine Integration abzusprechen, was durch seine Verurteilungen dokumentiert werde. Der Beschwerdeführer habe keinen Zugang zum Arbeitsmarkt. Bezüglich seiner Arbeitsmoral habe die Erstbehörde bereits entsprechende Feststellungen getroffen. Der Beschwerdeführer sei in beruflicher Hinsicht nicht integriert. Auch seine Gattin gehe keiner Erwerbstätigkeit nach.

Beim Beschwerdeführer sei zu beachten, dass er sich weder durch rechtskräftige gerichtliche Verurteilungen noch durch die Erlassung des vorliegenden Aufenthaltverbots in erster Instanz davon habe abhalten lassen, weitere einschlägige Straftaten zu begehen. Dies dokumentiere in eindeutiger Weise, dass dem Beschwerdeführer nicht nur die Rechtsgüter anderer Personen, sondern auch behördliches Handeln völlig egal sei. Auch eine niederschriftliche Ermahnung des Beschwerdeführers sei ins Leere gegangen. Die Behörde müsse daher von der Möglichkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes Gebrauch machen, zumal es scheine, dass andere Mittel nicht ausreichten, um den Beschwerdeführer zur Einhaltung der Rechtsordnung seines Gastlandes zu bewegen. Zu beachten sei auch, dass über den Beschwerdeführer längere unbedingte Freiheitsstrafen verhängt worden seien, was zeige, dass auch das Gericht den Unwert der strafbaren Handlungen "enorm hoch" eingeschätzt habe. Auf Grund dieser Umstände sei nicht nur die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt, sondern das Aufenthaltsverbot auch im Grund des § 37 Abs. 1 leg. cit. zulässig. Zudem sei das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers doch "schwerwiegenderer" Art, weshalb "von der Ermessensbestimmung des § 36 Abs. 1 FrG Gebrauch gemacht werden musste". Dies insbesondere auf Grund der den zahlreichen Verurteilungen des Beschwerdeführers zu Grunde liegenden strafbaren Handlungen und der Tatsache, dass er sich durch gerichtliche Verurteilungen nicht von der Begehung weiterer Straftaten habe abhalten lassen.

Unter Abwägung aller genannten Umstände und im Hinblick auf die für den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers zu erstellende negative Prognose wögen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf dies Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie. Das Aufenthaltsverbot sei daher auch im Grund des § 37 Abs. 2 FrG zulässig.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf Grund der unstrittig feststehenden rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers ist die Ansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG sei verwirklicht, unbedenklich.

2. Der Beschwerdeführer wurde unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die beiden Verurteilungen vom 21. Mai 1999 und vom 10. September 1999 im Verhältnis der §§ 31 und 40 StGB stehen und daher als Einheit zu werten sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 2000, Zl. 2000/18/0013), viermal wegen schweren Betruges rechtskräftig verurteilt, wobei er in drei Fällen auch gemäß § 148 StGB, also wegen gewerbsmäßiger Tatbegehung, verurteilt wurde. Aus der bei den Akten erliegenden Ausfertigung des Urteiles des Oberlandesgerichtes Linz vom 8. Jänner 1997 ist ersichtlich, dass der Verurteilung durch das Landesgericht Linz vom 23. August 1996 drei Betrugshandlungen des Beschwerdeführers zu Grunde liegen. Er hat im November und Dezember 1995 einer anderen Person Beträge von insgesamt S 46.731,-- unter dem Vorwand herausgelockt, mit diesem Geld, Baumaterialien zu kaufen und Verputzarbeiten durchzuführen. Am 17. Jänner 1996 hat er durch die Vorgabe, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde zu sein, unter Verwendung eines lediglich die Übernahme durch seine Bank bestätigenden Überweisungsbelegs, wobei ihm die mangelnde Kontodeckung bewusst war, einen Angestellten einer Handelskette zur Ausfolgung von Elektronikartikeln verleitet, wodurch dieser Handelskette ein Schaden in der Höhe von S 30.440,-- entstanden ist. Im Juli 1995 hat er eine andere Person durch Täuschung über seine Rückzahlungsfähigkeit und Rückzahlungswilligkeit zur Zuzählung eines Darlehens von S 24.000,-- und durch die Vorgabe, den geborgten Gegenstand in den nächsten Tagen zurückzugeben, zur Überlassung eines Mobiltelefons verleitet, wodurch diese Person in ihrem Vermögen mit einem insgesamt S 25.000,-- übersteigenden Betrag geschädigt wurde.

Hinsichtlich der anderen Verurteilungen des Beschwerdeführers befinden sich nur teilweise Anzeigen bei den Verwaltungsakten, nach deren Inhalt der Beschwerdeführer u.a. folgende weitere Straftaten begangen habe:

Am 17. Juli 1995 habe er gegenüber zwei Autohändlern jeweils fälschlich angegeben, dass sein Auto total beschädigt worden sei und der Schaden von der Versicherung ersetzt werde. Er habe jeweils einen Neuwagen bestellt und den Händler zur Ausfolgung eines Leihwagens verleitet. Diese beiden Leihwagen im Wert von S 251.000,-- und S 210.000,-- habe er nicht zurückgegeben und die bestellten Fahrzeuge tatsächlich nicht übernommen. Im Mai 1995 habe er einer anderen Person unter der Vorspiegelung, für diese eine Wohnung zu besorgen, einen Bargeldbetrag von S 77.000,-- herausgelockt. Im Jänner und August 1996 habe er einer anderen Person Beträge von S 25.000,-- und S 17.000,--, insgesamt sohin S 42.000,-- unter der Vorspiegelung herausgelockt, durch gute Kontakte zu einer Beamtin einer Bezirkshauptmannschaft für diese Person einen Reisepass zu besorgen. Mitte August 1996 habe er eine andere Person zur Übergabe eines Betrages von S 30.000,-- als Kaution für eine zu mietende Wohnung verleitet, ohne tatsächlich über diese Wohnung verfügungsberechtigt zu sein. Am 9. Juli 1998 habe er bei einem Autohändler einen Kaufvertrag über einen Neuwagen unterschrieben, ohne tatsächlich Kaufinteressent zu sein. Er habe diesen Autohändler zur Übergabe eines Leihwagens verleitet, den er in der Folge nicht zurückgegeben habe. Dadurch habe er diesem Autohändler einen Schaden von S 63.900,-- zugefügt.

Der Beschwerdeführer hat jedenfalls mehrfach schwere Betrugshandlungen begangen und sich auch durch einschlägige Verurteilungen nicht davon abhalten lassen. In drei Fällen ging er dabei in der Absicht vor, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger strafbarer Handlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB). Vom Gericht wurden für diese Taten jeweils mehrmonatige, zum Teil unbedingte Freiheitsstrafe als schuldangemessen erachtet. Auf Grund dieser Umstände hat die belangte Behörde zu Recht auf eine negative Einstellung des Beschwerdeführers zur österreichischen Rechtsordnung geschlossen und für sein künftiges Verhalten keine positive Prognose erstellt. Der vorgebrachte Umstand, dass der Beschwerdeführer die Straftaten erst ab dem Zeitpunkt seiner Arbeitslosigkeit begangen habe, kann daran nichts ändern, zumal der Beschwerdeführer zugesteht, über keine Berechtigung zur Ausübung einer unselbstständigen Berufstätigkeit zu verfügen und daher auch in Zukunft nicht mit seiner Berufstätigkeit zu rechnen ist.

Die Ansicht der belangten Behörde, die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei gerechtfertigt, begegnet daher, auch wenn hiezu an sich erforderliche Feststellungen zu den den Verurteilungen zu Grunde liegenden Straftaten fehlen, keinen Bedenken.

3. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG hat die belangte Behörde neben der Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit 1990 auch den inländischen Aufenthalt seiner Frau und seiner drei Kinder berücksichtigt. Zu Recht hat sie auf die Minderung der sozialen Komponente der Integration des Beschwerdeführers auf Grund der zahlreichen einschlägigen Straftaten hingewiesen. Hinsichtlich der beruflichen Integration hat die belangte Behörde auf den Bescheid der Behörde erster Instanz verwiesen. Nach den darin enthaltenen Feststellungen war der Beschwerdeführer nur bis 1992 durchgehend erwerbstätig. Im Jahr 1993 sei er sieben Wochen im Krankenstand und vier Monate arbeitslos gewesen. Im Jahr 1994 habe er nur zweieinhalb Monate und im Jahr 1995 nur knapp zwei Wochen gearbeitet. Dies stellt er in der Beschwerde nicht in Abrede. Die belangte Behörde hat aus den Feststellungen der Erstbehörde über die Zeiten der Erwerbstätigkeit zu Recht auf die mangelnde berufliche Integration des Beschwerdeführers geschlossen. Dabei ist unerheblich, ob der Beschwerdeführer, wie er vorbringt, seit dem Jahr 1995 lediglich wegen des Fehlens einer Berechtigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen ist. Die in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge, der Beschwerdeführer habe die behördlichen Anfragen vom 10. November 1998 und 4. Oktober 1999 nicht zugestellt erhalten und sei daher daran gehindert gewesen vorzubringen, dass er arbeitswillig sei und bei Erhalt einer entsprechenden Bewilligung bei einem bestimmten Arbeitgeber zu arbeiten beginnen könne, geht daher ins Leere.

Ebenso bewirken die vorgebrachten Umstände, dass die Gattin des Beschwerdeführers einer Beschäftigung nachgehe und mit ihrem Einkommen die Familie erhalte sowie von der oberösterreichischen Landesregierung in Aussicht gestellt worden sei, der Gattin und den Kindern des Beschwerdeführers die Staatsbürgerschaft zu verleihen, keine relevante Verstärkung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers.

Den auf Grund des inländischen Aufenthaltes der Gattin und der drei Kinder des Beschwerdeführers dennoch gewichtigen persönlichen Interessen steht die Gefährdung von öffentlichen Interessen durch das Verhalten des Beschwerdeführers gegenüber. Im Hinblick auf die gravierende Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Eigentumskriminalität durch die vielen schweren und zum Teil gewerbsmäßigen Betrugshandlungen des Beschwerdeführers, der sich insofern trotz rechtskräftiger Verurteilungen als unverbesserlich erwiesen hat, begegnet die Ansicht der belangten Behörde, die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) dringend geboten (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie wögen nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit), keinen Bedenken.

4. Entgegen der Beschwerdeansicht bestand keine Veranlassung für die belangte Behörde, von ihrem Ermessen im Grund des § 36 Abs. 1 FrG zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, sind doch weder aus dem angefochtenen Bescheid im Zusammenhang mit dem übrigen Akteninhalt noch aus der Beschwerde besondere Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.

5. Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 6. November 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000180102.X00

Im RIS seit

19.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten